VwGH vom 27.03.2007, 2007/21/0032
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2006/21/0348 E
2007/21/0048 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des P, vertreten durch Edward W. Daigneault, Solicitor in 1170 Wien, Hernalser Gürtel 47/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS- 01/57/9021/2006/3, betreffend Anordnung der Schubhaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, der bereits in Deutschland unter anderer Identität einen erfolglosen Asylantrag gestellt hatte und nach Nigeria abgeschoben worden war, reiste am nach Österreich ein und beantragte noch am selben Tag die Gewährung von Asyl.
Mit Gerichtsurteil vom wurde der Beschwerdeführer wegen eines Suchtmitteldeliktes zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe verurteilt. Am wurde er neuerlich wegen des Tatverdachtes nach dem SMG in Wien festgenommen und es wurde über ihn die Untersuchungshaft verhängt. In der Folge wurde der Beschwerdeführer mit einem am ergangenen rechtskräftigen Urteil zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe gerichtlich verurteilt und die bedingte Nachsicht hinsichtlich des Strafrestes aus der ersten Verurteilung widerrufen. Der Beschwerdeführer wurde am von Wien in die Justizanstalt Leoben zum weiteren Strafvollzug überstellt; das voraussichtliche Haftende ist am .
Im Hinblick auf die genannten Verurteilungen war gegen den Beschwerdeführer zunächst ein mit zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot und mit rechtskräftigem Bescheid vom ein unbefristetes Rückkehrverbot erlassen worden. Der Asylantrag des Beschwerdeführers wurde mit im Instanzenzug ergangenem Berufungsbescheid vom gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) abgewiesen; gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Nigeria festgestellt und gemäß § 8 Abs. 2 AsylG seine Ausweisung verfügt.
Darauf hin ordnete die Bundespolizeidirektion Leoben mit Bescheid vom gemäß § 76 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) gegen den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung an, wobei im Spruch zum Ausdruck gebracht wurde, dass die Rechtsfolgen dieses Bescheides nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Gerichtshaft eintreten.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer am eine an den Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark gerichtete Beschwerde, die gemäß § 6 Abs. 1 AVG an den für zuständig erachteten Unabhängigen Verwaltungssenat Wien (die belangte Behörde) weitergeleitet wurde. Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom gemäß § 83 Abs. 1, 2 und 4 FPG iVm § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet ab.
Zur angenommenen Zuständigkeit führte die belangte Behörde aus, angesichts der Formulierung des § 82 Abs. 1 FPG in Verbindung mit der Bestimmung des § 76 Abs. 7 FPG stehe fest, dass die unabhängigen Verwaltungssenate bei einer Fallkonstellation wie der hier vorliegenden, in der ein Schubhaftbescheid zwar bereits erlassen, aber noch nicht vollstreckt worden sei, zur Entscheidung über eine auf § 82 FPG gestützte Beschwerde gegen die Anordnung der Schubhaft zuständig seien. Nach § 83 Abs. 1 FPG sei zur Entscheidung über Schubhaftbeschwerden jener unabhängige Verwaltungssenat (örtlich) zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen worden sei. Da der Beschwerdeführer am in Wien festgenommen und erst später in die Justizanstalt Leoben überstellt worden sei, sei die belangte Behörde im vorliegenden Fall - auch wenn den bei ihr angefochtenen Bescheid die Bundespolizeidirektion Leoben erlassen habe - für die gegenständliche Beschwerde zuständig.
In der Sache ging die belangte Behörde im Wesentlichen wegen der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers, dem Fehlen familiärer Beziehungen und einer beruflichen Integration, der Täuschung über seine Identität und wegen seiner bisher gezeigten kriminellen Energie vom Vorliegen eines Sicherungsbedarfes (insbesondere auch) zur Überwachung seiner Ausreise aus.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
In der Beschwerde wird der Standpunkt vertreten, § 83 Abs. 1 FPG sei in Bezug auf die vorliegende Konstellation dahingehend zu interpretieren, dass jener unabhängige Verwaltungssenat zur Beschwerdebehandlung zuständig sei, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer bei Vollzug des Schubhaftbescheides voraussichtlich (nach dem FPG) festgenommen werde. Da der Beschwerdeführer derzeit seine Strafhaft in Leoben verbüße und aus heutiger Sicht anzunehmen sei, dass er auch dort aus der Strafhaft entlassen und frühestens unmittelbar danach in Schubhaft genommen werden könnte, wäre der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark zur Behandlung seiner Beschwerde zuständig gewesen.
Dem widerspricht die belangte Behörde in der Gegenschrift mit dem Argument, werde ein Fremder aus der Gerichtshaft in die Schubhaft überstellt, handle es sich dabei nicht um eine neuerliche Festnahme. Der in § 83 Abs. 1 FPG allgemein verwendete Begriff "Festnahme" beziehe sich nicht nur auf Festnahmen zum Zwecke des Vollzuges der Schubhaft, sondern auf alle Festnahmen, etwa auch jene nach der Strafprozessordnung. Sonst könne eine spätere Überstellung des in Gerichtshaft befindlichen Fremden jeweils die Zuständigkeit für die Schubhaftbeschwerde ändern.
Die §§ 74 Abs. 1 und 2, 76 Abs. 1 bis 3 und 7, 82 Abs. 1 und 83 Abs. 1 und 2 des am in Kraft getretenen FPG lauten:
"Festnahmeauftrag und Übernahmeauftrag
§ 74. (1) Die Behörde kann die Festnahme eines Fremden auch ohne Erlassung eines Schubhaftbescheides anordnen (Festnahmeauftrag), wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Voraussetzungen für die Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes vorliegen und
1. der Fremde ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, nicht Folge geleistet hat oder
2. der Aufenthalt des Fremden nicht festgestellt werden konnte, sein letzter bekannter Aufenthalt jedoch im Sprengel der Behörde liegt.
(2) Ein Festnahmeauftrag kann gegen einen Fremden auch dann erlassen werden,
1. wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 Abs. 1 vorliegen und nicht aus anderen Gründen die Vorführung vor die Fremdenpolizeibehörde erfolgt;
2. wenn er seiner Verpflichtung zur Ausreise (§ 67,§ 10 AsylG 2005) nicht nachgekommen ist oder
3. wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46) erlassen werden soll.
Schubhaft
§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.
(2) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn
1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;
2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;
3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder
4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.
(3) Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
...
(7) Die Anordnung der Schubhaft kann mit Beschwerde gemäß § 82 angefochten werden.
Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat
§ 82. (1) Der Fremde hat das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,
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1. | wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist; | |||||||||
2. | wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder | |||||||||
3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde. Entscheidung durch den unabhängigen Verwaltungssenat |
§ 83. (1) Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde.
(2) Über die Beschwerde entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Im übrigen gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass
1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und
2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. "
Im Regime des (bis in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997), das hinsichtlich der Schubhaft im Wesentlichen inhaltsgleiche Bestimmungen des davor (von bis ) in Kraft gewesenen Fremdengesetzes BGBl. Nr. 838/1992 (FrG 1993) übernahm, konnte gemäß § 72 Abs. 1 eine Schubhaftbeschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat nur in dem Fall erhoben werden, dass der Fremde "gemäß § 63 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde". Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang klargestellt, dass unter dem Begriff der "Anhaltung" nur die Anhaltung in Schubhaft zu verstehen war (vgl. das Erkenntnis vom , Zlen. 2000/02/0340 bis 0348). Eine Anfechtung des Schubhaftbescheides mittels Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat vor Inhaftnahme des betroffenen Fremden war demnach nicht möglich. Auch eine Vorstellung oder Berufung gegen den die Schubhaft anordnenden Bescheid war gemäß § 94 Abs. 5 letzter Satz FrG 1997 unzulässig. Lediglich im Falle der Erlassung eines Schubhaftbescheides nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens - bei Anordnung der Schubhaft während aufrechter Gerichtshaft für den Zeitpunkt ihrer Beendigung - war dessen Bekämpfung durch unmittelbare Anrufung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes möglich. Eine Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat war in dieser Konstellation (vor dem Vollzug des Schubhaftbescheides) - wie erwähnt - nicht zulässig (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/02/0008, in dem die einschlägigen Gesetzesmaterialen wiedergegeben wurden).
Nach der geltenden Rechtslage des FPG (§ 76 Abs. 7 iVm § 82 Abs. 1 Z 3) ist es dagegen nunmehr möglich, gegen den - gemäß § 9 Abs. 2 FPG weiterhin weder mit Vorstellung noch mit Berufung bekämpfbaren - Bescheid, mit dem die Schubhaft angeordnet wurde, Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung seiner Rechtswidrigkeit zu erheben, ohne dass der Fremde zuvor (in Vollziehung des Schubhaftbescheides) festgenommen und angehalten wird oder wurde (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. 2006/21/0083).
Ungeachtet dieser Änderung wird in § 83 Abs. 1 FPG hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit des anzurufenden unabhängigen Verwaltungssenates weiterhin - § 83 Abs. 1 FPG entspricht wörtlich dem § 73 Abs. 1 FrG 1997 und dem davor in Kraft gewesenen § 52 Abs. 1 FrG 1993 - nur darauf abgestellt, in welchem "Sprengel" (Bundesland) der Beschwerdeführer "festgenommen" wurde. Die Gesetzesmaterialien geben keinen Hinweis darauf, wie diese Regelung in Fällen wie dem vorliegenden, in denen der Schubhaftbescheid im Zeitpunkt der Beschwerdeführung noch nicht in Vollzug gesetzt wurde, zu verstehen ist. Die Erläuterungen zu § 76 FPG (952 BlgNR 22. GP 103) beschränken sich in Bezug auf die angesprochene Änderung der Anfechtbarkeit eines Schubhaftbescheides auf Folgendes:
"Nach Erlassung der Schubhaft - auch wenn sie noch nicht vollzogen wird - richtet sich die Beschwerdemöglichkeit nach § 82. Es spricht immer der zuständige unabhängige Verwaltungssenat über die - allenfalls weitere - Zulässigkeit der Schubhaft ab."
Auch die inhaltsgleichen Vorgängerbestimmungen des § 83 Abs. 1 FPG (§ 73 Abs. 1 FrG 1997 und § 52 Abs. 1 FrG 1993) wurden in den Gesetzesmaterialien nicht näher erläutert.
Auszugehen ist daher zunächst von dem davor (vom bis ) in Geltung gestandenen § 5a Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 75/1954 (FrPolG) idF BGBl. Nr. 21/1991. Diese Bestimmung und § 5 FrPolG idF BGBl. Nr. 190/1990, lauteten (auszugsweise) wie folgt:
"§ 5. (1) Ein Fremder kann von der Behörde zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung vorläufig in Verwahrung genommen werden (Schubhaft), wenn dies im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder aus dem Grunde notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern. Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat
5a. (1) Wer in Schubhaft genommen oder angehalten wird, hat das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung anzurufen.
(...)
(3) Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde oder angehalten wird; im Falle der Anfechtung von Festnahme und Anhaltung oder der Anfechtung einer Anhaltung an mehreren Orten obliegt die Entscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer bei Einbringung der Beschwerde angehalten wird.
(...)
(6) Über die Beschwerde entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Im übrigen gelten die §§ 67c bis 67g AVG 1950 mit der Maßgabe, dass
1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint,
2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.
Die Schubhaft ist formlos aufzuheben, wenn der unabhängige Verwaltungssenat ihre Rechtswidrigkeit festgestellt hat."
Nach diesen Regelungen verstand man unter "Schubhaft", wenn ein Fremder (zu den im § 5 Abs. 1 FrPolG genannten Zwecken und unter den dort angeführten Voraussetzungen) "vorläufig in Verwahrung genommen" wurde, wobei sich aus § 5a Abs. 1 FrPolG ergibt, dass der Fremde zunächst in "Schubhaft genommen", also "festgenommen", und danach "angehalten" wurde. In diesem Sinn hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , VfSlg. 13.039, (Punkt. 2.2.1. und 2.2.2.2. der Entscheidungsgründe) unter anderem ausgeführt:
"(...) Die Schubhaft setzt die Erlassung eines entsprechenden (Schubhaft-)Bescheides - zwingend - voraus, (...). Festnahme und Anhaltung aufgrund eines (vollstreckbaren) Schubhaftbescheides stellen sich nach herrschender Auffassung als bloße Vollstreckungsmaßnahmen dar. (...) Der Verfassungsgerichtshof ist (...) der Auffassung, dass der unabhängige Verwaltungssenat - als Haftprüfungsinstanz - nach § 5a FrPolG über die Frage der Rechtmäßigkeit der Anhaltung (in die jede - tatsächliche - Inhaftnahme für wenn auch noch so kurze Zeit mündet) im Zeitpunkt seiner Entscheidung (...) zu befinden hat. (...)"
Vor diesem Hintergrund kann es nicht zweifelhaft sein, dass unter den Begriffen "Festnahme" in § 5a Abs. 1 FrPolG und "festgenommen" in § 5a Abs. 3 FrPolG nur die Festnahme zum Vollzug der Schubhaft zu verstehen war.
Die zuletzt genannte Zuständigkeitsregelung wurde in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (9 BlgNR 18. GP 3) einerseits mit der einem Beschwerdeführer auferlegten Einengung der tatsächlichen Handlungsfähigkeit und andererseits mit der Vorsorge für die Einhaltung der kurzen Erledigungsfrist begründet, weshalb zur Entscheidung über die Beschwerde der dem Anhaltungsort "nächstgelegene" Senat zuständig sein sollte. Diese Abweichungen vom AVG seien erforderlich, weil anders die Handhabung des Beschwerderechtes wesentlich erschwert und eine fristgerechte Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates nicht möglich wäre.
§ 5a Abs. 3 FrPolG stellt demnach - ebenso wie die entsprechenden Nachfolgebestimmungen - eine besondere Regelung der örtlichen Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate für Schubhaftbeschwerden dar. Insoweit kommt die sonst für das Schubhaftbeschwerdeverfahren vorgesehene sinngemäße Anwendung der für Maßnahmenbeschwerden geltenden Bestimmungen des AVG - konkret die Zuständigkeitsnorm des § 67c Abs. 1 AVG, wonach die Beschwerde bei jenem unabhängigen Verwaltungssenat einzubringen ist, in dessen Sprengel der angefochtene Verwaltungsakt gesetzt wurde - nicht in Betracht.
Anders als § 5a Abs. 3 FrPolG stellten die Nachfolgeregelungen des § 52 Abs. 1 FrG 1993 und des § 73 Abs. 1 FrG 1997 für die Zuständigkeit des mit Beschwerde anrufbaren unabhängigen Verwaltungssenates - offenbar weiterhin davon ausgehend, dass jeder Anhaltung in Schubhaft eine Festnahme vorausgeht (vgl. die Einleitung des ersten Satzes des § 41 Abs. 1 FrG 1993 und des § 61 Abs. 1 FrG 1997 mit der Wendung, "Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft)") und in diesem Sprengel auch die anschließende Anhaltung erfolgt - nur mehr auf den Ort der Festnahme ab; das dürfte auch vor dem Hintergrund zu sehen sein, dass - anders als nach dem FrPolG - nicht nur die Festnahme für Zwecke der Schubhaft, sondern jede Festnahme im Sinne des § 43 FrG 1993 bzw. § 63 FrG 1997 mit Beschwerde vor dem unabhängigen Verwaltungssenat angefochten werden konnte.
Nach dem dargestellten Verständnis der Vorgängerregelungen ist unter Bedachtnahme auf die Gesetzessystematik davon auszugehen, dass sich auch die genannten Zuständigkeitsbestimmungen im FrG 1993 und im FrG 1997 mit dem Begriff "festgenommen" auf eine nach diesen Fremdengesetzen erfolgte "Festnahme", im gegebenen Zusammenhang auf eine Festnahme in Vollstreckung des Schubhaftbescheides, bezogen. Demnach war jener unabhängige Verwaltungssenat für die Erledigung einer Schubhaftbeschwerde zuständig, in dessen Sprengel die Festnahme zum Vollzug der Schubhaft erfolgt war (und in dem in aller Regel auch die weitere Anhaltung in Schubhaft durchgeführt wurde). Es bestehen somit keine Anhaltspunkte dafür, dass darunter auch eine Festnahme zu anderen Zwecken - insbesondere zur Strafverfolgung - zu verstehen gewesen wäre.
Nun ist weder dem Gesetzestext (vgl. in diesem Zusammenhang auch die einleitenden Formulierungen in § 74 Abs. 1 FPG und in § 76 Abs. 1 FPG) noch den Materialien zu entnehmen, dass dem in § 83 Abs. 1 FPG verwendeten Begriff "festgenommen" eine andere Bedeutung zugemessen werden sollte als in den Vorgängerbestimmungen (im Ergebnis offenbar ebenso Riel/Schrefler-König/Szymanski/Wollner, FPG, Anm. 2 zu § 83). Ein extensives Verständnis in dem Sinne, dass damit auch die Festnahme im Rahmen einer Strafverfolgung gemeint sein könnte, kommt daher - entgegen der Meinung der belangten Behörde - nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht in Betracht. Aber auch die Ansicht des Beschwerdeführers, es sei der Ort der (zukünftigen) voraussichtlichen Festnahme nach dem Ende der Gerichtshaft maßgeblich, findet in dem eine bereits erfolgte Festnahme voraussetzenden Gesetzestext jedenfalls keine Grundlage.
Vielmehr scheint der Gesetzgeber auf die oben dargestellte, durch das FPG neu geschaffene Erweiterung der Beschwerdemöglichkeit an den unabhängigen Verwaltungssenat bei der Fassung der nur auf Fälle der vorhergehenden Festnahme des Fremden - insbesondere für Zwecke der Schubhaft - abstellenden Zuständigkeitsbestimmung des § 83 Abs. 1 FPG nicht Bedacht genommen zu haben. Es liegt daher eine planwidrige Lücke vor.
Diese ist - ausgehend von dem erkennbaren Gesetzeszweck, grundsätzlich die Zuständigkeit jenes unabhängigen Verwaltungssenates festzulegen, in dessen Sprengel sich der Beschwerdeführer aufhält - zu schließen (vgl. in diesem Zusammenhang auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. 12.883). Der offenbaren Absicht des Gesetzgebers würde es aber geradezu widersprechen, unabhängig vom derzeitigen Aufenthaltsort des Beschwerdeführers an den (seinerzeitigen) Ort der Festnahme im Zuge der strafgerichtlichen Verfolgung anzuknüpfen und - wie im vorliegenden Fall - den in Leoben in Strafhaft befindlichen Beschwerdeführer zur Beschwerdeführung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien zu zwingen, was auch vor dem Hintergrund der grundsätzlich bestehenden Verhandlungspflicht nicht zweckmäßig erscheint. Gleiches gilt für ein Abstellen auf einen allenfalls neben der Gerichtshaft aufrecht gebliebenen Wohnsitz. Bei Orientierung an teleologischen Überlegungen liegt es daher nahe, auf die Regelung des § 6 Abs. 2 FPG zurückzugreifen, die an den Aufenthaltsort des Fremden anknüpft. Zum selben Ergebnis würde im Übrigen die analoge Anwendung des § 3 Z 3 zweiter Fall AVG führen (vgl. dazu auch Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate, 52).
Davon ausgehend wäre im vorliegenden Fall der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark zur Entscheidung über die Schubhaftbeschwerde zuständig gewesen. Da dieser seine Zuständigkeit somit unzutreffend abgelehnt und die belangte Behörde sie zu Unrecht in Anspruch genommen hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Unzuständigkeit aufzuheben.
Bei diesem Ergebnis ist nicht weiter darauf einzugehen, dass nach der Aktenlage bereits von der Bundespolizeidirektion Wien ein die Schubhaft zum Ende der Gerichtshaft anordnender und nicht nach § 57 AVG erlassener Bescheid vom ergangen ist, der dem Beschwerdeführer auch ausgehändigt und offenbar bisher nicht "konsumiert" wurde.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am