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VwGH 25.06.2013, 2012/08/0247

VwGH 25.06.2013, 2012/08/0247

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
RS 1
Bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, kann bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers - in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/08/0217, mwN). Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den vom Beschäftigten durchgeführten (Montage-)Tätigkeiten um manuelle Hilfstätigkeiten im Sinne dieser Rechtsprechung, die in organisatorischer Einbindung in den Betrieb der beschäftigenden Gesellschaft erbracht worden sind. Atypische Umstände, die einer Beurteilung als abhängige Beschäftigung entgegen stehen würden, sind im Beschwerdefall nicht zu sehen, zumal der Beschäftigte weder über eine eigene betriebliche Organisation oder über nennenswerte Betriebsmittel verfügt hat noch eigene unternehmerische Entscheidungen treffen konnte oder in der Art eines selbständig am Markt auftretenden Unternehmers seine Tätigkeiten erfolgreich angeboten hat.
Normen
RS 2
Im Falle des Vorliegens einer Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ändert auch die Innehabung eines Gewerbescheins nichts am Eintritt der Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 ASVG (Hinweis: E , 1546/57; E , 2007/08/0041).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2009/08/0145 E RS 2

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde der Gebrüder H, Fenster, Türen, Tore Erzeugungs- und Handels GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Peter Vögel, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stadiongasse 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. BMASK- 424849/0001-II/A/3/2010, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG und AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. Wiener Gebietskrankenkasse in Wien, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30/3,

2. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 3. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifterstraße 65-67, 4. L K), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 und der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass der Viertmitbeteiligte in der Zeit vom bis auf Grund seiner Tätigkeit bei der beschwerdeführenden Gesellschaft gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der Voll- (Kranken-, Unfall-, Pensions-) Versicherungspflicht und der Arbeitslosenversicherungspflicht unterlegen sei. In der Zeit vom bis sei er gemäß § 7 Z 3 lit. a ASVG der Teilversicherung in der Unfallversicherung unterlegen.

Sie ging von folgendem Sachverhalt aus:

Am hätten Organe des Zollamtes Wien eine Kontrolle betreffend illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung durchgeführt, bei der mehrere ausländische Staatsangehörige - darunter auch der Viertmitbeteiligte - betreten worden seien. Dieser habe, bekleidet mit einer grauen Latzhose, komplett verschmutzt, im hinteren Teil der Halle Löcher in die Wand gebohrt. Der Viertmitbeteiligte habe im Personenblatt angegeben, seit als Schlosser für die Gebrüder H gegen einen Lohn von EUR 10,-- pro Stunde mit einer Arbeitszeit von acht Stunden tätig zu sein. Als seinen Chef habe er Herrn Ing. H (den handelsrechtlichen Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft) angegeben.

Dieser habe beim Zollamt Wien niederschriftlich im Wesentlichen ausgesagt, dass der Viertmitbeteiligte seit 9. Jänner selbstständig tätig wäre. Er machte "Lagereinrichtungsgegenstände, Regale montieren und Zusammenbauen" und wäre seit bei ihm als Praktikant beschäftigt. Auf Vorhalt, dass sich die Aussagen nicht mit den Aussagen des Viertmitbeteiligten betreffend den Arbeitszeitraum deckten, sei Ing. H bei seiner oben angeführten Aussage geblieben. Vom bis einschließlich hätte es eine Betriebssperre gegeben. In dieser Zeit wäre nicht im Betrieb gearbeitet worden.

Am habe der Viertmitbeteiligte vor dem Zollamt Wien folgende Angaben gemacht:

"Ich habe Anfang Dezember 2005 zu arbeiten begonnen. Ich habe dann bis gearbeitet. Dann habe ich wieder am zu arbeiten begonnen. Ich habe nur diese eine Woche vom 09.01. bis gearbeitet. Seit dieser Zeit arbeite ich nicht, da es zu kalt ist.

Ich mache Montage von Toren, Geländer habe ich in der Firma zusammengeschweißt und geschnitten, diese wurden dann von jemand anderen montiert. Zum Zeitpunkt der Kontrolle habe ich gerade Löcher in die Säulen gebohrt.

Mein Sohn hat dort schon vor mir gearbeitet. Den genauen Zeitpunkt weiß ich nicht mehr.

Den Gewerbeschein habe ich mit den Dolmetsch T gestellt. Dass ich einen Gewerbeschein machen soll, hat mir Ing. H gesagt.

Für den Gewerbeschein und T habe ich nichts gezahlt. Den Gewerbeschein habe ich mit der Post zugeschickt bekommen. Ein Zahlschein war nicht dabei. Ich habe die Post aufgemacht und alles Herrn Ing. H übergeben.

Es wurde ausgemacht, dass ich für das Zimmer EUR 110,-- bezahlen soll, bis heute habe ich nichts bezahlt. Im Dezember habe ich ca. EUR 800,-- bzw. EUR 900,-- bekommen. Ich habe im Dezember EUR 5,-- in der Stunde bekommen. Jetzt bekomme ich brutto EUR 10,--

in der Stunde.

Ich glaube ich habe noch keine Sozialversicherung. Als ich den Gewerbeschein bekommen habe, habe ich ebenfalls ein anderes Papier bekommen, T. hat das gelesen und hat gesagt ich solle das dem Buchhalter geben. Was das für ein Papier ist hat mir T nicht gesagt. Ich arbeite ca. 45,5 Stunden in der Woche.

Auf Vorhalt, dass sich der Lohn für diese 12 Arbeitstage nicht ausgehen kann, gibt er an: Ich weiß es nicht.

Ich habe das Geld bar auf die Hand bekommen, ich habe keine Rechnung ausgestellt. Eine Stundenliste habe ich nur für mich gemacht, mündlich habe ich dann die Stundenzahl von ca. 120 bis 130 Stunden gesagt und daraufhin habe ich das Geld von Ing. H bekommen."

Am 2. Mai sei Ing. H durch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse nochmals einvernommen worden, wobei er Folgendes ausgeführt habe:

"Genaue Angaben wie es zu dem Werkvertrag mit Herrn K (dem Viertmitbeteiligten) kam, kann ich nicht mehr genau angeben. Ich weiß nicht, ob er ein Büro oder eine Werkstätte hat.

Im November (2005) wurde die Firma Gebrüder H (Schlosserei) von der Firma Gebrüder H, Fenster, Türen, Tore GmbH (der beschwerdeführenden Gesellschaft) getrennt. Dadurch kam es zu dem Umbau der Lagerhalle.

Herr K hat die Demontage und den Aufbau einer Regalanlage im Lager durchgeführt. Er war von ca. Jänner bis März (2006) für mein Unternehmen tätig. Er erhielt EUR 1.100,-- für die Tätigkeit. Es wurde ihm vorgegeben, wo er welches Regal ab- bzw. aufbauen sollte. Es waren mehrere Werkvertragnehmer, sowie Dienstnehmer bei der Übersiedlung tätig. Der Ab- und Aufbau der Regale wurde von mehreren Personen durchgeführt. Herr K hatte eine bestimmte Fläche für diese Arbeiten übertragen bekommen. Diese Arbeitsleistung wurde kontrolliert.

Er war an keinen Termin zur Fertigstellung der Lagerhalle gebunden. Die Lagerhalle ist 12 Stunden täglich geöffnet und während diesem Zeitraum konnte er seine Tätigkeit durchführen. Einen Schlüssel für die Lagerhallte hatte er nicht. Wenn er anwesend war, meldete er sich im Büro. Wie oft er tatsächlich in der Lagerhalle anwesend war, ist nicht mehr nachvollziehbar.

Wer Werkvertragnehmer war, bekam sein Honorar mittels Barscheck.

Das Material (Schrauben, Regale) wurden von der Firma H zur Verfügung gestellt. Kleinwerkzeug brachte er selbst mit. Es ist möglich, dass er größeres Werkzeug von der Firma H benutze. Wären Auslagen (fehlendes Material) angefallen, hätt er dies selbst bezahlen müssen.

Er konnte sich vertreten lassen und auch Hilfskräfte bestellen. Diese hätte er selbst bezahlen müssen. Er hätte mich nicht davon in Kenntnis setzen müssen. Tatsächlich glaube ich aber nicht, dass er eine Vertretung oder eine Hilfskraft schickte.

Er haftete für Schäden während seiner Tätigkeit. Er unterlag keiner Verschwiegenheitspflicht und keinem Konkurrenzverbot. Ein schriftlicher Werkvertrag wurde nicht abgeschlossen.

Der Unterschied zwischen Herrn K und den beschäftigten Dienstnehmern lag darin, dass er ein klar eingegrenztes Arbeitsgebiet hatte, meine Dienstnehmer bekamen Einzelaufträge, je nach dem wie viel Zeit sie hatten.

Ich bin Miteigentümer des Hauses 1xxx Wien, A-St-Gasse 76 (Wohnadresse des Viertmitbeteiligten). Es ist möglich, dass ich Herrn K, falls er mich nach einer Unterkunft fragte, an die Hausverwaltung A K verwies. Ich habe keinen Mietvertrag und auch keine Zahlungsbestätigungen für die Miete von Herrn K. Diese Unterlagen müssten bei der Hausverwaltung aufliegen."

Herr Ing. H habe nach Fertigstellung der Niederschrift noch Rücksprache mit seinem Steuerberater halten wollen, bevor er diese unterschreibe. Er habe daraufhin die Unterfertigung der Niederschrift verweigert und diese teilweise abgeändert. So sei der Passus "Es wurde Herrn K vorgegeben, wo er welches Regal ab- bzw. aufbauen solle. Der Ab- und Aufbau der Regale wurde von mehreren Personen durchgeführt. Herr K hatte eine bestimmte Fläche für diese Arbeiten übertragen bekommen. Diese Arbeitsleistung wurde kontrolliert" gestrichen worden.

Bezüglich des Unterschiedes zwischen dem Viertmitbeteiligten und den beschäftigten Dienstnehmern sei nunmehr angeführt worden, "dass Herr K einen klar beschriebenen Auftrag angenommen hatte und in Folge durchführte, seine Dienstnehmer bekommen Laufzettel auf denen vorgegeben Zeiten einzuhalten sind."

In der ersten Niederschrift, so die belangte Behörde weiter, habe Herr Ing. H noch angegeben, dass der Viertmitbeteiligte sich im Büro gemeldet habe, bevor er seine Tätigkeit in der Lagerhalle aufgenommen habe. Nach Fertigstellung der Niederschrift habe Herr Ing. H schließlich behauptet, dass diese Aussage nicht den Tatsachen entspreche.

Die belangte Behörde gehe davon aus, dass die ersten Aussagen unbeeinflusst zu Protokoll gegeben und erst nach dem Telefonat mit dem Steuerberater abgeändert worden seien. Zusammenfassend messe die belangte Behörde der ersten Niederschrift mehr Wahrheitsgehalt zu, da davon auszugehen sei, dass diese nur auf Grund des Telefonats mit dem Steuerberater abgeändert worden seien.

Eine ergänzende Einvernahme des Viertmitbeteiligten sei nicht mehr möglich gewesen, da dieser nicht mehr in Österreich aufhältig sei. Er verfüge seit über den Gewerbeschein "Montage und Demontage von vorgefertigten Winkelprofilen und Fachböden durch einfache Schraubverbindungen".

In ihrer rechtlichen Beurteilung gab die belangte Behörde die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Abgrenzung des Dienstvertrages vom freien Dienstvertrag und vom Werkvertrag sowie zu den Merkmalen persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit einer Beschäftigung wieder. Sie führte weiters die höchstgerichtliche Rechtsprechung an, wonach es keineswegs ausgeschlossen sei, dass ein Dienstverhältnis vorliege, wenn der Dienstnehmer zusätzlich über einen Gewerbeschein verfüge. Ebenso stünde die Gewährung eines leistungsbezogenen Entgeltes einem Dienstverhältnis nicht entgegen.

Die beschwerdeführende Gesellschaft mache im Wesentlichen geltend, so die belangte Behörde weiter, dass der Viertmitbeteiligte selbständig erwerbstätig gewesen sei und die erbrachten Leistungen nicht in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit erbracht habe.

Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes könne die belangte Behörde diese Ansicht nicht teilen. Der Viertmitbeteiligte habe im Lager von Jänner bis März 2006 die Demontage und den Aufbau einer Regalanlage durchgeführt. Er habe dafür eine Pauschalsumme von EUR 1.100,-- erhalten. Darüber hinaus hab er Tore montiert und Geländer zusammengeschweißt. Der Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft habe darüber hinaus angegeben, dass dem Viertmitbeteiligten vorgegeben worden sei, wo er welches Regal ab- bzw. wieder aufbauen habe sollen. Darüber hinaus sei er an keinen Fertigstellungstermin gebunden gewesen.

Es sei sohin davon auszugehen, dass es sich gegenständlich um keinen Werkvertrag handle, weil nicht ein in sich geschlossenes Werk, sondern Dienstleistungen auf unbestimmte Zeit geschuldet worden seien. Der Viertmitbeteiligte sei auch für Arbeiten eingeteilt worden, die nicht unter die Gewerbeberechtigung fielen. Laut seinen eigenen Angaben habe er Tore montiert und Geländer geschnitten und zusammengeschweißt. Diese seien dann von jemand anderem montiert worden.

Es lägen keinerlei Anhaltspunkte vor, dass der Viertmitbeteiligte über eine eigene Unternehmensstruktur verfügt bzw. ein eigenes Unternehmerwagnis zu tragen gehabt habe. Wie die Einspruchsbehörde schon bemerkt habe, sei auf Grund der Bezahlung einer Pauschale nicht anzunehmen, dass er die Möglichkeit gehabt hätte, an der Festlegung des Entgelts in irgendeiner Weise kalkulatorisch mitzuwirken. Da er offensichtlich auch über keine Angestellten verfügt habe, sei die Arbeit von ihm persönlich erbracht worden.

Im Übrigen habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlaubten, bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers - in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden könne.

Die Tätigkeit als "Schlosser" - auf fremde Rechnung - sei eine solche, von der auszugehen sei, dass sie in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit erbracht werde, es sei denn, es lägen atypische Umstände vor, die sie ausschlössen. Im gegenständlichen Fall seien seitens der beschwerdeführenden Gesellschaft keine konkreten Umstände vorgebracht worden, die darauf schließen ließen. Die Tätigkeit sei auch in organisatorischer Einbindung in den Betrieb der beschwerdeführenden Gesellschaft erbracht worden.

Hinsichtlich der wirtschaftlichen Abhängigkeit sei festzuhalten, dass diese ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel finde. Bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen sei sie die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit.

Aus den Aussagen des Viertmitbeteiligten gehe hervor, dass ihm ein Zimmer seitens der beschwerdeführenden Gesellschaft zur Verfügung gestellt worden sei und er dafür nichts bezahlen habe müssen. Diese Tatsache verstärke die Bindung des Beschäftigten und der beschwerdeführenden Gesellschaft zusätzlich und runde das Bild der persönlichen Abhängigkeit ab. Das beigebrachte Kleinwerkzeug schließe ein Dienstverhältnis nicht aus.

In Bezug auf das Vorbringen hinsichtlich des Gewerbescheins sei festzuhalten, dass das Vorhandensein eines Gewerbescheins jedenfalls ein Dienstverhältnis nicht ausschließe, da ein Gewerbeschein allein nur die Berechtigung ausdrücke, ein solches auszuüben, aber nicht bedeute, dass der Gewerbescheininhaber unabhängig von der tatsächlichen Gestaltung der Tätigkeit eine selbstständige Tätigkeit ausübe. Weiters sei zu entgegnen, dass die Innehabung solcher Gewerbescheine nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Teil eines verbreiteten Missbrauchs der Gewerbeordnung sei, der zur Verschleierung abhängiger Beschäftigungsverhältnisse diene.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber - ebenso wie ausdrücklich die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt - Abstand genommen. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt hat sich am Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Versicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; dazu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, kann bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers - in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/08/0217, mwN).

2. Bei den vom Erstmitbeteiligten durchgeführten (Montage-)Tätigkeiten handelt es sich um manuelle Hilfstätigkeiten im Sinne dieser Rechtsprechung, die in organisatorischer Einbindung in den Betrieb der beschwerdeführenden Gesellschaft erbracht worden sind. Atypische Umstände, die einer Beurteilung als abhängige Beschäftigung entgegen stehen würden, sind im Beschwerdefall nicht zu sehen, zumal der Viertmitbeteiligte nach den Feststellungen der belangten Behörde weder über eine eigene betriebliche Organisation oder über nennenswerte Betriebsmittel verfügt hat noch eigene unternehmerische Entscheidungen treffen konnte oder in der Art eines selbständig am Markt auftretenden Unternehmers seine Tätigkeiten erfolgreich angeboten hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der vom Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft nach Rücksprache mit dem Steuerberater korrigierten Fassung seiner niederschriftlichen Einvernahme, sodass die diesbezügliche Verfahrensrüge schon aus diesem Grund ins Leere geht.

Was das Vorbringen betrifft, der Viertmitbeteiligte habe entgegen den Feststellungen der belangten Behörde über wesentliche eigene Betriebsmittel verfügt, so legt auch die Beschwerde nicht dar, dass es sich um nicht nur geringwertige Wirtschaftsgüter gehandelt habe, mit denen sich der Viertmitbeteiligte - insbesondere durch Aufnahme in das Betriebsvermögen - eine unternehmerische Infrastruktur geschaffen habe (vgl. zum Begriff der "wesentlichen Betriebsmittel" auch das - zu § 4 Abs. 4 ASVG ergangene - hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/08/0163, mwN).

Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Viertmitbeteiligte - wie die Beschwerde behauptet - der beschwerdeführenden Gesellschaft bloß die "Herstellung eines bestimmten Arbeitserfolges", also ein Werk und nicht Dienstleistungen, geschuldet hat; worin ein schon vertraglich vereinbarter Arbeitserfolg konkret bestanden hätte, wurde nämlich weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde dargelegt (vgl. zur Abgrenzung des Werkvertrages vom Dienstvertrag grundlegend das hg. Erkenntnis vom , VwSlg. 10.140 A).

Die Beschwerde bringt weiter vor, der Erstmitbeteiligte sei berechtigt gewesen, Hilfskräfte einzusetzen und sich vertreten zu lassen. Ein (ausdrücklich) vereinbartes generelles Vertretungsrecht würde zwar nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/08/0097, mwN) die persönliche Abhängigkeit ausschließen, dies jedoch nur dann, wenn diese Befugnis entweder in der Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses auch tatsächlich gelebt wurde oder wenn die Parteien bei Vertragsabschluss nach den Umständen des Einzelfalls zumindest ernsthaft damit rechnen konnten, dass von dieser Vertretungsbefugnis auch tatsächlich Gebrauch gemacht werden wird und die Einräumung dieser Vertretungsbefugnis nicht mit anderen vertraglichen Vereinbarungen in Widerspruch steht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/08/0135, mwN). Die beschwerdeführende Gesellschaft hat die Feststellung der belangten Behörde, dass der die Arbeitsleistungen tatsächlich stets persönlich erbracht hat, nicht bestritten. Dafür, dass dessen ungeachtet bei Vertragsabschluss ernsthaft mit einer Vertretung gerechnet wurde, gibt es keine Anhaltspunkte, zumal eine schriftliche Vereinbarung der Vertretungsbefugnis im Verwaltungsverfahren nicht vorgelegt wurde.

Selbst wenn der Viertmitbeteiligte - wie die Beschwerde geltend macht - berechtigt gewesen sein sollte, Aufträge sanktionslos abzulehnen, stünde dies der Annahme abhängiger Beschäftigungsverhältnisse in den Zeiträumen der tatsächlichen Inanspruchnahme seiner Arbeitsleistungen nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/08/0137, VwSlg. 17.185 A, mwN). Für Zeiträume, in denen der Viertmitbeteiligte tatsächlich keine Tätigkeiten für die beschwerdeführende Gesellschaft verrichtet hat - insbesondere für den Zeitraum der Betriebssperre vom bis zum  - hat die belangte Behörde ohnedies nicht die Pflichtversicherung festgestellt. In der Beschwerde wird zwar auch behauptet, der Viertmitbeteiligte habe seine Tätigkeit erst im Jänner 2006 aufgenommen. Dieses Vorbringen wurde schon im Verwaltungsverfahren erstattet und vom Landeshauptmann auf Basis einer schlüssigen Beweiswürdigung - insbesondere im Hinblick auf die Aussage des Viertmitbeteiligten selbst und seine Wohnsitzmeldung in einer vom Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft vermittelten Wohnung ab  - als nicht glaubwürdig erachtet. In der Berufung bestritt die beschwerdeführende Gesellschaft die Zeiträume der Pflichtversicherung nicht mehr, sodass die belangte Behörde insofern ohne weiteres von den Feststellungen der Einspruchsbehörde ausgehen durfte.

Was schließlich die Gewerbeberechtigung betrifft, so ändert sie im Fall des Vorliegens einer Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit nichts am Eintritt der Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/08/0076, mwN).

3. Die belangte Behörde ist somit im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass weder ein Werkvertrag noch ein freier Dienstvertrag (im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG), sondern ein Beschäftigungsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG vorlag.

4. Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Schlagworte
Dienstnehmer Begriff Wirtschaftliche Abhängigkeit
Dienstnehmer Begriff Persönliche Abhängigkeit
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2013:2012080247.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
KAAAE-71669