VwGH vom 19.12.2012, 2012/08/0259

VwGH vom 19.12.2012, 2012/08/0259

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Peck, über die Beschwerde des A N in G, vertreten durch Mag. Roland Zistler, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kalchberggasse 1/1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. A11A-A612p96/2010-9, betreffend Zurückweisung eines Einspruchs in einer Angelegenheit nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei: Steiermärkische Gebietskrankenkasse in 8010 Graz, Josef-Pongratz-Platz 1),

Spruch

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Zurückweisung des vom Beschwerdeführer erhobenen Einspruchs gegen die Spruchpunkte I und II des erstinstanzlichen Bescheides (Ausspruch über die Voll- bzw. Teilversicherungspflicht) richtet, als unzulässig zurückgewiesen;

2. zu Recht erkannt:

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Einspruch des Beschwerdeführers gegen einen Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse als verspätet zurückgewiesen. Im Spruchpunkt I des erstinstanzlichen Bescheides hatte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse ausgesprochen, dass W T in näher genannten Zeiträumen aufgrund seiner Tätigkeit für den Beschwerdeführer der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterlegen sei. In Spruchpunkt II des erstinstanzlichen Bescheides wurde ausgesprochen, dass W T in einem näher genannten Zeitraum aufgrund seiner Tätigkeit für den Beschwerdeführer der Teilversicherung in der Unfallversicherung unterlegen sei.

In Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer zur Nachentrichtung von allgemeinen Beiträgen, Nebenumlagen, Sonderbeiträgen und Zuschlägen sowie Verzugszinsen in der Höhe von insgesamt EUR 7.066,26 verpflichtet sei.

Der erstinstanzliche Bescheid sei dem Beschwerdeführer am zugestellt worden. Mit Schreiben vom habe der Beschwerdeführer durch seine rechtsfreundliche Vertretung mit folgenden Worten Einspruch erhoben:

"Namens und im Auftrag unseres Mandanten wird in der gg. Sache das Rechtsmittel des Einspruchs erhoben und die ersatzlose Aufhebung des Bescheides beantragt. Die Begründung wird binnen einen Monats nachgereicht."

Mit Schreiben vom habe der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers erneut um eine Fristverlängerung von einem Monat ersucht, da die fristgerechte Nachreichung der Begründung aufgrund des Nichtvorliegens von Unterlagen noch nicht möglich sei. Weitere Fristerstreckungsersuchen seien mit Schreiben vom und vom gestellt worden.

Mit Schreiben vom sei eine kurze Begründung des Einspruchs nachgereicht worden.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2011/08/0062, im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer durch seine rechtsfreundliche Vertretung zunächst keinen begründeten Entscheidungsantrag eingebracht, sondern um Fristverlängerung angesucht habe. Danach seien 3 weitere Fristerstreckungsanträge erfolgt, was einem gewollten zeitlichen Aufschub gleichkomme. Bereits der ursprüngliche Einspruch - der eigentlich als Fristerstreckungsantrag gesehen werden könne - sei einem Verbesserungsverfahren nach § 13 Abs. 3 AVG nicht zugänglich gewesen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes würde die Zulassung von Verbesserungsverfahren auch bei derartigen, wissentlich als Fristerstreckungsansuchen oder bloße Rechtsmittelanmeldungen gestalteten Eingaben dazu führen, dass ungeachtet dessen, dass der Gesetzgeber solche Rechtsinstitute in den Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzen nicht vorgesehen hat, diese durch das Verbesserungsverfahren nach § 13 Abs. 3 AVG ohne weiteres substituiert werden könnten. Der Einspruch sei daher als verspätet zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn "in seinem gesamten Umfang" kostenpflichtig aufzuheben.

Der Beschwerdeführer erklärt ausdrücklich, den Bescheid vollinhaltlich - also auch hinsichtlich der Zurückweisung des gegen die Spruchpunkte I und II des erstinstanzlichen Bescheides gerichteten Einspruchs - anzufechten. Mit diesen Spruchpunkten hatte die erstinstanzliche Behörde jedoch über die Versicherungspflicht entschieden, sodass gemäß § 415 Abs. 1 ASVG die Berufung an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zulässig ist (vgl. dazu, dass der Instanzenzug gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid dem Instanzenzug in der Hauptsache folgt, das Erkenntnis vom , Zl. 95/08/0262, uva).

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.

Da es sich beim angefochtenen Bescheid, soweit dieser über den vom Beschwerdeführer erhobenen Einspruch gegen die Spruchpunkte I und II des erstinstanzlichen Bescheides (Ausspruch über die Voll- bzw. Teilversicherungspflicht) abgesprochen hat, um keinen letztinstanzlichen Bescheid handelt, war die Beschwerde daher insoweit mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung wegen fehlender Erschöpfung des Instanzenzuges gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Die belangte Behörde hat zutreffend dargelegt, dass der vom Beschwerdeführer durch seine rechtsfreundliche Vertretung erhobene Einspruch keine Begründung enthielt und der Sache nach als - gesetzlich nicht vorgesehener - Fristerstreckungsantrag zu verstehen war, wie auch die weiteren "Fristerstreckungsanträge" deutlich machen.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2011/08/0062, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgesprochen, dass wenn die Partei in Kenntnis der an ein Rechtsmittel gestellten inhaltlichen Anforderungen, d.h. wissentlich, einen Schriftsatz verfasst, der sich mit keinem Wort inhaltlich gegen Spruch und Begründung des angefochtenen Bescheides richtet, sondern sich in einem Antrag auf Fristerstreckung (oder allenfalls auch in einer bloßen Anmeldung eines Rechtsmittels gegen späteres Nachbringen der Begründung) erschöpft, es wegen des Elementes der Wissentlichkeit (Wissen um die Frist bzw. Kenntnis davon, dass ein Einspruch eine nähere Begründung benötigt) an einer Mangelhaftigkeit fehlt, die bloß auf einem (allenfalls auch auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführenden) Versehen der Partei beruht. Daher ist auf solche Eingaben § 13 Abs. 3 AVG von vornherein nicht anzuwenden.

3. Der Beschwerdeführer setzt sich mit dieser - von der belangten Behörde mehrfach zitierten - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht auseinander und legt insbesondere auch nicht dar, dass es an den darin angesprochenen Voraussetzungen für die Zurückweisung mangeln würde.

Der Beschwerdeführer stützt sein Vorbringen lediglich darauf, dass die belangte Behörde einen Verbesserungsauftrag erteilt habe und daher der Ansicht gewesen sei, dass der Einspruch des Beschwerdeführers einem Verbesserungsverfahren nach § 13 Abs. 3 AVG zugänglich gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe dem erteilten Verbesserungsauftrag und eine Begründung nachgereicht, auf die die belangte Behörde nicht eingegangen sei.

Dem ist entgegenzuhalten, dass auch ein gesetzwidrig erteilter Mängelbehebungsauftrag kein subjektives Recht der Partei schafft, ein unzulässiges Rechtsmittel unter Bedachtnahme auf eine erfolgte Mängelbehebung als zulässig zu behandeln (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/16/0184).

4. Soweit sich die Beschwerde gegen die Zurückweisung des vom Beschwerdeführer erhobenen Einspruchs gegen Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides (Beitragsnachverrechnung) richtet, war sie daher, da schon ihr Inhalt erkennen ließ, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am