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VwGH vom 31.05.2012, 2012/09/0025

VwGH vom 31.05.2012, 2012/09/0025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde 1. der M GmbH in M und 2. des SG in W, beide vertreten durch Maraszto Milisits Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Rosenbursenstraße 2/16, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , GZ 3/08114/349 8683, betreffend Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z. 1 AuslBG,

Spruch

1.) zu Recht erkannt:

Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird als unbegründet abgewiesen.

2.) den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von (insgesamt) EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Zweitbeschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom die Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot-Karte (Schlüsselkräfte) gemäß § 12b Z. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) als "Mechaniker für automatische Getriebe". Er besitze drei Jahre ausbildungsadäquate Berufserfahrung.

Im Antrag wurde die Rubrik "Sprachkenntnisse" nicht ausgefüllt.

Als Arbeitgeber wurde die Erstbeschwerdeführerin genannt. Die Entlohnung solle EUR 2.520,--/Monat bei einer Anzahl von 40 Wochenstunden betragen.

Beigelegt war ein Zeugnis der "Verkehrstechnischen Schule" in Zemun (Republik Serbien) über den Abschluss der dritten Klasse "für das Bildungsprofil Mechaniker von automatischen Getrieben" vom . In diesem Zeugnis sind die Unterrichtsgegenstände angeführt, u.a. "englische Sprache". Des Weiteren wurden das Diplom über die abgelegte Abschlussprüfung an dieser Schule für das genannte Ausbildungsprofil vom und die Bestätigung der "selbständigen Werkstätte Autoservis AJ" in Kladovo über die unbefristete Beschäftigung des Zweitbeschwerdeführers vom bis zum vorgelegt.

Mit Bescheid der Behörde erster Instanz wurde der Antrag abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Erstbeschwerdeführerin Berufung. Es sei für sie von großer Wichtigkeit einen Mechaniker mit der speziellen Qualifikation für Automatikgetriebe einzustellen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen.

Dies begründete die belangte Behörde folgendermaßen:

"Gemäß § 12b Ziff 1 AuslBG müssen Ausländer für ihre Zulassung als Schlüsselkraft die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage C angeführten Kriterien erreichen.

Die Zulassungskriterien für sonstige Schlüsselkräfte gemäß § 12b Ziff 1 AuslBG sind in der Anlage C wie folgt festgelegt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Kriterien
Punkte
Qualifikation
maximal anrechenbare Punkte: 30
abgeschlossene Berufsausbildung oder spezielle Kenntnisse oder Fertigkeiten in beabsichtigter Beschäftigung
20
allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120
25
Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer
30
ausbildungsadäquate Berufserfahrung
maximal anrechenbare Punkte: 10
Berufserfahrung (pro Jahr) Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr)
2 4
Sprachkenntnisse
maximal anrechenbare Punkte: 15
Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau oder Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung oder Englischkenntnisse zur vertieften selbständigen Sprachverwendung
10 15
Alter
maximal anrechenbare Punkte: 20
bis 30 Jahre bis 40 Jahre
20 15
Summe der maximal anrechenbaren Punkte Zusatzpunkte für Profisportler/innen und Profisporttrainer/innen
75 20
erforderliche Mindestpunkteanzahl
50

Auf Grund des evidenten Sachverhaltes und den getroffenen Erhebungen können (dem Zweitbeschwerdeführer) 20 Punkte für seine abgeschlossene Berufsausbildung als Mechaniker von automatischen Getrieben, 15 Punkte für sein Alter und allenfalls die maximale Anzahl von 10 Punkten für seine Berufserfahrung angerechnet werden, was in Summe 45 Punkte ergibt.

(Der Zweitbeschwerdeführer) erreicht somit nicht die erforderliche Mindestpunkteanzahl von 50 Punkten.

Somit ist die Bedingungen des § 12b Ziff 1 AuslBG für seine Zulassung als Schlüsselkraft nicht erfüllt."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin als unbegründet und die Zurückweisung der Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers mangels Beschwerdelegitimation beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

ad 1) Zur Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin:

§ 12b AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. I Nr. 25/2011,

lautet:

"Sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen

§ 12b. Ausländer werden zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen, wenn sie

1. die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage C angeführten Kriterien erreichen und für die beabsichtigte Beschäftigung ein monatliches Bruttoentgelt erhalten, das mindestens 50 vH oder, sofern sie das 30. Lebensjahr überschritten haben, mindestens 60 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955 zuzüglich Sonderzahlungen beträgt, oder

..."

Die Erläuterungen (RV 1077 BlgNR 24. GP, S 12) führen dazu aus:

'"Die Zulassungsvoraussetzungen werden für besonders hochqualifizierte Personen (§ 12), für Fachkräfte in Mangelberufen (§ 12a) und für sonstige Schlüsselkräfte (§§ 12b und 12c) den jeweiligen arbeitsplatzbezogenen und arbeitsmarktpolitischen Anforderungen entsprechend unterschiedlich geregelt. Die in den Anlagen A, B und C normierten Kriterien sind in Kategorien unterteilt, wobei pro Kategorie nur eine bestimmte Höchstpunkteanzahl erreicht werden kann und den Qualifikationen ein besonders hoher Stellenwert zukommt. Als Qualifikationsnachweise gelten Hochschul- oder Fachhochschulausbildungen, die den Stufen 5A und 6 der Internationalen Standardklassifikation für das Bildungswesen (ISCED) 1997 entsprechen und eine vierjährige (Anlage A) bzw. dreijährige Mindestdauer (Anlage B und C) aufweisen. Die Hochschulausbildung erfasst sowohl Diplomstudien als auch Studien, die der Bologna-Struktur entsprechen. Die Stufe 5A umfasst die Hochschulausbildung unterhalb der Promotion, die Stufe 6 die Promotion und die Habilitation sowie Postgraduate-Ausbildungen. Studien in den Fachgebieten Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (sog. MINT-Fächer) werden wegen der großen Nachfrage nach Absolventen dieser Studienrichtungen höher bewertet. Das in der Anlage A angegebene Bruttojahresgehalt muss jedenfalls im Rahmen einer Tätigkeit in einer Führungsposition eines börsennotierten Unternehmens oder eines Unternehmens, für dessen Aktivitäten bzw. Geschäftsfeld eine positive Stellungnahme der zuständigen Außenhandelsstelle vorliegt, für das letzte Kalenderjahr vor der Antragstellung nachgewiesen werden. Dieses Kriterium ist hinsichtlich seiner praktischen Auswirkungen auf die Zulassung Hochqualifizierter, insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Umrechnung des letztjährigen Bruttojahresgehalts mit einem internationalen Faktor zur Vergleichbarkeit der Gehälter, ein Jahr nach In-Kraft-Treten der Regelung zu evaluieren und erforderlichenfalls anzupassen. Die im Kriterienkatalog der Anlagen A bis C vorgesehenen Sprachkenntnisse orientieren sich am Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen. Dabei entsprechen Kenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau der Stufe A1, Kenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung der Stufe A2, Kenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung der Stufe B1 und Kenntnisse zur vertieften selbständigen Sprachverwendung der Stufe B2.

Fachkräfte in Mangelberufen (§§ 12a und 13 AuslBG) Grundlage ist eine Verordnung des Bundesministers für Arbeit,

Soziales und Konsumentenschutz, in der bestimmte Mangelberufe festgelegt sind. Es können somit nur Fachkräfte zugelassen werden, die eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem solchen Mangelberuf nachweisen, die einem Lehrabschluss vergleichbar ist. Als abgeschlossene Berufsausbildung gilt auch der erfolgreiche Abschluss einer schulischen Ausbildung, die dem Abschluss einer Berufsbildenden Höheren Schule (BHS) in Österreich entspricht.

Sonstige Schlüsselkräfte, Studienabsolventen und Anwärter auf eine 'Blaue Karte EU' (§§ 12b und 12c AuslBG)

Das Kriterien- und Punktesystem für die sonstigen Schlüsselkräfte (Anlage C) entspricht im Wesentlichen dem der Fachkräfte in Mangelberufen. Das zusätzliche Kriterium 'spezielle Kenntnisse oder Fertigkeiten' soll alternativ zu einer abgeschlossenen Berufsausbildung gelten und sicherstellen, dass Profisportler, aber auch sonstige Spezialisten, die über keine formelle (Berufs)-Ausbildung verfügen, zugelassen werden können."

Die Erstbeschwerdeführerin bringt zusammengefasst vor, es sei der Unterrichtsgegenstand "englische Sprache" im Zeugnis des Zweitbeschwerdeführers über die dritte Klasse der verkehrstechnischen Schule dokumentiert, die belangte Behörde hätte diese als Sprachkenntnisse anrechnen müssen. Es sei auch selbstverständlich, dass für die angestrebte Tätigkeit Kenntnisse der deutschen Sprache vorhanden sein müssen, deshalb hätten auch Deutschkenntnisse angerechnet werden müssen.

Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer den Zweck des mit dem Inhalt der Anlage C spezifizierten Begriffes "sonstige Schlüsselkraft":

Im konkreten Fall war der Unterrichtsgegenstand "englische Sprache" zur Erlangung des Abschlusses der dritten Klasse und jener wiederum für die Erlangung des Diploms der Berufsausbildung "für das Ausbildungsprofil: Mechaniker von automatischen Getrieben" erforderlich. Die belangte Behörde hat dieses Diplom daher zu Recht (nur) unter dem Kriterium der Anlage C "Qualifikation" angerechnet.

Sowohl für die behaupteten Deutschkenntnisse als auch für die Kenntnisse der englischen Sprache gilt des Weiteren: Das Kriterium "Sprachkenntnisse" der Anlage C stützt sich, wie die oben wiedergegebenen Erläuterungen zeigen, auf den GER des Europarates. Dieser stellt eine Empfehlung für Sprachenlernende und -lehrende mit dem Ziel dar, die verschiedenen europäischen Sprachzertifikate untereinander vergleichbar zu machen und einen Maßstab für den Spracherwerb zu schaffen. Der GER teilt alle aufgelisteten europäischen Sprachtests in sechs Schwierigkeitsstufen ein, um Angebote von unterschiedlichen Anbietern vergleichbar zu machen.

Zudem wird eine "Rot-Weiß-Rot-Karte" in der Regel von und für im Ausland niedergelassene Personen angestrebt, sodass Kenntnisse der deutschen Sprache nicht schon automatisch im Hinblick auf die angestrebte Berufsstellung angenommen werden können, sondern eines Ausbildungsnachweises im Sinne des GER bedürfen.

Nach dem Gesagten hat dem Sinn des Gesetzes nach keine faktische Erhebung (Prüfung) der tatsächlichen Sprachkenntnisse eines Antragstellers zu erfolgen - wie dies die Erstbeschwerdeführerin offenbar meint - sondern dem Antragsteller obliegt es, durch Vorlage eines anerkannten Sprachzertifikates im Sinne des GER behauptete Sprachkenntnisse zu belegen, um anrechenbare Punkte nach dem Kriterium "Sprachkenntnisse" erlangen zu können.

Die Erstbeschwerdeführerin hat sich im Verwaltungsverfahren (und in der Beschwerde) nicht auf derartig zertifizierte Sprachkenntnisse des Zweitbeschwerdeführers berufen, sodass die belangte Behörde zu Recht keine Erhebungen durchgeführt und keine Punkte nach dem Kriterium "Sprachkenntnisse" vergeben hat.

Sohin waren dem Zweitbeschwerdeführer als Qualifikation 20 Punkte, für seine dreijährige Berufserfahrung im Ausland sechs Punkte (zwei Punkte pro Jahr) und für sein Alter (er wurde am geboren) 15 Punkte anzurechnen. Dies ergibt 41 Punkte (wie die belangte Behörde in der Gegenschrift richtig vermerkt), die erforderliche Mindestpunkteanzahl beträgt jedoch 50 Punkte.

Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

ad 2) Zur Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers:

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist oder wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Verhandlung eignen, oder denen offenbar die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Dem Zweitbeschwerdeführer fehlt die Legitimation zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde schon deshalb, weil er den erstinstanzlichen Bescheid - aus welchen Gründen immer - nicht (auch) mit Berufung bekämpft und damit den Instanzenzug nicht erschöpft hat (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom , Zl. 2010/09/0242, mwN).

Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am