VwGH vom 12.09.2013, 2010/04/0066
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Zirm, über die Beschwerde der X-Gesellschaft m. b.H. in Y, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte in 1010 Wien, Bartensteingasse 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zlen. VwSen-550511/27/Kl/Hu, VwSen-550514/16/Kl/Hu, VwSen- 550517/14/Kl/Hu, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (weitere
Partei: Oberösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte
Parteien: 1. O-AG, vertreten durch Heid Schiefer Rechtsanwälte OG in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 88/2-4, 2. S-AG, 3. P-GmbH), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Die erstmitbeteiligte Partei (im Folgenden: Auftraggeberin) führte - beginnend im Jahr 2009 - ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich betreffend die Lieferung von fünf Computertomographen, einem Magnetresonanzgerät und zwei Durchleuchtungsanlagen inklusive Wartung durch. Der Auftragsgegenstand war in acht Lose unterteilt. Für die Vergabe war das Bestbieterprinzip vorgesehen (Gewichtung der Zuschlagskriterien: 50% Preis, 50% sonstige Kriterien gemäß den Leistungsverzeichnissen).
An der zweiten Stufe des Verhandlungsverfahrens nahmen - nach der Zurückziehung eines Unternehmens - drei Bieter teil. Nach Durchführung von drei Verhandlungsrunden legte die Beschwerdeführerin ein Letztangebot für die Lose 1 bis 5 (betreffend die fünf Computertomographen). Am gab die Auftraggeberin der Beschwerdeführerin die Zuschlagsentscheidung bekannt. Als jeweilige Bestbieter wurden - soweit hier von Relevanz - hinsichtlich der Lose 1, 2 und 5 die drittmitbeteiligte Partei und hinsichtlich des Loses 3 die zweitmitbeteiligte Partei (im Folgenden für beide: präsumtive Zuschlagsempfängerinnen) genannt (hinsichtlich des Loses 4 war die Beschwerdeführerin Bestbieterin). In dieser Mitteilung wurden für jedes Los die Vergabesumme sowie die Gesamtpunkteanzahl des jeweiligen Bestbieters und der Beschwerdeführerin angeführt.
Am beantragte die Beschwerdeführerin, die Zuschlagsentscheidung betreffend die Lose 1, 2, 3 und 5 für nichtig zu erklären. Sie brachte zum einen vor, dass ihr mit der Zuschlagsentscheidung vom weder die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes noch die Merkmale und Vorteile des jeweils erfolgreichen Angebotes mitgeteilt worden seien. Weiters wären die Angebote der präsumtiven Zuschlagsempfängerinnen auszuscheiden gewesen, weil verschiedene Mindestanforderungen nicht erfüllt worden seien. Darüber hinaus sei die Angebotsbewertung unrichtig erfolgt.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin ab.
2.1. Nach der zusammenfassenden Wiedergabe des Nachprüfungsantrages der Beschwerdeführerin sowie der weiteren im Nachprüfungsverfahren erstatteten Stellungnahmen (der Auftraggeberin, der beiden präsumtiven Zuschlagsempfängerinnen und der Beschwerdeführerin) stellte die belangte Behörde in der Begründung zunächst die - fallbezogen relevanten - Inhalte der Ausschreibungsunterlagen dar:
Unter Punkt 1. "Allgemeine Anforderungen" des (für die Lose 1 bis 5 einheitlichen) technischen Leistungsverzeichnisses sei vorgesehen, dass für fünf Stellen Computertomographen anzubieten seien, wobei u.a. die nachstehende Umschreibung erfolgte:
"Oberste Leistungsklasse:
Steyr und Vöcklabruck: Ganzhirnperfusion, Leberperfusion, periphere Angio (kalkfrei), Herz
Wagner-Jauregg: Schlaganfall, Hirnperfusion, CT-Angio, spinale Angio
CT für hochklassige schnelle Routine (64 Zeilen oder besser):
Schärding: periphere Angio, Colon, Perfusion, Livebild für Intervention, + optional Herzausschlussdiagnostik
Steyr, Schockraum: schnelle Abklärung von Akutverletzten."
Unter Punkt 2.1 des technischen Leistungsverzeichnisses seien (insgesamt neun) "Mindestanforderungen" normiert, von denen eine - nämlich "kürzeste Vollrotation (360 Grad ) 0,35 s" - nur für die oberste Leistungsklasse vorgesehen sei. Im Punkt 2.3 "Messsysteme" seien zu verschiedenen Parametern vom Bieter Angaben auszufüllen.
Abschließend seien dem technischen Leistungsverzeichnis die "Zuschlagskriterien (50%) neben dem Preis" zu entnehmen. Demnach vergebe eine Kommission zum einen minimal zehn und maximal 50 Punkte auf Grund der Bewertung der Referenzanlage, des Leistungsverzeichnisses und jeweils einer Fachpublikation zu näher umschriebenen Themen. Zum anderen werde für jeden Bieter ein sogenannter "Workstationtest" durchgeführt, für den von der Kommission ebenfalls mindestens zehn und maximal 50 Punkte vergeben werden könnten.
Mit Schreiben vom - so die belangte Behörde weiter - habe die Auftraggeberin die Bieter eingeladen, bis zum ein Angebot zu legen und es sei ein Bewertungsschema übermittelt worden. Demnach sei für den Bereich "Referenzanlage" ein Fragenkatalog bestehend aus fünf Fragen mitgeteilt worden, wobei für jede Frage maximal vier Punkte erreicht werden konnten. Die belangte Behörde stellte dazu fest, dass die Auftraggeberin im Zuge der Angebotsprüfung die Angaben der Bieter zu ihrer jeweiligen Referenzanlage durch telefonische Rückfragen bei erfahrenen Medizinern überprüft habe. Für das Kriterium "technisches Leistungsverzeichnis" seien (ebenfalls) maximal 20 Punkte zu vergeben gewesen, wobei diesbezüglich fünf Unterpunkte genannt sowie die nähere Art und Weise der Bewertung dargelegt worden seien.
Zum Zuschlagskriterium "Workstationtest" führte die belangte Behörde aus, dass damit die Benutzerfreundlichkeit, der "Workflow" und die Geschwindigkeit beurteilt werden sollte. Bei dem am durchgeführten Test habe eine aus zwölf Personen bestehende Kommission zu fünf Fragestellungen jeweils eine gesonderte Bewertung vorgenommen (wobei sieben Kommissionsmitglieder jeweils einen eigenen Bewertungsbogen ausgefüllt hätten, fünf Mitglieder vom LKH Steyr einen gemeinsamen).
Die belangte Behörde hielt fest, dass weder die Ausschreibungsunterlagen samt Leistungsverzeichnis noch die darauffolgenden Festlegungen im Verhandlungsverfahren angefochten worden seien. In weiterer Folge traf die die belangte Behörde Feststellungen zu den seitens der teilnehmenden Bieter angebotenen Geräten.
Zu dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Privatgutachten vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass die "Auslegung von Ausschreibungsbestimmungen keines Beweisverfahrens und daher auch keines Sachverständigenbeweises zugänglich" sei. Vielmehr sei dies eine Frage der rechtlichen Beurteilung, die von der belangten Behörde vorzunehmen sei.
2.2. In ihrer rechtlichen Beurteilung der Abweisung des Nachprüfungsantrages führte die belangte Behörde Folgendes aus:
Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass es der Zuschlagsentscheidung an einer dem § 131 des Bundesvergabegesetzes 2006 (BVergG 2006) entsprechenden Begründung fehle, verwies die belangte Behörde auf die dazu ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , Zlen. 2009/04/0081, 0085), wonach zwischen der Verletzung des Bieters in dem ihm zustehenden Recht auf Bekanntgabe der darin genannten Informationen und der Frage der Wesentlichkeit dieser Rechtsverletzung für den Ausgang des Vergabeverfahrens zu unterscheiden sei. Die Auftraggeberin habe zwei Tage nach Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung, somit am , über Aufforderung der Beschwerdeführerin dieser die Bewertungsunterlagen, nämlich das detaillierte Bewertungsschema zur Verfügung gestellt. Darin sei auch eine kurze und prägnante wörtliche Umschreibung der Punktebewertung der jeweiligen präsumtiven Zuschlagsempfängerin enthalten gewesen. Mit dieser Übermittlung sei der Begründungspflicht Rechnung getragen worden. Da der Beschwerdeführerin noch zwölf Tage Zeit für die Stellung eines Nachprüfungsantrages verblieben seien, sei die Einbringung eines Nachprüfungsantrages nicht erschwert oder behindert gewesen. Somit führe diese Rechtswidrigkeit nicht zur Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung.
Weiters ging die belangte Behörde im Einzelnen auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend die fehlende Ausschreibungskonformität der Angebote der präsumtiven Zuschlagsempfängerinnen bzw. betreffend die unrichtige Angebotsbewertung ein. Da die Angebote aller Bieter die in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Mindestanforderungen erfüllen würden, sei ein Ausscheidensgrund nicht gegeben. Im Zusammenhang mit den von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Fehlern bei der Angebotsbewertung kam die belangte Behörde zwar zum Ergebnis, dass die erzielte Punktezahl der Angebote der präsumtiven Zuschlagsempfängerinnen auf Grund unrichtiger Bewertungen jeweils (geringfügig) zu reduzieren sei, dass es dadurch aber "zu keinem Bietersturz bzw. zu keiner Umreihung der Bieter" komme.
Abschließend ging die belangte Behörde noch auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend die - behaupteter Maßen - nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises der Angebote der präsumtiven Zuschlagsempfängerinnen ein und legte näher dar, warum von einer Nachvollziehbarkeit der Preisgestaltung ausgegangen werde.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. In dieser wird im Wesentlichen geltend gemacht, dass die formal unrichtige - weil ohne nähere Begründung erfolgte - Zuschlagsentscheidung jedenfalls für nichtig erklärt werden hätte müssen. Weiters bringt die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf einzelne Anforderungen im Leistungsverzeichnis bzw. einzelne Unterpunkte im Rahmen der Angebotsbewertung vor, weshalb die Angebote der präsumtiven Zuschlagsempfängerinnen auszuscheiden bzw. mit weniger Punkten zu bewerten gewesen wären. Weiters seien die Angebote der beiden präsumtiven Zuschlagsempfängerinnen betriebswirtschaftlich nicht erklär- bzw. nachvollziehbar; vielmehr hätten diese jeweils ein "unterklassiges Gerät zu völlig überhöhten Preisen" angeboten.
Im Zusammenhang mit der Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin insbesondere, dass die belangte Behörde entgegen ihrem Antrag keinen technischen Sachverständigen im Zusammenhang mit der Auslegung der Ausschreibungsbestimmungen sowie der mangelnden Ausschreibungskonformität der Angebote der präsumtiven Zuschlagsempfängerinnen bestellt habe.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete - ebenso wie die erstmitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Frage der ausreichenden Begründung der Zuschlagsentscheidung:
1.1. § 131 BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17, in der hier (auf Grund der Übergangsvorschrift des § 345 Abs. 14 Z 2 BVergG 2006 idF BGBl. I Nr. 15/2010: weiterhin) maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 86/2007 lautet auszugsweise:
"Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung
§ 131. Der Auftraggeber hat den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern unverzüglich und nachweislich mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. Die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung hat elektronisch oder mittels Telefax zu erfolgen. Sofern eine nachweisliche Übermittlung elektronisch oder mittels Telefax nicht möglich ist, ist die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung brieflich zu übermitteln. In dieser Mitteilung sind den verbliebenen Bietern das jeweilige Ende der Stillhaltefrist gemäß § 132, die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, die Vergabesumme sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekannt zu geben, sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen von Unternehmern widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde. ..."
In den Erläuterungen (RV 1171 BlgNR XXII. GP, 85 ff) zur Stammfassung des BVergG 2006 wird dazu wie folgt ausgeführt:
"Zu § 131 (Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung):
...
Neu vorgesehen ist nunmehr, dass der Auftraggeber den betreffenden Bietern das jeweilige Ende der Stillhaltefrist (Fristberechnung ergibt sich aus § 132) und die Gründe für die Ablehnung ihrer Angebote bereits mit der Zuschlagsentscheidung mitteilen muss. Wie bisher sind daneben auch noch die Vergabesumme und die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekannt zu geben. Die Neuregelung erlaubt die Beibehaltung der bisherigen Praxis, wonach allen Bietern eine Musterverständigung übermittelt wurde. Sofern aus der Mitteilung die vom Gesetz geforderten Informationen (zumindest implizit) entnommen werden können, erfordert § 131 keine individualisierten Mitteilungen hinsichtlich der Gründe für die Ablehnung des jeweiligen Angebotes. Der Grund für die Umstellung im Vergleich zum BVergG 2002 liegt darin, dass das bisherige Modell (§ 100 BVergG 2002), wonach die Bekanntgabe der Gründe für die Nichtberücksichtigung von einem Antrag eines nicht zum Zuge gekommenen Bieters abhängig war, für die Bieter in der Praxis zu einer erheblichen Verkürzung der Nachprüfungsfristen geführt hat, da eine Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung ohne Kenntnis der Gründe, aus denen das eigene Angebot nicht für den Zuschlag berücksichtigt wird, in der Regel nur schwer zu bewerkstelligen war. Durch die Neuregelung ist gewährleistet, dass ein nicht zum Zuge gekommener Bieter schon am Beginn der Stillhaltefrist die Informationen besitzt, die er für einen allfälligen Nachprüfungsantrag benötigt. …"
1.2. Die belangte Behörde räumte im angefochtenen Bescheid ein, dass die am bekannt gegebene Zuschlagsentscheidung keine dem § 131 vierter Satz BVergG 2006 entsprechende Begründung (insbesondere hinsichtlich der Gründe für die Ablehnung des Angebotes der Beschwerdeführerin sowie die Merkmale und Vorteile der jeweils erfolgreichen Angebote) enthalten hat. Allerdings erachtete die belangte Behörde diese Rechtswidrigkeit - unter Hinweis auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom , Zlen. 2009/04/0081, 0085 - als für den Ausgang des Vergabeverfahrens nicht von wesentlichem Einfluss (iSd § 7 Abs. 1 Z 2 des Oö. Vergaberechtsschutzgesetzes 2006 - Oö. VergRSG 2006). Diese Auffassung ist aus folgenden Gründen nicht als rechtswidrig zu erkennen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem zitierten Erkenntnis Zlen. 2009/04/0081, 0085 Folgendes festgehalten:
"§ 131 vierter Satz BVergG 2006 normiert unmissverständlich, dass in der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung den verbliebenen Bietern näher bezeichnete Informationen (das jeweilige Ende der Stillhaltefrist gemäß § 132, die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, die Vergabesumme sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes) bekannt zu geben sind, sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen von Unternehmern widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde. Eine entgegen dieser Verpflichtung den Bietern abgegebene Zuschlagsentscheidung (§ 2 Z 48 BVergG 2006) ist daher eine objektiv rechtswidrige Entscheidung des Auftraggebers und verletzt den Bieter in dem gemäß § 131 vierter Satz BVergG 2006 zustehenden Recht auf Bekanntgabe der in dieser Bestimmung enthaltenen Informationen … Dies umso mehr, als diese Bestimmung nach den obzitierten Materialien gewährleisten soll, 'dass ein nicht zum Zuge gekommener Bieter schon am Beginn der Stillhaltefrist die Informationen besitzt, die er für einen allfälligen Nachprüfungsantrag benötigt'.
…
Von der Verletzung des Bieters in dem ihm gemäß § 131 vierter Satz BVergG 2006 zustehenden Recht auf Bekanntgabe der in dieser Bestimmung enthaltenen Informationen … ist die Frage ihrer Wesentlichkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens zu unterscheiden.
Gemäß dem - insoweit mit § 325 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 übereinstimmenden - § 15 Abs. 1 lit b K-VergRG ist eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers nur dann für nichtig zu erklären, wenn die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.
…
Daher ist die Unterlassung der Begründung der Zuschlagsentscheidung für den Ausgang des Vergabeverfahrens im Sinne des § 325 Abs. 1 Z. 2 BVergG 2006 bzw. § 15 Abs. 1 lit. b K-VergRG schon dann wesentlich, wenn die Einbringung eines begründeten Nachprüfungsantrages dadurch erschwert oder behindert wird, was - wie die Erläuterungen anführen - in der Regel anzunehmen ist."
Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin - worauf die belangte Behörde zu Recht hingewiesen hat - zwei Tage nach Mitteilung der Zuschlagsentscheidung von der Auftraggeberin die Bewertungsunterlagen, nämlich das detaillierte Bewertungsschema mit einer verbalen Umschreibung der Punktebewertung, übermittelt bekommen. In einer derartigen Konstellation ist aber nicht ersichtlich, dass die nachträgliche (zwei Tage nach der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung erfolgte) Bekanntgabe der Gründe für die Nichtberücksichtigung des (eigenen) Angebotes sowie der Merkmale und Vorteile der erfolgreichen Angebote zu einer - wie es in den zitierten Erläuterungen heißt - "erheblichen Verkürzung" der Nachprüfungsfrist geführt bzw. die Einbringung eines begründeten Nachprüfungsantrages, für die immer noch zwölf Tage zur Verfügung standen, erschwert oder behindert hat. Die vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis Zlen. 2009/04/0081, 0085 vertretene Auffassung, dass mit der Unterlassung der Begründung der Zuschlagsentscheidung "in der Regel" die Einbringung eines begründeten Nachprüfungsantrages erschwert oder behindert wird, steht der Annahme, dass bei einer zeitlichen Abfolge wie im gegebenen Fall ein davon abweichender Ausnahmefall vorliegt, nicht entgegen. Auch unionsrechtlich ist nicht anderes geboten, weil Art. 2c der Richtlinie 89/665/EWG, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2007/66/EG, für die Stellung eines Nachprüfungsantrages gegen Entscheidungen eines öffentlichen Auftraggebers eine Mindestfrist von zehn Tagen vorsieht, die hier ohnehin eingehalten wurde.
1.3. Soweit die Beschwerdeführerin - im Zusammenhang mit der geltend gemachten Verletzung von Verfahrensvorschriften - vorbringt, es sei (überhaupt) keine nähere Begründung zur Bewertung der Zuschlagskriterien neben dem Preis erfolgt, ist Folgendes anzumerken:
Die von der Beschwerdeführerin im Nachprüfungsverfahren vorgelegten Unterlagen betreffend die von der Auftraggeberin am übermittelten Informationen enthalten eine nach den einzelnen Subkriterien aufgeschlüsselte Punkteverteilung und für das Zuschlagskriterium 1 (Referenzanlage, technisches Leistungsverzeichnis, Publikationen) auch eine verbale Begründung, die ihrerseits teilweise auf das in der Ausschreibung festgelegte Berechnungsschema verweist. Dass angesichts der darin enthaltenen Informationen die Einbringung eines Nachprüfungsantrages ohne Schwierigkeiten nicht möglich gewesen wäre, wird von der Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar dargelegt. Diesbezüglich wird auch auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/04/0224, verwiesen, in dem der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht hat, dass es auf eine unzulässige Überspannung der Begründungspflicht hinausliefe, wenn jedes vom Bieter in der Zuschlagsentscheidung vermisste Begründungselement zur objektiven Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung führen würde. Vielmehr kommt es darauf an, ob es dem Bieter auch ohne Kenntnis zusätzlicher, detaillierterer Begründungselemente unschwer möglich ist, gegen die Zuschlagsentscheidung einen begründeten Nachprüfungsantrag einzubringen.
Soweit die Beschwerdeführerin die fehlende verbale Begründung zum Zuschlagskriterium 2 ("Workstationtest") bemängelt, wird darüber hinaus noch auf das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2007/04/0018, 0019, verwiesen. Demnach kann in einem Fall, in dem die Angebote der Bieter hinsichtlich bestimmter Kriterien von den einzelnen Mitgliedern einer Bewertungskommission getrennt bewertet werden, keine in einem gemeinsamen Entscheidungsprozess erzielte begründbare Entscheidung dargelegt werden.
Die belangte Behörde ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass die aus der unzureichenden Begründung der Zuschlagsentscheidung vom resultierende Rechtswidrigkeit fallbezogen im Hinblick darauf, dass zwei Tage später ausreichende Informationen für einen begründeten Nachprüfungsantrag übermittelt worden sind, nicht wesentlich (iSd hier maßgeblichen § 7 Abs. 1 Z 2 Oö. VergRSG 2006) ist.
2. Zum Antrag auf Bestellung eines Sachverständigen:
2.1. Im Zusammenhang mit der Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin, dass die belangte Behörde ihrem Antrag auf Bestellung eines technischen Sachverständigen im Zusammenhang mit der Auslegung von Ausschreibungsbestimmungen und der mangelnden Ausschreibungskonformität der Angebote der beiden präsumtiven Zuschlagsempfängerinnen nicht entsprochen habe. Insbesondere wäre das von ihr vorgelegte Privatgutachten einer Überprüfung durch Sachverständige iSd § 52 AVG zu unterziehen gewesen. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde handle es sich bei der hier strittigen Auslegung einzelner Ausschreibungsbestimmungen und der technischen Beurteilung von Angeboten nicht um Rechtsfragen. Vielmehr hätte ein Sachverständiger festzustellen gehabt, wie die Ausschreibungsunterlagen aus Sicht eines fachkundigen Bieters zu verstehen seien und welche technischen Merkmale die von den präsumtiven Zuschlagsempfängerinnen angebotenen Geräte aufweisen würden.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin eine Mangelhaftigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
2.2. Die belangte Behörde vertritt im angefochtenen Bescheid die Auffassung, dass die Auslegung der Ausschreibungsbestimmungen sowie das gebräuchliche Verständnis von Anforderungen keines Beweises zugänglich sind, weil es sich dabei um Rechtsfragen handle. Daher sei dem Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen nicht stattzugeben gewesen. Auch zu dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Privatgutachten verwies die belangte Behörde darauf, dass die Auslegung der Ausschreibung einem Sachverständigenbeweis nicht zugänglich sei.
Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:
2.3. Zwar stellt - insofern ist der belangten Behörde nicht entgegenzutreten - die letztlich maßgebliche Frage, ob das Angebot eines Bieters zu Recht ausgeschieden (oder - wie hier - in die Angebotsbewertung einbezogen) wurde, eine von der Vergabekontrollbehörde zu beantwortende Rechtsfrage dar. Dies ist aber nicht gleichbedeutend damit, dass die Beantwortung dieser Rechtsfrage keine Feststellungen im Tatsachenbereich voraussetzt, die - nach Lage des Falles - die Erhebung eines Sachverständigenbeweises notwendig machen können.
Im vorliegenden Fall war der (im Nachprüfungsverfahren vor der belangten Behörde gestellte) Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen darauf gerichtet, zu klären, wie das Leistungsverzeichnis aus Sicht eines fachkundigen Bieters zu verstehen ist und ob die Angebote der präsumtiven Zuschlagsempfängerinnen den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses entsprechen. Die Frage, ob ein Gerät bestimmten (technischen) Vorgaben entspricht, ist eine Sachverhaltsfrage. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beantwortung dieser Frage im vorliegenden Fall angesichts des Ausschreibungsgegenstandes keinesfalls besondere Fachkenntnisse erfordert.
Zur Auslegung von Ausschreibungsbestimmungen hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass diese nach dem objektiven Erklärungswert "für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter" bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen sind (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2006/04/0139, mwN). Lässt sich der Inhalt eines Begriffes aus dem allgemeinen Sprachgebrauch bzw. unter Heranziehung der gesamten Ausschreibungsunterlagen nicht eindeutig ermitteln, so kann auch für die Klärung, welche Bedeutung eine Ausschreibungsbestimmung für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter hat, die Beiziehung eines Sachverständigen erforderlich sein.
Ob diese Voraussetzungen gegenständlich erfüllt sind (und die belangte Behörde daher entgegen ihrer Rechtsansicht schon deshalb einen Sachverständigenbeweis hätte aufnehmen müssen) kann dahingestellt bleiben, weil der angefochtene Bescheid jedenfalls unter folgendem Gesichtspunkt rechtswidrig ist:
Die Beschwerdeführerin hat nämlich im Zusammenhang mit ihrem Antrag auf Bestellung eines Sachverständigen zur Untermauerung ihres Vorbringens auch ein Privatgutachten vorgelegt, demzufolge die Angebote der präsumtiven Zuschlagsempfängerinnen in einzelnen Punkten den (Allgemeinen) Anforderungen des Leistungsverzeichnisses nicht entsprechen. So wird etwa ausgeführt, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin für das Los 3 die Anforderung von mindestens "64 (verfügbaren) Zeilen" nicht erfüllt. Auch hinsichtlich des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin für die Lose 1, 2 und 5 wurde die Ausschreibungskonformität in einzelnen Punkten in Abrede gestellt.
Die belangte Behörde führt diesbezüglich aus, dass in Punkt 1 des technischen Leistungsverzeichnisses lediglich "eine funktionale Darstellung des geforderten Gerätes umschrieben wird", dass aber keine technischen Angaben zu ersehen seien. Die daran anknüpfende Einschätzung, dass Anforderungen, deren Nichterfüllung zu einem Ausscheiden des Angebotes führt, nur in Punkt 2 des Leistungsverzeichnisses (Mindestanforderungen), nicht aber in Punkt 1 enthalten seien, ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht schlüssig begründet. Zum einen steht dieser Auffassung der Wortlaut der Überschrift des Punktes 1 "Allgemeine Anforderungen" entgegen. Zum anderen enthält jedenfalls die Beschreibung der (die Lose 3 und 4 betreffenden) Computertomographen für hochklassige und schnelle Routine eine nähere Determinierung - nämlich "(64 Zeilen oder besser)". Die belangte Behörde hätte daher für ihre Beurteilung der Ausschreibungskonformität der Angebote der präsumtiven Zuschlagsempfängerinnen auch heranziehen müssen, welche konkreten Vorgaben aus den "Allgemeinen Anforderungen" an die ausgeschriebenen Leistungen resultieren.
Davon ausgehend hätte die belangte Behörde aber auch das durch ein Sachverständigengutachten untermauerte Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach die Angebote der präsumtiven Zuschlagsempfängerinnen die in der Ausschreibung festgelegten Anforderungen in einzelnen Punkten nicht erfüllen, auf fachlicher Ebene überprüfen müssen. Dass die belangte Behörde selbst über den dafür erforderlichen Sachverstand verfügt, ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht dargelegt. Der bloße Hinweis darauf, dass auf Seiten der Auftraggeberin fachlich qualifizierte Personen an der Angebotsprüfung mitgewirkt haben, ist diesbezüglich nicht als hinreichend anzusehen.
Im Hinblick darauf war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 und 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 Abs. 1 EMRK wurde durch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinn der EMRK, Genüge getan (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung betreffend Vergabekontrollbehörden etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2011/04/0042, mwN).
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am