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VwGH vom 27.11.2012, 2010/03/0037

VwGH vom 27.11.2012, 2010/03/0037

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des F H in B, vertreten durch Dr. Leopold Boyer, Rechtsanwalt in 2225 Zistersdorf, Hauptstraße 25, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl Senat-MI-08-0040, betreffend Übertretung des Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974 (NÖ JG) (weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach (iF: BH) vom war dem Beschwerdeführer angelastet worden, am an einem näher genannten Ort als Jagdausübungsberechtigter der Jagdgenossenschaft B in verbotener Weise einen Seeadler erlegt zu haben, obwohl dieser ganzjährig geschont sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch gegen § 135 Abs 1 Z 9 iVm § 73 Abs 3 NÖ JG verstoßen; über ihn wurde eine Geldstrafe von EUR 4.000,-- verhängt.

Begründend führte die BH im Wesentlichen Folgendes aus:

Der Beschwerdeführer habe im Verwaltungsstrafverfahren zwar die ihm zur Last gelegte Übertretung (einen Seeadler erlegt und dann in seinem PKW weggebracht zu haben) bestritten, das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe jedoch, nicht zuletzt auf Grund der Einvernahme des "unmittelbaren Tatzeugen Dr. B" und der ermittelnden Beamten sowie einer Untersuchung der am Tatort sowie im Fahrzeug des Beschwerdeführers gesicherten Blutspuren zum zwingenden Schluss geführt, dass der Beschwerdeführer den Seeadler erlegt habe.

Der vom Beschwerdeführer erhobene Einwand einer Doppelbestrafung (im Hinblick auf das gegen ihn geführte gerichtliche Strafverfahren nach § 182 StGB) sei schon deshalb unzutreffend, weil der Norm des § 182 StGB ein von der Bestimmung des § 73 NÖ JG verschiedenes Tatbild zugrunde liege: So normiere § 182 StGB primär den Schutz gefährdeter Tier- und Pflanzenarten, wobei vor allem auf die ökologische Bedeutung des gefährdeten Tier- oder Pflanzenbestands für das Zusammenspiel der Natur abgestellt werde, während § 73 NÖ JG bloß die jagdlichen Schuss- und Schonzeiten regle.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen den Bescheid der BH erhobene Berufung mit näherer (im Beschwerdeverfahren nicht relevanter) Maßgabe ab. In der Begründung stellte die belangte Behörde zunächst zusammengefasst den Erstbescheid und die dagegen erhobene Berufung dar und gab dann - wörtlich - den Inhalt des über die mündliche Berufungsverhandlung vom aufgenommenen Protokolls wieder.

In dieser Verhandlung wurde zunächst der Beschwerdeführer vernommen, in der Folge der Zeuge Dr. B, der am Tattag den Abschuss eines Seeadlers und dessen Abtransport in einem Pkw beobachtet hatte. Weiters wurde Dr. H, die seitens des Naturhistorischen Museums Wien die Untersuchung des von Dr. B und vom Niederösterreichischen Landeskriminalamt übersandten Blutprobenmaterials vorgenommen hatte, als Zeugin zu ihrer dabei eingehaltenen Vorgangsweise und den erzielten Ergebnissen befragt; schließlich die ermittelnden Beamten der Polizeiinspektion B (RevInsp H, AbtInsp K) bzw der "Tatortgruppe" des Niederösterreichischen Landeskriminalamts (AbtInsp E, BInsp H, BInsp K und BI H); die ebenfalls als Zeugin geladene Ehegattin des Beschwerdeführers hatte unter Berufung auf ihr Entschlagungsrecht erklärt, nicht aussagen zu wollen.

Zum Akt genommen wurde weiters ein über Auftrag des Beschwerdeführers erstelltes Gutachten der Dr. S vom , wonach am Verbandspaket im Fahrzeug des Beschwerdeführers kein Seeadlerblut festgestellt worden sei.

An die Darstellung dieser Beweisergebnisse knüpfte die belangte Behörde folgende Erwägungen:

Aus Sicht des UVS stehe zweifelsfrei fest, dass zum Tatzeitpunkt am Tatort ein Seeadler erlegt worden sei. Dies ergebe sich insbesondere auf Grund der Untersuchungsergebnisse der Veterinärmedizinischen Universität Wien vom , wonach die seitens der Erstbehörde übermittelte Blutprobe von einem Seeadler stamme, weiters auf Grund des Untersuchungsergebnisses über das von Dr. B sichergestellte und von Dr. H untersuchte Blut, das ebenfalls von einem Seeadler stammte. Es sei daher von zwei unterschiedlichen Untersuchungsstellen unabhängig voneinander Blut untersucht worden; die Untersuchungen hätten ergeben, dass das Blut von einem Seeadler stamme. Der in der Berufungsverhandlung vernommene Zeuge Dr. B habe zweifelsfrei und glaubwürdig ausgeführt, dass es sich um frisches Blut gehandelt habe, und dass er wahrgenommen habe, wie nach einem Schuss der größere von drei auf einem Baum sitzenden Vögel auf die Straße gefallen sei. Dieser Ort sei jener Ort gewesen, wo das Blut (einerseits durch ihn, andererseits durch die Polizeibeamten) sichergestellt worden sei.

Es habe aber auch erwiesen werden können, dass dieser Seeadler vom Beschwerdeführer erlegt worden sei. Die belangte Behörde verwies dazu zunächst auf die Aussage des Zeugen Dr. B, wonach er das Auto, aus dem der Schuss gefallen sei, gesehen habe; unmittelbar nach dem Schuss und dem Fallen des Vogels auf die Straße sei das Auto zu diesem hingefahren, es sei die Fahrertür geöffnet und der Vogel ins Auto gezogen worden. Dr. B habe zwar das Kennzeichen nicht ablesen können, sich aber das Auto als charakteristisches (dabei wurde insbesondere auf das links der Mitte angebrachte Heckkennzeichen, den Fahrzeugtyp und die Farbe verwiesen) gemerkt. Das Fahrzeug des Beschwerdeführers sei ein bauartgleiches gewesen und weise die gleiche Farbe auf. Auf Grund der Beschreibung des Fahrzeugs durch den Zeugen Dr. B hätten die ermittelnden Beamten der Polizeiinspektion B angenommen, dass es sich um das Fahrzeug des Beschwerdeführers handle, weil dieser ein solches besitze und es in diesem Bereich kein anderes derartiges Fahrzeug gegeben habe. Der Beschwerdeführer selbst habe angegeben, dass lediglich er mit diesem Fahrzeug fahre.

Ausgehend von den Aussagen der Beamten der "Tatortgruppe" sei weiter festzustellen gewesen, dass im Fahrzeug des Beschwerdeführers Blutspuren sichergestellt worden seien, die, wie sich auf Grund der Untersuchung durch die Sachverständige Dr. H ergeben habe, von einem Seeadler stammten. Auf Grund der Aussage der Zeugin Dr. H sei ein - vom Beschwerdeführer ins Spiel gebrachte - Irrtum oder ein Vertauschen der Blutproben auszuschließen; auf Grund der Untersuchung sei definitiv klar, "dass die DNA-Proben zu 100 % einem Seeadler zugeordnet werden können".

Abschließend verwies die belangte Behörde auf die unterschiedlichen Aussagen des Beschwerdeführers, der zunächst - bei seiner ersten Befragung durch die Polizeibeamten der Polizeiinspektion B am 30. Dezember - angegeben habe, am Ort des Geschehens gewesen zu sein, aber bloß eine Nebelkrähe geschossen zu haben, während er später sich dahin verantwortet habe, dass es sich dabei um einen Irrtum gehandelt habe, vielmehr sei er bloß am Vortag am Tatort gewesen. Auf Grund der Aussagen der als Zeugen vernommenen, die Erstbefragung durchführenden Polizeibeamten sei ein solcher Irrtum aber auszuschließen.

Es sei daher erwiesen, dass der Beschwerdeführer zur Tatzeit am Tatort einen Seeadler erlegt habe.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung legte die belangte Behörde § 73 NÖ JG und § 135 Abs 1 Z 9 NÖ JG dar und führte aus, dass betreffend eines Seeadlers, der Wild im Sinne des NÖ JG darstelle, keine Schusszeiten festgesetzt seien, dieser daher ganzjährig geschont sei. Da der Beschwerdeführer einen derartigen Seeadler erlegt habe, habe er eine Verwaltungsübertretung gemäß § 135 Abs 1 Z 9 iVm § 73 Abs 3 NÖ JG zu verantworten.

Zum Einwand des Beschwerdeführers, es liege eine unzulässige Doppelbestrafung vor, führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei von der gegen ihn wegen § 182 StGB erhobenen Anklage gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen worden, weil es an der gerichtlichen Strafbarkeit fehle, da der Tatbestand nicht erfüllt sei. Es liege daher zweifelsfrei keine Doppelbestrafung vor und stelle die Tathandlung auch nicht einen Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung dar, weil sich aus der Urteilsbegründung klar ergebe, dass der Tatbestand des § 182 StGB durch die Tathandlung des Beschwerdeführers nicht erfüllt sei.

Nach Erwägungen zur Strafbemessung führte die belangte Behörde abschließend aus, dass die beantragte neuerliche gerichtsmedizinische Untersuchung des Fahrzeugs des Beschwerdeführers sowie des Verbandspäckchens auf Seeadlerblut entfallen habe können, weil bereits auf Grund der zweifelsfreien Erhebungen durch die Tatortgruppe und der anschließenden Untersuchung feststehe, dass im Fahrzeug des Beschwerdeführers an mehreren Stellen, nämlich am Verbandskästchen und an der Heckklappe, Seeadlerblut vorhanden gewesen sei, nämlich zum Zeitpunkt der diesbezüglichen Erhebungen der Tatortgruppe am . Der Beschwerdeführer habe nicht darlegen können, warum derartiges Blut in sein Fahrzeug gekommen sein könnte; dass nunmehr möglicherweise, über ein Jahr später, derartige Spuren nicht mehr vorfindbar seien, ändere nichts Entscheidendes. Es sei auch am Gutachten der - in der Berufungsverhandlung als Zeugin vernommenen Dr. H - nicht zu zweifeln gewesen und als erwiesen anzusehen, dass im Fahrzeug des Beschwerdeführers Blutspuren vom Seeadler festgestellt wurden. Daran könne das seitens des Beschwerdeführers vorgelegten Untersuchungsergebnis der Sachverständigen Dr. S vom nichts ändern, weil einerseits nicht gesichert sei, dass es sich dabei um das selbe Verbandskästchen gehandelt habe und, sofern es sich um das idente handle, auch nicht auszuschließen sei, dass dieses zwischenzeitlich verändert wurde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst gemäß Art 144 Abs 1 B-VG Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

Dieser hat die an ihn gerichtete Beschwerde mit Beschluss vom , B 634/09-7, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Begründend führte er aus, dass von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten sei. Die Beschwerde rüge die Verletzung des Doppelbestrafungsverbots gemäß Art 4 des 7. ZPEMRK. Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer allenfalls grob unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen, zumal § 135 Abs 1 Z 9 NÖ JG und § 182 Abs 2 StGB unterschiedliche Rechtsgüter schützten (Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 559/08).

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die an ihn gerichtete, mit der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof verbundene, Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1. Die maßgebenden Bestimmungen des NÖ JG lauten - auszugsweise - wie folgt:

"§ 3

Wild, jagdbare Tiere

(1) Folgende wildlebenden Tierarten sind vom Geltungsbereich dieses Gesetzes umfasst (Wild):

2. Federwild: das Auer-, Birk- und Rackelwild, das Hasel-, Alpenschnee- und Steinhuhn, das Rebhuhn, die Fasane, die Wachtel, die Trappen, das Wildtruthuhn, die Wildtauben, der Krammetsvogel (Wacholderdrossel), die Schnepfen, der wilde Schwan, die Wildgänse, die Wildenten, das Bläßhuhn, der Graureiher, die Taucher, die Kormorane, die Tag- und Nachtgreifvögel, der Kolkrabe, Rabenkrähe, Nebelkrähe, Elster, Eichelhäher.

(3) Folgende Federwildarten sind jagdbar:

Auer-, Birk- und Rackelwild, Haselhuhn, Alpenschneehuhn, Steinhuhn, Rebhuhn, Fasan, Wachtel, Wildtruthahn, Ringeltaube, Türkentaube, Turteltaube, Wacholderdrossel, Bekassine, Waldschnepfe, Höckerschwan, Saatgans, Graugans, Pfeifente, Schnatterente, Krickente, Stockente, Spießente, Knäckente, Löffelente, Tafelente, Reiherente, Schellente, Bläßhuhn, Rabenkrähe, Nebelkrähe, Elster und Eichelhäher.

(5) Folgende Verbote gelten für das Federwild:

1. Verbot jeder absichtlichen Form des Fangens oder Tötens mit Ausnahme der Federwildarten nach Abs. 3;

§ 73

Schuß- und Schonzeiten

(1) Für die in § 3 angeführten jagdbaren Tiere sind unter Bedachtnahme auf die Arterhaltung und auf die Erfordernisse der Land- und Forstwirtschaft sowie der Brut-, Nist- und Aufzuchtszeit der Federwildarten durch Verordnung Schuß- und Schonzeiten, gegebenenfalls getrennt nach Alter und Geschlecht, festzusetzen.

(2) Die außerhalb der festgesetzten Schußzeit liegenden Zeiten gelten als Schonzeiten, während welcher dieser Wildarten weder verfolgt, noch gefangen, noch erlegt werden dürfen.

(3) Jagdbare Tiere, für die keine Schußzeit festgesetzt wurde, sowie Gelege des Federwildes sind grundsätzlich ganzjährig geschont.

§ 135

Strafbestimmungen

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wenn die Tat nicht einen Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, wer

9. gegen die Schonvorschriften des § 73 verstößt;

25. einem in diesem Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes verfügten sonstigen Verbot oder Gebot zuwiderhandelt;

…"

2. Die Beschwerde rügt - zusammengefasst - fehlende Ermittlungen und Feststellungen der belangten Behörde zu der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen und von ihm bestrittenen Tat (dem Abschuss eines Seeadlers). Die Zeugin Dr. H sei nicht im Verwaltungsstrafverfahren, sondern im gerichtlichen Vorverfahren als Sachverständige tätig gewesen. Wegen des im gerichtlichen Verfahren erfolgten Freispruchs sei dem Beschwerdeführer die Möglichkeit genommen worden, ihr Gutachten als unrichtig darzustellen und zu bekämpfen.

Die belangte Behörde habe zudem die beantragte neuerliche Untersuchung des Fahrzeugs des Beschwerdeführers bzw des dazugehörigen Verbandspäckchens auf Seeadlerblut zu Unrecht unterlassen und das vom Beschwerdeführer vorgelegte Privatgutachten der Dr. S übergangen.

3. Mit diesen Ausführungen gelingt es der Beschwerde weder, einen relevanten Verfahrensmangel, noch eine Unschlüssigkeit der von der belangten Behörde unternommenen Beweiswürdigung darzustellen.

Die belangte Behörde konnte sich bei ihrer Beweiswürdigung auf die Aussage des den Abschuss eines Seeadlers beobachtenden Zeugen Dr. B stützen, wobei die Untersuchung der noch am Vorfallstag von Dr. B genommenen Blutprobe durch Dr. H zweifelsfrei ergeben hat, dass es sich dabei um Seeadlerblut handelte. Unter Berücksichtigung der weiteren Beweisergebnisse (im Wesentlichen: Vorfinden von Blutspuren im Fahrzeug des Beschwerdeführers, die ebenfalls eindeutig als von einem Seeadler stammend identifiziert wurden; wechselnde Verantwortung des Beschwerdeführers zur Anwesenheit am Tatort am Tattag) kann die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht als unschlüssig erkannt werden.

Die belangte Behörde hat auch schlüssig begründet (im Wesentlichen unter Hinweis auf den verstrichenen Zeitraum), warum sie einer neuerlichen - späteren - Untersuchung des Fahrzeugs des Beschwerdeführers bzw des Verbandspakets auf Vorhandensein von Spuren von Seeadlerblut keine entscheidende Bedeutung beimaß.

4. Die Beschwerde rügt weiter, dass die belangte Behörde dem Freispruch des Beschwerdeführers von der wider ihn erhobenen Anklage nach § 182 StGB nicht die gehörige Bedeutung beigemessen habe: Auf Grund des Strafantrags nach § 182 StGB und des vom Beschwerdeführer erwirkten Freispruchs sei nach Auffassung der Beschwerde "die Strafbestimmung des § 135 NÖ JG konsumiert und gleichsam ausgeschaltet".

5. Auch mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids nicht aufgezeigt.

Das NÖ JG legt fest, dass eine Verwaltungsübertretung nur dann vorliegt, "wenn die Tat nicht einen Tatbestand eine in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet" (§ 135 Abs 1 NÖ JG).

§ 135 Abs 1 Z 9 NÖ JG inkriminiert einen Verstoß gegen die Schonvorschriften des § 73 leg cit. § 73 Abs 1 leg cit regelt, dass für die in § 3 leg cit angeführten jagdbaren Tiere Schuss- und Schonzeiten festzusetzen sind; außerhalb der Schusszeit, also in der Schonzeit, dürfen diese Tierarten weder verfolgt, gefangen, noch erlegt werden (Abs 2); jagdbare Tiere, für die keine Schusszeit festgesetzt wurde, sind grundsätzlich ganzjährig geschont (Abs 3).

Gegen die Schonvorschrift des § 73 NÖ JG wird also - schon - bei Abschuss bloß eines einzigen jagdbaren Tieres außerhalb der Schusszeit verstoßen.

Dem gegenüber normiert der im mit "Gemeingefährliche strafbare Handlungen und strafbare Handlungen gegen die Umwelt" überschriebenen 7. Abschnitt des StGB enthaltene, mit "Andere Gefährdungen des Tier- oder Pflanzenbestandes" überschriebene § 182 StGB Folgendes:

"§ 182. (1) Wer eine Handlung begeht, die geeignet ist,

1. die Gefahr der Verbreitung einer Seuche unter Tieren herbeizuführen oder

2. die Gefahr der Verbreitung eines für den Tier- oder Pflanzenbestand gefährlichen Krankheitserregers oder Schädlings herbeizuführen,

ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag auf andere als die im § 180 bezeichnete Weise eine Gefahr für den Tier- oder Pflanzenbestand in erheblichem Ausmaß herbeiführt."

§ 182 Abs 2 StGB pönalisiert also die Herbeiführung einer Gefahr für den Tier- oder Pflanzenbestand "in erheblichem Ausmaß". Hingegen wird durch die oben genannte Bestimmung des § 135 Abs 1 Z 9 NÖ JG ein Verstoß gegen die Schonvorschriften des § 73 NÖ JG für strafbar erklärt, ohne dass es dabei auf das Überschreiten einer Erheblichkeitsschwelle ankäme.

Ausgehend vom Inhalt des in den Verwaltungsakten erliegenden Protokollvermerks und der gekürzten Urteilsausfertigung des Landesgerichtes Korneuburg vom , 513 Hv 38/08d, wurde der Beschwerdeführer von der wider ihn erhobenen Anklage, er hätte am in B entgegen § 3 Abs 5 Z 1 NÖ JG auf andere als die im § 180 StGB bezeichnete Weise, nämlich durch den Abschuss eines Seeadlers, eine Gefahr für den Tierbestand in erheblichem Ausmaß herbeigeführt und hiedurch das Vergehen nach § 182 Abs 2 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen, wobei Grund des Freispruchs "Fehlen der gerichtlichen Strafbarkeit (Tatbestand nicht erfüllt)" sei. Die Beschwerde behauptet nicht, dass der Freispruchs etwa darin begründet gewesen sei, dass der Beschwerdeführer die ihm angelastete Tat nicht begangen habe oder dass nicht festgestellt werden hätte können, er habe die ihm angelastete Tat begangen.

Vor dem dargestellten Hintergrund kann die Auffassung der belangten Behörde, die dem Beschwerdeführer angelastete Tat stelle nicht einen Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung im Sinne des § 135 Abs 1 NÖ JG dar, nicht als rechtswidrig erkannt werden (vgl dazu die bereits zitierten Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs in seinem Ablehnungsbeschluss vom , weiters die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs im Erkenntnis vom , Slg 18.833, sowie das hg Erkenntnis vom , Zl 2008/07/0182; siehe zum Ganzen auch das hg Erkenntnis vom , Zl 2010/03/0065).

6. Dennoch ist die Beschwerde - im Ergebnis - zielführend:

Dem Beschwerdeführer wurde angelastet, durch den Abschuss des Seeadlers gegen § 73 Abs 3 NÖ JG verstoßen zu haben.

§ 73 Abs 3 NÖ JG normiert, dass "jagdbare Tiere", für die keine Schusszeit festgesetzt wurde, grundsätzlich ganzjährig geschont sind.

Welche Tiere "jagdbar" sind, wird in § 3 NÖ JG ("Wild, jagdbare Tiere") bestimmt:

In Abs 1 werden die vom Geltungsbereich des Gesetzes umfassten wildlebenden Tierarten ("Wild") aufgelistet, gegliedert nach Haarwild (Z 1) und Federwild (Z 2), darunter sind auch die "Tag- und Nachtgreifvögel" enthalten.

Welche Federwildarten "jagdbar" sind, wird in Abs 3 genannt; in dieser Aufzählung sind die Taggreifvögel nicht enthalten.

Das NÖ JG differenziert also zwischen den "wildlebenden Tierarten" bzw "Wild" einerseits und den "jagdbaren Tieren" andererseits. Nicht alle wildlebenden Tiere sind auch jagdbar.

Taggreifvögel, zu denen der in Rede stehende Seeadler zählt, gehören nach § 3 NÖ JG also zwar zu den "wildlebenden Tierarten" (§ 3 Abs 1 Z 2 NÖ JG), bei ihnen handelt es sich aber nicht um "jagdbares Wild" im Sinne des § 3 Abs 3 NÖ JG.

Da die Vorschrift des § 73 Abs 3 NÖ JG - dessen Übertretung wurde dem Beschwerdeführer angelastet - sich bloß auf "jagdbare" Tiere, nicht aber auf sonstiges "Wild" wie die Taggreifvögel bezieht, konnte der Beschwerdeführer durch den Abschuss eines Seeadlers nicht gegen § 73 Abs 3 NÖ JG verstoßen.

Unabhängig davon, dass gemäß § 3 Abs 5 Z 1 NÖ JG auch das absichtliche Töten von Federwild - mit Ausnahme der (für jagdbar erklärten) Federwildarten nach Abs 3 - verboten ist und daher auch das Erlegen eines Seeadlers nach dem NÖ JG verboten ist (strafbar nach § 135 Abs 1 Z 25 NÖ JG), hat daher die belangte Behörde dem Beschwerdeführer also zu Unrecht eine Übertretung des § 73 Abs 3 NÖ JG vorgeworfen.

7. Dieser Verstoß gegen die Vorschrift des § 44a Z 2 VStG belastet den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Er war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 4 und 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am