VwGH vom 04.09.2013, 2012/08/0183

VwGH vom 04.09.2013, 2012/08/0183

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten, die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, sowie die Hofrätinnen Dr. Julcher und Mag. Rossmeisel als Richterinnen, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde des A H in W, vertreten durch DDr. Gabriele Herberstein, Rechtsanwältin in 1080 Wien, Lerchenfelderstraße 94/15, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. 2011-0566-9-004443, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe gemäß § 49 Abs. 2 AlVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice W (in der Folge: AMS) vom wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer für den Zeitraum 14. Oktober bis gemäß § 49 AlVG keine Notstandshilfe erhalte. Dies wurde damit begründet, dass der Beschwerdeführer die vorgeschriebenen Kontrollmeldetermine am und nicht wahrgenommen und erst wieder am beim AMS vorgesprochen habe.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er am einen Kontrollmeldetermin wahrgenommen habe. An diesem Tag seien ihm die Termine für den 14. Oktober und 20. Oktober vorgeschrieben worden, beide Termine habe er unabsichtlich übersehen. Da sein Notstandshilfebezug am geendet habe, habe er einen Termin zur Abgabe des Antrags auf Notstandshilfe für den bekommen. Am Tag der Vorschreibung der Kontrolltermine () sei noch nicht festgestanden, ob ein Leistungsanspruch - im Hinblick auf den Abgabetermin für einen Antrag auf Notstandshilfe am - überhaupt bestehe. Verbindliche Kontrolltermine gemäß § 49 AlVG seien daher nicht wirksam vereinbart worden.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid.

In ihrer Bescheidbegründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und neben Zitierung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer wiederholter Kunde des AMS sei. Zuletzt habe er am eine Anwartschaft auf Arbeitslosengeld erworben. Sein arbeitslosenversicherungspflichtiges Dienstverhältnis habe am geendet. Seit und laufend beziehe er Notstandshilfe in exakt gleicher Höhe. Am (Tag der Geltendmachung ) sei ihm ein neuerlicher Antrag auf Notstandshilfe ausgefolgt worden, der Abgabetermin für diesen Antrag sei der gewesen. Der Antrag sei letztlich bearbeitet und dem Beschwerdeführer Notstandshilfe in der zuvor bereits zugesprochenen Höhe bis zuerkannt worden. Die diesbezügliche Mitteilung sei am ausgefertigt und dem Beschwerdeführer zugestellt worden. In der Zeit vom bis habe er Krankengeld bezogen und es sei der Leistungsbezug nach dem AlVG unterbrochen gewesen. Am und habe der Beschwerdeführer Zahlungen für Zeiträume aus September 2011 erhalten.

Am seien ihm neuerliche Kontrolltermine für den 14. Oktober und mittels separaten Schreiben vorgeschrieben worden. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Kontrollmeldetermine über den Fortbezug seiner Leistung im Unklaren gewesen sei. Er habe nicht bestritten, das gesamte zustehende Geld für September 2011 erhalten zu haben. In Anbetracht der exakt gleichen Höhe der weiterhin gewährten Notstandshilfe hätten keine Zweifel über die Höhe geherrscht. Bei lebensnaher Betrachtung seien auch keine Zweifel über das voraussichtliche Höchstausmaß zu finden, da er langjähriger Kunde des AMS sei und es zudem eine leichte Übung sei zum Tag der Geltendmachung ein Jahr hinzuzurechnen.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, es sei zwar unbestritten, dass rechtsverbindliche Kontrollmeldetermine nicht vorgeschrieben werden könnten, wenn kein Leistungsbezug erfolge. Jedoch handle es sich diesfalls um eine andere Fallkonstellation, nämlich um einen Antrag auf Weitergewährung einer Leistung ohne nennenswerte Änderung der Gesamtumstände. Das Vergessen eines Termins sei durchaus glaubhaft und plausibel, jedoch nicht nachsichtswürdig im Sinn des Gesetzes. Zudem habe der Beschwerdeführer danach noch einmal zehn Tage verstreichen lassen, bevor er wieder vorgesprochen habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorliegen der Akten des Verwaltungsverfahrens sowie Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 35 AlVG wird Notstandshilfe jeweils für einen bestimmten, jedoch 52 Wochen nicht übersteigenden Zeitraum gewährt. Gemäß § 33 Abs. 2 AlVG ist Notstandshilfe nur zu gewähren, wenn der (die) Arbeitslose der Vermittlung zur Verfügung steht und sich in Notlage befindet. Notlage liegt gemäß § 33 Abs. 3 AlVG vor, wenn dem Arbeitslosen die Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse unmöglich ist.

§ 49 AlVG lautet:

"Kontrollmeldungen

§ 49. (1) Zur Sicherung des Anspruches auf den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe hat sich der Arbeitslose wöchentlich mindestens einmal bei der nach seinem Wohnort zuständigen regionalen Geschäftsstelle unter Vorweisung der Meldekarte persönlich zu melden. Je nach der Situation auf dem Arbeitsmarkt kann die regionale Geschäftsstelle die Einhaltung von Kontrollmeldungen gänzlich nachsehen, die Zahl der einzuhaltenden Kontrollmeldungen herabsetzen oder öftere Kontrollmeldungen vorschreiben. Die regionale Geschäftsstelle kann auch öftere Kontrollmeldungen vorschreiben, wenn der begründete Verdacht besteht, dass das Arbeitslosengeld bzw. die Notstandshilfe nicht gebührt. Die näheren Bestimmungen über die Kontrollmeldungen trifft die Landesgeschäftsstelle. Die Landesgeschäftsstelle kann auch andere Stellen als Meldestellen bezeichnen.

(2) Ein Arbeitsloser, der trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine Kontrollmeldung unterlässt, ohne sich mit triftigen Gründen zu entschuldigen, verliert vom Tage der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezuges den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Liegen zwischen dem Tag der versäumten Kontrollmeldung und der Geltendmachung mehr als 62 Tage, so erhält er für den übersteigenden Zeitraum kein Arbeitslosengeld bzw. keine Notstandshilfe. Der Zeitraum des Anspruchsverlustes verkürzt sich um die Tage einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung, die er in diesem Zeitraum ausgeübt hat. Ist die Frage strittig, ob ein triftiger Grund für die Unterlassung der Kontrollmeldung vorliegt, so ist der Regionalbeirat anzuhören."

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hängt die Versagung des Anspruches auf Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung im Sinn des § 49 Abs. 2 AlVG von der wirksamen Vorschreibung einer Kontrollmeldung und diese wieder zumindest von der Möglichkeit einer Kenntnisnahme einerseits von dieser Vorschreibung, andererseits von der Belehrung über die mit der Nichteinhaltung des Kontrolltermins verbundenen Rechtsfolgen durch den Arbeitslosen ab (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/08/0165).

Der Zweck der Meldepflicht nach § 49 AlVG besteht in der Sicherstellung, dass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe besteht. Die Meldung dient also der Kontrolle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsbezug. Wesentlich ist daher, dass § 49 AlVG erst zur Anwendung gelangen kann, sobald ein Leistungsbezug stattfindet. Eine Kontrollmeldung kann daher zu einem Zeitpunkt, zu dem noch kein Leistungsbezug erfolgt, nicht wirksam vorgeschrieben werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/08/0172, mwN).

Unstrittigerweise wurden dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom Kontrollmeldetermine für den und für den vorgeschrieben. Zum Zeitpunkt der Vorschreibung hatte der Beschwerdeführer den Antrag auf Gewährung von Notstandshilfe noch nicht beim AMS abgegeben, zumal der Abgabetermin erst für den vereinbart und letztendlich vom Beschwerdeführer auch eingehalten wurde. Da er im Vorschreibungszeitpunkt somit außerhalb eines Leistungsbezuges stand, waren die Vorschreibungen rechtswidrig und es konnte die Versäumung solcher Termine die Rechtsfolgen des § 49 Abs. 2 AlVG nicht auslösen. Der Argumentation der belangten Behörde, wonach es sich vorliegend um einen Antrag auf Weitergewährung einer Leistung ohne nennenswerte Änderung der Gesamtumstände gehandelt habe und daher von einer nahtlosen Weitergewährung auszugehen gewesen sei, kann vor dem Hintergrund der dargestellten Judikatur nicht beigetreten werden.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am