VwGH vom 28.01.2015, 2012/08/0309
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätinnen Dr. Julcher und Mag. Rossmeisel sowie den Hofrat Mag. Berger als Richterinnen und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde der E OHG in Wien, vertreten durch Mag. Michael Rebasso, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Ferstelgasse 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , BMSK-323612/0001-II/A/3/2008, betreffend Beitragsnachverrechnung nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei: Wiener Gebietskrankenkasse in Wien, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30/3), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei betreibt ein Elektroinstallationsunternehmen. Im Jahr 2005 fand eine Betriebsprüfung durch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse statt.
Mit Schreiben vom beantragte die beschwerdeführende Partei gemäß § 410 Abs. 2 ASVG (in der Fassung BGBl. I Nr. 142/2004) den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung an den Landeshauptmann hinsichtlich ihrer an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse gerichteten Anträge vom und auf Erlassung eines Bescheides gemäß § 410 Abs. 1 Z 7 ASVG betreffend die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für den Zeitraum von bis , welche die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse infolge der bei der beschwerdeführenden Partei am durchgeführten gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) in ihrem Prüfbericht festgestellt hatte.
Unbestritten findet im gegenständlichen Fall für die Nachverrechnung der Sozialversicherungsbeiträge der für Arbeiter im eisen- und metallverarbeitenden Gewerbe heranzuziehende Kollektivvertrag Anwendung, der auszugsweise wie folgt lautet:
"VIII. MONTAGEARBEITEN SOWIE ANDERE BESCHÄFTIGUNGEN
AUSSERHALB DES STÄNDIGEN BETRIEBES
Entfernungszulage
1. Bei Montagearbeiten, das sind Arbeiten, die außerhalb des ständigen Betriebes (Betriebsstätte, Werkgelände, Lager usw.), ..., geleistet werden und die Montage, Demontage, Erhaltung oder Reparatur von Anlagen jeglicher Art zum Inhalt haben, sowie bei anderen Beschäftigungen außerhalb des ständigen Betriebes - einschließlich Reisen - hat der Arbeitnehmer (einschließlich Lehrling) in folgenden Fällen Anspruch auf eine Entfernungszulage. ... Entfernungszulagen im Sinne nachstehender Bestimmungen gelten jeweils - mit Ausnahme des Punktes 4 ab 2. Satz und des Punktes 5 -
für 24 Stunden in der Zeit von 0 bis 24 Uhr.
2. Bei einer ununterbrochenen Abwesenheit von mehr als 6 Stunden gebührt eine Entfernungszulage in der Höhe von 79 ATS (für das Jahr 2000).
...
5. Für Arbeiten gemäß Punkt 1 hat der Arbeitnehmer (nicht auch der Lehrling), sofern es sich nicht um Wegzeiten gemäß Punkt 6 und 7 handelt, Anspruch auf eine Montagezulage. Diese Montagezulage beträgt mindestens 7,40 ATS (für das Jahr 2000) pro Stunde."
Der Landeshauptmann als Devolutionsbehörde führte in der Folge ein Ermittlungsverfahren durch, in dem Stellungnahmen sowohl der Beschwerdeführerin als auch der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse eingeholt wurden. Letztere legte einen von ihr angefertigten "Arbeitsbehelf" vor. Darin habe der Beitragsprüfer die Anzahl der von elf namentlich genannten Dienstnehmern der beschwerdeführenden Partei im Zeitraum von bis an jedem einzelnen Arbeitstag geleisteten Montagestunden festgehalten und diese jeweils in eine Spalte "pflichtig" und eine Spalte "frei" unterteilt. Dieser Bericht wurde von der Beschwerdeführerin als nicht geeignet angesehen, um die verfahrensgegenständlichen Beitragsnachforderungen zu begründen. Es handle sich dabei lediglich um Stundenaufstellungen, die aus den von ihr vorgelegten Belegen abgeleitet worden seien und die die "Montagezeiten" zwecks Ermittlung der Beitragspflicht von Montage- und Entfernungszulagen festhielten. Jedwede Überleitung, wie aus diesen "Montagezeiten" die angebliche Bemessungsgrundlage und in weiterer Folge die nachzufordernden Beiträge abzuleiten seien, fehle aber. Solange eine solche Überleitung nicht vorliege, werde es nicht möglich sein, die in Streit stehende Nachforderung nachvollziehbar zu begründen. Dazu komme, dass die für die Montagezulagen relevanten "Montagezeiten" auch bei der Ermittlung der beitragsfreien Entfernungszulagen entsprechend Berücksichtigung finden müssten.
Am erstellte das Bundeseinigungsamt beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit auf Antrag der Devolutionsbehörde gemäß § 158 Abs. 1 Z 2 ArbVG ein Gutachten zur Auslegung von Punkt Vlll/5. des Kollektivvertrages. Es vertrat die Ansicht, dass der Anspruch auf Montagezulage nach Punkt Vlll/5. des Kollektivvertrages nicht von einer Mindestabwesenheitszeit vom ständigen Betrieb abhänge, sondern den Arbeitnehmern für jede bei Montagearbeiten nach Punkt Vlll/1. des Kollektivvertrages erbrachte Arbeitszeit, ausgenommen Wegzeiten nach Punkt Vlll/6. und Punkt Vlll/7. des Kollektivvertrages, gebühre.
Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erstattete am eine ergänzende Stellungnahme, in der sie auf das Recht des Versicherungsträgers verwies, von einer Schätzung nach § 42 Abs. 3 ASVG Gebrauch zu machen, wenn der Dienstgeber nicht in der Lage sei, dem Prüfer des Versicherungsträgers Aufzeichnungen über die von seinen Dienstnehmern tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden vorzulegen, obgleich er gemäß § 26 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz (AZG) verpflichtet sei, solche Aufzeichnungen zu führen.
Im Laufe des Ermittlungsverfahrens legte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse der Devolutionsbehörde auch eine "nach Jahren aufsteigende Aufstellung der Nachverrechnungen" vor. Darin seien (laut ihrem Schreiben vom ) alle Entgeltbestandteile, die der Beitragspflicht nach dem ASVG unterliegen - Entfernungszulage und Montagezulage - aufgelistet. Zudem brachte sie eine Auflistung ein, der ihr zufolge "die alten und neuen Beitragsgrundlagen der betroffenen Dienstnehmer, die nachverrechneten Entfernungszulagen, Montagezulagen, die entsprechenden Beitragsgruppen und die diesbezüglich vorzuschreibenden Beiträge entnommen werden" könnten.
Mit Bescheid vom verpflichtete der Landeshauptmann die beschwerdeführende Partei, für fünf in der Anlage des Bescheides genannte Dienstnehmer und darin genannte Zeiten (diese liegen zwischen und ) Beiträge, Sonderbeiträge und Umlagen in der Gesamthöhe von EUR 5.573,39 an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse zu entrichten.
Begründend führte der Landeshauptmann nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens aus, bei der Entfernungszulage nach Punkt VIII/2. bis 4. des Kollektivvertrages handle es sich um eine Aufwandsentschädigung, die als Abgeltung für jene Mehrkosten gedacht sei, welche insbesondere dadurch anfielen, dass Mahlzeiten auswärts eingenommen werden müssten. Sie gebühre nur dann, wenn eine Abwesenheit vom ständigen Betrieb von mindestens sechs Stunden vorliege.
Die Montagezulage in Punkt VIII/5. unterscheide sich von der Entfernungszulage darin, dass damit ein Entgeltanspruch normiert werde. Eine bestimmte Abwesenheitsdauer vom ständigen Betrieb sei für die Entstehung des Entgeltanspruches nicht erforderlich. Die Montagezulage gebühre somit für jede Arbeitsstunde außerhalb des ständigen Betriebes. Wegzeiten seien dabei nach Punkt VIII/6. und 7. nicht einzurechnen.
Die beschwerdeführende Partei habe den betroffenen Dienstnehmern keine Montagezulagen ausbezahlt, obwohl diese nach dem Kollektivvertrag Anspruch darauf gehabt hätten. Aus diesem Grund habe eine Nachverrechnung der Montagezulagen vorgenommen werden müssen. Sie habe hingegen den betroffenen Dienstnehmern mit Hinweis auf § 26 EStG Entfernungszulagen auch dann gewährt, wenn eine mehr als sechs Stunden dauernde Abwesenheit von der Betriebsstätte nicht vorgelegen sei. Die Entfernungszulage unterliege als Aufwandsentschädigung unter der Voraussetzung der Steuerfreiheit nach § 26 EStG 1988 gemäß § 49 Abs. 3 ASVG nicht der Beitragspflicht.
Die beschwerdeführende Partei habe weder anlässlich der Beitragsprüfung noch im antragsgemäß durchgeführten Ermittlungsverfahren Aufzeichnungen über die Dienstreisen im Sinne des § 26 Z 4 EStG 1988 vorgelegt, die eine Überprüfung ermöglicht hätten. Daher seien die im vorliegenden Fall gewährten Entfernungszulagen als beitragspflichtig zu behandeln, mit Ausnahme jener Fälle, bei denen sich aus den sogenannten "Arbeitsbestätigungen", die von der beschwerdeführenden Partei lediglich zur Rechnungserstellung an die Auftraggeber geführt worden seien, eine Abwesenheit von mehr als sechs Stunden nachvollziehen habe lassen.
In der Anlage - dabei handelt es sich um die von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse zuletzt übermittelte Auflistung - seien alle Entgeltbestandteile, die der Beitragspflicht unterzogen worden seien, getrennt nach Entfernungs- und Montagezulage, alten und neuen Beitragsgrundlagen, Beitragsgruppe und nachverrechneten Beiträge aufgelistet.
Es sei von einer fünfjährigen Verjährungsfrist auszugehen, da die beschwerdeführende Partei den betroffenen Dienstnehmern trotz kollektivvertraglichen Anspruches keine Montagezulage ausbezahlt und die den Dienstnehmern gewährten Entfernungszulagen nicht der Beitragspflicht unterzogen habe. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe bei der beschwerdeführenden Partei im Jahr 2005 eine Beitragsprüfung vorgenommen, die auf Grund eines technischen Gebrechens wiederholt werden habe müssen. Die durchgeführte Beitragsprüfung stelle eine verjährungsunterbrechende Maßnahme dar, weshalb eine Verjährung der Beiträge für die Jahre 2000 bis 2005 noch nicht eingetreten sei.
In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung rügte die beschwerdeführende Partei insbesondere, dass die von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse zuletzt übermittelte Aufstellung jedwede nachvollziehbare Überleitung und damit Begründung vermissen lasse, wie sich die angeblich beitragspflichtigen Entgelte aus den festgestellten Montagestunden ableiten ließen. Es wäre für jeden Dienstnehmer im Einzelnen anzuführen gewesen, wie viele Montagestunden jeweils mit welchem Stundensatz hinsichtlich der Montagezulage bzw. Entfernungszulage als beitragspflichtige Entgelte hinzugerechnet worden seien, wobei die entsprechenden Montagestunden durch Verweis auf die dafür herangezogenen Beweismittel zu belegen gewesen wären.
Die belangte Behörde gab der Berufung mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Sie stellte folgenden Sachverhalt fest:
Die beschwerdeführende Partei als Dienstgeberin habe mit ihren Dienstnehmern einzelvertraglich die Vereinbarung getroffen, dass ihnen eine Entfernungszulage im Sinne von Punkt VIII des anzuwendenden Kollektivvertrags nicht nur dann zustehe, wenn zumindest eine ununterbrochene Abwesenheit vom ständigen Betrieb von mindestens sechs Stunden vorliege, sondern an jedem Anwesenheitstag, unabhängig davon, ob die Anwesenheitszeit ganz oder teilweise am ständigen Betriebsort oder außerhalb davon verbracht werde.
Es seien lediglich "Arbeitsbestätigungen" beigebracht worden, welche zwecks Rechnungserstellung an den jeweiligen Auftraggeber geführt worden seien. Dies werde auch in der Berufung nicht in Abrede gestellt; es werde nur vorgebracht, dass die vorgelegten Unterlagen ausreichend gewesen seien. Aus diesen Aufzeichnungen sei laut dem Prüfer der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse jedoch nicht immer ersichtlich, wie viele Arbeitsstunden ein Monteur tatsächlich geleistet habe.
Bei der Entfernungszulage nach Punkt VIII/2. bis 4. des anzuwendenden Kollektivvertrages handle es sich um eine Aufwandsentschädigung, die als Abgeltung für jene Mehrkosten gedacht sei, welche insbesondere dadurch anfielen, dass Mahlzeiten auswärts eingenommen werden müssten. Sie gebühre nur dann, wenn eine Abwesenheit vom ständigen Betrieb von mindestens sechs Stunden vorliege.
Die beschwerdeführende Partei habe den betroffenen Dienstnehmern Entfernungszulagen mit Hinweis auf § 26 EStG auch dann gewährt, wenn eine Abwesenheit vom Betriebsort unter sechs Stunden gegeben gewesen sei. Die Entfernungszulage unterliege als Aufwandsentschädigung unter Voraussetzung der Steuerfreiheit nach § 26 EStG 1988 gemäß § 49 Abs. 3 ASVG nicht der Beitragspflicht.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedürfe es zur Frage, inwieweit Vergütungen des Dienstgebers an den Dienstnehmer als beitragsfrei zu behandeln seien, entsprechender Feststellungen bzw. insbesondere eines überprüfbaren Nachweises darüber, in welchem Umfang ein Dienstnehmer In- und Auslandsdienstreisen vorgenommen habe. Den Dienstgeber treffe diesbezüglich eine qualifizierte Mitwirkungspflicht, die ihn dazu verhalte, konkrete Behauptungen aufzustellen und dafür geeignete Beweisangebote zu machen. Auch in Abgabensachen dürften nur mit einwandfreien Nachweisen belegte Reisekostenentschädigungen als steuerfrei behandelt werden. Die Richtigkeit des vom Arbeitgeber vorgenommenen Lohnsteuerabzuges müsse jederzeit für das Finanzamt leicht nachprüfbar, vor allem aus Lohnbüchern, Geschäftsbüchern und sonstigen Unterlagen ersichtlich sein.
Entsprechende Arbeitsaufzeichnungen im Sinne des Arbeitszeitgesetzes seien nicht vorgelegt und auch nicht geführt worden. Dem Beitragsprüfer seien ausschließlich Arbeitsbestätigungen vorgelegt worden, welche lediglich zur Verrechnung mit dem Kunden gedient hätten. Es erscheine der belangten Behörde nicht unschlüssig, dass die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse diese "Arbeitsaufzeichnungen" nicht als geeignete Beweismittel angesehen habe.
Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe sohin für die ausbezahlten Entfernungszulagen, welche für eine Abwesenheit unter sechs Stunden gewährt worden seien, zu Recht eine Beitragspflicht festgestellt. Jene Entfernungszulagen, die für eine Abwesenheit von mehr als sechs Stunden ausbezahlt worden seien, seien auch beitragsfrei gehalten worden.
Bezüglich des Vorbringens, dass die Entfernungszulagen als Reisezulage auf Grund einzelvertraglicher, nicht kollektivvertraglicher, Grundlage erfolgt sei und es nicht darauf ankomme, ob eine ununterbrochene Abwesenheit vom Dienstort von mehr als sechs Stunden gegeben sei, werde entgegnet, dass wenn eine Einzelvereinbarung gegen eine Norm kollektivvertraglicher Rechtsgestaltung verstößt, sie insoweit nichtig bzw. teilnichtig sei.
Zu den vorgelegten Arbeitsaufzeichnungen im Detail:
Es seien dem Beitragsprüfer keine dem § 26 AZG entsprechenden Arbeitszeitaufzeichnungen vorgelegt worden. Es seien lediglich sog. "Arbeitsbestätigungen" vorgelegt worden, welche zwecks Rechnungserstellung an den jeweiligen Auftraggeber geführt worden seien. Diese einzelnen Bestätigungen seien vom Beitragsprüfer in einer Tabelle erfasst worden (= Arbeitsbehelf der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse bzw. Aufstellung der Entfernungs- und Montagezulagen), um eine Gesamtübersicht zu erhalten.
Die Daten seien seitens der Kasse in der Weise berücksichtigt worden, dass die in diesen Tabellen angeführten Zahlen die auf den "Arbeitsbestätigungen" ausgewiesenen Stunden für den jeweiligen Auftrag darstellten. Die sog. "Arbeitsbestätigungen" seien teilweise personenbezogen geführt worden; manchmal sei lediglich der Vermerk "Montage" mit den jeweiligen Stunden dokumentiert worden (mangels Zurechenbarkeit zu einer Person seien diese bei der Beitragsbelastung nicht berücksichtigt worden - vgl. erste Spalte: Montage laut Rechnungsdatum).
Mit diesem Arbeitsbehelf sei eruiert worden, ob den Dienstnehmern einerseits an den jeweils ausgewiesenen Tagen eine Montagezulage gebühre, welche ein beitragspflichtiges Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG darstelle, und ob andererseits eine Entfernungszulage als beitragspflichtiges Entgelt anzusehen sei.
Sei der Dienstgeber nicht in der Lage, den Prüfern des Versicherungsträgers Aufzeichnungen über die von seinen Dienstnehmern tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden vorzulegen, obgleich er gemäß § 26 Abs. 1 AZG verpflichtet sei, solche Aufzeichnungen zu führen, dürfe der Versicherungsträger nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes von seinem Recht auf Schätzung im Sinne des § 42 Abs. 3 ASVG Gebrauch machen.
Eine Verpflichtung, vor einer Schätzung jedenfalls auch die Dienstnehmer über die geleisteten Arbeitszeiten zu befragen, bestehe deshalb nicht, weil die Behörde keine Verpflichtung treffe, zum Zweck der Rekonstruktion von Aufzeichnungen, die vom Dienstgeber rechtswidriger Weise nicht geführt worden seien, ein Ermittlungsverfahren durchzuführen. Das Gesetz erlaube vielmehr, bei Fehlen solcher Unterlagen sogleich mit Schätzung vorzugehen.
Zu den Montagezulagen:
Laut Beitragsprüfer gehe aus den vorgelegten Lohnkonten hervor, dass seitens der beschwerdeführenden Partei keine Montagezulagen zur Auszahlung gekommen seien. Die Montagezulage des anzuwendenden Kollektivvertrages divergiere von der Entfernungszulage insofern, als damit ein Entgeltanspruch normiert werde. Auf Grund Punkt VIII/5. des gegenständlichen Kollektivvertrages hätten die Dienstnehmer jedoch Anspruch auf Montagezulagen. Diese gebührten für Montagearbeiten, die außerhalb des ständigen Betriebes geleistet würden, sofern es sich nicht um Wegzeiten handle. Eine Einschränkung, dass diese erst zustünden, wenn die Arbeiten eine mehr als sechsstündige Abwesenheit vom Betriebsort notwendig machten, ergebe sich aus dem Kollektivvertrag nicht. Nach dem Anspruchsprinzip habe daher die Nachverrechnung der Montagezulage zu Recht bestanden. Sie sei auch der Beitragspflicht zu unterziehen gewesen. Dieser Rechtsansicht sei auch das Bundeseignungsamt.
Anhand des Dienstnehmers M S. im Jänner 2001 sei seitens der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse beispielhaft Folgendes dargelegt worden: Er habe im Jänner 2001 achteinhalb Stunden Außendienst gemacht, weswegen ihm in diesem Beitragszeitraum zusätzlich ATS 62,90 (EUR 4,57) an Anspruch auf Montagezulage zustünden. Ein Anspruch auf eine beitragsfreie Entfernungszulage habe nicht bestanden, da er jeweils nicht ununterbrochen abwesend gewesen sei. Aus diesem Grund sei seine Beitragsgrundlage für Jänner 2001 um den im Lohnkonto (als Entfernungszulage) ausgewiesenen Betrag von ATS 891,- (EUR 64,75) zu erhöhen. Insgesamt sei daher für den Beitragszeitraum Jänner 2001 die Beitragsgrundlage um EUR 69,32 zu erhöhen.
In der Anlage seien alle Entgeltbestandteile, wie bereits auch der Landeshauptmann angeführt habe, getrennt nach Entfernungs- und Montagezulage, alten und neuen Beitragsgrundlagen, Beitragsgruppe und nachverrechneten Beiträgen aufgelistet. Bezüglich des Einwandes der Verjährung werde auf die ausführliche Begründung im Bescheid des Landeshauptmannes verwiesen und werde diese Rechtsansicht seitens der belangten Behörde bestätigt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten - unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift - vor. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 44 Abs. 1 Z 1 ASVG in der zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 2/2000 ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte, sofern im folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende auf volle Schilling (bzw. Cent) gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 ASVG. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt bei den pflichtversicherten Dienstnehmern und Lehrlingen das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6 ASVG.
Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG idF BGBl. I Nr. 139/1997 sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.
Abs. 3 Z 1 leg. cit. lautet:
"(3) Als Entgelt im Sinne des Abs. 1 und 2 gelten nicht:
1. Vergütungen des Dienstgebers an den Dienstnehmer (Lehrling), durch welche die durch dienstliche Verrichtungen für den Dienstgeber veranlaßten Aufwendungen des Dienstnehmers abgegolten werden (Auslagenersatz); hiezu gehören insbesondere Beträge, die den Dienstnehmern (Lehrlingen) als Fahrtkostenvergütungen einschließlich der Vergütungen für Wochenend(Familien)heimfahrten, Tages- und Nächtigungsgelder gezahlt werden, soweit sie nach § 26 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400, nicht der Einkommensteuer(Lohnsteuer)pflicht unterliegen. Unter Tages- und Nächtigungsgelder fallen auch Vergütungen für den bei Arbeiten außerhalb des Betriebes oder mangels zumutbarer täglicher Rückkehrmöglichkeit an den ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) verbundenen Mehraufwand, wie Bauzulagen, Trennungsgelder, Übernachtungsgelder, Zehrgelder, Entfernungszulagen, Aufwandsentschädigungen, Stör- und Außerhauszulagen uä.;"
Gemäß § 42 Abs. 1 ASVG idF BGBl. Nr. 411/1996 hat u.a. der Dienstgeber auf Anfrage des Versicherungsträgers längstens binnen 14 Tagen wahrheitsgemäß Auskunft über alle für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Umstände zu erteilen und den gehörig ausgewiesenen Bediensteten der Versicherungsträger während der Betriebszeit Einsicht in alle Geschäftsbücher und Belege sowie sonstigen Aufzeichnungen zu gewähren, die für das Versicherungsverhältnis von Bedeutung sind. Reichen die zur Verfügung stehenden Unterlagen für die Beurteilung der für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Umstände nicht aus, so ist der Versicherungsträger gemäß § 42 Abs. 3 erster Satz ASVG berechtigt, diese Umstände aufgrund anderer Ermittlungen oder unter Heranziehung von Daten anderer Versicherungsverhältnisse bei demselben Dienstgeber sowie von Daten gleichartiger oder ähnlicher Betriebe festzustellen.
2. Die beschwerdeführende Partei rügt, dass eine rechnerische Überleitung der von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse ermittelten beitragspflichtigen Montagestunden gemäß dem in der mündlichen Verhandlung vom vorgelegten "Arbeitsbehelf" zu den in der Anlage zum angefochtenen Bescheid angeführten zusätzlichen Beitragsgrundlagen nicht schlüssig vorgenommen werden könne. Mit diesem in der Berufung erhobenen Einwand, der auch schon im erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren mehrfach vorgebracht worden sei, habe sich die belangte Behörde überhaupt nicht auseinander gesetzt.
Aus dem angefochtenen Bescheid sei außerdem nicht erkennbar, wie die in der Anlage angeführten zusätzlichen Beitragsgrundlagen ("Differenz der BGL") ermittelt worden seien. Es sei beispielsweise völlig unklar, warum die belangte Behörde meine, dass aus dem Titel "Entfernungszulage" für den Dienstnehmer M S. im August 2000 eine zusätzliche Beitragsgrundlage in Höhe von EUR 67,21 zu veranschlagen sei.
Auch sei nicht einmal ersichtlich, ob die belangte Behörde die Einzelwerte der Anlage zum angefochtenen Bescheid aus dem - hinsichtlich seiner Richtigkeit grundsätzlich im Berufungsverfahren nicht bestrittenen - "Arbeitsbehelf" der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse durch Multiplikation mit - und, wenn ja, mit welchen - Stundensätzen abgeleitet oder ob sie diese Werte aus einer anderen "Quelle" ermittelt habe: Wenn die belangte Behörde (worauf die Ausführungen des angefochtenen Bescheides auf Seite 12 unten allenfalls schließen ließen) die Ermittlungs- bzw. Schätzungsbefugnis nach § 42 Abs. 3 ASVG heranziehen habe wollen, so bleibe unklar, auf welche anderen Ermittlungen oder welche Daten anderer Versicherungsverhältnisse bei demselben Dienstgeber oder Daten gleichartiger oder ähnlicher Betriebe sie sich berufe bzw. welche Annahmen sie einer allfälligen Ermittlung von Schätzwerten zugrunde lege.
3. Bereits mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde einen zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führenden Verfahrensmangel auf:
3.1. Gemäß § 60 AVG, der nach § 67 AVG für Berufungsbescheide gleichfalls gilt, sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.
Die Begründung eines Bescheides, mit dem Beiträge nachverrechnet werden, ist einer nachprüfenden Rechtskontrolle nur zugänglich, wenn der Bescheid darlegt, wie sich die Höhe des vorgeschriebenen Beitrages errechnet (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2010/08/0069, Punkt 5. der Entscheidungsgründe, mwN).
3.2. Die Anwendbarkeit einer Schätzung setzt nach § 42 Abs. 3 ASVG voraus, dass feststeht, dass eine konkrete Person als Dienstnehmer tätig gewesen ist, wobei insbesondere auch die Beitragszeiträume relevant sind. Es trifft zwar zu, dass die Behörde keine Verpflichtung trifft, zum Zweck der Rekonstruktion von Aufzeichnungen, die vom Dienstgeber rechtswidriger Weise nicht geführt worden sind, ein Ermittlungsverfahren durchzuführen. Dies entbindet die Behörde aber nicht davon, die Ausübung ihres Ermessens bei der Schätzung zu begründen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob und welche anderen Unterlagen betreffend die an die Dienstnehmer geleisteten Zahlungen vom geprüften Dienstgeber zur Verfügung gestellt wurden und ob diese Unterlagen insoweit ausreichend sind, dass eine darauf gestützte vergleichsweise Schätzung der Wirklichkeit näher kommt als die Heranziehung von Fremddaten. Im Übrigen müssen die bei der Schätzung herangezogenen Grundlagen in einem einwandfreien Verfahren ermittelt werden, wobei auch Parteiengehör zu gewähren und auf sachdienliche Behauptungen der Partei einzugehen ist. Die Begründung hat weiters unter anderem die Schätzungsmethode, die der Schätzung zu Grunde gelegten Sachverhaltsannahmen und die Ableitung der Schätzungsergebnisse darzulegen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , 2012/08/0148, mwN).
3.3. Im Beschwerdefall hat die beschwerdeführende Partei bereits im Schriftsatz vom (noch vor der Entscheidung des Landeshauptmannes) die mangelnde rechnerische Nachvollziehbarkeit der Nachforderung geltend gemacht. Diesen Einwand erhob sie erneut in der Berufung sowie nun in der Beschwerde.
Diese Rüge ist berechtigt, zumal schon der von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vorgelegte Arbeitsbehelf - mit dem der belangten Behörde zufolge eruiert worden sei, ob den Dienstnehmern an den jeweils ausgewiesenen Tagen eine Montagezulage gebühre und ob eine Entfernungszulage als beitragspflichtiges Entgelt anzusehen sei - für sich alleine keine Aussagekraft zu entfalten vermag. Die Tabelle enthält über 70 Seiten hindurch lediglich eine gänzlich unübersichtliche Aufstellung von Zahlen, die laut Erörterung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse die von den genannten Dienstnehmern geleisteten Montagestunden darstellen.
Um die Berechnung der nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge kontrollierbar zu gestalten, hätte sie jedoch festzustellen gehabt, wie viele Montagestunden (im Sinne von außerhalb des ständigen Betriebes geleisteter Arbeitszeit) die betreffenden Dienstnehmer im verfahrensgegenständlichen Zeitraum insgesamt geleistet haben, wie viele davon richtiger Weise der Beitragspflicht unterworfen wurden und hinsichtlich wie vieler es noch zu einer Nachverrechnung kommen musste. Betreffend die Entfernungszulagen wäre festzustellen, bei welchen die Abwesenheit vom Betriebsstandort unter sechs Stunden betrug.
Offen lässt die belangte Behörde ebenfalls, ob und gegebenenfalls welchen Stundensatz sie auf die von ihr ermittelten Montagestunden laut Arbeitsbehelf angewendet hat. Sollte sie die Anzahl der auswärts geleisteten Arbeitsstunden sowie eventuell den Stundensatz hingegen im Wege einer Schätzung nach § 42 Abs. 3 ASVG ermittelt haben, wäre auch dies der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zufolge entsprechend zu begründen gewesen. Dazu hatte die beschwerdeführende Partei ebenfalls im Verwaltungsverfahren (in ihrem Schriftsatz vom ) ein entsprechendes Vorbringen erstattet.
4. Hinsichtlich der einen Bestandteil des angefochtenen Bescheides bildenden Anlage ist schließlich Folgendes zu bemerken:
Dem ersten Teil der Anlage (den Seiten eins bis fünf) ist zwar, getrennt nach Dienstnehmer und Beitragsmonat, die "BGL alt", die Höhe des jeweils als Entfernungszulage nachverrechneten Betrages und die "BGL neu", welche die Summe der beiden Beträge bildet, zu entnehmen. Die Begründung des angefochtenen Bescheides erhellt aber nicht, wie die belangte Behörde den in der Anlage als Entfernungszulage ausgewiesenen Betrag ermittelt hat.
Die auf den Seiten sechs und sieben der Anlage wiedergegebene Tabelle mit der Überschrift "Beitragspflicht ASVG" weist, jeweils nach Dienstnehmer getrennt, in den Spalten "Differenz der BGL", "Prozentsatz" und "Beitrag" jeweils einen bestimmten Eurobetrag bzw. Prozentsatz aus. Wie die belangte Behörde den jeweiligen Eurobetrag bzw. Prozentsatz ermittelt hat, legt sie in der Begründung des Bescheides ebenfalls nicht dar. Darüber hinaus stimmen die in der Spalte "Beitrag" genannten Beträge nicht mit denjenigen, die in der ersten Tabelle (auf den Seiten eins bis fünf der Anlage) enthalten sind, überein oder wären aufgrund sonstiger Ausführungen im angefochtenen Bescheid mit dieser in irgendeiner Weise schlüssig in Beziehung zu setzen. Es fehlt dem angefochtenen Bescheid somit gänzlich an der Darstellung des Zusammenhangs zwischen der ersten und der zweiten Tabelle. Schließlich sind die in der Begründung enthaltenen Ausführungen den Dienstnehmer M S. betreffend in keiner Weise mit den in den Tabellen enthaltenen Positionen in Übereinstimmung zu bringen.
5. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als so mangelhaft begründet, dass er eine Beurteilung der Rechtsmäßigkeit der erfolgten Nachverrechnung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässt (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation etwa das hg. Erkenntnis vom , 96/08/0234).
6. Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
7. Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, idF BGBl. II Nr. 8/2014, auf "Altfälle" weiter anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wegen der auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden sachlichen Abgabenfreiheit (§ 110 ASVG) war die Eingabegebühr nicht zu ersetzen.
Wien, am