VwGH vom 14.03.2013, 2012/08/0258
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Peck, über die Beschwerde des M B in Wien, vertreten durch Dr. Georg Kahlig Rechtsanwalt GmbH in 1070 Wien, Siebensterngasse 42/3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl UVS- 07/A/43/3795/2012-17, betreffend Übertretung des ASVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 33 Abs 1 ASVG in Verbindung mit § 111 Abs 1 Z 1 ASVG für schuldig erkannt und es wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Woche) gemäß § 111 Abs 2 zweiter Strafsatz ASVG "in Verbindung mit § 9 VStG" verhängt.
Dem Beschwerdeführer wurde dabei vorgeworfen, er habe es zu verantworten, dass er als Dienstgeber (Inhaber eines näher bezeichneten Gastgewerbebetriebes) unterlassen habe, den von ihm seit in seinem Betrieb beschäftigten, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherten M.K. vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.
Nach dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt wurde der polnische Staatsangehörige M.K. am im Zuge einer Kontrolle der Finanzpolizei im Betrieb des Beschwerdeführers arbeitend angetroffen, als er beim Haupteingang des Gewerbebetriebes zusammengekehrt habe. Der Beschwerdeführer habe M.K. bereits seit beschäftigt und ihn erst am mit Beschäftigungsbeginn zur Sozialversicherung angemeldet. M.K. sei als Hilfskraft für 20 Stunden pro Woche an fünf Tagen für einen Bruttolohn von EUR 645,29 beschäftigt worden. Die Anmeldung zur Sozialversicherung sei neun Tage nach Beschäftigungsbeginn erfolgt.
Die Feststellung des Beschäftigungsbeginnes am gründe auf der Einvernahme des Kontrollorgans und den Angaben im Personenblatt. Die Feststellung des Beschäftigungsausmaßes und der Entlohnung sei aus der Anmeldung zur Sozialversicherung am zu entnehmen.
Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, das Beschäftigungsverhältnis sei erst am begründet worden. M.K. sei erst am aus Polen angereist, sodass eine Beschäftigungsaufnahme am unmöglich sei.
Diese Rechtfertigung sei jedoch durch die Ergebnisse des Beweisverfahrens widerlegt. Auf Grund der Angaben von M.K. im Personenblatt und der Aussage einer Mitarbeiterin der Finanzpolizei, die als Kontrollorgan eingeschritten war, sei als erwiesen anzusehen, dass M.K. anlässlich der Kontrolle angegeben habe, er arbeite bereits seit Sonntag für den Beschwerdeführer. Da die Kontrolle am stattgefunden habe, sei davon auszugehen, dass M.K. seit , dem Sonntag vor der gegenständlichen Kontrolle, beschäftigt gewesen sei.
Weiters führte die belangte Behörde unter anderem aus, dass der im Zuge der mündlichen Verhandlung vom Vertreter des Beschwerdeführers gestellte Beweisantrag auf zeugenschaftliche Einvernahme der Ehefrau des Beschwerdeführers zum Beweis der Anreise des M.K. am und der Aufnahme der Beschäftigung durch diesen am abgewiesen worden sei. Beweisanträge dürften nur dann abgelehnt werden, wenn Beweistatsachen als wahr unterstellt würden, es auf sie nicht ankomme oder das Beweismittel - ohne unzulässige Vornahme der Beweiswürdigung - untauglich sei. Dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zur Einvernahme der Ehefrau des Beschwerdeführers sei daher nicht stattzugeben gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde rügt, dass die belangte Behörde den Beweisantrag auf Einvernahme der Ehefrau des Beschwerdeführers zum Beweis des Umstandes, dass M.K. erst am aus Polen angereist und erst ab vom Beschwerdeführer beschäftigt worden sei, abgelehnt habe, ohne auf den konkreten Sachverhalt einzugehen. Es sei daher nicht nachvollziehbar, von welchen Erwägungen die belangte Behörde bei der Abweisung des Beweisantrages ausgegangen sei. Weder habe die belangte Behörde die Beweistatsachen, die mit der beantragten Einvernahme der Zeugin unter Beweis gestellt haben sollten, als wahr angenommen, noch wäre es auf diese nicht angekommen, noch sei das Beweismittel untauglich.
Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel ohne unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung als untauglich anzusehen ist (vgl uva etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 95/03/0005).
Der Vertreter des Beschwerdeführers hatte in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde die Ehefrau des Beschwerdeführers als Zeugin zum Beweis für die Anreise des M.K. am sowie den Beschäftigungsbeginn am namhaft gemacht. Im Hinblick darauf, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers - wie der Beschwerdeführer selbst (der nach dem vorgelegten Verwaltungsakten - ungeachtet der Bezugnahme auf § 9 VStG im angefochtenen Bescheid - offenbar Einzelunternehmer ist) - nach der bekanntgegebenen Ladungsanschrift am Betriebsort wohnhaft ist, an dem M.K. auch anlässlich der Kontrolle am betreten wurde, kann jedenfalls mangels näherer Darlegung der für das Absehen von der Beweisaufnahme durch die belangte Behörde maßgebenden Gründe im angefochtenen Bescheid nicht ohne weiteres angenommen werden, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers zu dem - für die Entscheidung im Verwaltungsstrafverfahren maßgebenden - Beweisthema des Beschäftigungsbeginnes keine Angaben machen könnte.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
QAAAE-71709