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VwGH vom 22.10.2012, 2010/03/0048

VwGH vom 22.10.2012, 2010/03/0048

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde der Ö AG in W, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Ebendorferstraße 3, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom , Zl PR 1/08/40, betreffend Wiederaufnahme eines Aufsichtsverfahrens nach dem Postgesetz 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Hinsichtlich der Vorgeschichte des Beschwerdefalls wird auf das hg Erkenntnis vom , Zl 2009/03/0016, verwiesen. Mit diesem hat der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der belangten Behörde vom , mit dem sie gegenüber der Beschwerdeführerin näher bezeichnete Aufsichtsmaßnahmen nach dem Postgesetz 1997 (iW: Verpflichtung zur Anzeige von im Bereich des Universaldienstes gewährten Sondertarifen/Rabatten) angeordnet hatte, als unbegründet abgewiesen.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Wiederaufnahme des Verfahrens sowie Einstellung des wiederaufgenommenen Verfahrens ebenso abgewiesen (Spruchpunkt 1.) wie der Eventualantrag der Beschwerdeführerin auf ersatzlose Aufhebung des Bescheids vom (Spruchpunkt 2.).

In der Begründung legte die belangte Behörde dar, dass die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom die aus dem Spruch ihres Bescheids ersichtlichen Anträge gestellt habe. Sie habe dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) im Urteil vom , Rs C- 357/07, betreffend die Mehrwertsteuerbefreiung für "öffentliche Posteinrichtungen" in Art 13 Teil A Abs 1 lit a der

6. Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern unter Rn 48 Folgendes ausgeführt habe: "Diese Auslegung wird im Übrigen durch den 15. Erwägungsgrund der Richtlinie 97/67 bestätigt, wonach die Möglichkeit, Verträge mit den Kunden individuell auszuhandeln, von vornherein nicht dem Begriff des Universaldienstangebots entspricht."

Daraus habe die Beschwerdeführerin abgeleitet, es sei nunmehr klargestellt, dass die in § 10 Abs 1 Postgesetz 1997 genannten Sondertarife nicht Bestandteil des Universaldienstes seien. Folglich würde die Verpflichtung, diese Sondertarife (individuelle Preisabsprachen/Rabatte) durch die Regulierungsbehörde genehmigen zu lassen (§ 10 Abs 1 Postgesetz 1997) bzw ihr anzuzeigen (§ 9 Abs 4 Postgesetz 1997), entfallen.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung legte die belangte Behörde sodann dar, dass gemäß § 69 Abs 1 Z 3 AVG dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben sei, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig sei und der Bescheid gemäß § 38 AVG von Vorfragen abhängig gewesen sei und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (dem Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden worden sei. Maßgeblich sei der diesbezügliche Spruch der Entscheidung, nicht die Begründung. Eine Vorfragenentscheidung sei dann anders, wenn deren abweichende Lösung zu einer anderen Entscheidung der Hauptfrage führen müsse.

Im angeführten Urteil des EuGH habe dieser im Wesentlichen ausgeführt, dass Dienstleistungen öffentlicher Posteinrichtungen, deren Bedingungen einzelvertraglich ausgehandelt worden seien, nicht als nach Art 13 Teil A Abs 1 lit a der 6. Richtlinie befreit gelten können, wobei diese Auslegung "im Übrigen durch den

15. Erwägungsgrund der Richtlinie 97/67 bestätigt" werde. Aus diesen Ausführungen könne nur geschlossen werden, dass die Gewährung von Sondertarifen bzw Rabatten nicht unter die Universaldienstverpflichtung für den Universaldienstbetreiber falle und somit nicht von der Steuerbefreiung betroffen sei. Die Auffassung der Beschwerdeführerin, wonach die Gewährung von Sondertarifen für Dienste, welche im Bereich des Universaldienstes lägen, dadurch generell außerhalb des Universaldienstbereiches liege, sei unrichtig. Ein gewährter Sondertarif im Bereich des Universaldienstes sei vielmehr als Entgeltbestandteil zu sehen und unterliege damit der Genehmigungspflicht im reservierten Bereich bzw der Anzeigepflicht im Universaldienstbereich (außerhalb des reservierten Bereichs). Der genannte Bescheid vom sei daher nicht rechtswidrig.

Im Urteil des EuGH sei also - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - nicht über eine Vorfrage des genannten Bescheides "anders" entschieden worden.

Zum Eventualantrag der Beschwerdeführerin auf Aufhebung des Bescheids, der im Wesentlichen damit begründet worden sei, dass auf Basis eines Vorrangs des Gemeinschaftsrechts gegenüber individuellen staatlichen Akten die Verwaltungsbehörde verpflichtet sei, eine bestandskräftige Verwaltungsentscheidung zu überprüfen, um einer mittlerweile vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung der einschlägigen Bestimmung Rechnung zu tragen, führte die belangte Behörde weiter aus, ihrem Bescheid vom liege entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin keine unrichtige Auslegung von Unionsrecht zugrunde. Selbst unter der Annahme, das genannte Urteil des EuGH wäre zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde bereits bekannt gewesen, hätte dies keine Auswirkung auf ihre Entscheidung gehabt.

Die Ausführungen der Beschwerdeführerin liefen letztlich auf ein unzutreffendes Verständnis des genannten hinaus, sodass ihre Anregung (auf Aufhebung des Bescheids gemäß § 68 Abs 2 AVG) nicht aufzugreifen gewesen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1. Im Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Postgesetzes 1997, BGBl I Nr 18/1998 idF BGBl I Nr 52/2009 (PostG 1997), von Bedeutung:

"1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

Zweck und Anwendungsbereich

§ 1. Dieses Bundesgesetz soll gewährleisten, daß Postdienste für alle Nutzer im gesamten Bundesgebiet zufriedenstellend, preiswert und nach gleichen Grundsätzen erbracht werden. Es legt die Grundlagen für die Erfüllung des Versorgungsauftrages bei dem Erbringen des Universaldienstes sowie die Rahmenbedingungen für den Wettbewerb auf dem Gebiet des Postwesens fest.

Begriffsbestimmungen

§ 2. Nach diesem Bundesgesetz bezeichnet der Begriff:

1. 'Betreiber' Unternehmen und Einrichtungen, denen der reservierte Postdienst und der Universaldienst oder nur der Universaldienst übertragen wurde;

7. 'Reservierter Postdienst' die einem bestimmten Betreiber vorbehaltenen Postdienste;

8. 'Wettbewerbsdienste' die nicht der Österreichischen Post oder einem Betreiber vorbehaltenen Postdienste;

2. Abschnitt

Universaldienst und reservierter Postdienst

Universaldienst

§ 4. (1) Der Universaldienst umfasst folgende Leistungen:

1. Abholung, Sortieren, Transport und Zustellung von Postsendungen bis 2 kg,

2. Abholung, Sortieren, Transport und Zustellung von Postpaketen bis 20 kg und

3. Dienste für Einschreib- und Wertsendungen.

(2) Im Rahmen des Universaldienstes ist vom Betreiber zu gewährleisten, dass den Nutzern ständig Postdienstleistungen flächendeckend zu allgemein erschwinglichen Preisen und in einer solchen Qualität angeboten werden, dass den Bedürfnissen der Nutzer durch eine entsprechende Dichte an Abhol- und Zugangspunkten sowie durch die Abhol- und Zustellfrequenz entsprochen wird. Soweit vergleichbare Voraussetzungen gegeben sind, sind gleiche Leistungen für die Nutzer zu gewährleisten. Bei der Erbringung des Universaldienstes ist auf technische Entwicklungen sowie auf gesamtwirtschaftliche, regionale und soziale Aspekte sowie auf die Nachfrage der Nutzer Rücksicht zu nehmen.

Universaldienstbetreiber

§ 5. (1) Den bundesweiten Universaldienst hat grundsätzlich die Österreichische Post zu erbringen, die Verpflichtung besteht nicht, soweit allgemeine Notstände die Postbeförderung hindern.

Reservierter Postdienst

§ 6. (1) Das Erbringen von Postdienstleistungen für persönlich beanschriftete Briefsendungen bis zu einem Gewicht von 50 Gramm ist grundsätzlich der Österreichischen Post vorbehalten.

Kontrahierungszwang

§ 8. Der Betreiber ist verpflichtet, mit jedermann unter Einhaltung der Geschäftsbedingungen einen Vertrag über die Teilnahme am reservierten Postdienst und am Universaldienst abzuschließen.

Allgemeine Geschäftsbedingungen für den reservierten Postdienst und den Universaldienst

§ 9. (1) Für den reservierten Postdienst hat der Betreiber allgemeine Geschäftsbedingungen zu erlassen. Diese Geschäftsbedingungen bedürfen der Genehmigung durch die Regulierungsbehörde. Sie sind der Behörde mindestens zwei Monate vor der beabsichtigten Veröffentlichung vorzulegen.

(2) Die Genehmigung ist zu verweigern, wenn

1. Nutzer- und Marktbedürfnisse nicht ausreichend gedeckt werden,

2. die Qualität des Dienstleistungsangebotes oder die Angemessenheit der Entgelte nicht ausreichend sichergestellt sind und

3. die Geschäftsbedingungen gegen zwingendes Recht verstoßen.

(3) Die Regulierungsbehörde ist berechtigt, Auskunft über alle Umstände zu verlangen, die für die Genehmigung von Geschäftsbedingungen erforderlich sind. Ihre Organe oder die von ihr Beauftragten sind berechtigt, zu diesem Zweck auch in die Geschäftsaufzeichnungen des Betreibers Einsicht zu nehmen.

(4) Der Universaldienstbetreiber hat in Entsprechung der Vorgaben dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen allgemeine Geschäftsbedingungen für den Universaldienst zu erlassen. In diesen sind die angebotenen Dienste zu regeln und die vorgesehenen Entgelte festzulegen. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Universaldienst sind der Regulierungsbehörde bei Veröffentlichung zu übermitteln. § 9 Abs. 3 gilt sinngemäß.

...

Entgelte für den reservierten Postdienst und den Universaldienst, Kostenrechnungssystem

§ 10. (1) Die Entgelte für den reservierten Postdienst sind in den Geschäftsbedingungen zu regeln. Die Entgelte bedürfen der Genehmigung durch die Regulierungsbehörde. Die Genehmigung kann auch in der Form der Festlegung von Tarifentwicklungen (price-cap-Verfahren) erteilt werden; es können auch Sondertarife vorgesehen werden.

(2) Die Entgelte für den reservierten Postdienst und den Universaldienst sind auf alle Nutzer in gleicher Weise anzuwenden. Die Anwendung eines einheitlichen Entgelts für den Universaldienst schließt nicht das Recht des Betreibers des Universaldienstes aus, mit Nutzern individuelle Preisabsprachen zu treffen. Die Kriterien für solche Preisabsprachen sind der Regulierungsbehörde anzuzeigen und in geeigneter Form zu veröffentlichen; sie sind auf alle Nutzer in gleicher Weise anzuwenden und haben dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung zu entsprechen.

(3) Die Entgelte für den reservierten Postdienst und den Universaldienst sind so zu gestalten, dass sie jedenfalls einheitlich, allgemein erschwinglich und kostenorientiert sind. Durch Verordnung kann der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie die näheren Bestimmungen über die Gestaltung dieser Entgelte festlegen.

Überprüfung nicht genehmigungspflichtiger Entgelte

§ 10a. (1) Werden der Regulierungsbehörde Tatsachen bekannt, die die Annahme rechtfertigen, dass nicht genehmigungspflichtige Entgelte eines Universaldienstbetreibers nicht den Maßstäben des § 10 entsprechen, hat sie eine Überprüfung der Entgelte einzuleiten und dies dem Universaldienstbetreiber mitzuteilen.

(2) Die Regulierungsbehörde ist berechtigt, Auskünfte über alle Umstände die Entgelte betreffend zu verlangen. Ihre Organe oder die von ihr Beauftragten sind zu diesem Zweck auch berechtigt, in die Geschäftsaufzeichnungen des Betreibers Einsicht zu nehmen.

(3) Stellt die Regulierungsbehörde fest, dass die Entgelte nicht den Maßstäben des § 10 entsprechen, hat sie den Universaldienstbetreiber aufzufordern, die Entgelte unverzüglich den genannten Maßstäben anzupassen. Diese Aufforderung ist auf der Homepage der Regulierungsbehörde zu veröffentlichen.

(4) Erfolgt eine nach Abs. 3 geforderte Anpassung nicht, hat die Regulierungsbehörde das beanstandete Verhalten zu untersagen und die Entgelte für unwirksam zu erklären.

3. Abschnitt

Postdienste

Allgemeine Voraussetzungen, Anzeigepflicht

§ 15. (1) Jedermann ist berechtigt, außerhalb des reservierten Postdienstes (§ 6) Postdienste unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen anzubieten.

Allgemeine Geschäftsbedingungen für Dienste im Universaldienstbereich

§ 16. (1) Anbieter von Postdiensten haben für Dienste im Universaldienstbereich allgemeine Geschäftsbedingungen zu erlassen, die angebotenen Dienste zu beschreiben und die dafür vorgesehenen Entgelte festzulegen. Dies ist in geeigneter Form kundzumachen.

(2) Diese Geschäftsbedingungen für Dienste im Universaldienstbereich sind der Regulierungsbehörde bei der Veröffentlichung zu übermitteln; § 9 Abs. 3 gilt sinngemäß.

..."

2. Durch das PostG 1997 sollte die Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität, ABl Nr L 15 vom , 14, innerstaatlich umgesetzt werden (940 BlgNR, 20. GP, 12).

3. Im Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen dieser Richtlinie (idF der Richtlinie 2008/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Änderung der Richtlinie 97/67/EG im Hinblick auf die Vollendung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft, ABl Nr L 52 vom ; iF: PostRL) von Bedeutung:

"(Erwägungsgründe)

(14) Die Nutzer des Universaldienstes müssen angemessen über das Leistungsangebot, die Bereitstellungs- und Nutzungsbedingungen, die Qualität der erbrachten Dienstleistungen sowie die Tarife unterrichtet werden.

(15) Die in dieser Richtlinie enthaltenen Bestimmungen über das Universaldienstangebot berühren nicht das Recht der Betreiber von Universaldiensten, Verträge mit den Kunden individuell auszuhandeln.

Artikel 2

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1. 'Postdienste' die Dienste im Zusammenhang mit der Abholung, dem Sortieren, dem Transport und der Zustellung von Postsendungen;

1a. 'Postdiensteanbieter' Unternehmen, die einen oder mehrere Postdienste erbringen;

13. 'Universaldiensteanbieter' einen öffentlichen oder privaten Postdiensteanbieter, der in einem Mitgliedstaat die Leistungen des Universalpostdienstes ganz oder teilweise erbringt und dessen Identität der Kommission gemäß Artikel 4 mitgeteilt wurde;

KAPITEL 2

Universaldienst

Artikel 3

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, daß den Nutzern ein Universaldienst zur Verfügung steht, der ständig flächendeckend postalische Dienstleistungen einer bestimmten Qualität zu tragbaren Preisen für alle Nutzer bietet.

(2) Zu diesem Zweck sorgen die Mitgliedstaaten dafür, daß die Dichte der Abhol- und Zugangspunkte den Bedürfnissen der Nutzer entspricht.

(3) Die Mitgliedstaaten unternehmen Schritte, um zu gewährleisten, dass der Universaldienst an mindestens fünf Arbeitstagen pro Woche gewährleistet ist, sofern keine besonderen Umstände oder außergewöhnlichen geografischen Gegebenheiten vorliegen, und dass dieser Dienst mindestens Folgendes umfasst:


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-
eine Abholung;
-
eine Hauszustellung an jede natürliche oder juristische Person oder, ausnahmsweise, unter von der nationalen Regulierungsbehörde zu beurteilenden Bedingungen, eine Zustellung an geeignete Einrichtungen.
Jede Ausnahme oder Abweichung, die von einer nationalen Regulierungsbehörde gemäß diesem Absatz gewährt wird, ist der Kommission und allen nationalen Regulierungsbehörden mitzuteilen.

(4) Jeder Mitgliedstaat erläßt die erforderlichen Maßnahmen, damit der Universaldienst mindestens folgendes Angebot umfaßt:


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-
Abholung, Sortieren, Transport und Zustellung von Postsendungen bis 2 kg;
-
Abholung, Sortieren, Transport und Zustellung von Postpaketen bis 10 kg;
-
die Dienste für Einschreib- und Wertsendungen.

(5) Die nationalen Regulierungsbehörden können die Gewichtsobergrenze für Postpakete, die unter den Universaldienst fallen, auf einen Wert anheben, der 20 kg nicht übersteigt, und Sonderregelungen für die Hauszustellung von solchen Postpaketen vorsehen.

Ungeachtet der in einem Mitgliedstaat geltenden Gewichtsobergrenzen für Postpakete, die unter den Universaldienst fallen, stellen die Mitgliedstaaten sicher, daß Postpakete aus anderen Mitgliedstaaten, deren Gewicht höchstens 20 kg beträgt, in ihrem Hoheitsgebiet zugestellt werden.

Artikel 5

(1) Jeder Mitgliedstaat trägt dafür Sorge, daß bei der Bereitstellung des Universaldienstes folgende Anforderungen erfüllt sind:


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-
Gewährleistung der Einhaltung der Grundanforderungen;
-
gleiche Leistungen für die Nutzer, soweit vergleichbare Voraussetzungen gegeben sind;
-
Erbringung der Dienstleistungen ohne Diskriminierung, insbesondere ohne Diskriminierung aus politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen;
-
keine Unterbrechung oder Einstellung der Leistungen außer im Fall höherer Gewalt;
-
Weiterentwicklung entsprechend den technischen, wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten sowie gemäß den Bedürfnissen der Nutzer.
Artikel 6
Die Mitgliedstaaten unternehmen Schritte, um zu gewährleisten, dass die Nutzer und Postdiensteanbieter regelmäßig ausreichend genaue und dem neuesten Stand entsprechende Informationen durch den/die Universaldiensteanbieter über die Merkmale der angebotenen Universaldienstleistungen erhalten, insbesondere über die allgemeinen Bedingungen für den Zugang zu diesen Leistungen, die Preise und die Qualität. Diese Informationen sind in geeigneter Weise zu veröffentlichen.
KAPITEL 5
Tarifierungsgrundsätze und Transparenz der Rechnungslegung
Artikel 12
Die Mitgliedstaaten unternehmen Schritte, um zu gewährleisten, dass die Tarife für die einzelnen Universaldienstleistungen folgenden Grundsätzen entsprechen:
-
Die Preise müssen erschwinglich sein und es ungeachtet der geografischen Lage und unter Berücksichtigung der landesspezifischen Bedingungen ermöglichen, dass alle Nutzer Zugang zu den angebotenen Diensten haben. Die Mitgliedstaaten können kostenlose Postdienstleistungen für Blinde und Sehbehinderte aufrechterhalten oder einführen;
-
die Preise müssen kostenorientiert sein und Anreize zur Erbringung einer effizienten Universaldienstleistung geben. In Fällen, in denen es aus Gründen des öffentlichen Interesses erforderlich ist, können die Mitgliedstaaten beschließen, dass in ihrem Hoheitsgebiet und/oder grenzüberschreitend für Dienste, die zu einem Einzelsendungstarif angeboten werden, sowie für andere Postsendungen ein Einheitstarif angewandt wird;
-
die Anwendung eines Einheitstarifs schließt nicht das Recht des (der) Universaldiensteanbieter(s) aus, mit Nutzern individuelle Preisvereinbarungen zu treffen;
-
die Tarife müssen transparent und nichtdiskriminierend sein;
-
wenden Anbieter von Universaldienstleistungen Sondertarife an, beispielsweise für Dienste für Geschäftskunden, Massenversender oder Konsolidierer verschiedener Nutzer, so gelten die Grundsätze der Transparenz und Nichtdiskriminierung sowohl für die Tarife als auch für die entsprechenden Bedingungen. Die Tarife gelten, ebenso wie die entsprechenden Bedingungen, sowohl zwischen verschiedenen Dritten als auch zwischen Dritten und Universaldiensteanbietern, die gleichwertige Dienste anbieten. Alle derartigen Tarife werden auch allen anderen Nutzern gewährt, insbesondere Privatkunden und kleinen und mittleren Unternehmen, die Sendungen unter vergleichbaren Bedingungen einliefern."
4.
Art 13 Teil A Abs 1lit a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern, ABl Nr L 145vom (iF: 6. Richtlinie), bestimmt Folgendes:
"'A. Befreiungen bestimmter dem Gemeinwohl dienender Tätigkeiten

(1) Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:

a) die von den öffentlichen Posteinrichtungen ausgeführten Dienstleistungen und die dazugehörenden Lieferungen von Gegenständen mit Ausnahme der Personenbeförderung und des Fernmeldewesens;

…' "

5. Im Urteil vom , Rs C-287/06 bis C-292/06 (Deutsche Post AG gegen Bundesrepublik Deutschland), über ein Vorabentscheidungsersuchen zur Auslegung der PostRL, hat der EuGH Folgendes ausgeführt:

"Zur Vorlagefrage

26 Die Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob die Richtlinie 97/67 so auszulegen ist, dass sie dem entgegensteht, dass Unternehmen, die gewerbsmäßig und in eigenem Namen Postsendungen mehrerer Absender zusammenfassen, Sondertarife verweigert werden, die der nationale Anbieter von Universalpostdienstleistungen im Bereich seiner Exklusivlizenz Geschäftskunden für die Einlieferung von Mindestmengen vorsortierter Sendungen in seinen Briefzentren gewährt.

27 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 97/67 in Bezug auf die Anwendung von Sondertarifen in Art. 12 fünfter Gedankenstrich ausdrücklich vorsieht:

'Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Tarife für die einzelnen Universaldienstleistungen folgenden Grundsätzen entsprechen:

- Wenn Anbieter von Universaldienstleistungen Sondertarife anwenden, beispielsweise für Dienste für Geschäftskunden, Massenversender oder Konsolidierer von Postsendungen verschiedener Kunden, so gelten die Grundsätze der Transparenz und Nichtdiskriminierung sowohl für die Tarife als auch für die entsprechenden Bedingungen. Die Tarife tragen den im Vergleich zu dem allumfassenden Standarddienst einschließlich Einsammeln, Transport, Sortierung und Zustellung einzelner Sendungen eingesparten Kosten Rechnung und gelten, ebenso wie die entsprechenden Bedingungen, sowohl im Verhältnis zwischen verschiedenen Dritten als auch im Verhältnis zwischen Dritten und Universaldiensteanbietern, die gleichwertige Dienste anbieten. Alle derartigen Tarife werden auch privaten Kunden gewährt, die Sendungen unter vergleichbaren Bedingungen einliefern.'

28 Aus dieser Bestimmung geht klar hervor, dass ein Anbieter von Universalpostdienstleistungen, wenn er Sondertarife anwendet, diese Tarife in der gleichen Weise insbesondere in den Beziehungen zwischen verschiedenen Dritten anwenden muss, um die Grundsätze der Transparenz und der Nichtdiskriminierung zu beachten. Entgegen dem Vorbringen der Deutschen Post und der deutschen Regierung müssen daher die Konsolidierer von Postsendungen verschiedener Kunden, wenn ein solcher Anbieter Sondertarife bei Geschäftskunden und/oder Massenversendern anwendet, die gleichen Tarife zu den gleichen Bedingungen erhalten können.

36 Die Deutsche Post und die deutsche Regierung machen jedoch geltend, dass es das finanzielle Gleichgewicht der Deutschen Post gefährden würde, wenn den Konsolidierern Zugang zu den Briefzentren und den entsprechenden Rabatten für eine Teilleistung in Bezug auf Postsendungen gewährt würde, die in Anbetracht ihres Gewichts und ihres Preises unter die Exklusivlizenz dieser Gesellschaft fielen. Diese Konsolidierer könnten nämlich einer lukrativen Kundschaft, den Geschäftskunden, von denen etwa 80 % aller Sendungen stammten, die gesamte Postbeförderungskette anbieten, und zwar zu niedrigeren Tarifen als die Deutsche Post. Für die aufwändigeren Leistungen, insbesondere die Zustellung in ländlichen Gebieten, könnten diese Konsolidierer dann auf die Dienste des Anbieters von Universalpostdienstleistungen als Subunternehmer zurückgreifen; dieser wäre verpflichtet, seinen betrieblichen und personellen Apparat in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.

37 In diesem Zusammenhang genügt die Feststellung, dass Sondertarife nach Art. 12 fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 'den im Vergleich zu dem allumfassenden Standarddienst einschließlich Einsammeln, Transport, Sortierung und Zustellung einzelner Sendungen eingesparten Kosten Rechnung (tragen)'. Diese Tarife können daher in der Weise ausgestaltet werden, dass sie die mit der Erbringung der Universalpostdienstleistungen verbundenen spezifischen Kosten decken und sich von normalen Tarifen nur dadurch unterscheiden, dass die tatsächlich eingesparten Kosten von den letztgenannten Tarifen abgezogen werden, so dass die Gewährung von Sondertarifen das finanzielle Gleichgewicht des Anbieters von Universalpostdienstleistungen nicht beeinträchtigt.

38 Sollte sich herausstellen, dass die Gewährung der gegenwärtig nur den Geschäftskunden der Deutschen Post eingeräumten Rabatte an die Konsolidierer zur Folge hat, dass diese Rabatte im Verhältnis zu den eingesparten Kosten übermäßig sind, stünde es dieser Gesellschaft daher frei, diese Rabatte für alle, die sie erhalten, in dem erforderlichen Maß herabzusetzen.

39 Im Übrigen steht fest, dass die Zustellung von Postsendungen, die in den Bereich der Exklusivlizenz des Anbieters von Universalpostdienstleistungen fallen, grundsätzlich für diesen Anbieter reserviert bleibt und dass die Rabatte, die die Deutsche Post ihren Geschäftskunden für die Einlieferung von Mindestmengen vorsortierter Sendungen in ihren Briefzentren einräumt, zwischen 3 % und höchstens 21 % schwanken.

40 Die Deutsche Post und die deutsche Regierung machen außerdem geltend, Art. 12 fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 sei nur eine Tarifierungsbestimmung und könne daher nicht zur Folge haben, dass ein Mitgliedstaat gezwungen sei, im Bereich der Exklusivlizenz des Anbieters von Universalpostdienstleistungen den Wettbewerbern den Zugang zu Teilleistungen zu eröffnen. Der Zugang zum öffentlichen Postnetz sei nämlich Gegenstand von Art. 11 dieser Richtlinie, der die Regelung dieses Zugangs einem späteren Tätigwerden des Gemeinschaftsgesetzgebers überlasse, wobei dieser von dieser Ermächtigung jedoch nicht Gebrauch gemacht habe.

41 Es trifft zu, dass Art. 12 fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 nicht die Grundsatzfrage regeln soll, ob ein Anbieter von Universalpostdienstleistungen einen Zugang zur Postbeförderungskette zu anderen Bedingungen und an anderen Punkten gewähren muss als denjenigen des herkömmlichen Briefpostdienstes. Wie aus dem Wortlaut dieser Bestimmung hervorgeht, erlegt sie den Mitgliedstaaten jedoch eine strenge Verpflichtung auf, die Grundsätze der Transparenz und der Nichtdiskriminierung dann zu beachten, wenn ein solcher Zugang zu Sondertarifen von diesem Anbieter tatsächlich gewährt wird.

42 Sowohl die Deutsche Post als auch die deutsche Regierung räumen ein, dass die Deutsche Post ihren Geschäftskunden noch liberaler, als es die Richtlinie vorgibt, Zugang zu ihrem Postnetz an anderen Punkten als den herkömmlichen Zugangspunkten gewährt und ihnen dafür Sondertarife einräumt.

43 Gerade einen solchen Fall soll Art. 12 fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 regeln. Wendet ein Anbieter von Universalpostdienstleistungen Sondertarife an, z. B. für Dienste gegenüber Geschäftskunden, Massenversendern oder Konsolidierern von Sendungen mehrerer Kunden, so gelten diese Tarife ebenso wie die sie betreffenden Bedingungen in gleicher Weise in den Beziehungen insbesondere zwischen Dritten.

44 Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 12 fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 dahin auszulegen ist, dass er dem entgegensteht, dass Unternehmen, die Postsendungen mehrerer Absender gewerblich und in eigenem Namen zusammenfassen, Sondertarife verweigert werden, die der nationale Anbieter von Universalpostdienstleistungen im Bereich seiner Exklusivlizenz Geschäftskunden für die Einlieferung von Mindestmengen vorsortierter Sendungen in seinen Briefzentren gewährt."

6. Im Urteil vom , Rs C-357/07 (TNT Post UK Ltd), auf das sich die Beschwerdeführerin in ihrem Wiederaufnahmeantrag gestützt hat, hat der EuGH aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens zur Auslegung der

6. Mehrwertsteuerrichtlinie Folgendes ausgeführt:

"1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits der TNT Post UK Ltd (im Folgenden: TNT Post), Klägerin des Ausgangsverfahrens, gegen die Commissioners for Her Majesty's Revenue and Customs, Beklagte des Ausgangsverfahrens, unter Beteiligung der Royal Mail Group Ltd (im Folgenden: Royal Mail), Streithelferin des Ausgangsverfahrens, in dem es um die Rechtmäßigkeit der Befreiung der von dem letztgenannten Unternehmen erbrachten Postdienstleistungen von der Mehrwertsteuer geht.

15 Die Postdienste, die Royal Mail aufgrund ihrer Lizenz der Öffentlichkeit anzubieten verpflichtet ist, machen den größten Teil sowohl der von diesem Unternehmen bearbeiteten Gesamtpostmenge als auch der Gesamteinnahmen aus, die dieses mit seinem Postbetrieb erzielt. Unter Berücksichtigung ihrer Tätigkeit "Briefpostversand" unterliegen beinahe 90 % der Tätigkeiten von Royal Mail, gemessen am Umsatz, durch Vorschriften geregelten Voraussetzungen und Anforderungen, die im Unterschied zu allen anderen Postbetreibern im Vereinigten Königreich nur sie zu beachten hat.

16 TNT Post, die der in mehr als 200 Staaten tätigen und mehr als 128 000 Personen beschäftigenden Unternehmensgruppe TNT angehört, erbringt Dienstleistungen der postalischen Verteilung von Geschäftspost, vorsortiert und als Massensendungen. Ihre Tätigkeiten bestehen darin, die Post ihrer Kunden abzuholen, mechanisch und manuell zu sortieren (bei Massensendungen) sowie sie zu behandeln und auf dem Landweg zu einer Regionalsammelstelle von Royal Mail zu befördern. Diese Dienstleistungen werden als "vorgelagerte Dienstleistungen" bezeichnet.

26 Mit seiner ersten Frage, die als Ganzes zu behandeln ist, möchte das vorlegende Gericht wissen, wie der Begriff "öffentliche Posteinrichtungen" in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie insbesondere dann auszulegen ist, wenn die Postdienste in einem Mitgliedstaat liberalisiert worden sind.

27 Hierzu ist erstens daran zu erinnern, dass der Aufbau des gesamten Satzes dieser Bestimmung eindeutig zeigt, dass die Worte "öffentliche Posteinrichtungen" die ausführenden Einrichtungen bezeichnen, die die zu befreienden Dienstleistungen erbringen. Der Wortlaut der Bestimmung deckt also nur Leistungen, die von einer Stelle erbracht werden, die als "öffentliche Posteinrichtung" im organisatorischen Sinne dieses Begriffs angesehen werden kann (vgl. Urteil vom , Kommission/Deutschland, 107/84, Slg. 1985, 2655, Randnr. 11).

40 Daher ist auf die erste Frage zu antworten, dass der Begriff "öffentliche Posteinrichtungen" in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass er für öffentliche oder private Betreiber gilt, die sich verpflichten, in einem Mitgliedstaat den gesamten Universalpostdienst, wie er in Art. 3 der Richtlinie 97/67 geregelt ist, oder einen Teil derselben zu gewährleisten.

Zur zweiten und zur dritten Frage

41 Mit der zweiten und der dritten Frage, die gemeinsam zu behandeln sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie vorgesehene Steuerbefreiung für sämtliche postalischen Dienstleistungen gilt, die von den öffentlichen Posteinrichtungen erbracht werden, oder nur für einen Teil dieser Dienstleistungen. Im letztgenannten Fall möchte es wissen, welche Kriterien die Abgrenzung der befreiten Dienstleistungen erlauben.

42 Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie sind die von den öffentlichen Posteinrichtungen ausgeführten Dienstleistungen und die dazugehörigen Lieferungen von Gegenständen befreit. Nur die Personenbeförderung und das Fernmeldewesen sind ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Bestimmung ausgenommen.

43 Entgegen der Ansicht von Royal Mail, der Regierung des Vereinigten Königreichs sowie der griechischen und der irischen Regierung kann jedoch aus dieser Bestimmung nicht abgeleitet werden, dass alle Dienstleistungen und die dazugehörigen Lieferungen von Gegenständen, die von den öffentlichen Posteinrichtungen ausgeführt werden und die nicht ausdrücklich vom Anwendungsbereich dieser Bestimmung ausgeschlossen sind, unabhängig von ihrer Natur befreit sind.

44 Aus den Anforderungen, die in Randnr. 31 dieses Urteils beschrieben sind, wonach die in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie vorgesehene Steuerbefreiung sowohl eng als auch im Einklang mit den mit dieser Bestimmung verfolgten Zielen auszulegen ist, ergibt sich nämlich, dass unter den Dienstleistungen und den dazugehörenden Lieferungen von Gegenständen diejenigen zu verstehen sind, die die öffentlichen Posteinrichtungen als solche ausführen, also gerade in ihrer Eigenschaft als öffentliche Posteinrichtungen.

45 Eine solche Auslegung ist insbesondere durch die Notwendigkeit der Wahrung der steuerlichen Neutralität geboten. Die Verpflichtungen eines Betreibers wie Royal Mail, die es, wie aus Randnr. 39 des Urteils hervorgeht, erlauben, den Kontext, in dem dieser Betreiber Postdienstleistungen erbringt, von demjenigen zu unterscheiden, in dem ein Betreiber wie TNT Post solche Leistungen erbringt, betreffen nämlich nur die postalischen Dienstleistungen, die in der Eigenschaft einer öffentlichen Posteinrichtung erbracht werden.

46 Ebenso ergibt sich aus den in Randnr. 44 dieses Urteils erwähnten Anforderungen, und insbesondere der Natur des verfolgten Zwecks der Förderung einer Tätigkeit von allgemeinem Interesse, dass die Befreiung nicht für spezifische, von den Dienstleistungen von allgemeinem Interesse trennbare Dienstleistungen gilt, zu denen Dienstleistungen gehören, die besonderen Bedürfnissen von Wirtschaftsteilnehmern entsprechen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Corbeau, C-320/91, Slg. 1993, I-2533, Randnr. 19).

47 Somit machen die deutsche Regierung und die Kommission zu Recht geltend, dass Dienstleistungen öffentlicher Posteinrichtungen, deren Bedingungen einzelvertraglich ausgehandelt worden sind, nicht als nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie befreit gelten können. Bereits ihrer Natur nach entsprechen solche Leistungen besonderen Bedürfnissen der betreffenden Nutzer.

48 Diese Auslegung wird im Übrigen durch den 15. Erwägungsgrund der Richtlinie 97/67 bestätigt, wonach die Möglichkeit, Verträge mit den Kunden individuell auszuhandeln, von vornherein nicht dem Begriff des Universaldienstangebots entspricht.

49 Daher ist auf die zweite und die dritte Frage zu antworten, dass die in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie vorgesehene Steuerbefreiung für Dienstleistungen und die dazugehörenden Lieferungen von Gegenständen mit Ausnahme der Personenbeförderung und des Fernmeldewesens gilt, die die öffentlichen Posteinrichtungen als solche ausführen, nämlich in ihrer Eigenschaft als Betreiber, der sich verpflichtet, in einem Mitgliedstaat den gesamten Universalpostdienst oder einen Teil davon zu gewährleisten. Sie gilt nicht für Dienstleistungen und die dazugehörenden Lieferungen von Gegenständen, deren Bedingungen individuell ausgehandelt worden sind."

7. Die Beschwerde will aus dem zuletzt zitierten Urteil des EuGH, insbesondere aus den Ausführungen unter Rz 48, abgeleitet wissen, dass die in § 10 Abs 1 PostG 1997 genannten Sondertarife "nicht Bestandteil des Universaldienstes" seien und daher eine Verpflichtung, die von der Beschwerdeführerin gewährten Sondertarife (Rabatte) durch die Regulierungsbehörde genehmigen zu lassen bzw dieser anzuzeigen - entgegen der Auffassung der belangten Behörde und des Verwaltungsgerichtshofs im Vorerkenntnis vom - nicht bestehe.

Sie bringt dazu vor, jede Leistung, die der Universaldienstbetreiber im Universaldienstbereich erbringe, sei eine Universaldienstleistung. Hingegen seien "individuell ausverhandelte Leistungen nicht mehr im Universaldienst enthalten", weil sie über das Mindestangebot an Postdiensten, die vom Universaldienstbetreiber verpflichtend anzubieten seien, hinausgingen. Aus den Ausführungen im zitierten Urteil des EuGH sei zu schließen, dass jede individuelle Vereinbarung eines Universaldienstbetreibers, Verträge mit Kunden individuell auszuhandeln, vom Universaldienst ausgenommen sei.

Im Weiteren legt die Beschwerde ihre Auffassung dar, dass auf Basis ihres Verständnisses des zitierten Urteils der Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs 1 Z 3 AVG vorliege (was näher ausgeführt wurde).

8. Vor Eingehen auf das Beschwerdevorbringen ist zunächst Folgendes klarzustellen:

Im vorangegangenen Verfahren, dessen Wiederaufnahme seitens der Beschwerdeführerin beantragt wurde, war zu klären, ob die Beschwerdeführerin verpflichtet ist, von ihr im Bereich des reservierten Postdienstes (Spruchpunkt 1 des das Verfahren abschließenden Bescheids) bzw außerhalb des reservierten Postdienstes, aber im Bereich des Universaldienstes (Spruchpunkt 2) gewährte Sondertarife (Rabatte) zur Genehmigung vorzulegen bzw anzuzeigen. Diese Verpflichtungen bezogen sich also nicht auf Postdienstleistungen der Beschwerdeführerin außerhalb des Universaldienstes (der nach § 6 PostG 1997 reservierte Bereich stellt einen Teil dessen dar).

Demgegenüber war im vom beendeten Vorabentscheidungsverfahren die Frage zu beantworten, ob die in Art 13 Teil A Abs 1 lit a der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Mehrwertsteuerbefreiung für sämtliche von den öffentlichen Posteinrichtungen erbrachten Postdienstleistungen gilt oder nur für einen Teil derselben.

9.1. Die Beschwerdeausführungen gehen dahin, dass schon die Vereinbarung von Sondertarifen für Leistungen des Universaldienstes dazu führe, dass die betreffenden Leistungen nicht mehr als Universaldienstleistungen anzusehen seien und daher auch nicht mehr dem dafür geltenden Anzeige- bzw Genehmigungsregime des PostG 1997 unterfielen.

Aus dem berufenen Urteil kann jedoch ein derartiges Verständnis der PostRL nicht abgeleitet werden:

9.2. Diese legt in ihren Art 3 Abs 3 und 4 ein Mindestmaß an im Rahmen des Universaldienstes zu erbringenden Postdienstleistungen fest, die "ständig" (an mindestens fünf Arbeitstagen pro Woche) und "flächendeckend" (allenfalls nach Maßgabe außergewöhnlicher geografischer Gegebenheiten) anzubieten sind, nämlich (iW) die Abholung bzw Hauszustellung bestimmter Postsendungen und Postpakete sowie Dienste für Einschreib- und Wertsendungen.

Die Dichte der Abhol- und Zugangspunkte müsse den Bedürfnissen der Nutzer entsprechen (Art 3 Abs 2); in Abs 5 und 6 werden Regelungen betreffend Gewichtsgrenzen sowie Mindestabmessungen der Postpakete bzw -sendungen getroffen.

Nach Art 5 ist bei Bereitstellung des Universaldienstes u. a. zu gewährleisten, dass gleiche Leistungen für die Nutzer diskriminierungsfrei erbracht werden.

Art 6 legt ein Transparenzgebot insbesondere betreffend die "allgemeinen Bedingungen für den Zugang zu diesen Leistungen, die Preise und die Qualität" fest.

9.3. Was "Universaldienst" ist, wird von der PostRL also durch Anknüpfung an bestimmte Leistungen (iW: Abholung und Zustellung von Postsendungen und -paketen) festgelegt, die bestimmte Grund- und weitere Anforderungen (Art 5, 6) erfüllen müssen, nicht aber durch Anknüpfung an die "Gegenleistung" (Entgelt).

9.4. Zwar werden in dem mit "Tarifierungsgrundsätze und Transparenz der Rechnungslegung" überschriebenen Kapitel 5 auch (in Art 12) Tarifierungsgrundsätze festgelegt. Die Tarife müssen "erschwinglich" und "kostenorientiert" sein (erster bzw zweiter Spiegelstrich), wobei die Anwendung eines Einheitstarifs nicht das Recht des Universaldienstbetreibers ausschließt, mit Nutzern individuelle Preisabsprachen zu treffen (dritter Spiegelstrich).

Art 12 vierter Spiegelstrich normiert, dass die Tarife transparent und nichtdiskriminierend sein müssen, wobei dann, wenn Anbieter von Universaldienstleistungen Sondertarife anwenden, die Grundsätze der Transparenz und Nichtdiskriminierung sowohl für die Tarife als auch für die entsprechenden Bedingungen gelten (Art 12 fünfter Spiegelstrich).

9.5. Diese Bestimmung legt also ausdrücklich fest, dass die - den Universaldienstbetreiber treffenden - Verpflichtungen betreffend Transparenz und Nichtdiskriminierung auch in dem Fall gelten, dass "Sondertarife" angewendet werden.

Schon vor diesem Hintergrund ist es ausgeschlossen, dem Urteil des EuGH das von der Beschwerdeführerin gewünschte Verständnis zu geben, wonach bereits die Vereinbarung individueller Sondertarife den Universaldienstbetreiber von der - das Transparenz- und Nichtdiskriminierungsgebot stützenden - Anzeigeverpflichtung betreffend gewährter Sondertarife entbinde. Vielmehr stellt Art 12 fünfter Spiegelstrich der PostRL ausdrücklich die Geltung der Transparenz- und Nichtdiskriminierungsverpflichtung auch bei Gewährung von Sondertarifen durch den Universaldienstleister dar. Die Gewährung von Sondertarifen durch den Universaldienstleister für Universaldienstleistungen entbindet diesen daher nicht von seinen Verpflichtungen als solcher.

10. Bestätigt wird diese Auffassung durch die Ausführungen des bis C-292/06: In diesem - die Reichweite der PostRL betreffenden - Urteil hat der EuGH unter Rn 28 ausdrücklich festgehalten, dass "ein Anbieter von Universalpostdienstleistungen, wenn er Sondertarife anwendet, diese Tarife in der gleichen Weise … anwenden muss, um die Grundsätze der Transparenz und der Nichtdiskriminierung zu beachten."

Ein Anbieter von Universaldienstleistungen bleibt ein solcher also auch, wenn er Sondertarife anwendet, und muss, um die für den Universaldienstleister geltenden Grundsätze der Transparenz und Nichtdiskriminierung zu beachten, Sondertarife auch in der Beziehung zu Dritten anwenden.

11. Damit ist es ausgeschlossen, dem von der Beschwerdeführerin berufenen Urteil des EuGH das von ihr gewünschte Verständnis zu unterlegen.

Ein Wiederaufnahmegrund im Sinn von § 69 Abs 1 Z 3 AVG liegt daher schon deshalb nicht vor.

12. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil die beschwerdeführende Partei schon bei der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, eine mündliche Verhandlung hätte beantragen können, dies aber unterlassen hat (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2011/03/0052, mwN).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
NAAAE-71454