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VwGH vom 24.05.2012, 2010/03/0056

VwGH vom 24.05.2012, 2010/03/0056

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des F N in W, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19/1/1/29A, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl UVS-06/22/4082/2009-19, betreffend Übertretung des Telekommunikationsgesetzes 2003 (weitere Partei: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer eines näher bezeichneten Unternehmens der Übertretung des § 107 Abs 2 Z 1 Telekommunikationsgesetz 2003 (TKG) in 18 Fällen (Zusendung unerbetener SMS zu Werbezwecken) schuldig erkannt und es wurden über ihn Geldstrafen von EUR 700,-- je SMS (jeweils sieben Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Ihm wurde zur Last gelegt, dass sein Unternehmen 18 inhaltlich näher umschriebene SMS, also elektronische Post, zu Zwecken der Direktwerbung für von diesem Unternehmen betriebene Telefondienste (Weitervermittlung der Anrufer an Mehrwertdienste durch Bekanntgabe der anzurufenden Mehrwertnummern) ohne vorherige Einwilligung des Empfängers an einen näher bezeichneten Mobiltelefonanschluss gesendet hatte.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei handelsrechtlicher Geschäftsführer eines Unternehmens, das nach seinem Unternehmensgegenstand "Dienstleistungen der Informationstechnologie" erbringe, und zwar im Bereich der "gewerbsmäßigen Anbietung erotischer Dienstleistungen". Das Unternehmen verfüge über ca 800 Handynummern und ca 1000 Mehrwertnummern sowie 70 bis 80 Telefonistinnen.

Im Zeitraum vom bis seien von Telefonnummern, die diesem Unternehmen zugeordnet seien, zu näher bestimmten Zeitpunkten insgesamt 18 SMS an den Mobiltelefonanschluss des M S versandt worden. M S habe am bei der T GmbH die Erstanmeldung vorgenommen und ihm sei an diesem Tag besagte Telefonnummer zugewiesen und aktiviert worden. M S verfüge über keinerlei private oder geschäftliche Kontakte zum Unternehmen des Beschwerdeführers. Den betreffenden Telefonanschluss habe er zu keiner Zeit dem Unternehmen des Beschwerdeführers bekannt gegeben oder unter einem der Anschlüsse dieses Unternehmens ein Telefonat geführt oder an diese eine SMS versendet oder eine Einwilligung betreffend die Übermittlung von SMS an ihn erteilt. Die verfahrensgegenständlichen SMS seien daher ohne seine Einwilligung an ihn versendet worden und hätten näher umschriebene Aufforderungen zur Aufnahme erotischer Kontakte beinhaltet. Jede SMS sei mit folgendem Wortlaut abgeschlossen worden: "STOPP an (näher bezeichnete Mobiltelefonnummer)"

Der Beschwerdeführer rechtfertige sich damit, dass vom Anschluss des Empfängers der SMS am beim Unternehmen des Beschwerdeführers angerufen worden sei und der Anrufer durch das Drücken der Sterntaste seines Handys die Zustimmung zur Zusendung von SMS erteilt habe. Zum Beweis dafür habe der Beschuldigte einen Ausdruck aus seinem Computersystem beinhaltend eine "CallID"-Nummer, die Telefonnummer des Anrufers, die gewählte Nummer, das Datum, den Zeitpunkt und die Dauer des Gespräches sowie den Vermerk "AMTKOMMEND352" vorgelegt. Die Beweiskraft dieser Urkunde werde von der belangten Behörde schon deshalb angezweifelt, weil daraus nicht ersichtlich sei, wann sie erstellt, ob sie geändert und wann sie ausdruckt worden sei; weiters enthalte sie keine Angaben darüber, wer der Anrufende gewesen ist, wer das Gespräch entgegengenommen und welchen Inhalt es gehabt habe. Sie lasse auch keinen Schluss zu, dass am durch Drücken der Sterntaste der Zusendung von SMS zugestimmt worden sei.

Jedenfalls liege keine - ausdrückliche oder schlüssige - Einwilligung des Empfängers der SMS vor, weil dieser den Vertrag mit dem Mobilfunkbetreiber über den gegenständlichen Telefonanschluss erst am abgeschlossen habe und ihm mit diesem Datum, somit rund 1¾ Jahre nach der behaupteten Zustimmung, der Telefonanschluss zugeordnet worden sei. Er habe auch danach nie die Einwilligung für die Zusendung von SMS erteilt bzw habe auch sonst keine geschäftlichen Kontakte zum Unternehmen des Beschwerdeführers gehabt. Der objektive Tatbestand des § 107 Abs 2 Z 1 TKG sei damit in 18 Fällen erfüllt.

Dem Beschwerdeführer sei es auch nicht gelungen, mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen. Die im Unternehmen getroffenen Maßnahmen seien nicht geeignet gewesen, mit gutem Grund die Einhaltung der Vorschriften des TKG erwarten zu lassen. Sich ungeprüft bei der Versendung von SMS auf eine ein Jahr alte Zustimmungserklärung zu stützen, könne unter Berücksichtigung des rasanten Fortschritts im Bereich der Informationstechnologie als durchaus fahrlässig gewertet werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten unter Verzicht auf eine Gegenschrift vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 107 Abs 2 Telekommunikationsgesetz 2003 (TKG), BGBl I Nr 70/2003 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I Nr 133/2005 ist die Zusendung einer elektronischen Post - einschließlich SMS - ohne vorherige Einwilligung des Empfängers unzulässig wenn 1. die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt oder 2. an mehr als 50 Empfänger gerichtet ist.

Nach § 107 Abs 3 TKG ist eine vorherige Zustimmung für die Zusendung elektronischer Post gemäß § 107 Abs 2 leg cit nicht notwendig, wenn 1. der Absender die Kontaktinformation für die Nachricht im Zusammenhang mit dem Verkauf oder einer Dienstleistung an seine Kunden erhalten hat und 2. diese Nachricht zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen erfolgt und 3. der Empfänger klar und deutlich die Möglichkeit erhalten hat, eine solche Nutzung der elektronischen Kontaktinformation bei deren Erhebung und zusätzlich bei jeder Übertragung kostenfrei und problemlos abzulehnen und 4. der Empfänger die Zusendung nicht von vornherein, insbesondere nicht durch Eintragung in die im § 7 Abs 2 E-Commerce-Gesetz genannte Liste, abgelehnt hat.

2. Die Beschwerde macht zunächst geltend, in keiner der dem Beschwerdeführer behördlich bekannt gegebenen 18 SMS scheine die Telefonnummer des Empfängers auf. Es sei für den Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar, wie viele SMS dem Empfänger tatsächlich übermittelt worden seien und auf welcher Grundlage die belangte Behörde den Beschwerdeführer wegen Übermittlung von 18 SMS bestraft habe.

Dieses Vorbringen verkennt, dass dem Beschwerdeführer schon in der erstinstanzlichen Aufforderung zur Rechtfertigung vom bekannt gegeben wurde, dass von seinem Unternehmen an ein- und denselben Telefonanschluss (mit einer näher bezeichneten Telefonnummer) 18 SMS versendet worden seien, deren Inhalt auch präzise angeführt wurde. Dass der Beschwerdeführer in Anbetracht dieses Vorhaltes über den Tatvorwurf im Unklaren gelassen worden wäre, ist nicht nachzuvollziehen. Es ist auch nicht verständlich, wenn die Beschwerde die Beweisgrundlage für die festgestellten 18 SMS in Frage stellt, zumal diesen Feststellungen nach der Aktenlage jeweils Anzeigen des Empfängers zugrunde lagen. Auch hatte der Beschwerdeführer den Umstand, dass die SMS von seinem Unternehmen an diesen Telefonanschluss versandt worden sind, im Verfahren nicht bestritten, sondern sich damit gerechtfertigt, dafür die Einwilligung des Empfängers gehabt zu haben.

3. Letzteres, nämlich die Einwilligung des Empfängers zur Übersendung elektronischer Post, wird von der belangten Behörde in Zweifel gezogen. Nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides hat der aktuelle Inhaber des Telefonanschlusses jedenfalls keine Einwilligung erteilt; auch hinsichtlich des früheren Anschlussinhabers sei der Beschwerdeführer einen diesbezüglichen Nachweis schuldig geblieben.

Die Beschwerde behauptet nicht, dass der Empfänger der SMS, also der aktuelle Inhaber des Telefonanschlusses, selbst die Einwilligung zum Empfang elektronischer Post erteilt habe. Sie vertritt jedoch die Ansicht, dass - entgegen den Feststellungen der belangten Behörde - eine stillschweigende Zustimmung des früheren Anschlussteilnehmers zum Empfang derartiger SMS (durch Drücken der Sterntaste) erteilt worden sei. Der nachfolgende Anschlussteilnehmer müsse sich sämtliche Erklärungen seines Vorgängers entgegenhalten lassen, weil der Beschwerdeführer vom Wechsel der Anschlussteilnehmer nicht informiert worden sei. Es könne nicht dem Beschwerdeführer angelastet werden, dass der frühere Anschlussteilnehmer unterlassen habe, vor Abmeldung seines Mobiltelefonanschlusses diesen Umstand dem "Unternehmer des Beschwerdeführers" bekannt zu geben. Die belangte Behörde hätte daher nach Auffassung des Beschwerdeführers weitere Ermittlungen darüber anstellen müssen, dass der frühere Anschlussteilnehmer der Zusendung von SMS zugestimmt habe; sie hätte anschließend feststellen müssen, dass der Vorgänger des nunmehrigen Anschlussnehmers die Sterntaste seines Mobiltelefons gedrückt habe, um die Zustimmung zur Übermittlung von SMS zu erteilen, und dass für das Unternehmen des Beschwerdeführers daher kein vernünftiger Grund bestanden habe, an der Einwilligung des Empfängers der SMS zu zweifeln. Von einem Verschulden des Beschwerdeführers könne nicht ausgegangen werden. Im gegenständlichen Fall handle es sich um eine automationsunterstützte Computeranlage, die die SMS versende und der Empfänger habe im Falle, dass er die Übermittlung der SMS nicht wünsche, die Möglichkeit, die Stopp-Taste zu drücken und damit eine Zusendung sofort zu unterbinden.

4. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

4.1. Nach § 107 Abs 2 TKG ist die Zusendung elektronischer Post (einschließlich SMS) zu Zwecken der Direktwerbung (die im gegenständlichen Fall unstrittig vorlag) ohne vorherige Einwilligung des Empfängers unzulässig. Als Empfänger ist jene Person anzusehen, dem der Telefonanschluss, an den die unerbetene elektronische Post gesendet wird, zugeordnet ist. Dass der Teilnehmer, dem der gegenständliche Telefonanschluss im Zeitpunkt der Übermittlung der strittigen SMS zugeordnet war (M S), dieser Vorgangsweise vorher zugestimmt hätte, ist nach den insofern unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde zu verneinen. Ausgehend davon kann sich der Beschwerdeführer nicht darauf berufen, vom Empfänger der gegenständlichen SMS die vorherige Zustimmung zu ihrer Übersendung erhalten zu haben.

Die Behauptung des Beschwerdeführers, der Empfänger müsse sich die angebliche Einwilligung des früheren Anschlussinhabers zurechnen lassen, solange dem Absender der SMS nicht bekannt geworden sei, dass ein Teilnehmerwechsel stattgefunden habe, ist unzutreffend. Bei der erforderlichen Zustimmung handelt es sich um eine Willenserklärung des (zukünftigen) Empfängers elektronischer Post (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2007/03/0177).

Willenserklärungen anderer Personen muss sich der Empfänger (nach allgemeinen rechtsgeschäftlichen Grundsätzen) nur dann zurechnen lassen, wenn er diese Personen mit der Abgabe derartiger Erklärungen (in seinem Namen) bevollmächtigt oder insofern zumindest den Anschein der Bevollmächtigung erweckt hätte. Keine dieser Voraussetzungen wird vom Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall aber dargetan. Der Empfänger steht mit dem früheren Anschlussinhaber auch in keinem Rechtsverhältnis, das es rechtfertigen würde, ihn als dessen Rechtsnachfolger anzusehen. Selbst wenn der frühere Teilnehmer seine Zustimmung zur Zusendung von SMS erteilt haben sollte, wirkt diese Einwilligung für den Empfänger M S daher nicht (weiter).

4.2. Nach § 107 Abs 3 TKG bedarf es der vorherigen Zustimmung gemäß § 107 Abs 2 leg cit nicht, wenn die dort kumulativ aufgezählten Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehört zunächst, dass der Absender die Kontaktinformation für die Nachricht im Zusammenhang mit einer Dienstleistung an seine Kunden erhalten hat (Z 1). Ob diese Voraussetzung auch dann erfüllt ist, wenn ein früherer Anschlussnehmer - wie der Beschwerdeführer behauptet - Kunde des Absenders war und er auf diesem Weg zu den Kontaktdaten gelangt ist, braucht hier nicht abschließend geprüft zu werden. Eine Berufung des Beschwerdeführers auf die Ausnahmeregelung des § 107 Abs 3 TKG scheitert nämlich jedenfalls daran, dass der Empfänger im gegenständlichen Fall - entgegen § 107 Abs 3 Z 3 TKG -

nicht klar und deutlich die Möglichkeit erhalten hat, eine Nutzung der elektronischen Kontaktinformation im Zusammenhang mit der Übertragung kostenfrei und problemlos abzulehnen. Diesem Erfordernis wurde allein mit der am Ende der strittigen SMS enthaltenen Wortfolge "STOPP an (näher bezeichnete Telefonnummer)" nicht Rechnung getragen, weil für den durchschnittlichen Empfänger keineswegs klar und deutlich sein musste, dass er durch Übersendung dieser Wortfolge an die genannte Nummer weitere Zusendungen verhindern könne. Dazu hätte es einer eindeutigen Information des Empfängers über die Bedeutung dieser Wortfolge bedurft (vgl in diesem Sinn auch § 124 Kommunikationsparameter-Entgelt und Mehrwertdiensteverordnung 2009, BGBl II Nr 212/2009 (KEM-V 2009), wonach alle Dienste des Nutzers hinter einer Rufnummer unmittelbar zu beenden sind, wenn dieser eine Nachricht mit "Stop" oder "Stopp" sendet, der Nutzer darüber vom Dienstleister aber eindeutig zu informieren ist; für den Beschwerdefall ist zudem festzuhalten, dass der Beschwerdeführer auch gar nicht behauptet hat, dass der Empfänger der SMS Nutzer eines Nachrichtendienstes iSd KEM-V gewesen sei).

4.3. Der Einwand des Beschwerdeführers kann auch dahingehend verstanden werden, dass ihn an der objektiven Erfüllung des Tatbestandes der unerbetenen Nachrichtenübersendung kein Verschulden treffe.

Da es sich bei den gegenständlichen Übertretungen um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne von § 5 VStG handelt (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2008/03/0132, mwN) wäre es am Beschwerdeführer gelegen, alles seiner Entlastung Dienende vorzubringen um zu beweisen, dass ihn an der Übertretung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens ist dem Beschwerdeführer aber schon unter Zugrundelegung seines Vorbringens nicht gelungen. Das vom Beschwerdeführer dargestellte vollständig automatisierte System der Einholung von Zustimmungen einerseits und der Versendung von SMS andererseits ist mangels eines ausreichenden Fehlerkalküls schon vom Ansatz her nicht geeignet, als ausreichendes Kontrollsystem in Bezug auf die Einhaltung der Vorschriften des TKG angesehen zu werden (vgl dazu bereits das hg Erkenntnis vom , Zl 2003/03/0284). Der belangten Behörde kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie das Vertrauen des Beschwerdeführers auf das Vorliegen der gesetzlich gebotenen Einwilligung des Empfängers nicht als exkulpierend gewertet hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am