VwGH vom 04.10.2012, 2012/09/0011

VwGH vom 04.10.2012, 2012/09/0011

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des WL in V, vertreten durch Dr. Thomas Praxmarer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 19/I, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom , Zl. 74,75/10-DOK/11, betreffend Disziplinarstrafe der Entlassung (weitere Parteien: Bundeskanzler, Bundesministerin für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt 2. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stand bis zu seiner mit dem angefochtenen Bescheid erfolgten Entlassung in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund, seine Dienststelle war bis zu seiner Suspendierung am das Finanzamt in I. (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof), wo er als Betriebsprüfer der Amtsbetriebsprüfungsabteilung tätig war.

Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe:

"in der Zeit von Jänner 2003 bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt im Rahmen der L Partner OEG Buchhaltungs- und Jahresabschlusstätigkeiten sowie abgabenrechtliche Beratungstätigkeiten für die in der Liste A, die einen integrierenden Bestandteil dieses Erkenntnisses (der belangten Behörde) bildet, angeführten Unternehmen bzw. Personen unter Missachtung der bescheidmäßigen Untersagung dieser Nebenbeschäftigung durch die zuständige Dienstbehörde vom ausgeübt und dadurch die in § 44 Abs. 1 BDG 1979 normierte Pflicht, Weisungen des Vorgesetzten zu befolgen, verletzt".

und über ihn wurde eine Disziplinarstrafe verhängt. Der Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt, mit welchem dieser Ausspruch aufrechterhalten worden war, wurde mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 2005/09/0030, 0031, aufgehoben.

Im fortgesetzten Verfahren wurde über den Beschwerdeführer wegen des Vorwurfes, er habe wegen des oben dargestellten, im Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom umschriebenen Verhaltens "in der Zeit von Jänner 2003 bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt" mit Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom durch die Ausübung einer Nebenbeschäftigung das in § 56 Abs. 2 BDG 1979 festgelegte Verbot, eine Nebenbeschäftigung auszuüben, die den Beamten an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindert, die Vermutung einer Befangenheit hervorruft, oder sonstige wesentliche Interessen gefährdet, für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe im Ausmaß von vier Monatsbezügen verhängt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 2007/09/0145, 0146, als unbegründet abgewiesen.

Mit Einleitungsbeschluss vom leitete die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen auf Grund einer Disziplinaranzeige des Finanzamtes I. vom gemäß § 123 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) gegen den Beschwerdeführer ein Disziplinarverfahren wie folgt ein:

"Dem Beschuldigten wird der Verdacht zur Last gelegt, seine Dienstpflichten dadurch schuldhaft verletzt zu haben, dass er

1) in der Zeit vom bis zumindest , sowie darüber hinaus im Rahmen der

L Partner OEG als gewerblicher Buchhalter abgabenrechtliche Beratungstätigkeiten (Buchhaltungsarbeiten und Verfassung von Abgabenerklärungen) zumindest für die in der als 'Beilage 4' bezeichneten beigelegten Auflistung angeführten Personen und Unternehmen ausgeübt habe,

2) die unter 1) beschriebene Nebenbeschäftigung nicht der zuständigen Dienstbehörde gemeldet habe und

3) die unter 1) beschriebene Nebentätigkeit im Zeitraum vom bis zumindest , sowie darüber hinaus, somit nach dem Zeitpunkt der bescheidmäßigen Untersagung der Nebenbeschäftigung vom und in Form wiederholter dauernder Nichtbefolgung einer Anordnung eines Vorgesetzten trotz vorangegangener disziplinarrechtlicher Verfolgung weiterhin ausgeübt habe bzw. ausübe."

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am zugestellt, seine dagegen erhobene Berufung wurde mit dem Bescheid der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt vom abgewiesen. Die Zustellung dieses Bescheides an den Beschwerdeführer erfolgte am .

Mit Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom wurde gegen den Beschwerdeführer auf Grund einer Disziplinaranzeige des Finanzamtes I. vom gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 ein Disziplinarverfahren wie folgt eingeleitet:

"Dem Beschuldigten wird der Verdacht zur Last gelegt, seine Dienstpflichten dadurch schuldhaft verletzt zu haben, dass er gemeinsam mit dem Beamten R J vom Mai 2005 bis zum im Rahmen der L Partner OEG wiederholt und fortgesetzt eine unzulässige Nebenbeschäftigung, nämlich Buchhaltungs- und Jahresabschlusstätigkeiten sowie abgabenrechtliche Beratungstätigkeiten für Unternehmen bzw. Personen, durchgeführt hat und sohin jene Tätigkeit laufend weiterhin ausgeübt hat, wegen der er bereits disziplinarrechtlich verfolgt wurde und die ihm mit Weisung gemäß § 56 Abs 6 iVm Abs 2 BDG 1979 vom zu GZ 4482/46-PA-W/T/08, sowie mit Weisung vom , GZ 4482/49- PA-W/T/08, untersagt wurde."

Auf Grund der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung wurde dieser Bescheid von der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt mit Bescheid vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG dahingehend abgeändert, dass der gegen den Beschwerdeführer erhobene Tatvorwurf wie folgt formuliert wurde:

"Der Beschuldigte steht im Verdacht, seine Dienstpflicht nach § 44 Abs. 1 BDG dadurch schuldhaft verletzt zu haben, dass er die Weisungen vom (GZ 4482/46-PA-W/T/08) und vom (GZ 4482/49-PA-W/T/08) nicht befolgt hat."

In der Begründung führte die Berufungskommission aus, dass dem Beschwerdeführer mit Einleitungsbeschluss vom und dem Bescheid der Berufungskommission vom bereits als Beschuldigter der Verdacht zur Last gelegt worden sei, seine Dienstpflichten dadurch schuldhaft verletzt zu haben, dass er in der Zeit vom bis zumindest , sowie darüber hinaus eine Nebenbeschäftigung nicht gemeldet und weiterhin ausgeübt habe. Das diesbezügliche Verfahren sei derzeit noch in erster Instanz bei der Disziplinarkommission anhängig und es sei unstrittig, dass der Beschwerdeführer "bis zum heutigen Tag" als gewerblicher Buchhalter tätig sei. Der neuerlichen Einleitung eines Disziplinarverfahrens wegen des Vorwurfs, als gewerblicher Buchhalter tätig zu sein, stehe daher das Gebot "ne bis in idem" entgegen, weshalb der Spruch des Bescheides der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom insoferne aufzuheben und abzuändern gewesen sei.

Nach Fassung eines Verhandlungsbeschlusses der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom , dessen Aufhebung durch die Berufungskommission beim Bundeskanzleramt mit Bescheid vom sowie nach Fassung eines neuerlichen Verhandlungsbeschlusses und Verbindungsbeschlusses vom erkannte die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen den Beschwerdeführer mit Bescheid vom wie folgt:

"1) Der Beschwerdeführer ist schuldig

in der Zeit vom bis jedenfalls im Rahmen der L Partner OEG (bzw. deren nachfolgenden OG) abgabenrechtliche Beratungstätigkeiten (Buchhaltungsarbeiten, Verfassung von Abgabenerklärungen) zumindest für die in der zum ursprünglichen Verhandlungsbeschluss vom zu den GZ. 07 160-DK/05 u. 07 161-DK/05, als 'Beilage 4' in der Auflistung angeführten Personen und Unternehmen bzw. betreffend der gemäß in der Auflistung vom als 'Beilage 4a' und gemäß der in der Auflistung vom als 'Beilage 4b' angeführten Personen bzw. Unternehmen ausgeübt und dadurch das in § 56 Abs. 2 BDG 1979 festgelegte Verbot, eine Nebenbeschäftigung auszuüben, die den Beamten an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindert, die Vermutung einer Befangenheit hervorruft oder sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährdet, verletzt zu haben.

Aufgrund der schuldhaften Verletzung dieser Dienstpflichten wird über den Beschuldigten gemäß § 92 Abs. 1 Z. 4 iVm § 93 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Entlassung

ausgesprochen.

2) Dagegen wird der Beschwerdeführer von der

Anschuldigung, er habe

a) die unter 1) beschriebene Nebenbeschäftigung nicht

der zuständigen Dienstbehörde gemeldet und dadurch die in § 56 Abs. 3 BDG 1979 festgelegte Verpflichtung, jede erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung der Dienstbehörde unverzüglich zu melden, verletzt,

b) die unter 1) beschriebene Nebenbeschäftigung im

Zeitraum vom bis zumindest , sowie darüber hinaus, somit nach dem Zeitpunkt der bescheidmäßigen Untersagung der Nebenbeschäftigung vom und in Form wiederholter dauernder Nichtbefolgung der Anordnung eines Vorgesetzten trotz vorangegangener disziplinarrechtlicher Verfolgung weiterhin ausgeübt und dadurch die in § 44 Abs. 1 BDG 1979 normierte Pflicht, Weisungen des Vorgesetzten zu befolgen, verletzt und

c) die unter 1) beschriebene Nebenbeschäftigung auch

nach der mit Weisung des Finanzamtes Innsbruck vom sowie mit neuerlicher schriftlichen Weisung vom erfolgten Untersagung der Nebenbeschäftigung wiederholt dauernd ausgeübt und dadurch die in § 44 Abs. 1 BDG 1979 normierte Pflicht, Weisungen des Vorgesetzten zu befolgen, verletzt,

gemäß § 118 Abs. 1 Zif. 1 BDG 1979 freigesprochen.

3) Gemäß § 117 Abs 2 BDG 1979 wird dem Beschuldigten die Verpflichtung zum Ersatz von Verfahrenskosten nicht auferlegt."

Zu der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Verjährung führte die Behörde erster Instanz in ihrem Bescheid wie folgt aus:

"Eine Verjährung der unter Verdacht stehenden Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 94 BDG 1979 ist aus mehreren Gründen nicht eingetreten:

1. Im Wesentlichen gleichartige Unterlassungen (Handlungen) bewirken, dass das Delikt erst mit Aufhören der Unterlassung (Tätigkeit) beendet ist (siehe VwGH 97/09/0246 vom , insbes. Seite 3 und andere Entscheidungen des VwGH). Eine Verjährung gem. § 94 Abs. 1 Zif. 2 BDG ist deshalb nicht eingetreten.

2. Die Dienstpflichtverletzung durch eine unerlaubte Nebenbeschäftigung ist als fortgesetztes Dauerdelikt erst ab ihrer Beendigung einer Verjährung zugänglich. Gemäß Bescheid der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt vom , GZ. 96/12-BK/08, ist sinngemäß die unerlaubte Nebenbeschäftigung in ihrer zeitlichen Gesamtheit als eine zusammengehörende Dienstpflichtverletzung anzusehen, da anderenfalls keine 'ne bis in idem'-Wirkung hätte eintreten können. Eine wiederholte Einleitung späterer Zeiträume ist ja explizit durch den erwähnten Bescheid der Berufungskommission als unrechtmäßig ausgeschlossen worden.

Müsste Verjährung gem. § 94 Abs. 1a BDG angenommen werden, führte das zwingend zum Paradoxon, dass einerseits für Zeiträume der laufenden Ausübung der unerlaubten Nebenbeschäftigung Verjährung eintreten könnte, andererseits aber der Eintritt der Verjährung gem. § 94 Abs. 1a BDG von bestimmten Zeiträumen mangels Zulässigkeit einer expliziten Verfahrenseinleitung niemals mehr verhindert werden könnte.

3. Auf Grund des Bescheides der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt vom , GZ. 96/12-BK/08, ist wie bereits unter Punkt 2. ausgeführt, die unerlaubte Nebenbeschäftigung in ihrer zeitlichen Gesamtheit als eine zusammengehörende Dienstpflichtverletzung anzusehen, da anderenfalls keine 'ne bis in idem'-Wirkung hätte eintreten können. Es sind daher sämtliche Verfahrenszeiträume gem. § 94 Abs. 2 BDG, betreffend die unerlaubte Nebenbeschäftigung, die im Rahmen der Lechner und Partner OEG bzw. OG als gewerblicher Buchhalter ausgeübt werden bzw. wurden, soweit diese Zeiten nach dem (= Zustellung des Einleitungsbeschlusses) liegen, als Hemmungszeiträume festzuhalten.

Demnach schieben die nachfolgenden Verfahren das Verjährungsdatum gem. § 94 Abs. 1a BDG hinaus:

VwGH (DA) Zlen. 2005/09/0030, 0031-11 bis (1 Jahr, 9 Tage)

VwGH (DA) Zlen. 2007/09/0145-10, 2007/09/0146-9: bis (1 Jahr, 9 Monate, 4 Tage);

BerK BKA GZ. 56/11-BK/09 vom bis , 0 Jahre, 4 Monate und 1 Tag;

BerK BKA GZ. 13/12-BK/11 vom bis , 0 Jahre, 2 Monate und 6 Tage.

Das ergibt insgesamt einen Hemmungszeitraum im Ausmaß von 3 Jahren, 3 Monaten und 21 Tagen.

Der so ermittelte Hemmungszeitraum schiebt das Verjährungsdatum gem. § 94 Abs. 1a BDG vom auf den hinaus, weshalb auch aus diesem Grunde eine Verjährung gem. § 94 Abs. 1a BDG nicht erblickt werden kann.

4. Die Entscheidung der Berufungskommission vom , GZ. 77/15-DOK/04, hinsichtlich der Textpassage 'und darüber hinaus' muss vom Senat wie nachstehend ausgeführt verstanden werden:

Da gerade im konkreten Fall der Beschuldigte beharrlich und unbeeindruckt von dienstrechtlichen Maßnahmen wie Untersagungsweisungen und disziplinarrechtlicher Verurteilung seine vom Verwaltungsgerichtshof explizit als unerlaubte Nebenbeschäftigung definierte Tätigkeit über Jahre hinweg ausübte und wohl noch immer ausübt, war eine Art dynamische Einleitung aus prozessökonomischen Gründen und zur Verhinderung des Verjährungseintrittes möglich und rechtmäßig bzw. geradezu geboten. Die entsprechende Textpassage '...und darüber hinaus...' im Einleitungsbeschluss vom trägt u.a. der Tatsache Rechnung, dass der Beschuldigte - wie die Praxis anschaulich bewiesen hat und wie bereits damals absehbar war - selbst nach der Einleitung eines Disziplinarverfahrens in seiner unerlaubten Tätigkeit verharrt hat.

Daher war es geradezu unumgänglich für dieses typische Fortsetzungsdelikt, auch Zeiträume nach Erlassung des Einleitungsbeschlusses in das gegenständliche Disziplinarverfahren einzubeziehen. Die Ausübung der über Jahre fortgesetzten unerlaubten Nebenbeschäftigung wurde der Disziplinarbehörde ja in der Vergangenheit bekannt und konnte angesichts der zu erwartenden Fortsetzung der selben Tathandlung nur mehr durch die entsprechende, von der Berufungskommission damals sogar im Sinne der Ausführungen des Beschuldigtenvertreters bestätigten, Formulierung eingeleitet werden.

Der Beschuldigte hätte ja jederzeit zwischen Ausfertigung dieses Einleitungsbeschlusses und Durchführung der mündlichen Verhandlung sein deliktisches Verhalten einstellen können, was ein durchaus gewünschter Zweck gewesen wäre.

Allerdings musste gerade im gegenständlichen Fall dem Disziplinarsenat das Anpassen der zur mündlichen Verhandlung kommenden Zeiträume an die inzwischen eintretende Beweislage (Beendigung der unerlaubten Nebenbeschäftigung oder deren Fortsetzung) ermöglicht werden.

Andernfalls wäre es nötig gewesen, für alle Zeiträume, die zwischen dem Datum der Ausfertigung des seinerzeitigen Einleitungsbeschlusses und dem dazugehörenden Verhandlungsbeschluss bzw. der dazu gehörenden mündlichen Verhandlung lagen, immer wieder spätestens alle 6 Monate neue, bis auf die aneinander anschließenden Zeiträume idente, Einleitungsbeschlüsse zu erlassen.

Diese und alle darauf beruhenden (ergänzenden) Verhandlungsbeschlüsse wären wiederum Rechtsmitteln zugänglich gewesen. Damit wäre ein Abschluss dieses Disziplinarverfahrens schlichtweg dadurch unmöglich gemacht worden, dass der Beschuldigte allen Maßnahmen zum Trotz das deliktische Verhalten einfach ad infinitum fortsetzt.

In jeder mündlichen Verhandlung hätte der Beschuldigtenvertreter - wie auch zum gegenständlichen Verfahren - vorgebracht, dass der Beschuldigte ein Recht auf Verhandlung aller ihn betreffenden Causen, sprich Einleitungszeiträume, hätte.

Eine Grenzziehung der im Erkenntnis zu erfassenden Zeiträume ist insofern nötig, als von der Verurteilung keine Zeiträume erfasst werden dürfen, die nicht von den bis zum Ende der Beweisaufnahme vorliegenden Beweismitteln abgedeckt werden. Eine bloße Präzisierung der zum Spruch führenden Zeiträume ist laut einschlägiger Judikatur in Entsprechung aller Ermittlungsergebnisse und des Verlaufs der mündlichen Verhandlung nicht nur erlaubt, sondern sogar - wie z.B. hier zum Wohle des Beschuldigten - geboten.

Entgegen den Ausführungen des Beschuldigtenvertreters ist daher zwar keine Verurteilung für Zeiträume nach dem laut Beweislage der mündlichen Verhandlung abgesicherten Termin möglich, aber sehr wohl die Einleitung und Verhandlung von Zeiträumen eines wie hier exakt definierten, über die Jahre gleich bleibenden fortgesetzten Delikts, die nach dem Ausfertigen des Einleitungsbeschlusses liegen. Für weiterhin fortgesetzte gleichartige Tathandlungen nach dem Bereich der hier gegenständlichen mündlichen Verhandlung vom müssten dann in Zukunft wohl lediglich neue Verhandlungsbeschlüsse ergehen, um auch darüber eine weitere mündliche Verhandlung führen zu können.

Der Beginn der dreijährigen Frist des § 94 Abs. 1 Zif. 2 und Abs. 1a BDG wäre somit frühestens ab dem Beenden des fortgesetzten Deliktes der unerlaubten Nebenbeschäftigung anzusetzen, da die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 94 Abs. 1 Zif. 1 BDG laut Aussage der Berufungskommission bereits durch den Einleitungsbeschluss vom und dessen Hinweis auf zukünftige Zeiträume desselben Vergehens nicht mehr in Kraft treten kann.

Für das gegenständliche Erkenntnis wurde vom erkennenden Senat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom an Hand der bis dorthin zugänglichen Beweismittel davon ausgegangen, dass die verfahrensgegenständliche unerlaubte Nebenbeschäftigung vom Beschuldigten unzweifelhaft bis zur Übermittlung der letzten aktualisierten Kundenliste vom (Beilage 4b) ausgeübt wurde.

Der Beginn '' des vom gegenständlichen Disziplinarerkenntnis erfassten Zeitraumes ergibt sich aus der Zustellung des Bescheides der DOK vom , GZ. 77/15-DOK/04, am .

In einer für den Beschuldigten günstigen Auslegung geht der Senat davon aus, dass durch die unveränderte Übernahme der Textpassage '...bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt...' durch die DOK nicht nur die vom bestätigten erstinstanzlichen Erkenntnisdatum erfassten Zeiträume, sondern sogar die bis zur Zustellung der Berufungsentscheidung () abgelaufenen Zeiten von der Bestrafung umfasst sind."

Auf Grund von Berufungen sowohl des Beschwerdeführers als auch der Disziplinaranwältin bei der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen sprach die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom Folgendes aus:

"1. Der Berufung des Disziplinaranwalts wird hinsichtlich des Freispruches zum Spruchpunkt 2 b) des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses lediglich insofern Folge gegeben, als dieser Freispruch wegen entschiedener Sache gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 105 BDG ersatzlos behoben wird. Hinsichtlich des Freispruches zum Spruchpunkt 2 c) des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses hingegen wird die Berufung des Disziplinaranwalts gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 105 BDG abgewiesen und das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis bestätigt.

2. Die Berufung des Beschuldigten wird hinsichtlich des Schuldspruches zu Spruchpunkt 1. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses sowie zur Strafbemessung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 105 BDG abgewiesen und das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis bestätigt.

Dem Beschuldigten aufzuerlegende Verfahrenskosten sind im Berufungsverfahren nicht entstanden."

Zur Verjährung führte die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides im Wesentlichen wie folgt aus:

"Vorab wird zu dem vom Beschuldigten geltend gemachten Eintritt der Strafbarkeitsverjährung gemäß § 94 Abs. 1a BDG festgehalten, dass im erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnis zutreffenderweise vom Eintritt der Strafbarkeitsverjährung mit auszugehen ist, da die oa. Verfahren vor dem VwGH (zu dg. Zl. 2005/09/0030,0031 und Zl. 2007/09/0145,0146) und vor der Berufungskommission ( - sowie - ) den gleichen Sachverhalt betreffen, der dem Beschuldigten zum oa. Spruchpunkt 1. angelastet wurde und daher sehr wohl geeignet waren, die Hemmung gemäß § 94 Abs. 2 BDG zu bewirken. Dem Beschuldigten ist lediglich zuzubilligen, dass er für den Zeitraum bis zum bereits mit Erkenntnis der DOK vom , GZ. 77/15-DOK/04 rechtskräftig bestraft wurde und eine Doppelbestrafung für den Zeitraum vom bis zum unstatthaft gewesen wäre. Im Übrigen wird hierzu auf die zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnis verwiesen."

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde, die sich erkennbar nur gegen den in dessen Spruchpunkt 2. enthaltenen Ausspruch richtet, nach Aktenvorlage erwogen:

Die hier maßgeblichen Vorschriften des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 idF BGBl. I Nr. 96/2007, lauten:

"Verjährung

§ 94. (1) Der Beamte darf wegen einer Dienstpflichtverletzung

nicht mehr bestraft werden, wenn gegen ihn nicht

1. innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem

Zeitpunkt, zu dem der Disziplinarbehörde die

Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, oder

2. innerhalb von drei Jahren, gerechnet von dem

Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung,

eine Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor der Disziplinarkommission eingeleitet wurde. Sind von der Dienstbehörde vor Einleitung des Disziplinarverfahrens im Auftrag der Disziplinarkommission notwendige Ermittlungen durchzuführen (§ 123 Abs. 1 zweiter Satz), verlängert sich die unter Z 1 genannte Frist um sechs Monate.

(1a) Drei Jahre nach der an den beschuldigten Beamten erfolgten Zustellung der Entscheidung, gegen ihn ein Disziplinarverfahren durchzuführen, darf eine Disziplinarstrafe nicht mehr verhängt werden.

(2) Der Lauf der in Abs. 1 und 1a genannten Fristen wird -

sofern der der Dienstpflichtverletzung zugrundeliegende

Sachverhalt Gegenstand der Anzeige oder eines der folgenden

Verfahren ist - gehemmt

1. für die Dauer eines Verfahrens vor dem Verfassungs-

oder Verwaltungsgerichtshof,

2. für die Dauer eines Verfahrens vor der

Berufungskommission,

2a. für die Dauer eines Verfahrens vor einem

unabhängigen Verwaltungssenat über Beschwerden von Personen, die

behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer

verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder auf andere

Weise in ihren Rechten verletzt worden zu sein,

3. für die Dauer eines Strafverfahrens nach der StPO

oder eines bei einem unabhängigen Verwaltungssenat oder einer

Verwaltungsbehörde anhängigen Strafverfahrens,

4. für den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen

Beendigung oder, wenn auch nur vorläufigen, Einstellung eines

Strafverfahrens und dem Einlangen einer diesbezüglichen Mitteilung

bei der Dienstbehörde und

5. für den Zeitraum zwischen der Erstattung der

Anzeige und dem Einlangen der Mitteilung

a) über die Beendigung des verwaltungsbehördlichen

oder des gerichtlichen Verfahrens bzw. des Verfahrens vor dem

unabhängigen Verwaltungssenat,

b) der Staatsanwaltschaft über die Einstellung des

Strafverfahrens oder

c) der Verwaltungsbehörde über das Absehen von der

Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens bei der Dienstbehörde.

..."

Die Beschwerde ist im Ergebnis begründet.

Die Argumentation der belangten Behörde, die Verjährungsfrist des § 94 Abs. 1a BDG 1979 wäre durch die oben dargestellten Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu den Zlen. 2005/09/0030, 0031 und Zlen. 2007/09/0145, 0146 gehemmt gewesen, trifft nämlich schon deswegen nicht zu, weil diese Verfahren disziplinarrechtliche Vorwürfe betreffend ein im Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom umschriebenes Verhalten "in der Zeit von Jänner 2003 bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt", also bis zum zum Gegenstand hatten. Der mit dem angefochtenen Bescheid gegen den Beschwerdeführer erhobene Vorwurf beruht hingegen auf einem mit dem Einleitungsbeschluss der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom erhobenen Vorwurf betreffend ein Verhalten "in der Zeit vom bis zumindest , sowie darüber hinaus".

Die Verjährung ist nach dem klaren Wortlaut des § 94 BDG 1979 zweifellos mit Bezug auf die vorgeworfene "Dienstpflichtverletzung" und den dieser "zugrundeliegend(en) Sachverhalt" zu beurteilen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 97/09/0239, vom , Zl. 2000/09/0006, und vom , Zl. 2005/09/0093). Eine Hemmung der Verjährung gemäß § 94 Abs. 2 bis 4 BDG 1979 kann daher nur stattfinden, wenn einerseits das Disziplinarverfahren, bezüglich dessen eine Verjährung zu beurteilen ist und anderseits das hemmende Verfahren dieselbe "Dienstpflichtverletzung" und denselben "zugrundeliegend(en) Sachverhalt" zum Gegenstand haben.

Die angeführten Beschwerdeverfahren konnten daher zu keiner Hemmung der Verjährungsfrist bezüglich des hier vorgeworfenen Verhaltens führen. Dies wird im diesbezüglichen Begründungsversuch der belangten Behörde, der auf den Bescheid der Behörde erster Instanz verweist, verkannt. Das im Bescheid der Behörde erster Instanz zur Verneinung einer Verjährung angeführte hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/09/0246, enthält nur eine Aussage zum Beginn der Verjährungsfrist gemäß § 94 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979, ist also nicht einschlägig. Die in der Begründung des Bescheides der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt vom vorkommende Auffassung, der im Einleitungsbeschluss vom der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen formulierte Vorwurf gegen den Beschwerdeführer wegen eines Verhaltens "in der Zeit vom bis zumindest , sowie darüber hinaus" umfasse auch ein späteres Verhalten des Beschwerdeführers, ist ebenfalls keinerlei Aussage betreffend Vorwürfe eines Verhaltens des Beschwerdeführers vor dem zu entnehmen, weil er eben nur ein späteres Verhalten zum Gegenstand hat.

Der Wortlaut des § 94 Abs. 1a BDG 1979 ist hingegen klar:

Drei Jahre nach der an den beschuldigten Beamten erfolgten Zustellung der Entscheidung, gegen ihn ein Disziplinarverfahren durchzuführen, darf eine Disziplinarstrafe nicht mehr verhängt werden. Die Entscheidung, gegen den Beschwerdeführer hinsichtlich der mit dem angefochtenen Bescheid vorgeworfenen Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren zu führen, wurde im vorliegenden Fall mit dem Einleitungsbeschluss vom getroffen. Dieser bildet für den angefochtenen Bescheid die verfahrensrechtliche Grundlage. Dieser Einleitungsbeschluss wurde dem Beschwerdeführer am zugestellt. Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am zugestellt. Dieser Zeitpunkt liegt mehr als drei Jahre nach dem .

Nach den von der belangten Behörde übernommenen Ausführungen des erstinstanzlichen Bescheides sowie nach der Aktenlage kommen als Zeiträume, welche die Verjährungsfrist gehemmt haben, die Dauer der Verfahren vor der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt betreffend deren Bescheide vom ( bis ), vom ( bis ), vom ( bis ) sowie vom ( bis ) in Betracht. Auch die dadurch bewirkte Hemmung der Verjährungsfrist des § 94 Abs. 1a BDG 1979 bewirkt nicht die Verkürzung des nach dieser Bestimmung maßgeblichen Zeitraumes von der Zustellung des Einleitungsbeschlusses am bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides am auf einen Zeitraum von nicht mehr als drei Jahren.

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Wien, am