VwGH vom 19.12.2005, 2005/03/0061
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des WS in T, vertreten durch Dr. Peter Banwinkler, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Dinghoferstraße 21, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom , Zl. St 205/02, betreffend Aufhebung eines Waffenverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Über den Beschwerdeführer war mit dem gemäß § 57 Abs 1 AVG ergangenen Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom ein Waffenverbot gemäß § 12 Abs 1 des Waffengesetzes 1996 (WaffG) verhängt worden. Dem lag im Wesentlichen zu Grunde, dass der Beschwerdeführer im Zuge einer Auseinandersetzung in und vor der Wohnung seiner Lebensgefährtin zwei Personen durch Stiche mit einem Messer verletzt hatte.
Am beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung dieses Waffenverbotes. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom wurde dieser Antrag abgewiesen. Auch wenn das Strafverfahren nach Versöhnung der Beteiligten und Zahlung eines Pauschalbetrages gemäß § 388 StPO durch Diversion eingestellt worden sei, müsse auf Grund des Verhaltens des Beschwerdeführers in Affektsituationen eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch ihn befürchtet werden. Das Wohlverhalten seit dem zu Grunde liegenden Vorfall vom sei noch zu kurz.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid nicht Folge gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Waffengesetzes 1996, BGBl I
Nr 12/1997 idF BGBl I Nr 134/2002 (WaffG), lauten:
"Verlässlichkeit
§ 12. (1) Die Behörde hat einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dieser Mensch durch mißbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
...
(7) Ein Waffenverbot ist von der Behörde, die dieses Verbot in erster Instanz erlassen hat, auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe für seine Erlassung weggefallen sind."
§ 12 Abs 7 WaffG verpflichtet die Behörde bei Vorliegen eines entsprechenden Antrages, unter Berücksichtigung der für die Erlassung des Waffenverbotes maßgebenden Gründe, des Verhaltens des Beschwerdeführers seit seiner Anlasstat und der Länge des zwischenzeitig verstrichenen Zeitraumes zu prüfen, ob die qualifizierte Gefährdungsprognose gemäß § 12 Abs 1 WaffG im Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch aufrecht ist. Bei der Beurteilung des Weiterbestehens der Gefährdungsprognose hat die Behörde vor allem das Verhalten des Beschwerdeführers seit seiner Anlasstat zu berücksichtigen und allfällige in diesem Zeitraum liegende, für die weiter andauernde Aktualität der Prognose relevante Umstände festzustellen. Bei Fehlen derartiger Umstände, also bei einem "Wohlverhalten" des Beschwerdeführers in dem zwischen der Anlasstat und dem Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides liegenden Zeitraum, muss dieser "Beobachtungszeitraum" ausreichend lang sein, um vom Wegfall der Voraussetzungen des Waffenverbotes ausgehen zu können. Im Hinblick auf den dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der mit dem Besitz von Waffen verbundenen Gefahren ist auch hier ein strenger Maßstab anzulegen. Bei der Wahl des Beobachtungszeitraumes sind stets die Umstände des Einzelfalles zu prüfen, wozu auch die Bedachtnahme auf Art und zeitliches Ausmaß der Anlasstat gehört (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2005/03/0046, mwN).
Die belangte Behörde hat sich der Begründung der erstinstanzlichen Behörde angeschlossen, von der als entscheidend die Annahme hervorzuheben ist, der seit der zur Verhängung des Waffenverbotes führenden Anlasstat verstrichene Zeitraum (von nunmehr ca 3 Jahren) sei zu kurz, um vom Wegfall der Voraussetzungen des Waffenverbotes ausgehen zu können.
Dem gegenüber legt der Beschwerdeführer das Schwergewicht seiner Ausführungen darauf, dass er bei dem zum Waffenverbot führenden Vorfall vom in Notwehr gehandelt habe; dieser Vorfall, bei dem auch er selbst Verletzungen erlitten habe, sei von der belangten Behörde deshalb völlig unrichtig beurteilt worden. Im Übrigen sei der seither verstrichene Zeitraum ausreichend lang für eine Aufhebung des Waffenverbotes.
Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizutreten:
Klarzustellen ist zunächst, dass die Aufhebung eines Waffenverbotes gemäß § 12 Abs 7 WaffG zu erfolgen hat, wenn die Gründe für seine Erlassung weggefallen sind. Diese Bestimmung hat aber nicht etwa den Zweck, das Verbotsverfahren - ohne Änderung des Sachverhaltes - auf der Basis der seinerzeit als gegeben angenommenen Gründe wieder aufzurollen. Dem steht die Rechtskraft des Verbotsbescheides entgegen (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2005/03/0028).
Davon ausgehend hatte sich die Behörde entgegen der Annahme des Beschwerdeführers nicht mit der Rechtmäßigkeit des Waffenverbotes, insbesondere dem im Aufhebungsverfahren behaupteten Vorliegen einer Notwehrsituation anlässlich der Anlasstat zu befassen. Zu prüfen war lediglich, ob die zur Erlassung geführt habenden Gründe weggefallen sind. Das erfordert im Lichte der oben dargestellten Judikatur - bei Annahme eines Wohlverhaltens des Beschwerdeführers zwischen Anlasstat und dem Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - einen ausreichend langen "Beobachtungszeitraum". Dabei kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, die eine "Bewährungszeit" von drei Jahren als zu kurz angesehen hat, um - im Zeitpunkt der Erlassung des nun angefochtenen Bescheides - verlässlich beurteilen zu können, dass nunmehr die Gründe für die Erlassung des Waffenverbotes weggefallen sind (vgl auch die hg Erkenntnisse vom , Zl 2005/03/0018, bzw 2005/03/0025, in denen ein Zeitraum von vier Jahren bzw von nicht einmal vier Jahren als zu kurz angesehen wurde, um eine Änderung des Sachverhaltes im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bewirken zu können).
Der vom Beschwerdeführer aufgezeigte Umstand, er habe sich mit seiner Lebensgefährtin wieder versöhnt, das gegen ihn geführte Strafverfahren sei durch Diversion eingestellt worden, ändert nichts daran, dass - was der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit Waffenverboten schon hervorgehoben hat (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 97/20/0019) - eine in familiären Auseinandersetzungen bewiesene Aggressionsbereitschaft auch nach Bereinigung des zu Grunde liegenden familiären Konfliktes in waffenrechtlicher Hinsicht bedeutsam bleibt. Eine solche Aggressionsbereitschaft kann nämlich in ähnlichen Situationen auch aus gänzlich anderem Anlass wirksam werden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003.
Wien, am