Suchen Hilfe
VwGH vom 18.07.2014, 2012/08/0289

VwGH vom 18.07.2014, 2012/08/0289

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des Mag. A P in Wien, vertreten durch Dr. Christian Vitali, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Strozzigasse 10/17/2. DG, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. 2012-0566-9-002972, betreffend Ruhen des Arbeitslosengeldes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien aus, dass der Anspruch des Beschwerdeführers auf Arbeitslosengeld gemäß § 16 Abs. 1 lit. g AlVG für den Zeitraum vom 16. bis ruhe. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im genannten Zeitraum im Ausland gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er führte aus, die gegenständliche Gesetzesgrundlage, auf welche sich der angefochtene Bescheid stütze, indiziere Verfassungswidrigkeit wegen des Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot, zumal nicht nachvollziehbar sei, warum die beim AMS als arbeitsuchend angemeldete Personen keinen Anspruch auf einen Urlaub haben sollten. Ferner verstoße das AlVG gegen das Determinierungsgebot, zumal nicht vorbestimmt sei, ob und unter welchen Voraussetzungen Arbeitsuchende einen Anspruch auf einen bezahlten Urlaub hätten. Diese Gesetzeslücke sei nicht zeitgemäß, zumal Arbeitsuchende genauso einen Urlaub nötig hätten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge. In der Begründung führte sie nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens aus, dass sich der Beschwerdeführer in der Zeit vom 16. bis auf Urlaub im Ausland befunden habe.

Unter Berücksichtigung des § 16 Abs. 3 AlVG erachtete die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht, dass ein Nachsichtsgrund nicht gegeben sei, da sich der Beschwerdeführer wegen eines Urlaubs und nicht wegen eines der im § 16 Abs. 3 AlVG angeführten Gründe ins Ausland begeben habe. Die erstinstanzliche Entscheidung betreffend Ruhen des Arbeitslosengeldes im genannten Zeitraum wegen Auslandsaufenthaltes sei zu Recht erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 16 Abs. 1 lit. g AlVG ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während des Aufenthalts im Ausland, soweit nicht Abs. 3 oder Regelungen auf Grund internationaler Verträge anzuwenden sind.

Gemäß § 16 Abs. 3 AlVG ist das Ruhen des Arbeitslosengeldes gemäß Abs. 1 lit. g auf Antrag des Arbeitslosen bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände nach Anhörung des Regionalbeitrages bis zu drei Monate während eines Leistungsanspruches (§ 18) nachzusehen. Berücksichtigungswürdige Umstände sind Umstände, die im Interesse der Beendigung der Arbeitslosigkeit gelegen sind, insbesondere wenn sich der Arbeitslose ins Ausland begibt, um nachweislich einen Arbeitsplatz zu suchen oder um sich nachweislich beim Arbeitgeber vorzustellen oder um sich einer Ausbildung zu unterziehen, oder Umstände, die auf zwingenden familiären Gründen beruhen.

2. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Behörde wäre verpflichtet gewesen, weitere Ermittlungen über das Vorliegen von berücksichtigungswürdigen Umständen iSd § 16 Abs. 3 AlVG anzustellen. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides gehe nicht hervor, ob die Gründe für eine Nachsicht vorgelegen bzw. wenn diese verneint worden seien, aus welchen Gründen. Insbesondere habe die belangte Behörde in diesem Zusammenhang die ihr obliegende Manuduktionspflicht verletzt. Hätte sie nämlich genau hinterfragt, aus welchen Gründen sich der Beschwerdeführer tatsächlich ins Ausland begeben habe, hätte sie in Erfahrung bringen können, dass dieser sich gerade nicht zu Urlaubszwecken im Ausland aufgehalten habe. Vielmehr habe er sich im Hinblick auf ein laufendes Aufenthaltsverfahren bezüglich der Familienzusammenführung mit seiner Schwester und in diesem Zusammenhang beizuschaffende Unterlagen in Istanbul aufgehalten. Weiters sei der Neffe des Beschwerdeführers beschnitten worden und sei der Auslandsaufenthalt des Beschwerdeführers schon aus diesen zwingenden familiären Gründen notwendig gewesen. Letztlich habe der Beschwerdeführer den Aufenthalt in Istanbul auch dazu genützt, um sich um die Nostrifikation als Jurist in der Türkei zu bemühen und er habe in diesem Zusammenhang Kontakt zur Rechtsanwaltskammer in Istanbul aufgenommen. Der Beschwerdeführer sei nicht einvernommen worden und es sei ihm auch nicht aufgetragen worden, weitere Beweise vorzulegen.

3. Das Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld tritt grundsätzlich ex lege ein. In Bezug auf § 16 Abs. 1 lit. g und § 16 Abs. 3 AlVG bedeutet dies, dass das Ruhen an sich automatisch eintritt, wenn ein Auslandsaufenthalt vorliegt, es sei denn, dass - nach Antrag des Arbeitslosen - eine Nachsicht im Sinn des § 16 Abs. 3 AlVG bescheidmäßig gewährt worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2005/08/0126). Im Berufungsverfahren trat der Beschwerdeführer dem Feststellungsbescheid der regionalen Geschäftsstelle hinsichtlich der Unterbrechung des Arbeitslosengeldbezuges auf Grund des Auslandsaufenthaltes ausschließlich mit der Begründung entgegen, dass auch einem Arbeitslosen ein bezahlter Urlaub ohne Verlust des Arbeitslosengeldbezuges möglich sein müsse und dementsprechend die gesetzliche Bestimmung verfassungswidrig sei.

Davon ausgehend war die rechtliche Schlussfolgerung der belangten Behörde, wonach ein urlaubsbedingter Auslandsaufenthalt gemäß § 16 Abs. 1 lit g AlVG zu einem Ruhen des Leistungsanspruches führt und keine Nachsicht zu erteilen ist, nicht zu beanstanden. Der Grund für den Auslandaufenthalt war nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren ausschließlich urlaubsbedingt. Dies stellt keinen der in § 16 Abs. 3 AlVG normierten berücksichtigungswürdigen Umstände, wie solche, die im Interesse der Beendigung der Arbeitslosigkeit gelegen sind oder solche, die auf zwingenden familiären Gründen beruhen, dar. Damit scheidet die Gewährung einer Nachsicht aus.

Der Beschwerdeführer bringt nunmehr in der Beschwerde erstmals vor, dass er sich gerade nicht zu Urlaubszwecken im Ausland aufgehalten habe, sondern hinsichtlich eines Familienzusammenführungsverfahrens seiner Schwester, wegen der Beschneidung seines Neffen als auch bezüglich seiner Nostrifikation als Jurist in der Türkei. Dieses Vorbringen ist insofern unbeachtlich, weil es dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unterliegt.

Wenn der Beschwerdeführer der Behörde vorwirft, die ihr obliegende Manuduktionspflicht verletzt und nicht hinterfragt zu haben, aus welchen Gründen sich der Beschwerdeführer tatsächlich ins Ausland begeben hat, verkennt er das Wesen der Manuduktion.

Die in § 13a AVG vorgesehene Manuduktionspflicht geht nämlich nicht soweit, die Parteien in materiell-rechtlicher Hinsicht zu beraten oder zur Erhebung bestimmter Behauptungen bzw. zur Stellung bestimmter Beweisanträge anzuleiten (vgl. die hg. Entscheidung vom , 2013/03/0073, mwN).

Abgesehen davon lässt das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers, das einzig die Frage der Rechtmäßigkeit der Leistungsunterbrechung wegen eines urlaubsbedingten Auslandsaufenthaltes thematisiert, keinen Raum für weitere Ermittlungsschritte. Das Motiv für seinen Auslandsaufenthalt hat er selbst mit "Urlaub" angegeben.

Entgegen der Beschwerdeansicht ist der angefochtene Bescheid auch als ausreichend begründet anzusehen.

Schließlich rügt der Beschwerdeführer noch, dass vor Entscheidung über die Nachsicht vom Ruhen des Arbeitslosengeldes der Regionalbeirat zu hören sei und sich dies aus dem Bescheid nicht ergebe. Dazu ist ihm zu erwidern, dass eine unterlassene Anhörung des Regionalbeirates nicht schlechthin zur Rechtwidrigkeit der Entscheidung führt. Fehlt es - wie hier - an Anhaltspunkten für allenfalls berücksichtigungswürdige Gründe, so führt auch der Verstoß gegen die Verpflichtung zur Anhörung des Regionalbeirates nicht zur Aufhebung des Bescheides (vgl. die dazu zu § 10 Abs. 3 (früher Abs. 2) AlVG ergangene Judikatur, wie das hg. Erkenntnis vom , 99/08/0116, mwN).

Die Beschwerde erweist sich sohin insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
JAAAE-71798

Ihre Datenbank verwendet ausschließlich funktionale Cookies,

die technisch zwingend notwendig sind, um den vollen Funktionsumfang unseres Datenbank-Angebotes sicherzustellen. Weitere Cookies, insbesondere für Werbezwecke oder zur Profilerstellung, werden nicht eingesetzt.

Hinweis ausblenden