VwGH vom 17.09.2010, 2010/04/0026

VwGH vom 17.09.2010, 2010/04/0026

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des X in R, vertreten durch Dr. Josef Harthaller, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 24, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom , Zl. IIa-57005/1-09, betreffend Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde dem Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid im Instanzenzug die Nachsicht vom Ausschluss von der Ausübung der Gewerbe "Heizungstechnik (Handwerk) gemäß § 94 Z. 31 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994)", "Gas- und Sanitärtechnik gemäß § 94 Z. 25 GewO 1994" und "Immobilientreuhänder (Immobilienmakler, Immobilienverwalter, Bauträger) gemäß § 94 Z. 35 GewO 1994, eingeschränkt auf Bauträger" gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 verweigert.

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, der Beschwerdeführer sei mit näher bezeichnetem Urteil vom wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b Finanzstrafgesetz (FinStrG) rechtskräftig zu einer Geldstrafe in Höhe von EUR 45.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall zu viereinhalb Monaten Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt worden, wobei ein Teil der verhängten Geldstrafe im Ausmaß von Zweidrittel, also EUR 30.000,-- bzw. zweieinhalb Monate Ersatzfreiheitsstrafe, unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden seien. Es liege daher ein Ausschlussgrund im Sinn von § 13 Abs. 1 Z. 1 lit. b und Z. 2 GewO 1994 vor.

Das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung sei in Zusammenhang mit seiner gewerblichen Tätigkeit erfolgt. Er habe vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenkürzung bewirkt, indem er Umsätze und Erlöse nicht im buchhalterischen Rechenwerk der Firma erfasst und in weiterer Folge unrichtige Jahressteuererklärungen zur Festsetzung der Umsatzsteuer eingereicht habe. Es lägen daher Umstände vor, die die Befürchtung der Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat hinsichtlich der durch das Gewerbe gebotenen Gelegenheit nicht als rechtswidrig erscheinen ließen. Insbesondere die der Straftat zugrunde liegende Vorgangsweise zeige, dass der Beschwerdeführer zur Missachtung der Rechtsordnung bereit sei, um sich selbst einen finanziellen Vorteil zu verschaffen. Es bestehe die Befürchtung, dass der Beschwerdeführer neuerlich diese oder eine ähnliche Straftat begehen werde. Hinsichtlich des Zeitraumes des Wohlverhaltens sei auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Verurteilung und nicht auf den Tatzeitpunkt abzustellen. Was die Würdigung der Persönlichkeit des Beschwerdeführers in diesem Zusammenhang anlange, könne insbesondere im Hinblick auf den Tatbegehungszeitraum von "1998 bis 2000 und 2000 und 2002 bis 2003" (gemeint offenbar 1998 bis 2003) und der gerichtlichen Verurteilung erst im Jahre 2008 aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer unbescholten geblieben sei, nicht angenommen werden, dass eine positive Prognoseentscheidung gerechtfertigt wäre.

Die belangte Behörde sei nicht davon überzeugt, dass nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Beschwerdeführers die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei der Ausübung der im Spruch genannten Gewerbe nicht zu befürchten wäre.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , B 161/10-4, ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zu Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ergänzte Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. § 13 Abs. 1 und 2 GewO 1994 lautet:

"§ 13. (1) Natürliche Personen sind von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie

1. von einem Gericht verurteilt worden sind

a) wegen betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (§ 153d StGB), organisierter Schwarzarbeit (§ 153e StGB), betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Begünstigung eines Gläubigers oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§§ 156 bis 159 StGB) oder

b) wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen und

2. die Verurteilung nicht getilgt ist.

Von der Ausübung eines Gastgewerbes sind natürliche Personen ausgeschlossen, wenn gegen sie eine nicht getilgte gerichtliche Verurteilung wegen Übertretung der §§ 28 bis 31a des Suchtmittelgesetzes, BGBl. I Nr. 112/1997, in der jeweils geltenden Fassung, vorliegt. Bei Geldstrafen, die nicht in Tagessätzen bemessen sind, ist die Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend. Bei Verhängung einer Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe sind Freiheitsstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe zusammenzuzählen. Dabei ist ein Monat dreißig Tagen gleichzuhalten. Die Bestimmungen dieses Absatzes gelten auch, wenn mit den angeführten Ausschlussgründen vergleichbare Tatbestände im Ausland verwirklicht wurden.

(2) Wer wegen der Finanzvergehen des Schmuggels, der Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben, der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a des Finanzstrafgesetzes, BGBl. Nr. 129/1958, in der jeweils geltenden Fassung, der Hinterziehung von Monopoleinnahmen, des vorsätzlichen Eingriffes in ein staatliches Monopolrecht oder der Monopolhehlerei nach § 46 Abs. 1 lit. a des Finanzstrafgesetzes von einer Finanzstrafbehörde bestraft worden ist, ist von der Ausübung des Gewerbes ausgeschlossen, wenn über ihn wegen eines solchen Finanzvergehens eine Geldstrafe von mehr als 726 EUR oder neben einer Geldstrafe eine Freiheitsstrafe verhängt wurde und wenn seit der Bestrafung noch nicht fünf Jahre vergangen sind. Dies gilt auch, wenn mit den angeführten Ausschlussgründen vergleichbare Tatbestände im Ausland verwirklicht wurden."

Der Beschwerdeführer wurde - wie oben dargelegt - wegen einer sonstigen strafbaren Handlung (Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung) von einem Gericht zu einer Geldstrafe in Höhe von EUR 45.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall zu viereinhalb Monaten Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt. Bei Geldstrafen, die nicht in Tagessätzen bemessen sind, ist die Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend; die Verurteilung ist nicht getilgt, noch wird vorgebracht, dass sie einer Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister unterliege.

Die belangte Behörde konnte daher mit Recht davon ausgehen, dass der Ausschlussgrund des § 13 Abs. 1 Z. 1 lit. b GewO 1994 beim Beschwerdeführer vorliegt.

2.1. Gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 GewO 1994 die Nachsicht von diesem Ausschluss zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist.

Bei der Prüfung der Frage, ob die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist, hat die Behörde sowohl auf die Eigenart der strafbaren Handlung als auch auf das Persönlichkeitsbild des Verurteilten Bedacht zu nehmen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/04/0101).

2.2. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die von der belangten Behörde diesbezüglich vorgenommenen Prognose und bringt in diesem Zusammenhang zunächst vor, es könne nicht alleine auf die mögliche Gelegenheit zur Tatbegehung abgestellt werden. Dies führe nämlich dazu, dass nach einer Verurteilung wegen Abgabenhinterziehung kein Raum für die Erteilung einer Nachsicht bleibe, da mit jeder Tätigkeit eines handels- und gewerberechtlichen Geschäftsführers zwangsläufig die Möglichkeit bestehe, Abgabenhinterziehungen durchzuführen.

Dem ist zu entgegnen, dass die Nachsicht gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 erst dann zu erteilen ist, wenn die in dieser Bestimmung genannte Befürchtung gar nicht besteht (siehe zur vergleichbaren Prognose bei der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/04/0195, und vom heutigen Tage, Zl. 2009/04/0237).

2.3. In diesem Zusammenhang bringt der Beschwerdeführer vor, dass es sich bei ihm lediglich um eine einzige Verurteilung handle, die Mindeststrafgrenze nur um eineinhalb Monate überschritten und zwei Drittel der Strafe bedingt nachgesehen worden seien. Das Strafgericht habe beim Beschwerdeführer Bereicherungsabsicht und Gewinnsucht und damit eine gewerbsmäßige Begehung der Straftat verneint; er habe die hinterzogenen Beträge vielmehr der Firma zu Gute kommen lassen und sich selbst keinen finanziellen Vorteil verschafft. Weiters habe das Gericht ausgeführt, dass einer vollständigen Strafnachsicht lediglich Gründe der Generalprävention entgegengestanden seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu der im Hinblick auf die zu erstellende Prognose insoweit inhaltsgleichen Bestimmung des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ausgeführt, dass die Überlegungen des Gerichtes bei der Anwendung der bedingten Strafnachsicht gemäß § 43 Abs. 1 StGB nicht schematisch außer Betracht bleiben können. Vielmehr bedarf es bei Vorliegen besonderer Umstände im Entziehungsverfahren näherer Erörterungen, weshalb ungeachtet der günstigen Prognose durch das Strafgericht die (weiteren) gesetzlichen Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 erfüllt sind. Diese Überlegungen gelten in gleicher Weise für das Nachsichtsverfahren (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/04/0250, mwN).

Solche nach dieser Rechtsprechung besonderen Umstände für eine Berücksichtigung der bedingten Strafnachsicht kann die Beschwerde aber nicht dartun: Wie aus dem mit der Beschwerde vorgelegten Urteil ersichtlich ist, hat das Strafgericht den Umstand, dass der Beschwerdeführer die hinterzogenen Beträge nicht zur Bestreitung seines täglichen Lebensaufwandes verwendete, sondern in das Unternehmen einbrachte, rechtlich dahingehend gewertet, dass beim Beschwerdeführer keine Gewerbsmäßigkeit der Abgabenhinterziehung vorlag. Besondere Umstände im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung können aber aus diesen Überlegungen des Strafgerichtes nicht abgeleitet werden.

2.4. Der Beschwerdeführer bringt weiter vor, entgegen der Auffassung der belangten Behörde sei bei der Beurteilung des Wohlverhaltens nicht auf den Zeitpunkt der Verurteilung sondern auf den letzten Tatzeitpunkt abzustellen. Seit Ende des Tatbegehungszeitraumes habe sich der Beschwerdeführer über sechs Jahre nichts zu Schulden kommen lassen. Aus all dem hätte die belangte Behörde auf eine nachsichtswürdige Persönlichkeit des Beschwerdeführers schließen müssen.

Es trifft nun zu, dass bei der Prognose nach § 26 Abs. 1 GewO 1994 auf den seit der Begehung der Delikte verstrichenen Zeitraum abzustellen ist (so etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/04/0101). Im Beschwerdefall kann der belangten Behörde aber im Hinblick auf den vorliegenden langen Tatzeitraum von 1998 bis 2003 nicht entgegen getreten werden, wenn sie im Ergebnis fallbezogen davon ausging, dass dem zwischenzeitigen Wohlverhalten des Beschwerdeführers noch nicht jenes Gewicht beigemessen werden könne, um von einer eine negative Prognose nach § 26 Abs. 1 GewO 1994 ausschließenden Wandlung des Persönlichkeitsbildes ausgehen zu können.

3. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Parteiengehörs behauptet, legt er in der Beschwerde nicht dar, was er bei der von ihm vermissten persönlichen Einvernahme ergänzend ausgeführt hätte. Dem behaupteten Verfahrensfehler fehlt es somit an Relevanz.

4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am