VwGH vom 16.12.2005, 2005/02/0238

VwGH vom 16.12.2005, 2005/02/0238

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des OM in S, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Eisenhowerstraße 27, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-280828/15/KI/Pe, betreffend Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der O. GesmbH mit Sitz in S. und somit als zur Vertretung nach außen Berufener - festgestellt am durch ein Arbeitsinspektionsorgan anlässlich der Überprüfung einer örtlich umschriebenen Baustelle dieses Unternehmens - zu verantworten, dass folgende Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften begangen worden seien. Bei dieser Besichtigung der Baustelle, auf der die Arbeitnehmer F.A. und E.H. Dacharbeiten (Spenglerarbeiten) durchgeführt hätten, sei festgestellt worden: Diese Arbeitnehmer seien auf dem Flachdach (Absturzhöhe ca. 4,50 m, Dachneigung ca. 2 Grad ) mit Arbeiten auf der Dachfläche (Trapezbleche verlegen und abdichten) beschäftigt gewesen. Obwohl Absturzgefahr von ca. 4,50 m bestanden habe, seien keine Absturzsicherungen und Schutzeinrichtungen gemäß den §§ 7 bis 10 der Bauarbeiterschutzverordnung - BauV, BGBl. Nr. 340/1994, angebracht gewesen. Der Beschwerdeführer habe dadurch (zwei) Verwaltungsübertretungen nach § 87 Abs. 2 BauV iVm § 118 Abs. 3 und § 130 Abs. 5 Z. 1 ASchG begangen.

Gemäß § 130 Abs. 5 Einleitungssatz ASchG wurden zwei Geldstrafen von je EUR 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je fünf Tage) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Der 11. Abschnitt der BauV (§§ 87 ff) trägt die Überschrift "Arbeiten auf Dächern". Für welche Art von Bauarbeiten die BauV gilt (vgl. deren § 1 Abs. 1), ergibt sich aus § 1 Abs. 2 BauV. Werden daher "Arbeiten auf Dächern" verrichtet, so ist es unerheblich, um welche Art von Bauarbeiten im Sinne des § 1 Abs. 2 BauV es sich dabei "konkret" handelt. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers bedurfte es daher weder einer diesbezüglichen Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG über die "Art" der Bauarbeiten, noch deren Umschreibung im Spruch gemäß § 44a Z. 1 VStG (vgl. in diesem Sinne das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/02/0182). Es ist daher rechtlich unerheblich, ob es sich im Beschwerdefall um "Verlegen und Abdichten von Trapezflächen" oder um die "Verlegung von Dämmplatten" oder um "Spenglerarbeiten" (im Rahmen von Bauarbeiten im Sinne des § 1 Abs. 2 BauV) gehandelt hat, sodass den diesbezüglichen Angaben im von der belangten Behörde aufrecht erhaltenen Schuldspruch der Erstbehörde keine wesentliche Bedeutung zukommt. Von daher gesehen gehen die diesbezüglichen, weitwendigen Ausführungen des Beschwerdeführers ins Leere; insbesondere ist eine Verletzung subjektiver Rechte des Beschwerdeführers in diesem Zusammenhang, etwa wegen der Gefahr einer "doppelten Verfolgung" - so der Beschwerdeführer - nicht erkennbar.

Die Rechtsfrage, ob dem Beschwerdeführer zwei Verwaltungsübertretungen (und nicht nur eine) anzulasten waren, hat die belangte Behörde im Sinne der ständigen hg. Rechtsprechung (wenn sich ein rechtswidriger Angriff gegen die Gesundheit mehrerer Arbeitnehmer richtet) richtig gelöst:

Gerade aus dem vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/02/0052, ergibt sich dieser Rechtssatz; weiters hat sich der Gerichtshof in diesem Erkenntnis auch mit dem vom Beschwerdeführer gleichfalls zitierten hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/19/0235, auseinander gesetzt und aufgezeigt, dass es im letzteren Fall um einen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 BauV (im Unterschied zu § 7 Abs. 2 BauV) ging. Letztere Überlegungen sind im Übrigen im vorliegenden Beschwerdefall ohnedies bedeutungslos, weil dem Beschwerdeführer keine Verstöße gegen § 7 BauV (die diesbezüglichen Ausführungen auf Seite 7 im angefochtenen Bescheid sind im Zusammenhang mit § 87 Abs. 2 BauV zu lesen), sondern gegen § 87 Abs. 2 BauV angelastet wurden. Was aber den Hinweis des Beschwerdeführers auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/08/0181, anlangt, so ging es dort um eine Übertretung des § 16 Abs. 2 AAV, die mit den dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nicht vergleichbar ist; es erübrigt sich daher eine nähere Auseinandersetzung damit.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers konnte die belangte Behörde auf Grund des Ermittlungsergebnisses auch davon ausgehen, dass "beide" im Spruch angeführten Arbeitnehmer Arbeiten auf dem Dach verrichtet haben, legt doch der Beschwerdeführer nicht dar, aus welchem anderen Grund sich der Arbeitnehmer F.A. auf dem Dach aufgehalten hat. Dem Beschwerdeführer gelingt es daher nicht, einen relevanten Verfahrensmangel wegen der Unterlassung der Einvernahme dieses Arbeitnehmers als Zeugen zu diesem Beweisthema - unabhängig davon, ob der Beschwerdeführer dies im Verwaltungsverfahren beantragt hat - darzutun.

Auch die Strafbemessung ist nicht als rechtswidrig zu erkennen: Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte "reformatio in peius" im Sinne etwa des hg. Erkenntnisses vom , Slg. Nr. 9674/A, liegt schon deshalb nicht vor, weil im Schuldspruch des angefochtenen Berufungsbescheides eine Einschränkung der erstinstanzlichen Tatanlastung - siehe diese Rechtsprechung - (bzw. eine "qualitative Reduktion der strafbaren Handlung" - so das vom Beschwerdeführer angeführte Zitat von Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts8, Rz 933) nicht stattgefunden hat.

Ausgehend davon, dass die belangte Behörde in der Begründung zur Strafbemessung von keinem "Wiederholungsfall" im Sinne des § 130 Abs. 5 Einleitungssatz ASchG ausging, wurde der dortige Strafrahmen ohnedies nicht einmal zu einem Viertel (pro Delikt) ausgeschöpft; eine Überschreitung des diesbezüglichen Ermessensspielraumes bei der Strafbemessung ist nicht erkennbar.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am