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VwGH 20.06.2017, Ra 2017/01/0060

VwGH 20.06.2017, Ra 2017/01/0060

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
32013L0032 IntSchutz-RL Art20 Abs1;
AsylG 2005 §3 Abs1;
BFA-VG 2014 §52 Abs2;
BFA-VG 2014 §52 idF 2015/I/070;
EURallg;
RS 1
Nach § 52 BFA-VG 2014 ist dem Asylwerber (u.a.) bei einer abweisenden Entscheidung des BFA über seinen Antrag auf internationalen Schutz amtswegig ein Rechtsberater zur Seite zu stellen, der ihn bei der Einbringung einer Beschwerde und im Beschwerdeverfahren unterstützt und berät, und der nach § 52 Abs. 2 letzter Satz BFA-VG 2014 in Verfahren über internationalen Schutz auf Ersuchen des Asylwerbers an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen hat. Unionsrechtlicher Hintergrund dieser Norm ist Art. 20 Abs. 1 der Verfahrensrichtlinie, wonach die Mitgliedstaaten im Rechtsmittelverfahren sicherzustellen haben, dass einem Asylwerber auf Antrag unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung gewährt wird, welche zumindest die Vorbereitung der erforderlichen Verfahrensdokumente und die Teilnahme an der Verhandlung vor einem erstinstanzlichen Gericht im Namen des Antragstellers umfasst.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2016/18/0001 E RS 1
Normen
32013L0032 IntSchutz-RL Art20 Abs1;
BFA-VG 2014 §52 Abs2;
BFA-VG 2014 §52;
EURallg;
RS 2
Dem Asylwerber kommt im Rechtsmittelverfahren ein Rechtsanspruch auf Teilnahme des Rechtsberaters an der mündlichen Verhandlung zu, sofern er diesen darum ersucht hat. Auf Grund der aus dem rechtsstaatlichen Prinzip und den einschlägigen unionsrechtlichen Vorschriften resultierenden Verfahrensgarantien ist es auch Sache des VwG dafür Sorge zu tragen, dass das einem Asylwerber zustehende Recht auf einen Rechtsberater tatsächlich in Anspruch genommen werden kann (Hinweis E vom , Ro 2016/18/0001).
Normen
BFA-VG 2014 §21 Abs7;
BFA-VG 2014 §52 Abs2;
BFA-VG 2014 §52;
RS 3
Der VwGH hat in seinem E vom , Ra 2016/19/0016, zur (bis geltenden) Rechtslage des § 52 BFA-VG 2014 festgehalten, dass die gesetzlich vorgesehene Unterstützung durch den Rechtsberater nicht dazu führt, dass dem Asylwerber ein -

vor dem VwGH durchsetzbares - Recht auf ein zweckentsprechendes Verhalten des Rechtsberaters während der mündlichen Verhandlung zukommt. § 52 Abs. 2 BFA-VG (idF vor der mit BGBl. I Nr. 24/2016 erfolgten Novellierung) stellt nämlich - vom Erscheinen des Rechtsberaters zur mündlichen Verhandlung abgesehen (vgl. dazu das E vom , Ro 2016/18/0001) - keine Verfahrensvorschrift dar, deren Einhaltung vom VwG eingefordert werden kann, zumal es in einem kontradiktorischen Verfahren nicht Aufgabe des Gerichts ist, in der mündlichen Verhandlung auf ein bestimmtes, dem Anliegen des Asylwerbers dienendes Verhalten des Rechtsberaters hinzuwirken. Dies gilt auch für die Unterstützung durch einen Rechtsberater bei der Abfassung einer Beschwerde gegen einen behördlichen Bescheid an das VwG. Anders als es der Revisionswerber vor Augen hat, ist das VwG nach der hier maßgeblichen Rechtslage durch keine Verfahrensvorschrift gehalten, ein Verhalten des Rechtsberaters sicherzustellen, das eine für ihn erfolgreiche Beschwerdeerhebung garantiert. Auch im Zusammenhang mit der Beschwerdeerhebung ist zu betonen, dass es nicht Aufgabe des VwG ist, auf ein bestimmtes, dem Anliegen des Asylwerbers dienendes Verhalten des Rechtsberaters hinzuwirken.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2016/20/0343 B RS 2
Normen
BFA-VG 2014 §48 Abs4;
BFA-VG 2014 §48 Abs7;
BFA-VG 2014 §48 Abs9;
BFA-VG 2014 §52;
RAO 1868 §45 Abs4;
RS 4
Im Zusammenhang mit der Beschwerdeerhebung ist es nicht Aufgabe des BVwG, auf ein bestimmtes, dem Anliegen des Asylwerbers dienendes Verhalten des Rechtsberaters hinzuwirken (Hinweis B vom , Ra 2016/20/0343). Daran ändert auch die vom Asylwerber vorliegend behauptete "habituelle Untüchtigkeit" des Rechtsberaters nichts. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang das hg. E vom , 2000/10/0019, anführt, ist darauf hinzuweisen, dass diese Rechtsprechung zu der dem Ausschuss der Rechtsanwaltskammer durch § 45 Abs. 4 RAO eingeräumten Kompetenz zur Enthebung eines bestellten Verteidigers ergangen ist und somit vorliegend nicht einschlägig ist. Nach der hier maßgeblichen Rechtslage kommt dem Bundeskanzler gemäß § 48 Abs. 9 iVm Abs. 4 BFA-VG 2014 die Kompetenz zu, die Betrauung einzelner juristischer Personen mit sofortiger Wirkung aufzuheben und die damit erteilten Befugnisse zu widerrufen, wenn die juristische Person eine Voraussetzung gemäß § 48 Abs. 7 nicht mehr erfüllt oder ein von ihr mit der Durchführung der Rechtsberatung oder beratenden Unterstützung Beauftragter wiederholte und beharrliche Pflichtverletzungen begeht. Dies ist nicht Aufgabe des BVwG.
Norm
VwGG §45;
RS 1
Eine Wiederaufnahme nach § 45 VwGG ist nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen möglich (vgl. den hg. Beschluss vom , 2016/03/0003, mwN).
Norm
VwGG §45 Abs1 Z3;
RS 2
Voraussetzung für die Anwendung des § 45 Abs. 1 Z. 3 VwGG ist, dass nachträglich eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt wird, die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte. Es muss sich um eine Entscheidung handeln, die im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Beschwerde bereits vorhanden war, aber von der Partei nicht eingewendet werden konnte, weil sie ihr damals noch nicht bekannt war (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, 640). Es muss sich um eine Entscheidung eines Gerichts im Sinne der Bundesverfassung handeln.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2006/15/0244 B RS 1 (hier ohne den letzten Satz)
Normen
AVG §62;
VwGG §62 Abs1;
RS 3
Für den Beginn der Rechtswirksamkeit eines Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht dessen Entscheidungsdatum maßgebend, sondern der Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses durch Zustellung bzw. Verkündung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/04/0045, mwN).
Normen
B-VG Art133;
VwGG §45;
VwGG §46;
RS 4
Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes sind abgesehen von den Fällen einer zulässigen Wiederaufnahme des Verfahrens oder einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unanfechtbar und unabänderlich (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Ra 2015/02/0245, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof kann seine Entscheidungen auch nicht von sich aus abändern (vgl. den hg. Beschluss vom , Ra 2015/06/0054).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser, Dr. Fasching und Mag. Brandl sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision des G B in W, vertreten durch Dr. Christian Schmaus, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Chwallagasse 4/11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. L507 2141625- 1/4E, betreffend AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

Vorgeschichte

1 Der Revisionswerber ist ein Staatsangehöriger des Irak und

stellte am einen Antrag auf internationalen Schutz.

2 Als Fluchtgrund brachte er vor, er sei als Sunnit durch

schiitische Milizen, unter anderem die Hisbollah, verfolgt worden.

Weiters sei der Revisionswerber (nach seiner Flucht) von einem irakischen Gericht verurteilt worden, da er (als Polizist) "sein Dienstauto nicht vollständig zurückgegeben habe".

3 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom wurde dieser Antrag gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (I.) und gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (II.) abgewiesen. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (III.).

4 Begründend führte das BFA im Wesentlichen aus, es sei nicht glaubwürdig, dass der Revisionswerber einer Verfolgung durch die Hisbollah bzw. durch staatliche Behörden ausgesetzt gewesen sei. Beweiswürdigend hielt das BFA fest, gegen die Echtheit der vom Revisionswerber vorgelegten Schriftstücke spreche, dass diese lediglich in Kopie vorgelegt worden seien und sich in diesen Ungereimtheiten ergeben hätten. Kurz vor der Ausreise sei dem Revisionswerber ein Reisepass ausgestellt worden und habe dieser offiziell ausreisen können, was darauf hindeute, dass dieser keine Verfolgungshandlungen seitens der Behörden zu befürchten habe. Das BFA sei der Ansicht, dass es sich um eine konstruierte Fluchtgeschichte handle. Selbst wenn die Fluchtgründe der Wahrheit entsprechen sollten, so stehe dem Revisionsweber eine Wohnsitzverlegung in den Nordirak offen.

5 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater, Beschwerde an das BVwG.

Angefochtenes Erkenntnis

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das BVwG die Beschwerde als unbegründet ab (A) und erklärte die Revision für nicht zulässig (B).

7 Begründend führte das BVwG aus, aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergebe sich, dass die behauptete Furcht des Revisionswerbers, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit verfolgt zu werden, nicht begründet sei. Eine gegen den Revisionswerber gerichtete Verfolgungsgefahr sei im gesamten Verfahren nicht glaubhaft gemacht worden.

8 Den Feststellungen zur Zumutbarkeit der Rückkehr in den Irak, insbesondere im Hinblick auf die Zumutbarkeit der Inanspruchnahme einer internen Relokationsmöglichkeit im Nordirak, sei der Revisionswerber in der Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten. Der Revisionswerber sei ein arbeitsfähiger und gesunder Mann, ein Art. 2 und 3 EMRK relevantes Risiko sei nicht hervorgekommen.

9 Das BFA sei im Rahmen einer Interessenabwägung zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Revisionswerbers im Bundesgebiet dessen persönliches Interesse am Verbleib überwiege.

10 Eine mündliche Verhandlung habe unterbleiben können, auch weil in der Beschwerde kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens des BFA entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt in substantiierter Weise behauptet worden sei.

11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

II.

Zulässigkeit

12 Die Revision bringt als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom , Ro 2016/18/0001, zum Umfang der gesetzlich vorgesehenen Rechtsberatung abgewichen.

13 Der Beschwerdeschriftsatz habe die Mindestanforderungen nicht erfüllt, welche angesichts des Akteninhalts offenkundig gewesen seien. Die Beschwerde habe aus der lapidaren Wiederholung des Vorbringens in der Einvernahme vor dem BFA bestanden.

14 Der Rechtsberater sei damit nicht seiner Verpflichtung nach §§ 52 Abs. 2 iVm 48 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) nachgekommen. Dies sei aus "habitueller Untüchtigkeit" oder anderen Gründen geschehen.

15 Diese untaugliche Vertretung des Revisionswerbers und die grobe Mangelhaftigkeit der Beschwerde hätte das BVwG aufgrund der Aktenlage erkennen müssen und bereits aus diesem Grund eine mündliche Verhandlung durchführen müssen. Zumindest wäre es im vorliegenden Verfahren indiziert gewesen, der offenkundig mangelhaften Wahrnehmung der Aufgaben durch den Rechtsberater durch positives Handeln in Form eines Verbesserungsauftrages bei gleichzeitiger Manuduktion des Revisionswerbers entgegenzuwirken.

16 Die Revision ist zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt. Rechtslage

17 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 25/2016, lauten:

"2. Hauptstück

Rechtsberatung

Anforderungsprofil für Rechtsberater und juristische

Personen

§ 48. ...

(2) Rechtsberater sind unabhängig und haben ihre Aufgaben weisungsfrei wahrzunehmen. Sie haben ihre Beratungstätigkeit objektiv und nach bestem Wissen durchzuführen und sind in Wahrnehmung ihrer Aufgaben zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet.

(3) Ein Rechtsberater hat während der Dauer seines Vertragsverhältnisses Gewähr für seine Verlässlichkeit zu bieten und sich jeglichen Verhaltens zu enthalten, das geeignet ist

1.

die gewissenhafte Wahrnehmung seiner Aufgaben hintanzuhalten,

2.

den Eindruck einer seinen Aufgaben widersprechenden Wahrnehmung seiner Pflichten zu erwecken oder

3. die Amtsverschwiegenheit zu gefährden.

(4) Die Auswahl der Rechtsberater gemäß §§ 49 bis 51 obliegt dem Bundesminister für Inneres, die Auswahl der Rechtsberater gemäß § 52 obliegt dem Bundeskanzler.

...

(6) Der Bundesminister für Inneres und der Bundeskanzler können auch jeweils juristische Personen mit der Besorgung der Rechtsberatung gemäß §§ 49 bis 52 betrauen.

(7) Die Betrauung ist nur zulässig, wenn die juristische

Person insbesondere

1. über eine ausreichende Anzahl an Rechtsberatern zur

flächendeckenden Rechtsberatung im Bundesgebiet verfügt,

2. auf eine ausreichende Anzahl an Dolmetschern zur

Unterstützung der Rechtsberatung zugreifen kann,

3. regelmäßige Fortbildungsmaßnahmen für die von ihr

beschäftigten Rechtsberater gewährleistet,

4. über die notwendigen Geld- und Sachmittel verfügt, die

eine flächendeckende Rechtsberatung und Dolmetschleistung im

Bundesgebiet sicherstellen und

5. über die organisatorischen Möglichkeiten verfügt, die

notwendig sind, ein Rechtsberatungssystem zu administrieren.

Bei der Betrauung ist darauf zu achten, dass auszuwählende juristische Personen für eine ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben Gewähr bieten, insbesondere auf Grund ihrer entsprechenden Tätigkeitsfelder sowie ihrer finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

(8) Die juristische Person hat nur solche Rechtsberater zu beschäftigen, die die Voraussetzungen gemäß Abs. 1, 2 und 3 erfüllen und ist ihre Anstellung unverzüglich an die, die juristische Person betrauende Stelle zu melden.

(9) Der Bundesminister für Inneres und der Bundeskanzler können die Betrauung einzelner juristischer Personen mit sofortiger Wirkung aufheben und die damit erteilten Befugnisse widerrufen, wenn die juristische Person eine Voraussetzung gemäß Abs. 7 nicht mehr erfüllt oder ein von ihr mit der Durchführung der Rechtsberatung oder beratenden Unterstützung Beauftragter wiederholte und beharrliche Pflichtverletzungen begeht. In diesen Fällen stehen der juristischen Person keinerlei Ansprüche gegen den Bund zu, die über die Entschädigung für abgeschlossene Beratungen hinausgehen.

...

Rechtsberatung vor dem Bundesverwaltungsgericht§ 52. (1) Das Bundesamt hat den Fremden oder

Asylwerber bei Erlassung einer Entscheidung, ausgenommen Entscheidungen nach § 53 BFA-VG und §§ 76 bis 78 AVG, oder einer Aktenvorlage gemäß § 16 Abs. 2 VwGVG mittels Verfahrensanordnung darüber zu informieren, dass ihm kostenlos ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt wird. Zugleich hat das Bundesamt den bestellten Rechtsberater oder die betraute juristische Person davon in Kenntnis zu setzen.

(2) Rechtsberater unterstützen und beraten Fremde oder Asylwerber jedenfalls beim Einbringen einer Beschwerde und im Beschwerdeverfahren gemäß Abs. 1 vor dem Bundesverwaltungsgericht, sowie bei der Beischaffung eines Dolmetschers. Rechtsberater haben den Beratenen die Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde darzulegen. Auf deren Ersuchen haben sie die betreffenden Fremden oder Asylwerber auch im Verfahren, einschließlich einer mündlichen Verhandlung, zu vertreten.

..."

Rechtsberatung vor dem BVwG

18 Unionsrechtlicher Hintergrund der in § 52 BFA-VG geregelten Rechtsberatung für Asylwerber vor dem BVwG ist Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie 2013/32/EU vom zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Verfahrensrichtlinie), demzufolge die Mitgliedstaaten im Rechtsmittelverfahren sicherzustellen haben, dass einem Asylwerber auf Antrag unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung gewährt wird, welche zumindest die Vorbereitung der erforderlichen Verfahrensdokumente und die Teilnahme an der Verhandlung vor einem erstinstanzlichen Gericht im Namen des Antragstellers umfasst (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ra 2016/19/0016; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Ra 2016/21/0152).

19 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits festgehalten, dass dem Asylwerber im Rechtsmittelverfahren ein Rechtsanspruch auf Teilnahme des Rechtsberaters an der mündlichen Verhandlung zukommt, sofern er diesen darum ersucht hat. Auf Grund der aus dem rechtsstaatlichen Prinzip und den einschlägigen unionsrechtlichen Vorschriften resultierenden Verfahrensgarantien ist es auch Sache des Verwaltungsgerichts dafür Sorge zu tragen, dass das einem Asylwerber zustehende Recht auf einen Rechtsberater tatsächlich in Anspruch genommen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ro 2016/18/0001).

20 Die gesetzlich vorgesehene Unterstützung durch den Rechtsberater führt allerdings nicht dazu, dass dem Asylwerber ein - vor dem Verwaltungsgerichtshof durchsetzbares - Recht auf ein zweckentsprechendes Verhalten des Rechtsberaters während der mündlichen Verhandlung zukommt. § 52 Abs. 2 BFA-VG stellt nämlich - vom Erscheinen des Rechtsberaters zur mündlichen Verhandlung abgesehen - keine Verfahrensvorschrift dar, deren Einhaltung vom Verwaltungsgericht eingefordert werden kann, zumal es in einem kontradiktorischen Verfahren nicht Aufgabe des Gerichts ist, in der mündlichen Verhandlung auf ein bestimmtes, dem Anliegen des Asylwerbers dienendes Verhalten des Rechtsberaters hinzuwirken (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis Ra 2016/19/0016).

21 Dies gilt auch für die Unterstützung durch einen Rechtsberater bei der Abfassung einer Beschwerde an das BVwG. Das BVwG ist nicht gehalten, ein Verhalten des Rechtsberaters sicherzustellen, das eine für ihn erfolgreiche Beschwerdeerhebung garantiert. Auch im Zusammenhang mit der Beschwerdeerhebung ist es nicht Aufgabe des BVwG, auf ein bestimmtes, dem Anliegen des Asylwerbers dienendes Verhalten des Rechtsberaters hinzuwirken (vgl. den hg. Beschluss vom , Ra 2016/20/0343).

22 Daran ändert auch die vom Revisionswerber vorliegend behauptete "habituelle Untüchtigkeit" des Rechtsberaters nichts. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom , 2000/10/0019, anführt, ist darauf hinzuweisen, dass diese Rechtsprechung zu der dem Ausschuss der Rechtsanwaltskammer durch § 45 Abs. 4 RAO eingeräumten Kompetenz zur Enthebung eines bestellten Verteidigers ergangen ist und somit vorliegend nicht einschlägig ist. Nach der hier maßgeblichen Rechtslage kommt dem Bundeskanzler gemäß § 48 Abs. 9 iVm Abs. 4 BFA-VG die Kompetenz zu, die Betrauung einzelner juristischer Personen mit sofortiger Wirkung aufzuheben und die damit erteilten Befugnisse zu widerrufen, wenn die juristische Person eine Voraussetzung gemäß § 48 Abs. 7 nicht mehr erfüllt oder ein von ihr mit der Durchführung der Rechtsberatung oder beratenden Unterstützung Beauftragter wiederholte und beharrliche Pflichtverletzungen begeht. Dies ist nicht Aufgabe des BVwG.

Sonstiges Revisionsvorbringen

23 Ausgehend von dieser Rechtslage erweist sich auch das

sonstige Revisionsvorbringen als unbegründet:

24 Soweit die Revision rügt, das BVwG habe seiner

Entscheidung aufgrund der sich ständig ändernden Sicherheitslage im Irak nicht hinreichend aktuelle Länderberichte zugrunde gelegt, so wird die Relevanz dieses behaupteten Verfahrensfehlers nicht konkret dargetan (vgl. zur Notwendigkeit der Relevanz behaupteter nicht aktueller Länderberichte etwa den hg. Beschluss vom , Ra 2016/01/0173, mwN).

25 Auf Grundlage der zur Beschwerde des Revisionswerbers getroffenen Feststellungen des BVwG begegnet auch der Entfall der mündlichen Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG keinen Bedenken (vgl. zur Voraussetzungen eines substantiierten Beschwerdevorbringens etwa das hg. Erkenntnis vom , Ra 2014/01/0154, mwN).

26 Soweit die Revision Begründungsmängel des angefochtenen Erkenntnisses behauptet, legt sie nicht konkret dar, inwieweit eine nähere Auseinandersetzung aufgrund der von der Revision selbst als mangelhaft bezeichneten Beschwerde notwendig gewesen wäre. So hat das BVwG im Hinblick auf die vom Revisionswerber vorgelegten Beweismittel auf die beweiswürdigenden Ausführungen des BFA zu diesen Dokumenten hingewiesen, sich diesen Ausführungen angeschlossen und festgehalten, dass die Beschwerde dieser substantiierten und schlüssigen Beweiswürdigung nichts entgegen gehalten habe. Soweit die Revision nunmehr neue Beweismittel im Hinblick auf die Würdigung dieser Dokumente vorlegt, stellen diese unzulässige Neuerungen vor dem Verwaltungsgerichtshof dar. Ergebnis

27 Der Inhalt der vorliegenden Revision lässt somit erkennen, dass die vom Revisionswerber behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen. Die Revision war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser, Dr. Fasching und Mag. Brandl sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über den Antrag des G B in W, vertreten durch Dr. Christian Schmaus, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Chwallagasse 4/11, auf Wiederaufnahme des durch Erkenntnis vom , Ra 2017/01/0060, abgeschlossenen Revisionsverfahrens, den Beschluss gefasst:

Spruch

Dem Antrag auf Wiederaufnahme wird nicht stattgegeben.

Der Antrag auf "Anmerkung im Rechtsinformationssystem des Bundes" wird zurückgewiesen.

Begründung

Vorgeschichte

1 Der Revisionswerber erhob am gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom , Zl. L507 2141625-1/4E, Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

2 In dieser Revision wies der Revisionswerber darauf hin, dass er gegen das Erkenntnis des BVwG zudem eine Beschwerde (nach Art. 144 B-VG) beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) erhoben habe.

3 Vor Erlassung des hg. Erkenntnisses vom , Ra 2017/01/0060, fragte der Verwaltungsgerichtshof (Geschäftsstelle) beim VfGH an, ob im dortigen Verfahren E 566/2017 betreffend den Revisionswerber bereits eine Entscheidung ergangen sei. Dies wurde vom VfGH (Geschäftsstelle) am verneint, das Verfahren sei noch offen.

4 Sodann wurde das am beschlossene hg. Erkenntnis mit Zustellung an die Verfahrensparteien am erlassen. Mit diesem Erkenntnis wurde die Revision als unbegründet abgewiesen.

Antrag auf Wiederaufnahme

5 Am stellte der Revisionswerber den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 45 Abs. 1 VwGG verbunden mit einem Antrag auf Einstellung des Verfahrens nach § 33 Abs. 1 VwGG.

6 Begründend wies der Antragsteller auf das Erkenntnis des , hin. Mit diesem Erkenntnis habe der VfGH entschieden, dass der Revisionswerber durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. L 5072141625-1/4E, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden sei und dieses Erkenntnis aufgehoben. Das Erkenntnis des VfGH sei dem Revisionswerber am zugestellt worden.

7 Mit dieser Entscheidung habe der VfGH das auch beim Verwaltungsgerichtshof angefochtene Erkenntnis des BVwG endgültig aus dem Rechtsbestand beseitigt. Somit wäre das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nach § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG wegen formeller Klaglosstellung des Revisionswerber einzustellen gewesen.

8 Vor diesem Hintergrund beruft sich der Revisionswerber auf den Wiederaufnahmegrund des § 45 Abs. 1 Z 3 VwGG. Offenkundig sei die Tatsache der Erlassung des zitierten Erkenntnisses des VfGH dem Verwaltungsgerichtshof vor der Erlassung seines Erkenntnisses nicht bekannt gewesen. Diese Tatsache werde dem Verwaltungsgerichtshof nunmehr nachträglich im Wege des Wiederaufnahmeantrages zur Kenntnis gebracht.

9 Des Weiteren stellte der Revisionswerber den Antrag "auf Anmerkung im Rechtsinformationssystem des Bundes". Im Rechtsinformationssystem des Bundes sei im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des in Rede stehenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes anzumerken, dass die dem Erkenntnis zugrundeliegende Entscheidung des BVwG mit Erkenntnis des aus dem Rechtsbestand beseitigt worden sei.

10 Sodann regt der Revisionswerber eine "amtswegige Erkenntnisbehebung" an, da das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes im inhaltlichen Widerspruch zu jenem des VfGH stehe.

11 Eine Wiederaufnahme nach § 45 VwGG ist nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen möglich (vgl. den hg. Beschluss vom , 2016/03/0003, mwN).

12 Gemäß der klaren Regelung des § 45 Abs. 1 Z 3 VwGG, die durch die Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 nicht geändert wurde (vgl. so bereits zu § 45 Abs. 4 VwGG den hg. Beschluss vom , 2014/09/0003), ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn nachträglich eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt wird, die in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

13 Voraussetzung für die Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 3 VwGG ist, dass nachträglich eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt wird, die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte (vgl. den hg. Beschluss vom , 2013/13/0078, mwN). Es muss sich um eine Entscheidung handeln, die im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes bereits vorhanden war, aber von der Partei nicht eingewendet werden konnte, weil sie ihr damals noch nicht bekannt war (vgl. den hg. Beschluss vom , 2006/15/0244, mwN).

14 Für den Beginn der Rechtswirksamkeit eines Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht dessen Entscheidungsdatum maßgebend, sondern der Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses durch Zustellung bzw. Verkündung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/04/0045, mwN).

15 Die Voraussetzungen dieses Wiederaufnahmegrundes sind vorliegend nicht gegeben:

16 Wie sich bereits aus dem Wiederaufnahmeantrag ergibt, wurde das Erkenntnis des , dem Revisionswerber (auch vor dem VfGH vertreten durch den vor dem Verwaltungsgerichtshof ausgewiesenen Rechtsvertreter) am zugestellt.

17 Das hg. Erkenntnis Ra 2017/01/0060 wurde hingegen erst am erlassen.

18 Der Revisionswerber hat die Entscheidung des VfGH dem Verwaltungsgerichtshof, obwohl er in Kenntnis des dort anhängigen Revisionsverfahren war, auch nicht unverzüglich bekannt gegeben, sondern diese Entscheidung des VfGH dem Verwaltungsgerichtshof erst nach Erlassung des Erkenntnisses Ra 2017/01/0060 im Wege des Wiederaufnahmeantrags zur Kenntnis gebracht.

19 Gründe, die ihn an der Geltendmachung dieser Entscheidung des VfGH im Revisionsverfahren bis zur Erlassung des Erkenntnisses gehindert hätten, bringt der Revisionswerber nicht vor und sind auch nicht zu sehen (vgl. auch hiezu den hg. Beschluss 2006/15/0244).

20 Bereits aus diesem Grund war dem Wiederaufnahmeantrag nicht stattzugeben.

21 Der Revisionswerber stellt in diesem Zusammenhang den Antrag auf "Anmerkung im Rechtsinformationssystem des Bundes".

22 Das Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) ist eine vom Bundeskanzler betriebene elektronische Datenbank. Es dient der Kundmachung der im Bundesgesetzblatt zu verlautbarenden Rechtsvorschriften, einer allfälligen Kundmachung von in einem Landesgesetzblatt zu verlautbarenden Rechtsvorschriften sowie der Information über das Recht der Republik Österreich (vgl. § 6 des Bundesgesetzes über das Bundesgesetzblatt 2004, BGBl. I Nr. 100/2003 in der Fassung BGBl. Nr. 51/2012, mit Verweis auf die §§ 7 und 13 dieses Gesetzes).

23 Ein Anspruch auf Veröffentlichung von Erkenntnissen und Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofes im RIS ist gesetzlich nicht vorgesehen. Sohin besteht auch kein Anspruch auf "Anmerkung" im RIS, weshalb der Antrag zurückzuweisen war.

24 Im Hinblick auf die "Anregung der amtswegigen Erkenntnisbehebung" ist darauf hinzuweisen, dass Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes abgesehen von den Fällen einer zulässigen Wiederaufnahme des Verfahrens oder eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unanfechtbar und unabänderlich sind (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Ra 2015/02/0245, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof kann seine Entscheidungen auch nicht von sich aus abändern (vgl. den hg. Beschluss vom , Ra 2015/06/0054).

Wien, am

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Normen
32013L0032 IntSchutz-RL Art20 Abs1;
AsylG 2005 §3 Abs1;
BFA-VG 2014 §21 Abs7;
BFA-VG 2014 §48 Abs4;
BFA-VG 2014 §48 Abs7;
BFA-VG 2014 §48 Abs9;
BFA-VG 2014 §52 Abs2;
BFA-VG 2014 §52 idF 2015/I/070;
BFA-VG 2014 §52;
EURallg;
RAO 1868 §45 Abs4;
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017010060.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
JAAAE-71853

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