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VwGH vom 24.05.2012, 2010/03/0088

VwGH vom 24.05.2012, 2010/03/0088

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2010/03/0090

2010/03/0089

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerden 1. der COLT Technologies Services GmbH (2010/03/0088), 2. der Tele2 Telecommunication GmbH (2010/03/0089) und 3. der Verizon Austria GmbH (2010/03/0090), alle in Wien, alle vertreten durch Dr. Norbert Wiesinger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rudolfsplatz 3, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom , Zl M13/09-27, betreffend Aufhebung spezifischer Verpflichtungen nach dem TKG 2003 (mitbeteiligte Partei: A1 Telekom Austria Aktiengesellschaft in 1020 Wien, Lassallestraße 9; weitere Partei: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund binnen 14 Tagen jeweils Aufwendungen in der Höhe von EUR 572,33 bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde die gemäß § 133 Abs 7 TKG 2003 geltenden Verpflichtungen der (Rechtsvorgängerin der) Mitbeteiligten, soweit sie sich auf die Leistungen beziehen, die dem Markt "Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz (Vorleistungsmarkt)" gemäß § 1 Z 9 TKMVO 2003 zugehörten, "analog § 37 Abs 3 TKG 2003" auf.

Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien jeweils Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof gemäß Art 144 B-VG. Dieser hat die Behandlung der Beschwerden mit Beschlüssen vom , Zlen B 1145/09-9, B 1147/09-9, B 1146/09-9, abgelehnt und sie gemäß Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten Beschwerden nach Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde (die mitbeteiligte Partei hat keine Äußerung erstattet) und Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens erwogen:

1. Hinsichtlich der Begründung des angefochtenen Bescheids und der maßgebenden Rechtslage wird gemäß § 43 Abs 2 VwGG auf das hg Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl 2009/03/0149, verwiesen, dem ebenfalls der auch hier angefochtene Bescheid zu Grunde lag.

2. Die Beschwerden bringen (inhaltlich gleichlautend) zusammengefasst Folgendes vor:

Die belangte Behörde habe sich damit begnügt, unter Hinweis darauf, dass der Transitmarkt in der TKMV 2008 nicht mehr als relevanter Markt definiert wurde, die bis dahin bestehenden Vorabverpflichtungen aufzuheben, ohne ein weiteres Verfahren durchzuführen und insbesondere ohne die Marktbedingungen auf dem in Rede stehenden Markt zu prüfen. Die tatsächlichen Bedingungen auf dem Transitmarkt seien aber davon gekennzeichnet, dass die Mitbeteiligte nicht substituierbare Leistungen anbiete; zudem seien die Marktanteile unrichtig eingeschätzt worden und bestünden insofern weitere Wettbewerbsprobleme, als kein einziger der alternativen Betreiber über eine mit der der Mitbeteiligten auch nur annähernd vergleichbare Infrastruktur verfüge. Tatsächlich seien also die wettbewerblichen Bedingungen für eine Aufhebung der Vorabverpflichtungen auf dem relevanten Markt nicht gegeben.

Die belangte Behörde habe zudem den angefochtenen Bescheid mit weiteren wesentlichen Verfahrensmängeln belastet: Aus Art 4 der Rahmenrichtlinie sei abzuleiten, dass der von einer Entscheidung betroffenen Partei ein effektives Rechtsmittel zustehen müsse, was die Einräumung von wirksamen Parteirechten erfordere. Daran fehle es, weil den beschwerdeführenden Parteien zwar im vorliegenden, von der belangten Behörde geführten Verfahren Parteistellung gewährt worden sei, dieses Verfahren aber zur Gänze durch die Neufassung der Märkteverordnung vorbestimmt gewesen sei.

Die genannte Verordnung wiederum sei in einem Verfahren erlassen worden, an dem die beschwerdeführenden Parteien nur im Rahmen einer Konsultation nach § 128 TKG 2003 teilnehmen hätten können, was die Einräumung voller Parteistellung nicht ersetze. Da die wesentliche materielle Entscheidung im Verordnungsgebungsverfahren getroffen werde, den beschwerdeführenden Parteien dort aber eine wirkungsvolle Wahrnehmung von Parteirechten nicht möglich sei, hätte die belangte Behörde sich nicht an die durch Verordnung getroffene Marktdefinition gebunden fühlen dürfen, vielmehr eine eigenständige Definition der relevanten Märkte im Rahmen der Marktanalyse durchführen müssen.

Die erfolgte Ablehnung der Behandlung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof zeige, dass dieser nur eine oberflächliche Grobprüfung durchgeführt habe, während eine Überprüfung des von der belangten Behörde durchgeführten Verfahrens ebenso unterblieben sei wie die gebotene Anwendung europarechtlicher Bestimmungen.

Diese Rechtsschutzlücke hätte von der belangten Behörde dadurch geschlossen werden müssen, dass sie selbst - ohne Bindung an die Verordnung - die erforderliche Überprüfung der Marktverhältnisse durchführt. Dies sei aber nicht erfolgt.

3. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

3.1. Wie im bereits zitierten hg Erkenntnis Zl 2009/03/0149 sowie im weiteren hg Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl 2009/03/0045, ausgeführt und von den beschwerdeführenden Parteien auch selbst eingeräumt, war die belangte Behörde - nach der im Beschwerdefall maßgebenden Rechtslage - an die im Verfahren nach § 36 Abs 1 TKG 2003 erfolgte Marktdefinition gebunden. In diesem Verordnungsverfahren sind von der Regulierungsbehörde die relevanten, der sektorspezifischen Regulierung unterliegenden Märkte festzulegen; nur diese "durch die Verordnung gemäß § 36 Abs 1 festgelegten" (vgl § 37 Abs 1 erster Satz TKG 2003) Märkte sind dem Marktanalyseverfahren nach § 37 TKG 2003 zu unterziehen. Ist ein bestimmter Markt nicht als solcher nach § 36 Abs 1 TKG 2003 definiert, zählt er nicht zu den "relevanten" nach § 37 Abs 1 bis 3 TKG 2003. 3.2. Von da her hatte die belangte Behörde entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Parteien auch keine eigenen Ermittlungen zur Markt- bzw Wettbewerbssituation auf dem in Rede stehenden Markt durchzuführen. Das an die Unterlassung derartiger Verfahrensschritte geknüpfte, einen Verfahrensmangel geltend machende Vorbringen geht daher fehl.

3.3. Was das weitere, eine "Rechtsschutzlücke" bzw das Fehlen eines "effektiven" Rechtsmittels geltend machende Beschwerdevorbringen anlangt, reicht gemäß § 43 Abs 2 VwGG ein Verweis auf das zitierte hg Erkenntnis Zl 2009/03/0045, in dem der Verwaltungsgerichtshof mit näherer Begründung ausgeführt hat, dass die diesbezüglichen Bedenken nicht stichhaltig sind.

3.4. Die verordnungserlassende Behörde (die RTR-GmbH) ist bei Festlegung der relevanten Märkte in der TKMV 2008 im Hinblick auf den hier verfahrensgegenständlichen Markt der Märkteempfehlung 2007 gefolgt und hat damit auf die "Bestimmungen der Europäischen Gemeinschaften" Bedacht genommen (vgl § 36 Abs 2 TKG 2003). Vor diesem Hintergrund zeigt das Beschwerdevorbringen nicht auf, dass diese Festlegung nicht im Einklang mit den Grundsätzen des allgemeinen Wettbewerbsrechts stünde (§ 36 Abs 1 TKG 2003) und weckt keine Bedenken an der Gesetzmäßigkeit der TKMV 2008 und der sie tragenden Bestimmungen des TKG 2003. Solche hat offenbar auch der Verfassungsgerichtshof nicht gehegt, der bei Behandlung der gegen den auch hier beschwerdegegenständlichen Bescheid diese Bestimmungen anzuwenden hatte und die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerden abgelehnt hat.

4. Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455. Der auf Vorlageaufwand entfallende Betrag war zu aliquotieren.

Wien, am

Fundstelle(n):
KAAAE-71549