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VwGH vom 31.05.2012, 2012/09/0027

VwGH vom 31.05.2012, 2012/09/0027

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde der Disziplinaranwältin für den Bereich der Österreichischen Post AG in 1010 Wien, Postgasse 8, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom , Zl. 81/9-DOK/11, betreffend Disziplinarstrafe nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (mitbeteiligte Partei: GH in E, weitere Parteien: Bundeskanzler, Bundesministerin für Finanzen) zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der im Jahre 1967 geborene Mitbeteiligte steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und im Bereich der Österreichischen Post AG als mobiler Finanzberater eines Postamtes in Verwendung.

Mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom wurde der Beschwerdeführer wie folgt für schuldig erkannt und verurteilt (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

" Der Mitbeteiligte ist schuldig,

er hat

1. am in A. das bei der BAWAG PSK Bank AG, Konto Nr. …, angelegte Losungswortsparbuch der J. K., somit eine Urkunde, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass diese im Rechtsverkehr zum Beweis der sich daraus ergebenden Rechte, Rechtsverhältnisse oder Tatsachen gebraucht werde, indem er das Sparbuch ohne Einverständnis der J. K. an sich brachte, behielt und im Anschluss an die zu Punkt II. dargestellte Tat wegwarf;

2. am in O. Verfügungsberechtigte der BAWAG

PSK Bank AG mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über Tatsachen, indem er vortäuschte, er wäre über das Guthaben des zu Punkt I. erwähnten Sparbuches verfügungsberechtigt, wozu er das Sparbuch am Bankschalter zur Einlösung des Guthabens unter Nennung des Losungswortes vorlegte, zu einer Handlung, nämlich zur Auszahlung eines Betrages idHv EUR 10.166,66 verleitet, wodurch diese oder andere in der genannten Höhe, somit in einem EUR 3.000,-

- nicht aber EUR 50.000,00 übersteigenden Betrag, am Vermögen geschädigt wurden;

Er hat hiedurch begangen

zu 1. das Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB

zu 2. das Vergehen des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 2 StGB

und er wird hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 147 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten

sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens

verurteilt.

Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird die verhängte Freiheitsstrafe

unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.

Bei der Strafbemessung waren


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mildernd:
der bisherige ordentliche Lebenswandel
das umfassende und reumütige Geständnis
die vollständige Schadensgutmachung
erschwerend:
das Zusammentreffen von zwei Vergehen"

Bereits zuvor war gegen den Mitbeteiligten die Disziplinaranzeige erstattet worden. Mit Bescheid vom wurde von der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen ein Einleitungs- und Verhandlungsbeschluss gefasst.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen den Mitbeteiligten wie folgt für schuldig erkannt:

" Der Mitbeteiligte

geboren am … 1967,

mobiler Finanzberater bei der Postfiliale … E.,

derzeit vom Dienst suspendiert

ist

schuldig,

er hat laut Strafurteil des Landesgerichtes Wels vom , … womit er zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Monaten verurteilt worden ist,

- am 25. Feber 2010 in A das bei der BAWAG PSK Bank AG, Konto Nr. …, angelegte Losungswortsparbuch der J. K., somit eine Urkunde, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass diese im Rechtsverkehr zum Beweis der sich daraus ergebenden Rechte, Rechtsverhältnisse oder Tatsachen gebraucht werde, indem er das Sparbuch ohne Einverständnis der J. K. an sich brachte, behielt und im Anschluss an die von ihm vorgenommene Behebung wegwarf (Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB)

und

- am 26. Feber 20201 in der Postfiliale O.

Verfügungsberechtigte der BAWAG PSK Bank AG mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über Tatsachen, indem er vortäuschte, er wäre über das Guthaben des vorhin erwähnten Sparbuches verfügungsberechtigt, wozu er das Sparbuch am Bankschalter zur Einlösung des Guthabens unter Nennung des Losungswortes vorgelegte, zu einer Handlung, nämlich zur Auszahlung eines Betrages idHv EUR 10.166,66 verleitet (Vergehen des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 2 StGB).

GH hat dadurch die Dienstpflichten eines Beamten nach dem Beamtendienstrechtsgesetz 1979, BGBl. 333/1979 i.d.g.F, (BDG 1979), nämlich

a) seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen (§ 43 Abs. 1 BDG 1979)

und

b) in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt (§ 43 Abs. 2 BDG 1979)

schuldhaft verletzt und dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen

Es wird daher über ihn gemäß § 126 Abs. 2 i.V. mit § 92 Abs. 1 Z 4 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Entlassung

verhängt."

Zur Begründung führte die Behörde im Wesentlichen aus, dass Zuverlässigkeit und eine absolute, über jeden Zweifel erhabene Redlichkeit bei den Tätigkeiten der Österreichischen Post AG im Gelddienstleistungsbereich die absoluten Grundvoraussetzungen seien. Der Vertrauens- und damit verbundene Imageschaden, der bei derartigen, auch strafrechtlich relevanten Verhalten entstehe, sei groß und könne nur über ein konsequentes und striktes Reagieren einigermaßen gemildert werden. Die klare Reaktion des Dienstgebers bei Verfehlungen in Bezug auf anvertraute Gelder oder Güter sei unabdingbare Voraussetzung, um der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Dieser generalpräventiven Funktion in den mit der Dienstrechts-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 147, ihren Niederschlag finde, gerade bei gerichtlich strafbaren Vermögensdelikten, die sich aus der betrieblichen Verwendung ergäben, auch die vorliegenden Milderungsgründe, wie das reumütige Geständnis, die zur Gänze erfolgte Schadensgutmachung, die disziplinäre Unbescholtenheit und die bisherigen ausgezeichneten Leistungen und Erfolge als Finanzberater könnten daran nichts ändern.

Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Berufung, in der er im Wesentlichen ausführte, dass die Behörde erster Instanz bei der Strafbemessung nicht berücksichtigt habe, dass er in seiner gesamten langjährigen Tätigkeit für die Österreichische Post AG nicht nur ein untadeliges Verhalten und überdurchschnittliche Leistungen erbracht habe, sondern über lange Jahre zu den besten Finanzdienstleistern in Österreich gezählt habe. Seine Dienstpflichtverletzung habe lediglich auf Grund einer persönlichen Ausnahmesituation beruht, weil er im Jahr 2008 wegen eines bösartigen Tumors im Bauchbereich operiert worden sei und sich einer Chemotherapie habe unterziehen müssen. Es sei eine positive Zukunftsprognose zu stellen.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Strafberufung des Mitbeteiligten Folge gegeben und über ihn die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe von fünf Monatsbezügen verhängt. Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass hinsichtlich der Strafbemessung für die Beurteilung der Schwere der Dienstpflichtverletzung nicht nur maßgebend sei, in welchem objektiven Ausmaß gegen Dienstpflichten verstoßen oder der Dienstbetrieb beeinträchtigt wurde, sondern es müsse die Bestrafung weiters grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Verfehlung stehen und sie müsse spezialpräventiv erforderlich sein. Innerhalb des Schuldrahmens dürfe keine strengere Strafe verhängt werden, als sie aus Gründen der Spezialprävention notwendig erscheine. Zweifellos handle es sich beim eingestandenen und strafgerichtlich festgestellten Fehlverhalten des Mitbeteiligten um eine überaus gewichtige vorsätzliche Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 43 Abs. 1 BDG 1979 und es sei diese Dienstpflichtverletzung ebenso zweifellos geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Dienstverrichtung des Mitbeteiligten erheblichst zu erschüttern (§ 43 Abs. 2 BDG 1979). Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Mitbeteiligten und unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, das eine strengere als die spezialpräventiv erforderliche Strafe innerhalb des Strafrahmens nicht verhängt werden dürfe, sei allerdings dennoch zu prüfen, ob nicht doch allerdings mit einer erheblichen Geldstrafe das Auslangen gefunden werden könne. Das Fehlverhalten des Mitbeteiligten verletze den Kernbereich seiner Dienstpflichten, die Schwere der Tat sei daher groß. Ihr wohne ein überaus hoher Unrechtsgehalt inne. Die belangte Behörde berücksichtigte als mildernd ein reumütiges Geständnis des Mitbeteiligten, sein dienstliches Vorleben infolge seiner ausgezeichneten Leistungen und Erfolge als einer der besten Finanzberater Österreichs, seine über 20 Dienstjahre lange disziplinäre Unbescholtenheit, den Umstand, dass er dem Opfer gegenüber unmittelbar vollständige Schadenswiedergutmachung geleistet habe und dass ihm aus dem Fehlverhalten selbst ein gewichtiger rechtlicher Nachteil in Form seiner nunmehrigen Vorstrafe erwachsen sei. Diesen Milderungsgründen stünden jedoch zwei Erschwerungsgründe gegenüber, nämlich die Verletzung zweier Dienstpflichten (nämlich des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 BDG, wovon gemäß § 93 Abs. 2 BDG 1979 die Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 die schwerwiegendere sei) sowie der gewichtige Erschwerungsgrund des Ausnützens des hohen Alters seines Opfers. Die beiden Erschwerungsgründe überwögen die Milderungsgründe nicht, sondern es komme ihnen in Summe ein etwas geringeres Gewicht zu als der Summe der Milderungsgründe.

Die belangte Behörde sei bei Berücksichtigung der Milderungsgründe sowie der Erschwerungsgründe zu der Auffassung gelangt, dass die von der Behörde erster Instanz ausgesprochene Disziplinarstrafe der Entlassung aus Präventionsgesichtspunkten nicht zwingend erforderlich sei. Es liege zweifellos ein Grenzfall bei der Strafbemessung vor und die Trennlinie zwischen der höchstmöglichen Geldstrafe und der Disziplinarstrafe der Entlassung sei überaus dünn.

Die belangte Behörde gehe unter Berücksichtigung der für ihre Entscheidungsfindung ganz wesentliche Einmaligkeit, dem Ausnahmecharakter des Fehlverhaltens des Mitbeteiligten noch von einer positiven Zukunftsprognose und davon aus, dass der Mitbeteiligte auf Grund der nunmehr gewonnenen Erfahrung nur haarscharf nicht mit der Disziplinarstrafe der Entlassung belegt worden zu sein, seine Dienstpflichten in Zukunft überaus penibel einhalten und keinerlei disziplinarrechtliche Verstöße von mehr als minimalem Gewicht setzen werde. Die belangte Behörde führte dann wie folgt aus:

"Aus dem Fehlverhalten des Beschuldigten im Zusammenhang mit seiner geständigen Verantwortung und seinem glaubwürdigen Besserungsvorsatz lässt sich nicht ableiten, dass nach Ausspruch der Geldstrafe iHv fünf Monatsbezügen noch die Gefahr bestünde, der Beschuldigte werde sich abermals (einschlägig) fehlverhalten. Da eine strengere als die spezialpräventiv erforderliche Strafe innerhalb des Strafrahmens auch nach Inkrafttreten der Dienstrechts-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 147/2008, nicht verhängt werden darf, weil generalpräventiven Erwägungen das gleiche, jedoch kein höheres Gewicht als spezial-präventiven Erwägungen zukommt, und unter Zugrundelegung spezialpräventiver Gesichtspunkte mit der Disziplinarstrafe dieser höchstmöglichen Geldstrafe das Auslangen gefunden werden kann, war der Strafberufung Folge zu geben."

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Hinsichtlich des mit der Behörde erster Instanz ausgesprochenen Schuldspruches ist die vorliegende Disziplinarrechtssache rechtskräftig entschieden, weil der Mitbeteiligte Berufung nur gegen das Strafausmaß erhoben hat.

§ 93 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333 in der hier anzuwendenden Fassung der Dienstrechts-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 147 lautet:

"(1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

(2) Hat der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, so ist nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind."

Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2011/09/0105, Folgendes ausgeführt:

"Zu der nunmehr anzuwendenden Rechtslage ist zu bemerken, dass der erste Satz des § 93 Abs. 1 BDG 1979 durch die Dienstrechts-Novelle 2008 nicht verändert worden ist. Nach wie vor gilt als 'Maß für die Höhe der Strafe' die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dieser Maßstab richtet sich nach dem Ausmaß der Schuld im Sinne der 'Strafbemessungsschuld' des Strafrechtes und für die Strafbemessung ist danach sowohl das objektive Gewicht der Tat maßgebend als auch der Grad des Verschuldens (vgl. die ErläutRV zur Vorgängerbestimmung des § 93 BDG 1979 im BDG 1977, 500 BlgNR 14. GP 83). Das objektive Gewicht der Tat (der 'Unrechtsgehalt') wird dabei in jedem konkreten Einzelfall - in Ermangelung eines typisierten Straftatbestandskatalogs im Sinne etwa des StGB - wesentlich durch die objektive Schwere der in jedem Einzelfall konkret festzustellenden Rechtsgutbeeinträchtigung bestimmt (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2007/09/0320, und vom , Zl. 2009/09/0132, mwN). Es ist Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei Beurteilung der Schwere einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 als gravierend ins Gewicht fällt, wenn ein Beamter durch die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen gerade jene Werte verletzt, deren Schutz ihm in seiner Stellung oblag (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/09/0021). Daran hat sich auch durch die Dienstrechts-Novelle 2008 nichts geändert. Unverändert ist durch die Dienstrechts-Novelle 2008 auch § 93 Abs. 1 dritter Satz BDG 1979 geblieben, wonach bei der Strafbemessung die nach dem Strafgesetzbuch maßgebenden Gründe dem Sinne nach zu berücksichtigen sind und daher hinsichtlich des Grades des Verschuldens nach dem gemäß zu berücksichtigenden § 32 StGB darauf Bedacht zu nehmen ist, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen könnte. Ferner sind weiterhin die Erschwerungs- und Milderungsgründe iS der §§ 33 ff StGB zu berücksichtigen, die nicht die Tatbegehungsschuld betreffen, also im Zeitpunkt der Tatausübung noch nicht vorhanden waren, wie etwa die seither verstrichene Zeit, eine Schadenswiedergutmachung oder das reumütige Geständnis. Durch die Dienstrechts-Novelle 2008 wurde jedoch im zweiten Satz des § 93 Abs. 1 BDG die Zielsetzung 'der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken', als zusätzliches Strafbemessungskriterium in das Gesetz eingefügt. Nach der nunmehr geltenden Rechtslage kommt der spezialpräventiven Erforderlichkeit der Strafe bei der Bemessung daher nicht mehr eine derart wesentliche Bedeutung wie bisher zu und sind Gründe der Generalprävention wie solche der Spezialprävention für die Bemessung der Strafe gleichrangig zu berücksichtigen. Ist eine Disziplinarstrafe in einem bestimmten Ausmaß geboten, um der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken, dann haben gegebenenfalls spezialpräventive Überlegungen, die eine solche Disziplinarstrafe nicht als erforderlich erscheinen lassen würden, demgegenüber zurückzutreten. Dementsprechend enthalten die oben wiedergegebenen Gesetzeserläuterungen die Aussage, es solle nach der Novelle möglich sein, dass 'bei besonders schweren Dienstpflichtverletzungen allein schon aus generalpräventiven Gründen eine Entlassung auszusprechen' sein werde."

Zwar wird nach der nunmehr geltenden Rechtslage nach wie vor das Ausmaß der Schuld wesentlich durch das objektive Gewicht, das heißt den Unrechtsgehalt der Tat als Schwere der Rechtsgutbeeinträchtigung konstituiert; der Unrechtsgehalt darf für die Strafbemessung jedoch nur insoweit berücksichtigt werden, als er in den Schuldvorwurf miteinbezogen werden kann (vgl. Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 4. Auflage 2010, 103). Als wesentliches und neben spezialpräventiven Gesichtspunkten gleichrangiges Strafzumessungskriterium wurde durch die Dienstrechts-Novelle 2008 aber das zusätzliche Strafbemessungskriterium in § 93 Abs. 1 BDG 1979 eingeführt, dass bei der Festsetzung der Höhe der Strafe zu berücksichtigen ist, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die von der belangten Behörde für ihre Strafbemessung wesentliche Auffassung, dass "eine strengere Strafe als die spezialpräventiv erforderliche Strafe innerhalb des Strafrahmens auch nach Inkrafttreten der Dienstrechts-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 147/2008, nicht verhängt werden darf, weil generalpräventiven Erwägungen das gleiche, jedoch kein höheres Gewicht als spezialpräventiven Erwägungen zukommt", kann daher nicht gefolgt werden. Diese Auffassung entspricht vielmehr der Gesetzeslage vor der Dienstrechts-Novelle 2008. Hinweise darauf, dass die belangte Behörde mit der von ihr festgesetzten Strafe den gesamten Unrechtsgehalt der Tat im Rahmen der Schuld ausgeschöpft hätte, sind nicht entstanden. Die belangte Behörde wird daher - erforderlichenfalls nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - im Rahmen des ihr vom Gesetz eingeräumten Ermessens eine neuerliche Strafbemessung vorzunehmen und dabei die Bestimmung des § 93 Abs. 1 BDG 1979 in der dargelegten Bedeutung zu Grunde zu legen haben.

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am