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VwGH vom 14.04.2011, 2010/04/0009

VwGH vom 14.04.2011, 2010/04/0009

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der X in Y, vertreten durch Dr. Johannes Eltz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Mölker Bastei 10, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. A 14-17-4306/2009-13, betreffend Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als er die Abweisung des Antrages auf Nachsicht bestätigt, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom hat der Landeshauptmann von Steiermark die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom , mit dem der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zulassung zur Fachprüfung für Steuerberater gemäß § 14 Abs. 1 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz (WTBG) und der in eventu gestellte Antrag auf Nachsicht gemäß § 19 iVm § 14 WTBG abgewiesen wurden, abgewiesen und den erstinstanzlichen Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtslage im Wesentlichen aus, das von der Beschwerdeführerin an der Karl-Franzens-Universität Graz abgeschlossene Diplomstudium "Französisch in Verbindung mit einer Kombination von Wahlfächern" mit dem akademischen Grad "Magistra der Philosophie" sei nicht facheinschlägig gemäß der geltenden Verordnung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder über die Zulassung zur Fachprüfung für Steuerberater (Steuerberater-Fachprüfungszulassungsverordnung 2006).

Die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Bestätigung der Karl-Franzens-Universität Graz über die im Rahmen der Fächerkombination "Europa-Wirtschaft, Recht und Sprachen" abgelegten Prüfungen im Ausmaß von 50 Stunden sei zur Beurteilung einer vergleichbaren Ausbildung gemäß § 1 Abs. 2 Steuerberater-Fachprüfungszulassungsordnung nicht heranzuziehen, da diese im Rahmen des Universitätsstudiums absolviert worden seien.

Die vorgelegten Seminarbestätigungen seien für die Beurteilung der Zusatzausbildung gemäß Abs. 2 der Verordnung nicht ausreichend, da die Ausbildung erfolgreich absolviert werden müsse, sohin einen Erfolgsnachweis in Form einer Prüfung voraussetze. Da diese Seminare nicht mit einer Note beurteilt seien, seien sie für die Beurteilung der Stundenanzahl außer Acht gelassen worden.

Die Absolvierung des Lehrganges "Rechnungswesen für Juristinnen und Juristen" an der Karl-Franzens-Universität Graz im Umfang von 15 Semesterstunden sei zur Beurteilung gemäß Abs. 2 der Verordnung geeignet, erfülle aber vom Umfang her nicht das Kriterium von zumindest 400 Unterrichtseinheiten; bei Berücksichtigung der gesamten 15 Semesterstunden seien maximal 225 Unterrichtseinheiten gegeben.

Anlässlich der Berufungsergänzung seien von der Beschwerdeführerin Bestätigungen über Teilprüfungen im Rahmen der Studien Rechtswissenschaften und BWL vorgelegt worden (Internationales Steuerrecht, Bilanz- und Erfolgsrechnung, Kosten- und Leistungsrechnung, Unternehmensrecht (Teilblock), Europarecht, Islamisches Recht, Internationales Steuerrecht II, Finanzstrafrecht). Es handle sich dabei aber nicht um ein in sich geschlossenes Studium. § 1 Abs. 2 Steuerberater-Fachprüfungszulassungsverordnung 2006 sei so auszulegen, dass eine in sich geschlossene Ausbildung absolviert werden müsse; ein Zusammenzählen einzelner Prüfungen verschiedener Ausbildungen könne nicht erfolgen. Selbst wenn man davon ausginge, müsste die Beschwerdeführerin nachweisen, dass nicht nur die 400 facheinschlägigen Unterrichtseinheiten sondern auch, dass pro in Abs. 2 der Verordnung angeführtem Gebiet zumindest 50 Unterrichtseinheiten vorlägen.

Die Regelvoraussetzung der facheinschlägigen Ausbildung gemäß § 14 WTBG sei daher nicht erfüllt.

Bezüglich der praktischen Tätigkeiten führte die belangte Behörde aus, die Anerkennung als Berufsanwärterin durch Bescheid könne erst mit dem Tag erfolgen, an dem das Ansuchen auf Anmeldung zum Berufsanwärter samt sämtlichen erforderlichen Unterlagen bei der Kammer der Wirtschaftstreuhänder eingelangt sei. Ein ordnungsgemäßes Ansuchen sei von der Beschwerdeführerin erst am gestellt und daraufhin die Anmeldung zur Berufsanwärterin mit Bescheid vom festgestellt worden.

Das tatsächliche Wochenstundenausmaß sei aus dem Versicherungsdatenauszug der Gebietskrankenkasse nicht ersichtlich, weshalb dieser nicht ausreiche, um zu beurteilen, ob die Beschwerdeführerin die notwendige dreijährige Berufsanwärterzeit gemäß § 14 WTBG erfülle. Trotz mehrmaliger Aufforderung habe die Beschwerdeführerin keine aktuelle Dienstgeberbestätigung, aus der seit Beginn des Dienstverhältnisses die jeweils geleisteten Wochenstunden und die konkret ausgeführten Tätigkeiten hervorgingen, vorgelegt. Gemäß § 17 Abs. 2 Z. 2 WTBG habe die Beschwerdeführerin die erforderlichen Belege zum Nachweis der Erfüllung zu erbringen. Die Voraussetzung der dreijährigen Berufsanwärterzeit gemäß § 14 WTBG sei daher nicht erfüllt.

Zum in eventu gestellten Antrag auf Nachsicht gemäß § 19 WTBG führte die belangte Behörde aus, das Argument des Besuchs der Vorbereitungskurse der Akademie der Wirtschaftstreuhänder für die Gewährung der Nachsicht gehe ins Leere, da diese - nicht zwingend vorgeschriebenen - Kurse von mehr als 90% der Prüfungskandidaten (nach Absolvierung der Normausbildung und Zulassung zur Fachprüfung) besucht würden.

Die Inhalte der Fachprüfung für Steuerberater seien an die künftigen Tätigkeiten des Steuerberaters anzupassen, der Berechtigungsumfang des Steuerberaters sei in § 3 WTBG festgelegt. Die Inhalte der Fachprüfung für Steuerberater seien größtenteils mit diesem Berechtigungsumfang akkordiert, sodass entsprechende Praxis auf diesen Gebieten zu fordern sei. Die Beschwerdeführerin habe für Großteile der Fachprüfung keine ausreichende facheinschlägige Ausbildung nachweisen können.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , B 1285/09-4, ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In der vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin replizierte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Rechtslage

1.1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes, BGBl. I Nr. 58/1999 in der Fassung BGBl. I Nr. 10/2008 (WTBG), lauten:

" Zulassungsvoraussetzungen - Fachprüfung Steuerberater

§ 14. (1) Zur Fachprüfung für Steuerberater ist zuzulassen, wer

1. a) ein facheinschlägiges Hochschulstudium oder ein facheinschlägiges Fachhochschulstudium oder einen facheinschlägigen Lehrgang universitären Charakters oder eine vergleichbare Ausbildung in Österreich erfolgreich absolviert hat und

b) mindestens drei Jahre als Berufsanwärter bei einem Berufsberechtigten, der über die Berufsbefugnis Steuerberater verfügt oder bei einem anerkannten Revisionsverband, der die steuerliche Beratung und die Vertretung von Verbandsmitgliedern vor Abgabenbehörden wahrnimmt, in Österreich steuerberatend tätig war oder

(4) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat durch Verordnung festzusetzen, welche Hochschulstudien, Fachhochschulstudien und Lehrgänge universitären Charakters den Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 lit. a entsprechen. Unter facheinschlägigen Hochschulstudien, Fachhochschulstudien und Lehrgängen universitären Charakters sind jene zu verstehen, welche die für die Ausübung des freien Berufes Steuerberater erforderlichen grundlegenden Kenntnisse vermitteln. Diese Verordnung ist im Amtsblatt der Kammer der Wirtschafstreuhänder und im Internet auf der Homepage der Kammer der Wirtschaftstreuhänder kundzumachen. Die im Internet kundgemachten Inhalte müssen jederzeit ohne Identitätsnachweis und gebührenfrei zugänglich sein und in ihrer kundgemachten Form vollständig und auf Dauer ermittelt werden können.

Antragstellung

§ 17. (1) Personen, die zu einer Fachprüfung anzutreten beabsichtigen, haben einen Antrag auf Zulassung zu stellen.

(2) Dem Antrag auf Zulassung sind anzuschließen:

1. ein Identitätsnachweis,

2. die erforderlichen Belege zum Nachweis der Erfüllung der Voraussetzungen für die Zulassung,


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3.
der Nachweis über die Entrichtung der Prüfungsgebühr und
4.
gegebenenfalls die erforderlichen Belege zum Nachweis der Erfüllung der Voraussetzungen für Prüfungsbefreiungen.

(3) Der Antrag auf Zulassung ist bei der Kammer der Wirtschaftstreuhänder schriftlich einzubringen.

Entscheidung über die Antragstellung

§ 18. (1) Über den Antrag auf Zulassung zu einer Fachprüfung hat die Kammer der Wirtschaftstreuhänder mit Bescheid zu entscheiden.

(2) Gegen den Bescheid, mit dem die Zulassung verweigert wurde, steht das Rechtsmittel der Berufung zu. Über die Berufung hat der Landeshauptmann zu entscheiden.

Nachsicht von den Zulassungsvoraussetzungen

§ 19. (1) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat mit Bescheid Nachsicht von den Voraussetzungen für die Zulassung zu Fachprüfungen zu erteilen, wenn nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers eine erfolgreiche Ablegung der Prüfung erwartet werden kann.

(4) Gegen Bescheide, mit denen die Nachsicht von den Zulassungsvoraussetzungen verweigert wurde, steht das Rechtsmittel der Berufung zu. Über die Berufung hat der Landeshauptmann zu entscheiden.

Anmeldung

§ 56. (1) Berufsanwärter haben sich bei der Kammer der Wirtschaftstreuhänder schriftlich anzumelden.

(2) Der Anmeldung sind anzuschließen:


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1.
ein Identitätsnachweis und Urkunden über den Hauptwohnsitz,
2.
die Urkunden zum Nachweis der Erfüllung der Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Z 1 und
3.
eine Bestätigung des arbeitgebenden Wirtschaftstreuhänders über Art und Ausmaß der Tätigkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Z 2.

(3) Wirtschaftstreuhänder haben Änderungen des Ausmaßes der Beschäftigung oder die Beendigung des Dienstverhältnisses der bei ihnen beschäftigten Berufsanwärter der Kammer der Wirtschaftstreuhänder unverzüglich mitzuteilen.

Anmeldung - Bescheid

§ 57. (1) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat auf Grund der Anmeldung mit Bescheid festzustellen, ob und ab welchem Zeitpunkt die Eigenschaft als Berufsanwärter gegeben ist. Frühester Zeitpunkt ist jener der erfolgten Anmeldung als Berufsanwärter."

1.2. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Steuerberater-Fachprüfungszulassungsverordnung 1999, BGBl. II Nr. 468 in der Fassung BGBl. II Nr. 84/2005, lauten:

"Auf Grund des § 14 Abs. 3 des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes, BGBl. I Nr. 58/1999 wird verordnet:

Facheinschlägige Ausbildungen

§ 1. (1) Facheinschlägig gemäß § 14 Abs. 1 Z 1 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz sind folgende Studienrichtungen und Universitätslehrgänge:


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1.
Rechtswissenschaften
2.
Handelswissenschaften
3.
Betriebswirtschaft
4.
Volkswirtschaft
5.
Wirtschaftspädagogik
6.
Angewandte Betriebswirtschaft
6a.
Internationale Betriebswirtschaft
7.
Internationale Wirtschaftswissenschaften
8.
Forst- und Holzwirtschaft - Studienzweig Forstwirtschaft, Studienzweig Holzwirtschaft
9.
Landwirtschaft
10.
Technische Mathematik - Studienzweig Wirtschaftsmathematik, Studienzweig Versicherungsmathematik
11.
Wirtschaftsingenieurwesen - Maschinenbau
12.
Wirtschaftsinformatik
12a.
Wirtschaftsrecht der Universität Innsbruck
12b.
Angewandte Betriebswirtschaft der Universität Klagenfurt
13.
Universitätslehrgang (gemäß BGBl. II Nr. 367/1998) für Internationales Steuerrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien
14.
Aufbaustudium (gemäß BGBl. II Nr. 344/1998) in Internationaler Betriebswirtschaftslehre 'Master of Advanced Studies (International Management)' an der Universität Linz
14a.
Aufbaustudium (gemäß BGBl. II Nr. 76/2000) European Law (MAS) an der Universität Linz
14b.
Universitätslehrgang (gemäß Mitteilungsblatt der Universität Linz, 24. Stück, ausgegeben am ) 'MAS Finanzmanagement' an der Universität Linz
15.
Universitätslehrgang (gemäß BGBl. II Nr. 68/1998) 'Executive Master of Business Administration (MBA Krems)' an der Donau-Universität Krems
16.
Universitätslehrgang (gemäß BGBl. II Nr. 2/1998) 'Banking Finance' an der Donau-Universität Krems
17.
Aufbaustudium (gemäß BGBl. II Nr. 246/1997) für Europarecht (EURO-JUS) an der Donau-Universität Krems und
18.
Aufbaustudium (gemäß BGBl. II Nr. 247/1997) European Advanced Studies (EURAS) an der Donau-Universität Krems
19.
Universitätslehrgang (gemäß BGBl. II Nr. 175/2000) 'Business Management' an der Universität Innsbruck.
…"

1.3. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Steuerberater-Fachprüfungszulassungsverordnung 2006, in der Fassung des Beschlusses des Kammertages der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom (vgl. deren § 3 Abs. 2) und gemäß § 14 Abs. 4 WTBG kundgemacht im Amtsblatt der Wirtschaftstreuhänder, Nr. 1/2007 und auf der Homepage der Kammer der Wirtschaftstreuhänder unter "http://www.kwt.or.at", lauten:

"Facheinschlägige Ausbildungen

§ 1. (1) Facheinschlägige Hochschulstudien, Fachhochschulstudien und Lehrgänge universitären Charakters im Sinne des § 14 Abs. 1 Z 1 lit. a Wirtschaftstreuhandberufsgesetz sind solche Studien an österreichischen Universitäten und Fachhochschulen und solche österreichischen Universitätslehrgänge, die in den Gebieten


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-
betriebswirtschaftliches Rechnungswesen einschließlich österreichischer und internationaler Rechnungslegungsvorschriften,
-
österreichisches und internationales Steuerrecht,
-
weitere Bereiche der Rechtswissenschaften und
-
weitere Bereiche der Wirtschaftswissenschaften
insgesamt mindestens 800 Unterrichtseinheiten zu je 45 Minuten umfassen.

(2) Über eine vergleichbare Ausbildung im Sinne des § 14 Abs. 1 Z 1 lit. a Wirtschaftstreuhandberufsgesetz verfügt jemand, der nach erfolgreicher Absolvierung eines Studiums an einer Universität im Sinne des § 6 Universitätsgesetz 2002 im Umfang von mindestens sechs Semestern (180 ECTS-Anrechnungspunkten), das die Anforderungen des Abs. 1 nicht erfüllt, in Österreich eine Ausbildung erfolgreich absolviert hat, die in den Gebieten


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-
betriebswirtschaftliches Rechnungswesen einschließlich österreichischer und internationaler Rechnungslegungsvorschriften,
-
österreichisches und internationales Steuerrecht,
-
weitere Bereiche der Rechtswissenschaften und
-
weitere Bereiche der Wirtschaftswissenschaften
jeweils mindestens 50 und insgesamt mindestens 400 Unterrichtseinheiten zu je 45 Minuten umfasst.
Übergangsbestimmung

§ 2. Absolventinnen und Absolventen von Studienrichtungen, Fachhochschul-Studiengängen, Universitätslehrgängen und Lehrgängen universitären Charakters, die nicht unter § 1 fallen, jedoch nach der Steuerberater-Fachprüfungszulassungsverordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, BGBl. II Nr. 468/1999, in der Fassung der Verordnungen BGBl. II Nr. 430/2001 und BGBl. II Nr. 22/2005 zur Zulassung zur Fachprüfung für Steuerberater berechtigt haben, sind bis weiterhin zur Fachprüfung für Steuerberater zuzulassen."

2. Fachliche Ausbildung gemäß § 14 Abs. 1 Z. 1 lit. a WTBG

2.1. Die Beschwerdeführerin bringt zunächst vor, sie erfülle die Voraussetzungen sowohl der Steuerberater-Fachprüfungszulassungsverordnung 1999 als auch der Steuerberater-Fachprüfungszulassungsverordnung 2006.

Zunächst erfülle sie die Vorgaben des § 1 Steuerberater-Fachprüfungszulassungsverordnung 1999, da sie in 8 Semestern 50 facheinschlägige Semesterstunden absolviert habe. Es handle sich dabei hinsichtlich Semesterzahl, Wochenstunden sowie Facheinschlägigkeit einzelner Prüfungsteile um ein mit den in § 1 Steuerberater-Fachprüfungszulassungsverordnung 1999 demonstrativ aufgezählten Studienrichtungen vergleichbares Studium. Sie habe eine Bestätigung der Karl-Franzens-Universität aus 2003 vorgelegt, wonach das Studium mit einem facheinschlägigen Studium vergleichbar sei.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 14 Abs. 4 WTBG hat die Kammer der Wirtschaftstreuhänder durch Verordnung festzusetzen, welche Hochschulstudien, Fachhochschulstudien und Lehrgänge universitären Charakters den Voraussetzungen des Abs. 1 Z. 1 lit. a entsprechen. Schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmung, der beim Verweis auf die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Z. 1 lit. a WTBG nicht zwischen dem dort angeführten facheinschlägigen Hochschulstudium, Fachhochschulstudium und Lehrgang einerseits und der vergleichbaren Ausbildung in Österreich andererseits differenziert, ist erkennbar, dass es sich nach dieser Verordnungsermächtigung bei der in der Steuerberater-Fachprüfungszulassungsverordnung 1999 angeführten Aufzählung von Ausbildungen um eine taxative handeln muss. Die in § 1 Abs. 1 der Verordnung angeführte Aufzählung umfasst daher sowohl alle facheinschlägigen als auch alle von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder als vergleichbar anzusehenden Ausbildungen. Eine nähere Betrachtung der in dieser Aufzählung angeführten Studien bestätigt diese Auslegung, zumal es sich etwa bei den Studien "Forst- und Holzwirtschaft" bzw. "Technische Mathematik" nicht um eine facheinschlägige Ausbildung handelt.

Aufgrund der Übergangsbestimmung in § 2 Steuerberater-Fachprüfungszulassungsverordnung 2006 ist zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen der Steuerberater-Fachprüfungszulassungsverordnung 1999 erfüllt und sie ist gegebenenfalls danach zur Steuerberaterprüfung zuzulassen. Eine solche Prüfung hat die belangte Behörde nicht vorgenommen. Da das von der Beschwerdeführerin an der Karl-Franzens-Universität Graz abgeschlossene Diplomstudium ("Französisch in Verbindung mit einer Kombination von Wahlfächern") nicht in der genannten Aufzählung der Verordnung aufscheint, fehlt es dem Verfahrensmangel der nicht erfolgten Prüfung der Steuerberater-Fachprüfungszulassungsverordnung 1999 an Relevanz.

2.2. Weiters bringt die Beschwerdeführerin vor, dass sie die Voraussetzungen der aktuell in Geltung stehenden Steuerberater-Fachprüfungszulassungsverordnung 2006 erfülle. Nach § 1 Abs. 2 leg. cit. sei es möglich, die Voraussetzungen zu erfüllen, indem man bei Absolvierung eines fachfremden Studiums in Österreich eine Ausbildung absolviere, welche zumindest sechs Semester dauere und 180 ETCS-Anrechnungspunkte enthalte. Dass dies in einem Ausbildungslehrgang durchgeführt werden müsse, sei in der Verordnung nicht verankert. Dem Gesetz und der Verordnung sei nicht zu entnehmen, dass jemand zwei Ausbildungen an einer österreichischen (Fach )Hochschule zu absolvieren habe. Die Beschwerdeführerin habe 6 Semester erfolgreich Lehrveranstaltungen absolviert und die festgelegten Kriterien erfüllt, was die Karl-Franzens-Universität auch bestätigt habe. Es gäbe keine Studienrichtung in Österreich - außer jene, die unter § 1 Abs. 1 Steuerberater-Fachprüfungszulassungsverordnung 2006 fielen -, welche die Kriterien der Ausbildung in den geforderten Fächern in einem Ausmaß von jeweils mindestens 50 und insgesamt mindestens 400 Unterrichtseinheiten erfülle. Abs. 2 leg. cit. müsse daher so ausgelegt werden, dass alle an der Karl-Franzens-Universität Graz nachgewiesenen Ausbildungsveranstaltungen in den geforderten Fächern anerkannt werden müssten. Die Beschwerdeführerin habe 225 Unterrichtseinheiten durch den Universitätslehrgang Rechnungswesen für Juristinnen und Juristen sowie 240 Unterrichtseinheiten (bzw. zumindest 210 Unterrichtseinheiten, wenn man die Lehrveranstaltung aus islamischem Recht abziehe) aus dem Bachelor-Studium Betriebswissenschaft und im Rahmen des Studiums der Rechtswissenschaften nachgewiesen, somit insgesamt 435 Unterrichtseinheiten, weshalb die gemäß § 1 Abs. 2 Steuerberater-Fachprüfungszulassungsverordnung 2006 notwendigen 400 Unterrichtseinheiten erbracht seien.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Bereits aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 Steuerberater-Fachprüfungszulassungsverordnung 2006 ergibt sich, dass jemand über eine vergleichbare Ausbildung (im Sinne des § 14 Abs. 1 Z. 1 lit. a WTBG) verfügt, der "nach" erfolgreicher Absolvierung eines Studiums an einer Universität im Sinne des § 6 Universitätsgesetz 2002 "eine" weitere Ausbildung im Umfang und mit den Schwerpunkten der Verordnung erfolgreich absolviert hat. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie ein "Zusammenzählen" des absolvierten Lehrganges und der einzelnen Lehrveranstaltungen der Studienrichtungen Betriebswirtschaft und Rechtswissenschaften nicht zulässt, sondern nach § 1 Abs. 2 der Verordnung darauf abstellt, dass nach Absolvierung eines Studiums eine in sich geschlossene Ausbildung absolviert wurde.

Wie im angefochtenen Bescheid richtig dargelegt, stellt der von der Beschwerdeführerin absolvierte Lehrgang "Rechnungswesen für Juristinnen und Juristen" an der Universität Graz zwar eine abgeschlossene und auch facheinschlägige Ausbildung im Sinne des § 1 Abs. 2 der Verordnung dar, erreicht jedoch nicht das nach der Verordnung erforderliche Ausmaß an Unterrichtseinheiten. Die von der Beschwerdeführerin absolvierten Lehrveranstaltungen der Studienrichtungen Betriebswissenschaft und Rechtswissenschaft sowie die Vorbereitungskurse an der Akademie der Wirtschaftstreuhänder stellen keine in sich geschlossene Ausbildung dar und erfüllen daher nicht die Anforderungen des § 1 Abs. 2 Steuerberater-Fachprüfungszulassungsverordnung 2006.

Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Voraussetzung der facheinschlägigen Ausbildung gemäß § 14 Abs. 1 Z. 1 lit. a WTBG iVm der Steuerberater-Fachprüfungszulassungsverordnung 2006 nicht als gegeben ansieht.

3. Praxis als Berufsanwärterin gemäß § 14 Abs. 1 Z. 1 lit. b WTBG

Die Beschwerdeführerin bringt vor, sie habe seit bei einer näher bezeichneten Steuerberatungsgesellschaft gearbeitet und sei bei der Gebietskrankenkasse gemeldet gewesen. Bei Erlassung des Bescheides nach § 57 Abs. 1 WTBG habe ihre berufliche Verwendungszeit mehr als sechs Jahre betragen, obwohl nur drei Jahre gefordert seien. Lediglich auf Grund eines Irrtums der ausbildenden Wirtschaftstreuhänderin, der ein Formmangel unterlaufen sei, auf den sie von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder nicht hingewiesen worden sei, sei die Anmeldung als Berufsanwärterin § 56 WTBG entsprechend erst 2006 erfolgt, die davor liegenden Zeiten seien jedoch zu berücksichtigen.

Mit der vorgelegten Dienstgeberbestätigung habe die Beschwerdeführerin nachgewiesen, dass ihre Normalarbeitszeit 40 Stunden betrage. Mit Schreiben der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom sei die Dienstgeberin der Beschwerdeführerin darauf hingewiesen worden, dass eine Änderung des Ausmaßes der Beschäftigung mitzuteilen sei. Daraus könne zwingend der Schluss gezogen werden, dass - ohne weitere Meldung - von einer 40stündigen Beschäftigung pro Woche auszugehen sei, ein weiterer Nachweis sei nicht notwendig.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 57 Abs. 1 WTBG hat die Kammer der Wirtschaftstreuhänder auf Grund der Anmeldung mit Bescheid festzustellen, ob und ab welchem Zeitpunkt die Eigenschaft als Berufsanwärter gegeben ist. Frühester Zeitpunkt ist jener der erfolgten Anmeldung als Berufsanwärter. Gemäß § 56 WTBG hat die Anmeldung schriftlich und unter Vorlage diverser Unterlagen zu erfolgen.

Die Anmeldung der Beschwerdeführerin als Berufsanwärterin nach § 56 WTBG erfolgte ihrem Vorbringen zufolge nicht bereits zu Beginn ihres Dienstverhältnisses bei einer näher bezeichneten Steuerberatungsgesellschaft, sondern erst 2006. Ab diesem Zeitpunkt sei auch bescheidmäßig nach § 57 WTBG die Eigenschaft als Berufsanwärterin als gegeben festgestellt worden. Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides war demzufolge die in § 14 Abs. 1 Z. 1 lit. b WTBG vorgeschriebene Praxiszeit von drei Jahren als Berufsanwärterin noch nicht erfüllt.

Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Erfordernis der dreijährigen Tätigkeit als Berufsanwärterin gemäß § 14 Abs. 1 Z. 1 lit. b WTBG als nicht erfüllt angesehen hat.

4. Nachsicht gemäß § 19 Abs. 1 WTBG

Die Beschwerde führt aus, die von der Beschwerdeführerin nachgewiesenen Ausbildungen entsprächen den Erfordernissen einer "erfolgreichen Ausbildung" nach § 14 WTBG, weshalb sie im Rahmen der Nachsicht zu berücksichtigen seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Zl. 2008/04/0247, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgesprochen, dass die in § 19 WTBG vorgesehene Nachsicht von den Voraussetzungen für die Zulassung zu einer Prüfung zwar nicht von der vollständigen Erfüllung der gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen abhängig sei, weil ansonsten der Regelungsbereich dieser Bestimmung inhaltsleer würde. Dennoch sei bei Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen dieser - auf den Regelfall bezogenen - Bestimmung, um eine verfassungskonforme Gleichbehandlung von Zulassungswerbern und Nachsichtswerbern zu garantieren, inhaltlich dergestalt auf die Zulassungsvoraussetzungen abzustellen, dass anhand dieser die Frage zu prüfen sei, ob nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers eine erfolgreiche Ablegung der Prüfung erwartet werden könne. Das Wort "erwarten" sei nicht im Sinne einer bloß unbestimmten Hoffnung auf eine erfolgreiche Ablegung der Prüfung zu verstehen, die erfolgreiche Ablegung dieser Prüfung müsse vielmehr zumindest wahrscheinlich erscheinen. Das Vorliegen der Nachsichtsvoraussetzungen sei nicht schon dann zu bejahen, wenn nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit angenommen werden könne, dass der Nachsichtswerber über hinreichende Kenntnisse in Teilbereichen verfüge und sich die übrigen Kenntnisse im Rahmen der Prüfungsvorbereitung anzueignen im Stande sei.

Daher sei - so der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis zusammenfassend - immer auf die Zulassungsvoraussetzungen, also auf den Regelfall, abzustellen und zu prüfen, ob im Vergleich zu den Erfordernissen des § 14 Abs. 1 WTBG ähnliche oder gleichwertige Kenntnisse des Nachsichtswerbers vorliegen.

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde in der Begründung ihrer im Instanzenzug erfolgten Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Nachsicht keine derartige Prognose abgegeben, ob seitens der Beschwerdeführerin eine erfolgreiche Ablegung der Prüfung erwartet werden könne. Sie hat aus diesem Grund den angefochtenen Bescheid in dem im Spruch angeführten Umfang mit einem Begründungsmangel belastet.

Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG in dem im Spruch angeführten Umfang wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde eine oben angeführte Prognose unter Einbeziehung aller von der Beschwerdeführerin vorgelegten Ausbildungs- und Praxisnachweise zu erstellen haben. Da es im Anwendungsbereich des § 19 WTBG - im Gegensatz zu § 14 Abs. 1 lit. a WTBG - nicht erforderlich ist, eine in sich geschlossene Ausbildung vorzuweisen, wird zu prüfen sein, ob der von der Beschwerdeführerin absolvierte Lehrgang sowie die besuchten Lehrveranstaltungen, Seminare und Kurse insgesamt auf hinreichende gleichwertige Kenntnisse in allen Teilbereichen schließen lassen. Weiters wird sich die belangte Behörde im Hinblick auf § 14 Abs. 1 lit. b WTBG mit der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Dienstgeberbestätigung einer näher bezeichneten Steuerberatungsgesellschaft vom auseinandersetzen müssen, die bestätigt, dass die Beschwerdeführerin seit im Ausmaß von 40 Stunden pro Woche bei dieser Steuerberatungsgesellschaft beschäftigt war. Eine solche Beschäftigung ist nämlich, auch insoweit sie wegen des Fehlens einer Anmeldung nach § 56 WTBG nicht als Praxis gemäß § 14 Abs. 1 Z. 1 lit. b WTBG angesehen werden kann, jedenfalls im Rahmen der Nachsicht als gleichwertige Praxis zu berücksichtigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die verzeichnete Umsatzsteuer im Schriftsatzaufwand bereits enthalten ist.

Wien, am