VwGH vom 15.05.2013, 2012/08/0229

VwGH vom 15.05.2013, 2012/08/0229

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde der PP in H, vertreten durch Mag. Dr. Georg Uher, Rechtsanwalt in 2130 Mistelbach, Hauptplatz 38, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. GS5-A-949/123-2011, betreffend Beitragszahlung (mitbeteiligte Partei:

Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom stellte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt für den Zeitraum vom bis zum über Antrag fest, dass die Beschwerdeführerin zum verpflichtet sei, EUR 3.736,88 an rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen sowie Verzugszinsen und Nebengebühren in Höhe von EUR 117,89 zu entrichten (Spruchpunkt 1) und dass sie vom bis zum gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 GSVG der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ("opting-in") unterliege (Spruchpunkt 2).

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid der mitbeteiligten Partei. Begründend führte sie zu dessen Spruchpunkt 1 aus, die Beschwerdeführerin habe in ihrer Versicherungserklärung vom angegeben, sie übe seit dem eine selbständige Erwerbstätigkeit als Physiotherapeutin aus. Sie habe die GSVG-Krankenversicherung beantragt ("opting-in"), "wenn die zutreffende Versicherungsgrenze nicht überschritten werde".

Die Beschwerdeführerin sei vom bis zum gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG in der Kranken- und Pensionsversicherung pflichtversichert gewesen. Vom bis zum sei sie (auf Grund ihres Antrags vom ) gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 GSVG in der Krankenversicherung pflichtversichert gewesen (diese Gesetzesstelle ist auf Personen iSd § 2 Abs. 1 Z 4 dritter Satz GSVG anzuwenden, wenn sie die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausdrücklich beantragen). Aufgrund ihres Antrags vom sei sie schließlich vom bis zum gemäß § 9 GSVG der Zusatzversicherung in der Krankenversicherung unterlegen.

Den von den Abgabenbehörden des Bundes am übermittelten Daten des Einkommensteuerbescheides des Jahres 2007 vom seien Einkünfte der Beschwerdeführerin aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 17.743,10 zu entnehmen. Der am übermittelte Einkommensteuerbescheid des Jahres 2008 vom weise Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 3.565,90 aus. Der am übermittelte Einkommensteuerbescheid des Jahres 2009 vom weise Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 1.914,40 aus. (Eine Feststellung der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung für die Zeit vom bis zum im Nachhinein iSd § 2 Abs. 1 Z 4 dritter Satz GSVG wurde nicht vorgenommen.)

Die Beschwerdeführerin habe die Beiträge zur Krankenversicherung ("opting-in") bis zum entrichtet. Danach sei es auf Grund des Einlangens des Einkommensteuerbescheides des Jahres 2007 zu einer Nachbemessung (der gemäß § 25a Abs. 1 Z 2 GSVG vorläufig gebildeten Beitragsgrundlage für dieses Jahr) und zur Nachforderung der Beiträge für dieses Jahr gekommen. Die Beschwerdeführerin habe in der Folge am EUR 160,--, am EUR 180,-- und am EUR 188,34, sohin insgesamt EUR 528,34 an Beiträgen entrichtet. Diese Zahlungen seien von der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt auf die älteste Schuld (die Beitragsforderungen für das Jahr 2007) angerechnet worden.

Die Berechnung der Höhe der für die Beschwerdeführerin in den jeweiligen Zeiträumen geltenden Beitragsgrundlagen und die Höhe der daraus resultierenden Beitragsforderungen seien überprüft und für richtig befunden worden. Darauf aufbauend seien unter Berücksichtigung des Restguthabens die für die jeweiligen Zeiträume aushaftenden Beträge berechnet worden.

Zum Einspruchsvorbringen, die Beschwerdeführerin habe für ihren Sohn JP therapeutische Maßnahmen erbracht und die daraus resultierenden Kosten gegen die Beitragsforderung der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt gegengerechnet, sei auszuführen, dass die Beschwerdeführerin bereits mit Schreiben der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom darauf hingewiesen worden sei, dass die von ihr durchgeführte physiotherapeutische Maßnahme nicht zielführend erscheine und eine Vergütung nicht möglich sei. Ihr Antrag auf Kostenersatz für Heilgymnastikbehandlungen des JP sei rechtskräftig abgelehnt worden. Eine Aufrechnung mit von ihr geltend gemachten Kosten gegen die Beitragsforderungen der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt sei nicht möglich.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, ihre Einkünfte seien nicht in der richtigen Höhe ermittelt worden, sei auf die rechtskräftigen Einkommensteuerbescheide der Jahre 2007 bis 2009 zu verweisen, an die die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt gebunden sei.

Zum Spruchpunkt 2 des bestätigten erstinstanzlichen Bescheides führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe die Beiträge zur Krankenversicherung ("opting-in") bis zum entrichtet. Gemäß § 7 Abs. 5 GSVG ende bei den im § 3 Abs. 1 Z 2 GSVG genannten Personen die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung u.a. mit Ablauf des 3. Monats, wenn die Beiträge nicht binnen drei Monaten nach Fälligkeit eingezahlt würden. Auf Grund der Nachbemessung und der Nachforderung der Beiträge für das Jahr 2007 und die am , am und am geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt EUR 528,34, die auf die älteste Schuld angerechnet worden seien, seien nach dem keine Beiträge zur Krankenversicherung ("opting-in") entrichtet worden. Die Beiträge zur Krankenversicherung für das 2. Quartal 2009 seien am fällig gewesen. Die Krankenversicherung habe daher mit Ablauf des 3. Monats nach Fälligkeit infolge Nichtentrichtung der Beiträge, somit am geendet. (Die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den die Pflichtversicherung betreffenden Spruchpunkt 2 wurde mit Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom als verspätet zurückgewiesen).

Gegen diesen Bescheid richtet sich - insoweit er den Spruchpunkt 1 des erstinstanzlichen Bescheides bestätigt - die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin bringt vor, ihr Lebensmittelpunkt sei in den Jahren 2000 bis 2008 in Deutschland gelegen. Es habe eine Krankenversicherung in der Barmer Ersatzkasse bestanden. 2007 habe sie in R (Österreich) eine Praxis als Heilpraktikerin gegründet. Sie habe sich in regelmäßigen Abständen zwecks Durchführung von Behandlungen für einen Zeitraum zwischen drei und sechs Wochen in Österreich aufgehalten. In den Jahren 2007 bis 2009 habe bei ihr eine "Pflichtversicherung in Deutschland" vorgelegen. Im Zuge diverser Arztbesuche während des gegenständlichen Zeitraumes habe sie feststellen müssen, dass in Österreich kein Versicherungsschutz gegeben gewesen sei, obwohl nunmehr die Nachentrichtung von rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen festgesetzt worden sei. Sie beantrage die "Überprüfung ob auf Grund der Pflichtversicherung durch die BRD überhaupt ein Anspruch der SVA auf Pflichtversicherung bestanden hat". Sollte keine Pflichtversicherung bestanden haben, so seien die Beitragsvorschreibungen aufzuheben und ihr die Beiträge rückzuvergüten. Auffallend sei, dass sie in einem Jahr (2007) so viel verdient haben solle, wie niemals davor oder danach. Sie sei im Jahr 2007 noch über die deutsche Krankenkasse (Barmer Ersatzkasse) versichert gewesen und habe nur wegen ihrer Kinder in Österreich zusätzlich auf freiwilliger Basis eine Versicherung angestrebt. Dies sei nur bei der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt möglich gewesen. Diese sei deshalb ungünstig gewesen, weil bei Arztbesuchen 20 % Selbstbehalt angefallen seien. Lediglich Kinder seien frei gewesen und darauf habe sich ihr eigentliches Begehren gerichtet. In den Jahren 2000 bis 2008 sei sie nur zwischen Deutschland und Österreich gependelt. Sie sei auch heute nicht mehr als fünf Monate im Jahr in Österreich. Sie habe zwar bei der Finanzbehörde unterschrieben, kein Rechtsmittel einzulegen, aber sie sei regelrecht überfahren worden, und das würde ihr kein zweites Mal passieren.

Diesem Vorbringen ist das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG) entgegen zu halten. Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren niemals vorgebracht, in den gegenständlichen Zeiträumen (zeitweise) auch im Ausland (in Deutschland) pflichtversichert gewesen zu sein. Sie hat in der Versicherungserklärung vom angegeben, als Physiotherapeutin in Österreich tätig zu sein und die GSVG Krankenversicherung zu beantragen, wenn die zutreffende Versicherungsgrenze nicht überschritten wird. Ab dem wurde sie auf Grund ihres Antrags vom in die Zusatzversicherung in der Krankenversicherung (freiwillige Versicherung auf Kranken- und Taggeld einbezogen. Sie hat stets betont (vgl. etwa ihr im Verwaltungsakt erliegendes Schreiben vom ), in Österreich pflichtversichert zu sein und hier auch weiterhin versichert bleiben zu wollen. Sie sei jedoch mit der Beitragsvorschreibung für das Jahr 2007 nicht einverstanden, weil der Einkommenssteuerbescheid für dieses Jahr ein zu hohes Einkommen aufweise.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 GSVG sind Personen iSd § 2 Abs. 1 Z 4 dritter Satz GSVG (bei denen der Eintritt der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung im Nachhinein festzustellen ist) in der Krankenversicherung pflichtversichert, wenn sie dies ausdrücklich beantragen. Die Beschwerdeführerin hat einen solchen Antrag gestellt und im Verwaltungsverfahren das Vorliegen der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung (die im Jahr 2007 auf Grund der Überschreitung der in Betracht kommenden Versicherungsgrenze iSd § 4 Abs. 1 Z 5 GSVG bestanden hat) nicht bestritten.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die von der belangten Behörde festgestellte Höhe ihrer Einkünfte, bestreitet aber nicht, dass die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2007 bis 2009 in Rechtskraft erwachsen sind. Für die Feststellung der Beitragsgrundlagen nach § 25 GSVG ist eine Bindung an das Einkommensteuerrecht in der Weise normiert, dass die für die Bemessung der Einkommensteuer maßgeblichen Einkünfte des Pflichtversicherten heranzuziehen sind. Daher ist für die Beurteilung, welche Beträge die Einkünfte nach § 25 Abs. 1 GSVG bilden, das Einkommensteuerrecht maßgebend. Die mit einem rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid getroffene Zuordnung der Einkünfte zu den Einkunftsarten gemäß § 2 Abs. 3 EStG 1988 bindet auch die Sozialversicherungsanstalt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/08/0292, mwN).

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie habe in den genannten Jahren weniger verdient, ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die darauf beruhenden Berechnungen der Beitragshöhe, insbesondere für das von der Nachbemessung betroffene Jahr 2007, hat die Beschwerdeführerin nicht bestritten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am