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VwGH vom 13.08.2013, 2012/08/0280

VwGH vom 13.08.2013, 2012/08/0280

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2012/08/0281

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerden der BK in W, vertreten durch Mag. Martin Stempkowski, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, gegen die auf Grund von Beschlüssen des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheide der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien je vom , 1.) Zl. 2012-0566-9-002048, betreffend Widerruf und Rückforderung der Notstandshilfe, und 2.) Zl. 2012- 0566-9-002307, betreffend Abweisung eines Antrages auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.163,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin bezog in den Zeiträumen bis , bis , bis , bis und bis Notstandshilfe. Am stellte sie einen neuerlichen Antrag auf Zuerkennung von Notstandshilfe. Darin ist im Feld betreffend im gemeinsamen Haushalt lebende Angehörige erstmals P. A. als ihr Lebensgefährte eingetragen.

Am gab die Beschwerdeführerin bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) niederschriftlich an, dass sie seit bei ihrem Lebensgefährten P. A. lebe. Sie habe dies dem AMS die letzten Male nicht mitgeteilt, weil sie gedacht habe, dass dies nicht relevant sei. Sie habe nicht gewusst, dass sie die Personen, die im gemeinsamen Haushalt mir ihr lebten, angeben müsse. Es tue ihr leid, dass sie dies nie gemeldet habe.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des AMS vom wurde die Zuerkennung der Notstandshilfe für den Zeitraum bis gemäß § § 24 Abs. 2 iVm § 38 AlVG widerrufen und die Beschwerdeführerin gemäß § 25 Abs. 1 iVm § 38 AlVG zur Rückzahlung des unberechtigt Empfangenen in Höhe von insgesamt EUR 5.201,91 verpflichtet. Begründend wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung für den genannten Zeitraum zu Unrecht bezogen, weil sie dem AMS den gemeinsamen Haushalt mit ihrem Lebensgefährten P. A. bis verschwiegen habe. Es sei festgestellt worden, dass sie mit ihrem Lebensgefährten seit zusammenlebe. Dessen Einkommen sei daher auf die Notstandshilfe ab angerechnet worden.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des AMS vom wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung der Notstandshilfe vom gemäß § 33 AlVG und § 2 Notstandshilfe-Verordnung abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass das anrechenbare Einkommen ihres Lebensgefährten P. A. trotz Berücksichtigung der gesetzlichen Freigrenzen ihren Anspruch auf Notstandshilfe übersteige.

In der gegen diese Bescheide gerichteten Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, dass P. A. keinesfalls ihr Lebensgefährte sei, sondern nur ein Mitbewohner des Haushalts. Mit der Berufung legte sie eine schriftliche Erklärung des P. A. vom vor, wonach die Beschwerdeführerin keinesfalls seine Lebensgefährtin sei. Sie sei "einfache Mitbewohnerin", da sie nach der Ehescheidung über keine Wohnung verfügt habe.

Am legte die Beschwerdeführerin dem AMS u. a. Kopien des Mietvertrages, aus welchem P. A. als (alleiniger) Mieter hervorgeht, Zahlscheine betreffend Zahlung der Miete, der Haushaltsversicherung, der Betriebskosten und der Rundfunkgebühren durch P. A., ein (undatiertes) Schreiben der Stadt Wien - Wiener Wohnen, mit dem der Beschwerdeführerin mitgeteilt wurde, dass sie für die Anmietung einer Gemeindewohnung ab vorgemerkt werde (Vormerkschein), sowie das an die Hausverwaltung gerichtete Kündigungsschreiben des P. A. vom betreffend die gemeinsam bewohnte Wohnung (Wirksamkeit der Kündigung zum ) vor. In diesem Schreiben hatte P. A. zudem die Weitergabe des Mietverhältnisses an die Beschwerdeführerin beantragt.

Die Beschwerdeführerin gab zudem niederschriftlich an, dass P. A. außerhalb von Wien arbeite und maximal zum Schlafen nach Hause komme. Wenn er frei habe, fahre er nach Linz zu seiner Tochter oder nach Bosnien. Das bedeute der Beschwerdeführerin zufolge, dass er kaum in der Wohnung lebe, da er diese ihr zur Verfügung stelle. Das "meiste von der Wohnung" bezahle sie und nicht P. A. "Von der Niederschrift vom " habe sie nicht gewusst, "was ich da unterschrieben habe", da ihre Deutschkenntnisse nicht ausreichend gut dafür gewesen seien. Jetzt mit ihrem Dolmetscher verstehe sie das besser. Es tue ihr leid, dass sie dies falsch verstanden habe. Es gebe keine Lebensgemeinschaft.

Am fand im Auftrag des AMS eine Erhebung an der Wohnadresse der Beschwerdeführerin statt. Aus dem Bericht geht u. a. hervor, dass es sich um eine 37 m2 Einzelraumwohnung handle. Der Wohnraum sei mit einem Kleiderschrank und einer Eckgarnitur mit Schlaffunktion und Doppelbett ausgestattet, zum Erhebungszeitpunkt seien die Doppelbetten noch bereitet gewesen. Eine getrennte Aufbewahrung der Wäsche/Lebensmittel sei nicht festgestellt worden, weil dies auf Grund der Wohnungsgröße grundsätzlich nicht möglich sei. Seit Juni 2008 seien von der Beschwerdeführerin keine nachweislichen Anstrengungen zur Erlangung einer eigenen Wohnung vorgenommen worden, erst Anfang 2012 habe sie sich um einen Vormerkschein für eine Gemeindewohnung bemüht. Es entspreche offenbar auch nicht den Tatsachen, dass A. P. nie zu Hause sei, zum Erhebungszeitpunkt hätten beide Bewohner dienstfrei gehabt und den Tag "für ein ausgiebiges Ausschlafen genutzt".

P. A. gab bei der am vor der belangten Behörde erfolgten Zeugeneinvernahme niederschriftlich Folgendes an (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Ich, P. A., geboren am xxxx, bin weder verwandt noch verschwägert mit der Partei (der Beschwerdeführerin). Frau K. (die Beschwerdeführerin) ist nur eine Kollegin.

Wir haben beide unseren Hauptwohnsitz an der Adresse xxxx Wien, R-straße. Die diesbezüglichen Angaben des Zentralen Melderegisters sind korrekt.

Mir wird der Erhebungsbericht des Herrn N. vorgehalten. Das stimmt alles so.

Bis auf die letzten vier Monate haben wir die Kosten exakt geteilt, ich meine damit, wir haben jeweils die Hälfte der Miete und von Strom/Gas gezahlt. Seit April 2012 zahlt Frau K. deswegen nichts mehr, weil sie wahrscheinlich kein Geld hat. Ich weiß das nicht, aber sie hat es so gesagt.

Wir haben immer jeder eingekauft, was wir jeweils haben wollten. Also es schaut schon sehr komisch aus im Kühlschrank, z. B. steht links ein Packerl Eier und rechts ein Packerl Eier.

Wir putzen immer abwechselnd am Samstag, das funktioniert eigentlich recht gut. Die Wäsche wird getrennt gewaschen, ich bügle auch selber.

Ich zeichne einen Plan der Wohnung. Wir schlafen jeweils auf einer Seite der Couch. Der Kasten ist sehr groß, wir teilen uns diesen Kasten (jeweils zur Hälfte).

Wir haben ganz sicher keine gemeinsamen Freizeitaktivitäten. Wir kochen nicht zusammen und essen auch nicht zusammen. Wir haben sogar getrennte Kaffeemaschinen, also sie hat ihre Kaffeemaschine und ich koche türkischen Kaffee.

Ich möchte betonen, dass ich niemals eine Beziehung mit Frau K. hatte.

Ich habe seit vier oder fünf Jahren eine Freundin, es handelt sich aber nicht um Frau K. Frau K. weiß zwar, dass ich eine Freundin habe, aber nicht wer sie ist. Ich möchte ihr das auch nicht erzählen. Es ist jedenfalls sehr mühsam, die Situation ist kompliziert. Ich habe Frau K. öfters gebeten, auszuziehen. Aber sie ist nicht ausgezogen, weil es finanziell für sie nicht machbar war.

Ich habe im Juli die Wohnung gekündigt (zum ), weil ja Frau K. seit April nichts mehr zahlt. Früher hat sie die Hälfte der Kosten getragen, das war OK, aber wenn sie überhaupt nichts mehr beiträgt geht das einfach nicht.

Ich kann nicht sagen, warum Frau K. mich als Lebensgefährten angegeben hat, das stimmt jedenfalls nicht."

Die Beschwerdeführerin gab bei der am selben Tag erfolgten niederschriftlichen Einvernahme Folgendes an:

"Mir wird der Antrag vom vorgehalten, in dem als Angehöriger Herr A. eingetragen ist. Das habe ich nicht geschrieben, das war Herr I. (ein Mitarbeiter des AMS). Herr I hat mich gefragt, ob ich alleine wohne und ich habe gesagt, nein Herr A. wohnt auch noch in der Wohnung. Ich habe gesagt, er ist nur mein Kollege. Ich kann mir nicht erklären, warum dort Lebensgefährte steht.

Ich habe Stress mit meinem Ex-Mann und daher derzeit keine andere Beziehung. Wenn mir die Niederschrift vom vorgehalten wird: ich habe das nicht gelesen und blind unterschrieben, das war mein Fehler. Ich kann nicht so gut Deutsch, ich rede immer mit Herrn I. und dann unterschreibe ich einfach. Es stimmt aber, dass Herr A. und ich seit 2008 an der gleichen Adresse gemeldet sind.

Mir wird der Erhebungsbericht des Herrn N. vorgehalten: ja, das stimmt. Mir wird die Zeugenaussage des Herrn A. vorgehalten:

ja, das stimmt auch.

Ich habe zwar seit Februar 2012 einen Vormerkschein aber es ist keine Antwort gekommen. Erst vor ca. 10 Tagen für eine Wohnung im 20. Bezirk, aber inzwischen hat ja Herr A. seine Wohnung gekündigt und ich werde sie übernehmen.

Nachdem ich Herrn A. die vier Monate Mietkosten zur Hälfte und eine halbe Rate Strom/Gas schuldig bin, muss ich ihm das irgendwie zurückzahlen. Wenn ich die Wohnung übernehme, werde ich ihm die Möbel ablösen, das wird EUR 2.000,00 kosten. Mein Bruder in Serbien ist Arzt und wird mir finanziell helfen."

Mit dem erstangefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid insofern ab, als sie den Widerruf der Notstandshilfe - präzisierend - auf den Zeitraum bis , bis , bis , bis und bis einschränkte. Weiters verpflichtete sie die Beschwerdeführerin zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe für diesen Zeitraum. Die Höhe des Rückzahlungsbetrages blieb unverändert.

Begründend stellte sie nach der Darstellung des Verfahrensgangs fest, dass die Beschwerdeführerin auch nach eigenen Angaben seit im gemeinsamen Haushalt mit P. A. an der Adresse R-straße in W lebe. Die Wohnung bestehe laut Mietvertrag aus einem Zimmer sowie den üblichen Nebenräumen und umfasse eine Nutzfläche von insgesamt 37 m2. Es habe nicht festgestellt werden können, dass es sich um eine Wohngemeinschaft handle. Aufgrund der räumlichen Gegebenheiten sei eine getrennte Lebensweise nahezu denkunmöglich. Der Einwand der Beschwerdeführerin, sie schliefen nicht nebeneinander, sondern jeder auf seiner Längsseite der Couch, gebe lediglich Auskunft über die bauliche Beschaffenheit der Couch. Die Dauer dieses häuslichen Arrangements über einen ununterbrochenen Zeitraum von über vier Jahren, die einvernehmliche Gestaltung der Wohnungsreinigung und vor allem die Kostenteilung ließen bei lebensnaher Betrachtung nur einen Rückschluss zu, nämlich dass es sich um eine Lebensgemeinschaft im Sinne des Gesetzes handle:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehe das Wesen einer Lebensgemeinschaft in einem eheähnlichen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens im Wesentlichen entspreche. Dazu gehöre im Allgemeinen die Geschlechts-, Wohnungs- und (vor allem) Wirtschaftsgemeinschaft, wobei aber, wie auch bei einer Ehe, das eine oder andere Merkmal weniger ausgeprägt sein oder ganz fehlen könne. Jenes Element, um dessentwillen die Lebensgemeinschaft im konkreten Regelungszusammenhang von Bedeutung sei, nämlich das gemeinsame Wirtschaften, sei jedoch unverzichtbar und liege im konkreten Fall auch nach eigenen Angaben der Beschwerdeführerin vor.

Der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin, P. A, erziele aus seinem Dienstverhältnis ein schwankendes Einkommen, und zwar im November 2010 in Höhe von EUR 1.912,44 brutto beziehungsweise EUR 1.453,73 netto, im Dezember 2010 in Höhe von EUR 1.945,44 brutto beziehungsweiseEUR 1.479,27 netto und im Jänner 2011 in Höhe von EUR 1.925,64 brutto beziehungsweise EUR 1.461,75 netto. Weitere Freigrenzenerhöhungsgründe seien weder behauptet noch nachgewiesen worden. Ursprünglich sei der Beschwerdeführerin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Notstandshilfe in Höhe von EUR 25,13 täglich zuerkannt und ausbezahlt worden.

Die Feststellungen gründeten sich auf den Leistungsakt, die chronologisch über EDV geführten Aufzeichnungen des AMS, die Auskunft des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger, die Zeugenaussage des P. A. vom und die eigenen Angaben der Beschwerdeführerin.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass bei der Notstandshilfe, im Gegensatz zum Arbeitslosengeld, nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen das Einkommen des Partners Einfluss auf die Höhe des Notstandshilfeanspruchs des Arbeitslosen habe. Dessen Einkommen sei nämlich nach bestimmten gesetzlich vorgeschriebenen Grundsätzen auf den theoretischen Notstandshilfeanspruch anzurechnen, sodass lediglich der danach verbleibende Differenzbetrag zur Auszahlung kommen könne. Eine Anrechnung sei ab dem Tag der Zuerkennung der Notstandshilfe, dem , vorzunehmen.

Nach Erläuterung der Berechnung des Anrechnungsbetrages erklärte die belangte Behörde, dass dieser im vorliegenden Fall für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum EUR 31,33 täglich betrage. Da der tägliche Notstandshilfeanspruch der Beschwerdeführerin ohne Anrechnung EUR 25,13 betrage, übersteige das anrechenbare Einkommen ihres Lebensgefährten somit die ihr an sich gebührende Notstandshilfe, und ihr Haushaltseinkommen in Höhe von EUR 1.464,92 übersteige den für sie geltenden Mindeststandard in Höhe von EUR 1.129,00.

Bei Widerruf einer Leistung sei der Empfänger des Arbeitslosengeldes/ der Notstandshilfe zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt habe oder wenn er erkennen habe müssen, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebühre.

Die Beschwerdeführerin selbst habe die Lebensgemeinschaft nicht ordnungsgemäß gemeldet beziehungsweise diese im Antrag vom (Tag der Geltendmachung) verschwiegen und daher den Bezug ihrer Notstandshilfe im verfahrensgegenständlichen Zeitraum durch die Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt. Ihr Argument, ihr Lebensgefährte sei gar nicht ihr Lebensgefährte, sondern es handle sich nur um eine Wohngemeinschaft, sei nach Dafürhalten der belangten Behörde, wie oben dargestellt, eine reine Schutzbehauptung.

Das Argument der Beschwerdeführerin, sie könne sich nicht erklären, warum P. A. im Antrag vom (Tag der Geltendmachung) als Lebensgefährte angeführt sei, belege deutlich ihren Erklärungsnotstand: Der Antrag sei von der Beschwerdeführerin selbst auszufüllen, und das Schriftbild auf der zweiten Seite weise die gleichen Eigenheiten auf wie die Angaben zu ihrer Person auf der ersten Seite. Ihr Vorbringen, sie hätte die Niederschrift vom blind unterschrieben und ihre Deutschkenntnisse seien mangelhaft, möge inhaltlich korrekt sein. Nichtsdestotrotz habe sie sich der belangten Behörde gegenüber klar und verständlich ausdrücken können und bestünden somit keine Zweifel, dass sie auch dem AMS gegenüber im Rahmen der speziell zu diesem Themenkreis aufgenommenen Niederschrift am klare und verständliche Angaben gemacht habe.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Notstandshilfe vom gemäß § 33 AlVG mangels Notlage ab.

Begründend führte sie aus, dass das anrechenbare Einkommen des Lebensgefährten der Beschwerdeführerin trotz Berücksichtigung der gesetzlichen Freigrenzen die ihr an sich gebührende Notstandshilfe übersteige. Die übrige Begründung des Bescheides lautet im Wesentlichen gleich mit der des erstangefochtenen Bescheides, mit dem Zusatz, dass nicht festgestellt habe werden können, dass die Lebensgemeinschaft zwischenzeitlich aufgehoben worden wäre. Eine diesbezügliche Meldung seitens der Beschwerdeführerin sei nicht erfolgt, weshalb davon ausgegangen werden müsse, dass die Lebensgemeinschaft nach wie vor aufrecht sei. Der Anrechnungsbetrag wurde für die Zeit ab mit EUR 34,36 täglich angenommen.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machenden Beschwerden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden, die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden worden sind, nach Aktenvorlage und Erstattung jeweils einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Gemäß § 24 Abs. 2 AlVG ist, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes als gesetzlich nicht begründet herausstellt, die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen.

Nach § 25 Abs. 1 leg. cit. ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.

Gemäß § 38 Abs. 1 AlVG sind auf die Notstandshilfe die oben genannten Bestimmungen über das Arbeitslosengeld sinngemäß anzuwenden.

Nach § 33 Abs. 3 AlVG liegt Notlage vor, wenn dem Arbeitslosen die Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse unmöglich ist.

Gemäß § 36 Abs. 2 AlVG sind in den Richtlinien über die Höhe der Notstandshilfe auch die näheren Voraussetzungen festzulegen, unter denen Notlage als gegeben anzusehen ist. Bei der Beurteilung der Notlage sind die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen selbst sowie des mit dem Arbeitslosen im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners (des Lebensgefährten) zu berücksichtigen.

Nach § 2 Abs. 1 der auf dieser Grundlage erlassenen Notstandshilfeverordnung liegt Notlage vor, wenn das Einkommen des Arbeitslosen und das seines Ehepartners bzw. Lebensgefährten oder seiner Lebensgefährtin zur Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse des Arbeitslosen nicht ausreicht. Die Vorgangsweise bei Heranziehung des Einkommens des Ehepartners bzw. des Lebensgefährten oder der Lebensgefährtin für die Beurteilung der Notlage ist näher im § 6 der Notstandshilfeverordnung geregelt.

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Wesen einer Lebensgemeinschaft in einem eheähnlichen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Dazu gehört im Allgemeinen die Geschlechts-, Wohnungs- und (vor allem) Wirtschaftsgemeinschaft, wobei aber - wie auch bei einer Ehe - das eine oder andere Merkmal weniger ausgeprägt sein oder ganz fehlen kann. Jenes Element, um dessentwillen die Lebensgemeinschaft im konkreten Regelungszusammenhang von Bedeutung ist, nämlich das gemeinsame Wirtschaften, ist jedoch unverzichtbar (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/08/0190, mwN).

Der im Gesetz angeordneten Berücksichtigung des Einkommens des Lebensgefährten liegt offenkundig die Annahme zu Grunde, dass dieser wegen der Lebens- (Wohn ) Gemeinschaft auch zum gemeinsamen Wirtschaften zumindest zum Teil beiträgt. Gemeinsames Wohnen allein begründet noch keine Lebensgemeinschaft (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/08/0023, mwN). Für die Annahme einer Wirtschaftsgemeinschaft genügt aber schon die Mitfinanzierung der Miete (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/08/0263).

3. Im Beschwerdefall ist - neben dem Bestehen einer Wohngemeinschaft - unstrittig, dass sich P. A. und die Beschwerdeführerin die Miet- und Betriebskosten im verfahrensgegenständlichen Zeitraum (zumindest) teilten, ab April 2012 erfolgten die Zahlungen durch P. A. allein. Darüber hinaus hat die belangte Behörde in einer schlüssigen Beweiswürdigung dargelegt, dass insbesondere die räumliche Beschaffenheit der Wohnung und die Dauer des - nach den Angaben der Beschwerdeführerin nur auf Grund ihrer Notlage im Anschluss an die Scheidung getroffenen - Arrangements von mehr als vier Jahren für die Annahme einer Lebensgemeinschaft sprächen. Außerdem durfte die belangte Behörde auch berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin selbst sowohl im von ihr unterschriebenen Antrag vom (mag er auch allenfalls nicht zur Gänze eigenhändig ausgefüllt worden sein) als auch in der niederschriftlichen Einvernahme am angegeben hatte, P. A. sei ihr Lebensgefährte. Dass dies auf mangelnde Deutschkenntnisse zurückzuführen sei, hat die belangte Behörde unter Würdigung des Umstands, dass sich die Beschwerdeführerin der belangten Behörde gegenüber klar und verständlich ausdrücken konnte, nicht als glaubwürdig erachtet. Auch diese Beurteilung ist nicht unschlüssig.

Vor diesem Hintergrund begründet es keinen wesentlichen Verfahrensmangel, dass sich die belangte Behörde nicht ausdrücklich mit der Behauptung des P. A., seit Jahren eine andere - namentlich aber nicht genannte - Partnerin zu haben, und mit der Frage gemeinsamer Freizeitaktivitäten auseinandergesetzt hat.

4. Die Anrechnung des Einkommens des P. A. auf den Notstandshilfeanspruch der Beschwerdeführerin wird von ihr hinsichtlich der rechnerischen Richtigkeit nicht bestritten und wirft auch sonst keine Zweifel auf, die amtswegig wahrzunehmen wären, weshalb im Ergebnis weder der Widerruf der Zuerkennung von Notstandshilfe mit dem erstangefochtenen Bescheid noch die Abweisung des Antrages auf Notstandshilfe ab mit dem zweitangefochtenen Bescheid zu beanstanden ist.

5. Die Beschwerdeführerin wendet sich weiters gegen die mit dem erstangefochtenen Bescheid ebenfalls ausgesprochene Rückforderung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe gemäß § 25 Abs. 1 AlVG. Sie bestreitet, die Leistung mit zumindest bedingtem Vorsatz herbeigeführt zu haben. Sie verfüge nur über bruchstückhafte Kenntnisse der deutschen Sprache und über keine juristischen Kenntnisse und sei zu keinem Zeitpunkt von Sachbearbeitern des AMS darüber informiert worden, dass hinsichtlich des Bezugs von Notstandshilfe das Einkommen eines Lebensgefährten mit einberechnet werden müsse und deshalb entsprechende Angaben im Antragsformular zu machen seien. Sie könne daher denkunmöglich bedingt vorsätzlich die von der belangten Behörde behauptete Lebensgemeinschaft verschwiegen haben, dies insbesondere, weil keine Lebensgemeinschaft vorgelegen sei.

Der Rückforderungstatbestand "unwahre Angaben" des § 25 Abs. 1 AlVG liegt jedenfalls dann vor, wenn die Behörde in einem Antragsformular eine rechtserhebliche Frage stellt und diese Frage - trotz Kenntnis vom wahren Sachverhalt - unrichtig oder unvollständig beantwortet wird. Da die Angaben zur Geltendmachung einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung im Antragsformular die Behörde in die Lage versetzen sollen, ihrerseits zu beurteilen, ob ein Anspruch besteht, ist das Risiko eines Rechtsirrtums, aus dem ein Antragsteller meint, die darin gestellten Fragen nicht vollständig oder richtig beantworten zu müssen, von ihm zu tragen (vgl. in diesem Sinn etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2010/08/0027, sowie vom , Zl. 2010/08/0118, jeweils mwN).

Es ist unstrittig, dass die Beschwerdeführerin im Antrag vom neben der Aussage "In meinem Haushalt leben Angehörige" die Antwortmöglichkeit "nein" angekreuzt und auch in der Folge - bis zum Antrag vom - nicht das Bestehen einer Lebensgemeinschaft gemeldet hat. Im Antragsformular wird ausdrücklich erläutert, dass Angehörige u.a. auch LebensgefährtInnen sind, sodass sich die Beschwerdeführerin insoweit schon deswegen nicht auf einen Irrtum berufen kann. Auch dass die Beschwerdeführerin selbst davon ausgegangen sein mag, es liege keine Lebensgemeinschaft vor, und deswegen eine Angabe im Antragsformular unterlassen hat, begründet keine unverschuldete Unkenntnis, da die Beschwerdeführerin auch aus laienhafter Sicht bei der gegebenen Sachlage zumindest Indizien für das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft hätte erkennen müssen, die eine Rücksprache beim Arbeitsmarktservice notwendig gemacht hätten, sodass ein allfälliger Irrtum darüber zu ihren Lasten geht (vgl. in diesem Sinn auch das schon genannte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/08/0118).

Soweit die Beschwerdeführerin behauptet, nicht über ausreichende Deutschkenntnisse zu verfügen, ist ihr entgegen zu halten, dass das von ihr vollständig ausgefüllte und unterfertigte Antragsformular bei den Mitarbeitern des AMS nicht den Eindruck erwecken musste, sie sei auf Grund ihrer mangelnden Sprachkenntnisse nicht zum Ausfüllen des Antragsformulars in der Lage gewesen. Bestehen für den Sachbearbeiter aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes keine Anhaltspunkte dafür, dass das Formblatt unrichtig oder unvollständig ausgefüllt worden ist, und wurde - wie hier - von der Partei gegenüber der Behörde nicht geltend gemacht, bestimmte Fragen nicht ausreichend zu verstehen, dann gibt es auch keinen Grund, an für das Ausfüllen des Formulars ausreichenden Deutschkenntnissen der Partei zu zweifeln (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/08/0253, mwN). In einem solchen Fall muss sich die Partei, die das Antragsformular unterschreibt, dessen Inhalt auch zurechnen lassen.

6. Die Beschwerden erweisen sich daher insgesamt als unbegründet und waren gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Vorlageaufwand war dem Bund nur einmal zuzusprechen, weil nur eine einzige Aktenvorlage erfolgt ist.

Wien, am

Fundstelle(n):
KAAAE-71763