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VwGH vom 22.07.2014, 2012/08/0243

VwGH vom 22.07.2014, 2012/08/0243

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des M B in P, vertreten durch die Dr. Engelhart Partner Rechtsanwälte OG in 1030 Wien, Esteplatz 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. GS5-A-949/139- 2012, betreffend Beiträge nach dem GSVG (mitbeteiligte Partei:

Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde gemäß § 194 GSVG iVm § 410 ASVG festgestellt, dass die monatliche Beitragsgrundlage in der Kranken- und Pensionsversicherung des Beschwerdeführers vom 1. Jänner bis gemäß § 25 GSVG EUR 4.480,-- beträgt und er verpflichtet sei, für diesen Zeitraum gemäß § 27 Abs. 1 Z 1, § 27a, § 27d und § 27 Abs. 1 Z 2 GSVG monatliche Beiträge in Höhe von EUR 407,68 zur Krankenversicherung und EUR 694,40 zur Pensionsversicherung zu entrichten.

Der Beschwerdeführer sei (neben einer Kommanditistin M. B.) Komplementär der B. KG gewesen, die (nach Verkauf aller Gesellschaftsanteile an die B. GmbH) gemäß § 142 UGB ohne Liquidation erloschen sei. Das Gesellschaftsvermögen sei (im Weg der Gesamtrechtsnachfolge) auf die B. GmbH (als einzig verbliebene Gesellschafterin, an der der Beschwerdeführer mit 49 % beteiligt sei) übergegangen. Das Anlagevermögen der B. GmbH habe sich durch die Übernahme des Kundenstocks der B. KG erhöht, jedoch in gleicher Höhe durch die Übernahme der Verbindlichkeiten der B. KG wieder vermindert. Der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt seien gemäß § 229a GSVG von den Abgabenbehörden des Bundes die Daten des Einkommensteuerbescheides des Jahres 2007 vom übermittelt worden. Darin seien Einkünfte des Beschwerdeführers aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 1,122.095,32 ausgewiesen.

(Aus dem erstinstanzlichen Bescheid ergibt sich, dass sich dieser Betrag aus einem - aus dem Schuldenerlass im Zuge des konkursrechtlichen Zwangsausgleiches der B. KG vom resultierenden - Sanierungsgewinn in Höhe von EUR 770.189,82 und einem Veräußerungsgewinn in Höhe von EUR 331.757,40 zusammensetzt. Die B. KG und deren Gesellschafter hätten einen Betriebsaufgabegewinn erzielt, weil es im Zuge der Vollbeendigung der B. KG zu einer Aktivierung des bisher nicht steueranhängigen Firmenwerts gekommen sei und das sich durch steuerwirksame Verluste bisher als negativ darstellende Betriebsvermögen dadurch ausgeglichen worden sei. Daher seien auch den Gesellschaftern der B. KG Veräußerungsgewinne in Höhe des infolge früherer Verlustzuweisungen negativen Saldos ihrer Kapitalkonten zugewiesen worden.)

Aus dem im Verwaltungsakt erliegenden Übernahme- und Kaufvertrag vom zwischen dem Beschwerdeführer und M. B. als Verkäufer einerseits und der B. GmbH andererseits ergibt sich, dass nach Eröffnung des Konkurses über die B. KG und einem in der Folge angenommenen Zwangsausgleich der B. GmbH mit Kooperationsvertrag vom eine Option zur Übernahme sämtlicher Gesellschaftsanteile an der B. KG zum Preis von EUR 1,-- eingeräumt worden war. Als Gegenleistung hatte sich die B. GmbH verpflichtet, einen Beitrag in Höhe von EUR 300.000,-- zur Finanzierung des Zwangsausgleiches der B. KG zu leisten. Die B. GmbH übte ihre Option aus und die Verkäufer übertrugen die Gesellschaftsanteile an der B. KG an die B. GmbH um einen Kaufpreis von EUR 1,--. Stichtag für den Übergang des mit den Gesellschaftsanteilen verbundenen Geschäftsbereichs "Entsorgungsgeschäft" war der . Ein allfälliger Sanierungsgewinn gehe zur Gänze zu Gunsten (oder zu Lasten) der Verkäufer.

Gemäß § 25 Abs. 1 GSVG seien für die Ermittlung der Beitragsgrundlage die im jeweiligen Kalenderjahr auf einen Kalendermonat der Erwerbstätigkeit im Durchschnitt entfallenden Einkünfte aus der Pflichtversicherung nach dem GSVG unterliegenden Erwerbstätigkeit heranzuziehen. Gemäß § 25 Abs. 2 GSVG sei die Beitragsgrundlage der nach Abs. 1 leg. cit. ermittelte Betrag zuzüglich der vom jeweiligen Versicherungsträger im jeweiligen Kalenderjahr vorgeschriebenen Beiträge zur Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG oder einem anderen Bundesgesetz, vermindert um die auf Sanierungsgewinne oder auf Veräußerungsgewinne nach dem EStG 1988 entfallenden Beträge im Durchschnitt der Monate der Erwerbstätigkeit. Die Minderung trete nur dann ein, wenn es der Versicherte beantragt und bezüglich der Berücksichtigung von Veräußerungsgewinnen überdies nur so weit, als der auf derartige Gewinne entfallende Betrag dem Sachanlagevermögen eines Betriebes des Versicherten oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an der der Versicherte mit mehr als 25 % beteiligt sei, zugeführt worden sei.

Strittig sei, ob es sich bei dem (im Wege der Gesamtrechtsnachfolge an die B. GmbH übergegangenen) Firmenwert bzw. beim Kundenstock (des zuvor von der B. KG geführten Unternehmens) um "Sachanlagevermögen" handle (das der Beschwerdeführer der B. GmbH zugeführt habe). Durch den "Kauf des Kundenstocks" der B. KG auf Grund der in gleicher Höhe erfolgten Übernahme von deren Verbindlichkeiten sei im Vermögen der B. GmbH keine Änderung eingetreten. Die B. KG und deren Gesellschafter hätten einen Betriebsaufgabegewinn erzielt, weil es im Zuge der Vollbeendigung der B. KG zu einer Aktivierung des bisher nicht steueranhängigen Firmenwerts gekommen sei und das durch steuerwirksame Verluste bisher als negativ dargestellte Betriebsvermögen nunmehr ausgeglichen worden sei. Der in den Beteiligungseinkünften des Beschwerdeführers enthaltene Veräußerungsgewinn sei im Zuge des - zugleich die Vollbeendigung der B. KG und den Vermögensübergang nach § 142 UGB bewirkenden - Ausscheidens aus der B. KG entstanden, weil es im Zuge dieses Vorgangs zu einer steuerlichen Aktivierung des ab 2008 im Anlageverzeichnis der übernehmenden B. GmbH zu führenden Firmenwertes der untergegangenen B. KG gekommen sei. In diesen Vorgängen könne keine "Zuführung" eines diesem Veräußerungsgewinn entsprechenden Betrages zum Sachanlagevermögen der B. GmbH erblickt werden, was jedoch für die Herauslösung des Veräußerungsgewinnes nach § 25 Abs. 2 Z 3 GSVG erforderlich wäre. Eine Reinvestition in Form einer Einbringung von Geld oder geldwerten Vermögensgütern aus dem Privatvermögen sei nicht erfolgt. Mangels Zuführung des Veräußerungsgewinns des Beschwerdeführers zum Sachanlagevermögen eines Betriebes oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an der er mit mehr als 25 % beteiligt sei, sei eine Herausrechnung des Veräußerungsgewinns aus der Beitragsgrundlage des Jahres 2007 nicht durchzuführen. Die Beitragsgrundlage für das Jahr 2007 sei so zu berechnen, dass der Sanierungsgewinn aus dem Betriebsjahr 2007 von den im Einkommensteuerbescheid rechtsverbindlich festgestellten Einkünften aus Gewerbebetrieb desselben Jahres abzuziehen und das Ergebnis durch die Anzahl der Monate zu dividieren gewesen sei. Da der somit ermittelte Betrag die Höchstbeitragsgrundlage im Jahr 2007 überschritten habe, sei die endgültige monatliche Beitragsgrundlage mit der "Mindestbeitragsgrundlage, also mit dem Betrag von EUR 4.480,-- festzusetzen".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Beschwerde bringt vor, beim Kundenstock handle es sich um einen immateriellen Vermögensgegenstand und damit um Anlagevermögen. Nach § 203 Abs. 5 UGB sei als Geschäfts(firmen)wert - und damit als Veräußerungsgewinn iSd § 25 Abs. 2 Z 3 GSVG - der Unterschiedsbetrag anzusetzen, um den die Gegenleistung (Übernahme der Verbindlichkeiten durch die B. GmbH) für die Übernahme eines Betriebes die Werte der einzelnen Vermögensgegenstände abzüglich der Schulden im Zeitpunkt der Übernahme übersteigen würde. Der Veräußerungsgewinn sei daher "die Übernahme der auf den negativen Kapitalkonten unberichtigt aushaftenden Verbindlichkeiten im Gegenzug für die Einbringung des Kundenstocks als Sachanlagevermögen in die B. GmbH mit Stichtag ". Der Tatbestand des § 25 Abs. 2 Z 3 GSVG sei erfüllt, weil durch die erfolgte Übertragung des Kundenstocks der B. KG auf die B. GmbH dessen Zugehörigkeit zu deren Anlagevermögen weiterhin sichergestellt sei. Darüber hinaus sei durch die Zuführung des Kundenstocks eine Erhöhung des Anlagevermögens der B. GmbH erfolgt. Darüber hinaus übersehe die belangte Behörde, dass der Beschwerdeführer der B. GmbH kein Kapital, welches zur Tilgung deren Verbindlichkeiten verwendet worden sei, sondern den Kundenstock als Sachanlagevermögen zugeführt habe. Im Übrigen sei auch kein Betriebsaufgabegewinn, welcher nach § 24 EStG 1988 auch nicht versteuert worden sei, zugeführt worden. Die Verbindlichkeiten der B. KG seien auch von der B. GmbH nicht getilgt, sondern im Wege einer Schuldübernahme übernommen worden. Eine Schuldübernahme bewirke nicht automatisch die Tilgung der übernommenen Schuld. Werde Sachanlagevermögen gekauft, würde beim Käufer eine Verbindlichkeit gegenüber dem Verkäufer ausgewiesen. Würde man daher der Argumentation der belangten Behörde folgen, käme es bei einem fremdfinanzierten Kaufpreis (ebenso wie beim Erwerb eines Kundenstockes durch Schuldübernahme) niemals zu einer Anwendung des § 25 Abs. 2 Z 3 GSVG, weil bei jeglichem Erwerb von Sachanlagevermögen eine Verbindlichkeit ausgewiesen und daher das Vermögen der Gesellschaft nicht erhöht werde. § 25 Abs. 2 Z 3 GSVG verlange nicht eine Erhöhung des Nettovermögens einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch die Zuführung von Sachanlagevermögen. Wenn die belangte Behörde vermeine, der Beschwerdeführer habe "durch eine Aktivierung des bisher nicht steueranhängigen Firmenwertes" einen Betriebsaufgabegewinn erzielt, so sei nicht nachvollziehbar, was daraus für den Rechtsstandpunkt der belangten Behörde gewonnen werden solle. Betriebsaufgabegewinne unterlägen der Besteuerung nach § 24 EStG 1988, jedoch seien diese nicht in die Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 25 GSVG einzubeziehen. Bei der Bemessung der endgültigen monatlichen Beitragsgrundlage in der Kranken- und Pensionsversicherung im Jahr 2007 sei daher ein Veräußerungsgewinn von EUR 331.757,40 in Abzug zu bringen.

Die Beschwerde ist nicht berechtigt.

Gemäß § 24 Abs. 1 EStG 1988 sind Veräußerungsgewinne Gewinne, die erzielt werden bei (Z 1) der Veräußerung des ganzen Betriebes, eines Teilbetriebes oder eines Anteiles eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist, und (Z 2) der Aufgabe des Betriebes (Teilbetriebes). Gemäß § 24 Abs. 2 leg. cit. ist Veräußerungsgewinn iSd Abs. 1 der Betrag, um den der Veräußerungserlös nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt. Dieser Gewinn ist für den Zeitpunkt der Veräußerung oder der Aufgabe nach § 4 Abs. 1 oder § 5 leg. cit. zu ermitteln. Im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist, ist als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos zu erfassen, den er nicht auffüllen muss.

Für die Feststellung der Beitragsgrundlagen nach § 25 GSVG ist eine Bindung an das Einkommensteuerrecht in der Weise normiert, dass die für die Bemessung der Einkommensteuer maßgeblichen Einkünfte des Pflichtversicherten heranzuziehen sind. Daher ist für die Beurteilung, welche Beträge die Einkünfte nach § 25 Abs. 1 GSVG bilden, das Einkommensteuerrecht maßgebend. Die mit einem rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid getroffene Zuordnung der Einkünfte zu den Einkunftsarten gemäß § 2 Abs. 3 EStG 1988 bindet auch die Sozialversicherungsanstalt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/08/0051, mwN).

Zwischen den Parteien ist nicht strittig, dass nach dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 der Gesamtbetrag der Einkünfte des Beschwerdeführers EUR 1,122.680,32 betragen hat, und dass EUR 770.189,82 aus Gewinnen aus einem Schuldnachlass auf Grund eines gerichtlichen Zwangsausgleiches stammen sowie EUR 331.757,40 auf den Veräußerungsgewinn entfallen. Der gegenständliche Veräußerungsgewinn iSd § 24 EStG 1988 zählt gemäß § 23 Z 3 EStG 1988 zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb.

Dass es sich bei Veräußerungsgewinnen iSd § 24 EStG 1988 um Einkünfte aus einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit handelt, hat der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt bejaht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/08/0277, mwN). Die Frage, ob es sich bei Einkünften nach dem Einkommensteuergesetz um "real erwirtschaftete Einkünfte" handelt, ist nicht relevant. Einkünfte, die zu den für die Bemessung der Einkommensteuer maßgeblichen Einkünften zählen, sind, sofern die sonstigen Voraussetzungen des § 25 GSVG vorliegen, nach dieser Bestimmung für die Ermittlung der Beitragsgrundlage heranzuziehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2003/08/0146, und vom , Zl. 2011/08/0108).

Gemäß § 25 Abs. 2 Z 3 GSVG kann ein Veräußerungsgewinn die Beitragsgrundlage - abgesehen von weiteren, hier nicht strittigen Voraussetzungen - nur so weit mindern, als der auf derartige Gewinne entfallende Betrag dem Sachanlagevermögen eines Betriebes des Versicherten oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an der der Versicherte mit mehr als 25 % beteiligt ist, zugeführt worden ist. Der Beschwerdeführer hat durch die Übertragung seiner Gesellschaftsanteile an die B. KG und den im Zuge des Erlöschens der B. KG ohne Liquidation erfolgenden Übergang des Gesellschaftsvermögens im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die B. GmbH iSd § 142 UGB den dem rechtskräftigen und bindenden Einkommensteuerbescheid zu entnehmenden Veräußerungsgewinn erzielt (und hätte er auch nur darin bestanden, dass er sein negatives Kapitalkonto nicht auffüllen muss), es ist jedoch nicht ersichtlich, dass er irgendeine weitere Maßnahme gesetzt hätte, die als Reinvestition dieses Veräußerungsgewinnes angesehen werden könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ro 2014/08/0024). Der Kauf bzw. die Übernahme des Gesellschaftsvermögens durch die B. GmbH (im Wesentlichen gegen die Übernahme der Schulden der B. KEG) bewirkte die Entstehung des Veräußerungsgewinnes, nicht aber seine Reinvestition.

Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, idF BGBl. II Nr. 8/2014, auf "Altfälle" weiter anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am