VwGH vom 24.05.2012, 2010/03/0081
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Verein A (A) in K, vertreten durch Dr. Gert Weiler, Rechtsanwalt in 8330 Feldbach, Bismarckstraße 8, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom , Zl BMVIT- 53.560/0001-II/L1/2010, betreffend eine Angelegenheit nach dem Luftfahrtgesetz (Parteistellung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am verkündete ein Organ der Austro Control GmbH im Zuge einer Inspektion in O in Anwesenheit (unter anderem) des organschaftlichen Vertreters der Beschwerdeführerin (Vereinspräsidenten) einen Mandatsbescheid, über den folgende - auszugsweise wiedergegebene - Niederschrift vom selben Tag aufgenommen wurde:
"Der Leiter der Amtshandlung hat am heutigen Tag einen mündlichen Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG an Capt. T S (Fa. A (…)) mit folgendem Inhalt erlassen und den Anwesenden verkündet:
Die Austro Control GmbH als zuständige Behörde verbietet dem Capt. T K (Fa. w.o.) gemäß § 102 Luftfahrtgesetz sowie § 1 der AOCV 2008 iVm JAR-OPS 2 sowie iVm § 57 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz die Durchführung von gewerblichen Flügen mit dem Luftfahrzeug OE-. Die Fortsetzung von gewerblichen Flügen ist nur mit den dafür erforderlichen Bewilligungen gestattet. Als Begründung wird angeführt, dass der heute durchgeführte Ramp-Check ergeben hat, dass ein Sicherheitsrisiko besteht und die Voraussetzungen für die Durchführung von gewerblichem Luftverkehr nicht gegeben sind.
Eine schriftliche Ausfertigung dieses mündlichen Bescheides kann binnen drei Tagen verlangt werden.
Gegen diesen Bescheid ist das Rechtsmittel der Vorstellung zulässig, das innerhalb von zwei Wochen bei der Austro Control schriftlich eingebracht werden kann."
Im Folgenden wurde in der Niederschrift noch festgehalten, dass der genannte Bescheid mündlich verkündet worden sei. Die anwesenden Parteien seien über ihr Recht belehrt worden, eine schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides zu verlangen. Eine schriftliche Ausfertigung des Bescheides sei von (der Beschwerdeführerin) verlangt worden.
Mit Eingabe vom beantragte die Beschwerdeführerin, vertreten durch den Vereinspräsidenten, (neuerlich) die schriftliche Ausfertigung des am mündlich verkündeten Bescheides und erhob gegen diesen Bescheid das Rechtsmittel der Vorstellung.
Mit Bescheid vom wies die Austro Control GmbH den Antrag der Beschwerdeführerin auf Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung des Mandatsbescheides sowie die dagegen erhobene Vorstellung mangels Parteistellung zurück. Mit dem Mandatsbescheid sei nach Auffassung der erstinstanzlichen Behörde dem verantwortlichen Piloten infolge von Gefahr im Verzug die Durchführung von gewerblichen Flügen untersagt worden. Der Präsident der Beschwerdeführerin sei als deren organschaftlicher Vertreter zwar anwesend gewesen; die Beschwerdeführerin sei aber weder Halterin des geprüften Luftfahrzeuges noch der verantwortliche Pilot. Der Beschwerdeführerin komme daher aufgrund der anzuwendenden materiellen Rechtsvorschriften (Luftfahrtgesetz und Luftverkehrsbetreiberzeugnis-Verordnung 2008 - AOCV iVm JAR-OPS 3) keine Parteistellung zu.
Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerin wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ab.
Begründend führte sie aus, das Organ der Austro Control GmbH habe mit dem gegenständlichen Mandatsbescheid ein Flugverbot nach § 171 Abs 1 Z 3 Luftfahrtgesetz (LFG) erlassen, dessen inhaltliche Richtigkeit im gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen sei. Gegenstand des Verfahrens sei lediglich die Frage, ob die Erstbehörde die Parteistellung der Beschwerdeführerin zu Recht verneint habe.
Die Beschwerdeführerin mache geltend, dass auch ihr gegenüber (aufgrund der Anwesenheit des Vereinspräsidenten) der Mandatsbescheid verkündet worden sei, wonach sie jedenfalls als Bescheidadressatin bzw Partei des Verfahrens anzusehen sei. Hierzu sei auszuführen, dass allein aufgrund der Anwesenheit der Beschwerdeführerin (vertreten durch den Vereinspräsidenten) bei der Amtshandlung und der mündlichen Verkündung des Bescheides nicht auf deren Parteistellung im Verwaltungsverfahren geschlossen werden könne. Diese bestimme sich allein gemäß § 8 AVG. Darüber hinaus sei der Niederschrift der Austro Control GmbH zu entnehmen, dass der Mandatsbescheid lediglich gegenüber dem Piloten erlassen und lediglich dem Piloten die Durchführung von gewerblichen Flügen mit dem Luftfahrzeug OE- verboten worden sei. Daran vermöge weder der Umstand, dass der Vereinspräsident in der Niederschrift als sonstiger Anwesender genannt werde, noch die Formulierung "dass der Bescheid den Anwesenden verkündet werde" noch der nach dem Namen des Piloten aufgenommene "Klammerausdruck" (gemeint: die Anführung der Beschwerdeführerin) etwas zu ändern.
Unstrittig sei, dass der Mandatsbescheid mündlich gegenüber dem verantwortlichen Piloten erlassen worden sei. Dass dieser einfaches Vereinsmitglied der Beschwerdeführerin sei, sei für die Frage ihrer Parteistellung irrelevant. In der Berufung werde selbst ausgeführt, dass der verantwortliche Pilot nicht berechtigt sei, die Beschwerdeführerin nach außen hin zu vertreten. Es könne daher auch nicht argumentiert werden, dass die Verkündung des Bescheides gegenüber dem Piloten als Bescheiderlassung gegenüber der Beschwerdeführerin anzusehen gewesen sei. Irrelevant sei auch, aufgrund welcher internen bzw wirtschaftlichen Vereinbarungen der verantwortliche Pilot die Flüge für die Beschwerdeführerin durchgeführt habe. Aus diesen Erwägungen sei lediglich der verantwortliche Pilot als Adressat des mündlich verkündeten Mandatsbescheides anzusehen.
Zur grundsätzlichen Frage, welchen Personen bei nach § 171 Abs 1 LFG gesetzten Maßnahmen Parteistellung zukommen könne, führte die belangte Behörde anschließend im Wesentlichen aus, diese Bestimmung gewähre der Beschwerdeführerin - aus näher dargestellten Gründen - keine subjektiven Rechte. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, das ausgesprochene Flugverbot verletze ihr subjektives Recht auf Durchführung einer Vereinsveranstaltung im Sinne der Vereinsstatuten, hielt die belangte Behörde entgegen, das ausgesprochene Flugverbot habe lediglich die Durchführung gewerblicher Flüge verboten und sei der weiteren Durchführung nicht gewerblicher Flüge nicht entgegen gestanden. Dass das Flugverbot allenfalls faktisch bewirkt habe, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Vereinsveranstaltung behindert worden sei, sei - wenn überhaupt - eine bloße "Reflexwirkung" gewesen. Das Flugverbot sei nicht mit dem Ziel erlassen worden, der Beschwerdeführerin die Durchführung einer Vereinsveranstaltung zu verunmöglichen, sondern es sei diese Maßnahme allein aufgrund der Gefährdung öffentlicher Interessen unverzüglich notwendig gewesen. Der Beschwerdeführerin komme auch deshalb keine Parteistellung im Verfahren zu.
Schließlich könne die Parteistellung des beschwerdeführenden Vereins auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang der luftfahrtrechtlichen Vorschriften abgeleitet werden. Die Normen des LFG stellten idR auf den Halter eines Luftfahrzeuges (§ 13 LFG) ab. Die Erstbehörde habe bereits festgehalten, dass die Beschwerdeführerin - wie die Einsicht in das Luftfahrzeugregister belege - nicht Halterin des geprüften Luftfahrzeuges gewesen sei. Dies sei in der Berufungsschrift auch nicht bestritten worden. Die Beschwerdeführerin führe vielmehr aus, das Luftfahrzeug für die behauptete Vereinsveranstaltung angemietet zu haben. Auch dieser Umstand spreche gegen die Parteistellung der Beschwerdeführerin.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom , B 540/10-3 ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzte die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde mit Schriftsatz vom und beantragte, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Luftfahrtgesetzes (LFG) lauten (auszugsweise) wie folgt:
" Genehmigungen
§ 102. (1) Unternehmen, die im gewerblichen Luftverkehr Fluggäste, Post und/oder Fracht mit Luftfahrzeugen ohne Motorantrieb oder mit ultraleichten Motorflugzeugen befördern oder ausschließlich Rundflüge, mit denen keine Beförderung zwischen verschiedenen Flugplätzen verbunden ist, durchführen wollen, haben beim Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie oder bei einer auf Grund einer Übertragung gemäß § 140b zuständigen Behörde eine Beförderungsbewilligung gemäß den §§ 104 ff. und eine Betriebsaufnahmebewilligung gemäß § 108 zu beantragen.
(2) Alle anderen Unternehmen, die gewerblichen Luftverkehr betreiben wollen, haben beim Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie eine Betriebsgenehmigung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 zu beantragen. Für die Ausstellung des gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 erforderlichen Luftverkehrsbetreiberzeugnisses ist die Austro Control GmbH zuständig.
(3) (…)
(4) Nicht gewerbliche Flüge gegen Ersatz der Selbstkosten mit Luftfahrzeugen, die für höchstens vier Personen im Fluge verwendet werden dürfen, und Flüge zum Absetzen von Fallschirmspringern dürfen ohne die Bewilligungen gemäß den Abs. 1 und 2 durchgeführt werden. Den Fluggästen ist vom Beförderer eine Bestätigung über die Bezahlung des Entgeltes auszustellen, deren Abschnitt vom Beförderer zwei Jahre lang aufzubewahren ist.
(5) (…)
Verantwortlicher Pilot
§ 125. (1) Im Bereich der Zivilluftfahrt ist verantwortlicher Pilot jener Luftfahrer, der das Luftfahrzeug befehligt.
(2) (…)
(…)
Besondere Sicherungsmaßnahmen
§ 171. (1) Bei Gefährdung der Sicherheit der Luftfahrt oder anderer öffentlicher Interessen obliegt es den von der Austro Control GmbH ermächtigten Organen, den mit der Wahrnehmung des Flugverkehrsdienstes betrauten Organen, in für die militärische Nutzung reservierten Lufträumen (§ 121) den in Betracht kommenden militärischen Dienststellen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, die Durchführung von Flügen zu verbieten. Eine Gefährdung der Sicherheit der Luftfahrt oder anderer öffentlicher Interessen ist insbesondere anzunehmen, wenn
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1. | (…) |
2. | (…) |
3. | versucht wird, Personen oder Sachen mit Zivilluftfahrzeugen ohne die nach § 102 erforderlichen Bewilligungen zu befördern (…) |
4. | (…)" |
2. | Die Beschwerde macht zusammengefasst geltend, die Beschwerdeführerin habe das gegenständliche Luftfahrzeug Helikopter Bell Jet Ranger mit der Registrierung OE- vom Halter angemietet. Das Luftfahrzeug sei sohin am Tag der Beanstandung von der Beschwerdeführerin betrieben worden; der verantwortliche Pilot für die Flüge sei T K (selbst einfaches Vereinsmitglied der Beschwerdeführerin) gewesen. Er habe sich bereit erklärt, das Luftfahrzeug unentgeltlich zur Erreichung des Vereinszwecks zu fliegen. Dadurch, dass die "Austro Control" gegenüber dem verantwortlichen Piloten T K sowie gegenüber dem anwesenden damaligen Vereinspräsidenten (der Beschwerdeführerin) den Mandatsbescheid mündlich verkündet habe, komme der Beschwerdeführerin Parteistellung zu. Die Beschwerdeführerin habe - wie ausgeführt - das Luftfahrzeug angemietet und betrieben, weshalb sie auch ein rechtliches Interesse daran habe, dass der gegen T K und den Verein mündlich verkündete Mandatsbescheid ausgefertigt werde. Das rechtliche Interesse sei auch deshalb gegeben, weil nach § 102 Abs 4 LFG die Beschwerdeführerin berechtigt gewesen sei, nicht gewerbliche Flüge mit dem gegenständlichen Luftfahrzeug gegen Ersatz der Selbstkosten ohne Bewilligung (nach § 102 Abs 1 und 2 LFG) durchzuführen. |
3. | Die Beschwerde ist unbegründet. |
3.1. Das Recht, Vorstellung zu erheben, steht nur der vom Mandat betroffenen Partei im Sinne des § 8 AVG zu (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2003/03/0303, mwN). Nur sie hat auch einen Anspruch auf Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheids.
3.2. Im gegenständlichen Fall begründet die Beschwerdeführerin ihre Parteistellung in Bezug auf den Mandatsbescheid vom damit, dass einerseits mit diesem Mandatsbescheid auch ihr gegenüber das Flugverbot verhängt worden (also der Mandatsbescheid auch an sie adressiert gewesen) sei und andererseits durch dieses Flugverbot in ihre rechtlichen Interessen auf Durchführung nicht gewerblicher Flüge iSd § 102 Abs 4 LFG im Rahmen einer Vereinsveranstaltung eingegriffen worden sei.
Beide Überlegungen erweisen sich jedoch als unzutreffend.
3.3. Nach der über die Verkündung des Mandatsbescheid aufgenommenen Niederschrift, gegen die nach der Aktenlage keine Einwendungen erhoben wurden und deren Unrichtigkeit nicht einmal behauptet wird, weshalb sie gemäß § 15 AVG vollen Beweis über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung liefert, wurde der Mandatsbescheid "an Capt. T S (…) erlassen" und es wurde namentlich ihm verboten, mit dem näher bezeichneten Luftfahrzeug gewerbliche Flüge durchzuführen. Dass neben seinem Namen (in Klammer) noch als "Fa." die Beschwerdeführerin angeführt wurde, machte Letztere bei verständiger Würdigung der gesamten Niederschrift nicht auch zur Bescheidadressatin, sondern diente offenbar nur zur näheren Umschreibung der Person des verantwortlichen Piloten (durch Ergänzung des Namens seines vermeintlichen Arbeitgebers). Es kann der belangten Behörde daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie als Bescheidadressaten ausschließlich den verantwortlichen Piloten (iSd § 125 Abs 1 LFG) ansah.
3.4. Soweit die Beschwerdeführerin ihr rechtliches Interesse an der gegenständlichen Sache darauf stützt, das Luftfahrzeug angemietet und "betrieben" zu haben, um damit nicht gewerbliche Flüge iSd § 102 Abs 4 LFG durchzuführen, ist ihr zu erwidern, dass derartige Flüge vom gegenständlichen Flugverbot nicht umfasst waren, weil dem Piloten damit nur gewerbliche Flüge verboten wurden. Schon deshalb konnte der gegenständliche Mandatsbescheid nicht in die behaupteten subjektiven Rechte der Beschwerdeführerin eingreifen.
4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
XAAAE-71536