Suchen Hilfe
VwGH vom 04.10.2012, 2012/09/0015

VwGH vom 04.10.2012, 2012/09/0015

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des F K in B, vertreten durch Dr. Marcus Zimmerbauer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Bürgerstraße 41, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. BMASK-244318/0002-IV/B/5/2011, betreffend Anerkennung als Opfer gemäß § 1 Abs. 1 und 2 des Opferfürsorgegesetzes (OFG) und Ausstellung einer Amtsbescheinigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Unstrittig ist, dass der im Jahr 1924 geborene Beschwerdeführer auf Grund eines Diebstahldelikts am durch das Landesgericht für Strafsachen Wien zu einer Rahmenstrafe von ein bis zwei Jahren verurteilt wurde und nach seiner Haftzeit im Polizeigefängnis Graz-Karlau und in der Untersuchungshaftanstalt Essen über das Polizeigefängnis Frankfurt-Bockenheim am in das Jugendkonzentrationslager Moringen kam, wo er bis zu dessen Befreiung im April 1945 angehalten wurde.

Der Landeshauptmann von Steiermark hat mit Bescheid vom den Antrag des Beschwerdeführers vom auf Anerkennung als Opfer gemäß § 1 Abs. 1 und 2 OFG und Ausstellung einer Amtsbescheinigung abgewiesen. Dies wurde damit begründet, dass aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten bzw. von der KZ-Gedenkstätte Moringen und dem ITS (Anmerkung: Internationaler Suchdienst) Bad Arolsen zugesandten Unterlagen zwar die angegebenen Haftzeiten, jedoch keine politische Verfolgung als Grund für den KZ-Aufenthalt nachgewiesen worden seien, sondern dass dieser offensichtlich auf Grund der nachgewiesenen Verurteilung wegen Diebstahls erfolgt sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wendete der Beschwerdeführer ein, er sei Mitglied der so genannten "Schlurfs" gewesen, die gegen das NS-Regime aufgetreten seien und Auseinandersetzungen mit der Hitlerjugend gehabt hätten. Nach seinem Einberufungsbefehl zur deutschen Wehrmacht, den er sich nicht habe zustellen lassen, sei er untergetaucht und habe in die Schweiz flüchten wollen, sei jedoch aufgegriffen worden. Seine im Polizeigefängnis Graz - Karlau, der Untersuchungshaftanstalt Essen sowie im Polizeigefängnis Frankfurt - Bockenheim verbüßte Haftstrafe habe auf einem Diebstahl beruht, den er ausschließlich zur Abdeckung seines Nahrungsbedarfes begangen habe; diese Verurteilung sei auch durch Entschließung des Bundespräsidenten vom als getilgt erklärt worden. Er sei erst nach Vollzug der Rahmenstrafe am - ohne gerichtliches Urteil - in das Jugendkonzentrationslager Moringen eingewiesen worden. In diesem KZ seien Jugendliche inhaftiert gewesen, die "vom NS-System als so genannte Gemeinschaftsfremde diffamiert wurden und aus der Volksgemeinschaft ausgeschlossen waren".

Dazu verwies der Beschwerdeführer auf ein E-Mail der KZ-Gedenkstätte Moringen vom . Daraus ergibt sich zusammengefasst, dass er als Jugendlicher in politischer Opposition zum NS-Staat gelangt sei. Ausschlaggebend hiefür seien die als ungerecht empfundene zehnmonatige Haft des Vaters, der sich abfällig über das System geäußert habe, und der Umstand gewesen, dass sein Bruder 1941 an der Front gefallen sei. Als den Beschwerdeführer 1942 seine eigene Einberufung in die Wehrmacht erreicht habe, sei sein Entschluss, nicht an diesem Krieg mitzuwirken, festgestanden und er habe sich als konsequent Handelnder der Einberufung durch Flucht entzogen. Alles was nun geschehen sei, sei auf diese Entscheidung zurückzuführen gewesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge gegeben und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt.

In ihrer Bescheidbegründung führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges und Zitierung des Vorbringens des Beschwerdeführers in seinem (mit Schreiben vom November 2010 vorgelegten) Lebenslauf (wonach er von Graz nach Essen zur Zwangsarbeit gekommen und in weiterer Folge nach kurzem Aufenthalt in Wien ohne Verhandlung 1944 ins KZ Moringen verbracht worden sei) Folgendes aus:

"Wie sich im Gegensatz dazu auf Grund der im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten und Anfang Dezember 2010 übermittelten Auskunft des ITS ergibt, wurde der (Beschwerdeführer) wegen eines Diebstahls verurteilt und nach der verhängten Gerichtshaft auch aus diesem Grund im Konzentrationslager Moringen inhaftiert.

In der Berufung gibt er dann an, dass er nach einem (nicht zugestellten) Einberufungsbefehl flüchten wollte, und er zwar eine Strafe wegen eines Diebstahls erhalten habe, dieser aber zur Abdeckung seines Nahrungsbedarfs begangen worden sei, die Verurteilung 1948 durch den Bundespräsidenten getilgt wurde und verweist auf das E-Mail vom .

Hinsichtlich dieses E-Mails ist darauf hinzuweisen, dass es sich hiebei um Angaben eines Dritten handelt, deren Quelle nicht erkennbar ist und denen die eigenen Angaben des (Beschwerdeführers) jedenfalls vorgehen.

Aus diesem ergibt sich, dass er im erstinstanzlichen Verfahren keine Bemerkung darüber gemacht hat, dass er wegen eines Diebstahls verurteilt wurde und auch deshalb in Strafanstalten vor der Haft im Konzentrationslager Moringen inhaftiert war.

Er gab vielmehr im erstinstanzlichen Verfahren als Grund für die Inhaftierung alternierend einmal 'angeblich angekündigte Sabotage' und anschließend eine nicht befolgte Vorladung der Nazis an.

Nach Einlangen der ITS-Auskunft über die Verurteilung wegen Diebstahls und ihre Erwähnung im angefochtenen Bescheid bezieht er sich in der Berufung erstmals darauf, und begründet ihn ausschließlich mit der Abdeckung seines Nahrungsbedarfes.

Hinsichtlich keiner der zu dem in der Auskunft des ITS allein genannten Haftgrund 'Straftat: Diebstahl' in Widerspruch stehenden und im Übrigen auch voneinander abweichenden Angaben zu seiner Haft, einer politischen Motivierung der Haft oder des Diebstahls liegen Zeugenaussagen oder sonstige Beweise vor, wobei die verschiedenen Darstellungen sowie die erst späte Erwähnung des tatsächlichen Verurteilungsgrundes Diebstahl nicht zur Glaubwürdigkeit der Angaben beitragen.

Ebenso wäre die angegebene Mitgliedschaft des Vaters bei der Sozialdemokratischen Partei und eine gegen diesen verhängte Haft wegen Wehrkraftzersetzung nicht geeignet, eine politische Verfolgung des (Beschwerdeführers) im Sinne des OFG zu belegen.

Das Gleiche gilt für die - ebenfalls nur behauptete - Zugehörigkeit zu den 'Schlurfs', da diese weder als Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 OFG noch als Nachweis für eine politische Verfolgung im Sinne des § 1 Abs. 2 OFG angesehen werden kann.

Eine Verfolgung im Sinne des OFG ist somit nicht nachgewiesen (§ 3 Abs. 1 letzter Satz OFG).

Es kann daher als Sachverhalt lediglich eine Verurteilung wegen Diebstahls sowie eine daran anschließende Strafhaft sowie ein ebenfalls mit dieser Verurteilung begründeter Aufenthalt in Moringen festgestellt werden. Darüber hinausgehende Feststellungen im Sinne des § 1 Abs. 1 oder 2 OFG sind mangels Nachweises nicht möglich."

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift der belangten Behörde erwogen:

1. § 1 Abs. 1 und 2 des Opferfürsorgegesetz, BGBl. Nr. 183/1947 (OFG) in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 86/2005, lauten auszugsweise wie folgt:

"§ 1. (1) Als Opfer des Kampfes um ein freies, demokratisches Österreich im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Personen anzusehen, die um ein unabhängiges, demokratisches und seiner geschichtlichen Aufgabe bewußtes Österreich, insbesondere gegen Ideen und Ziele des Nationalsozialismus, mit der Waffe in der Hand gekämpft oder sich rückhaltlos in Wort oder Tat eingesetzt haben und hiefür in der Zeit vom bis zum


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
e)
nachweisbar aus politischen Gründen mindestens ein Jahr, sofern die Haft mit besonders schweren körperlichen oder seelischen Leiden verbunden war, mindestens sechs Monate, in Haft waren oder eine Freiheitsbeschränkung im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. i von mindestens einem Jahr erlitten haben.

(2) Als Opfer der politischen Verfolgung im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Personen anzusehen, die in der Zeit vom bis zum aus politischen Gründen, als Opfer der NS-Militärjustiz, aus Gründen der Abstammung, Religion, Nationalität oder im Rahmen typisch nationalsozialistischer Verfolgung, auf Grund einer körperlichen oder geistigen Behinderung, der sexuellen Orientierung, des Vorwurfes der so genannten Asozialität oder medizinischer Versuche durch Maßnahmen eines Gerichtes, einer Verwaltungs- (im besonderen einer Staatspolizei- ) Behörde oder durch Eingriffe der NSDAP einschließlich ihrer Gliederungen in erheblichem Ausmaß zu Schaden gekommen sind. Als solche Schädigungen in erheblichem Ausmaße sind anzusehen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
b)
der Verlust der Freiheit durch mindestens drei Monate,
c)
i)
eine Freiheitsbeschränkung von mindestens sechsmonatiger Dauer in Deutschland oder den von Deutschland besetzten Gebieten,
j)
…"
Nach § 3 Abs. 1 letzter Satz OFG hat der Antragsteller die Voraussetzungen nach § 1 leg. cit. nachzuweisen.
Der Erlassung eines Bescheides hat gemäß § 56 des auch im Verfahren nach dem Opferfürsorgegesetz (§ 16 Abs. 1) geltenden AVG grundsätzlich die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes nach den Vorschriften der §§ 37 und 39 dieses Gesetzes voranzugehen. Zweck des Ermittlungsverfahrens ist es nach § 37 AVG, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.
Soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnungen enthalten, hat die Behörde nach § 39 Abs. 2 AVG von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der in diesem Teil enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen; sie kann insbesondere auch eine mündliche Verhandlung nach den §§ 40 bis 44 AVG von Amts wegen oder auf Antrag durchführen. Gegen die Ablehnung eines solchen Antrages ist kein Rechtsmittel zulässig. Die Behörde hat sich bei allen diesen Verfügungen von Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen.
Als Beweismittel kommt gemäß § 46 AVG alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.
Nach der Anordnung des § 58 Abs. 2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird. In der Begründung sind gemäß § 60 AVG - der nach § 67 AVG auch für Berufungsbescheide gilt - die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/07/0184). Die genannte Zusammenfassung wird in Bezug auf die Beweiswürdigung kurz ausfallen können, wenn keine einander widersprechenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vorliegen. Bei Widersprüchen zwischen den Behauptungen und Angaben der Verfahrenspartei und sonstigen Ermittlungsergebnissen bedarf es aber einer klaren und übersichtlichen Zusammenfassung der maßgeblichen, bei der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen, damit der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung der Behörde auf ihre inhaltliche Rechtmäßigkeit überprüfen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/08/0106). Nicht oder unzureichend begründete Bescheide hindern insoweit den Verwaltungsgerichtshof, seiner Rechtskontrollaufgabe, wie sie im § 41 Abs. 1 VwGG zum Ausdruck kommt, zu entsprechen, als derartige Bescheide inhaltlich auch keine Überprüfung "auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes" zulassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/08/0020).
Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller, zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. dazu Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I2, E 84 zu § 39 AVG).
2.
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer zunächst in seinem Antrag angegeben, wegen "angeblich angekündigter Sabotage ab 1942 von den Nationalsozialisten in Karlau inhaftiert" worden zu sein und nach Verlegung in ein Gefängnis nach Essen (mit Zwangsarbeit bei Krupp) bis zur Befreiung im KZ Moringen gewesen zu sein; er sei nach der Befreiung Österreichs 45 Jahre in Kanada gewesen und seit 2002 wieder österreichischer Staatsbürger.
In dem im November 2010 vorgelegten Lebenslauf gab der Beschwerdeführer an, dass sein Vater bei der Sozialdemokratischen Partei und den Freien Gewerkschaften engagiert gewesen sei, seinen Arbeitsplatz bei den Verkehrsbetrieben verloren habe und wegen Wehrkraftzersetzung inhaftiert worden sei. Der Beschwerdeführer habe seine Freizeit bei den so genannten "Schlurfs" verbracht, die alle gegen das NS-Regime eingestellt und immer in Raufereien mit der Hitlerjugend verwickelt gewesen seien. Als er einmal von den Nazis vorgeladen worden sei, sei er von zu Hause geflüchtet und untergetaucht; er habe über München in die Schweiz flüchten wollen, sei aber in München verhaftet und nach Wien überstellt worden. Da er gesagt habe, "mit diesen Verbrechern will ich nichts zu tun haben", habe er eine Rahmenstrafe erhalten und sei "ohne Bescheid zu wissen, warum" (er vermute wegen Sabotage an der Drehbank), ins Zuchthaus nach Graz überstellt worden, dann zur Zwangsarbeit nach Essen gekommen und in weiterer Folge nach einem kurzen Aufenthalt in Wien ohne Verhandlung 1944 ins KZ Moringen verbracht worden.
Aus der in den Verwaltungsakten einliegenden Auskunft der ITS vom Dezember 2010 ist eine Strafdauer von 1 Jahr und 2 Monaten Gefängnis wegen der Straftat "Diebstahl" mit Beginn und Ende ersichtlich; weiters der Vermerk über ein "neues Ende der Straf- oder Verwahrungszeit: " und "(Fortsetzung) …in Moringen …"; Gründe für die Haftverlängerung und die weitere Verlegung in das bzw. Anhaltung im Jugendkonzentrationslager sind daraus allerdings nicht ersichtlich.
In der Berufung hat der Beschwerdeführer vorgebracht, dass sein Einsatz gegen das NS-Regime "in keiner Weise" gewürdigt worden sei und dazu sowie zu den Hintergründen des Diebstahls weitere Angaben (insbesondere auch zur Nichtbefolgung seiner Einberufung zum Wehrdienst) gemacht, die er offenkundig im Zusammenhang mit seiner Inhaftierung sieht, und auch ein E-Mail der KZ-Gedenkstätte Moringen vom ins Treffen geführt.
Damit hat der Beschwerdeführer aber eine Behauptung über konkrete Geschehnisabläufe als mögliche Ursachen für eine ihm widerfahrende Verfolgung im Sinne des § 1 Abs. 2 OFG aufgestellt, die ihr Ende im KZ Moringen fand, und erkennbar seine Angaben als Beweismittel angeboten und deshalb hiezu die ihm im Rahmen von § 3 OFG treffenden Mitwirkungspflichten ausreichend erfüllt.
Im konkreten Fall ist es daher als Verletzung von Verfahrensvorschriften zu werten, wenn es die belangte Behörde verabsäumt, sich mit den bestehenden Ermittlungsergebnisse zur "allgemeinen Situation" in Moringen, wonach in jenem Lager Jugendliche inhaftiert wurden, die "vom System als so genannte Gemeinschaftsfremde diffamiert und aus politischen oder rassistischen Gründen aus der Volksgemeinschaft ausgeschlossen wurden", im Zusammenhang mit den ergänzenden Angaben des Beschwerdeführers in der Berufung auseinanderzusetzen. Dazu wäre auf Grund des Beweisanbots des Beschwerdeführers seine Einvernahme zur Abklärung der Frage, ob bzw. inwieweit die Verurteilung wegen Diebstahls in Zusammenhang mit dem von ihm behaupteten regimekritischen Verhalten steht, zweckdienlich gewesen. Von der belangten Behörde wurde dies unterlassen. Auch die Beantwortung der Frage, warum der Beschwerdeführer - ohne gerichtliches Urteil -

über die (unstrittige) Haftdauer bis Jänner 1944 hinaus in erheblichem zeitlichen Umfang weiter angehalten wurde, bleibt unbeantwortet, obwohl dies gerade für das Vorliegen weiterer Umstände spricht, die im behaupteten regimekritischen Verhalten des Beschwerdeführers ihre Erklärung finden könnten.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
3.
Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Einhaltung einer entsprechenden Vorgangsweise bzw. nach dadurch allenfalls notwendiger Durchführung weiterer Ermittlungen zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Die Abweisung des Mehrbegehrens ist darauf zurückzuführen, dass in Angelegenheiten des Opferfürsorgegesetzes zufolge dessen § 2 Abs. 2 iVm § 64 Abs. 2 KOVG 1957 Gebührenfreiheit besteht. Wien, am

Fundstelle(n):
XAAAE-71938