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VwGH vom 08.07.2013, 2012/08/0172

VwGH vom 08.07.2013, 2012/08/0172

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde des Ing. RK in W, vertreten durch Dr. Michael Mayrhofer, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Theobaldgasse 19, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. 2012-0566-9-000186, betreffend Zuerkennung der Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, der seit vielen Jahren Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, stellte am einen Antrag auf Zuerkennung von Notstandshilfe, in dem er angab, für eine Ehegattin und zwei Kinder sorgepflichtig zu sein und Kreditrückzahlungsverpflichtungen in Höhe von EUR 1.825,13 monatlich zu haben.

Die regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien (im Folgenden: AMS) wies diesen Antrag mit Bescheid vom mangels Notlage des Beschwerdeführers ab. Das anrechenbare Einkommen seiner Ehegattin übersteige trotz Berücksichtigung der gesetzlichen Freigrenzen den Anspruch auf Notstandshilfe.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung und brachte vor, dass "die Rückzahlungsverpflichtungen an die Banken auf Grund von Darlehen für die Schaffung von Wohnraum nicht berücksichtigt" worden seien.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung keine Folge gegeben. Der Beschwerdeführer wohne mit seiner Ehegattin und zwei Töchtern im gemeinsamen Haushalt. Die Ehegattin erziele aus ihrem Dienstverhältnis ein gleichbleibendes Einkommen in Höhe von EUR 2.761,26 netto. Der Beschwerdeführer habe monatliche Rückzahlungsverpflichtungen im Zusammenhang mit einer Hausstandsgründung aus einem Darlehen in Höhe von EUR 363,36 und weiteren EUR 61,77, insgesamt sohin EUR 425,13 nachgewiesen. Weitere Freigrenzenerhöhungsgründe habe der Beschwerdeführer nicht nachgewiesen.

Bei der Notstandshilfe habe das Einkommen des Partners/der Partnerin Einfluss auf die Höhe des Notstandshilfeanspruches des Arbeitslosen. Dessen Einkommen sei nach bestimmten, gesetzlich vorgeschriebenen Grundsätzen auf den theoretischen Notstandshilfeanspruch anzurechnen, sodass lediglich der verbleibende Differenzbetrag zur Auszahlung kommen könne. Vom Nettoeinkommen der Partnerin würden pauschalierte Werbungskosten sowie Freigrenzen abgezogen. Dem Partner müsse ein fixer Betrag zur freien Verfügung verbleiben (im Jahr 2011 EUR 501,-- und im Jahr 2012 EUR 515,-- monatlich). Weitere Freigrenzen in Höhe von jeweils EUR 250,50 (Wert 2012) bzw. EUR 257,50 (Wert 2012) würden für jedes Kind gewährt, für das Unterhaltspflicht bestehe. Diese Freigrenzen könnten auf Grund außergewöhnlicher finanzieller Belastungen infolge von Krankheit, Behinderung, Schwangerschaft, eines Todesfalles sowie Rückzahlungsverpflichtungen infolge einer Hausstandsgründung um bis zu maximal 50 % erhöht werden, wobei Kreditraten zu höchstens 50 % der Ratenhöhe anerkannt würden. Die Anrechnung habe immer auf den Leistungsanspruch des Folgemonats zu erfolgen. Die Rückzahlungsverpflichtungen im Hinblick auf eine Hausstandsgründung in Höhe von EUR 425,13 würden sich freigrenzenerhöhend zur Hälfte, d.h. in Höhe von EUR 212,56 auswirken. Unter Berücksichtigung sämtlicher Freigrenzen ergebe sich für November und Dezember 2011 ein Anrechnungsbetrag von EUR 50,49 bzw. für den Zeitraum ab ein Anrechnungsbetrag von EUR 49,44 täglich. Der tägliche Notstandshilfeanspruch des Beschwerdeführers würde ohne Anrechnung EUR 41,07 betragen. Das anrechenbare Einkommen seiner Ehegattin übersteige daher die ihm an sich gebührende Notstandshilfe. Ferner übersteige das Haushaltseinkommen in Höhe von EUR 2.761,26 monatlich den für den Beschwerdeführer geltenden "Mindeststandard" in Höhe von EUR 1.437,-- monatlich. Eine Zuerkennung von Notstandshilfe sei nicht möglich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Beschwerde bringt vor, der Beschwerdeführer sei von der belangten Behörde mit Schreiben vom aufgefordert worden, Nachweise über die monatliche Rückzahlung von EUR 1.400,-- bezüglich Wohnraumbeschaffung vorzulegen. Er habe entsprechend seiner Mitwirkungspflicht angegeben, "in welchem Akt des Arbeitsmarktservices sich die vollständigen Unterlagen befinden". Die belangte Behörde hätte feststellen müssen, "ob der Kreditvertrag in dem vom Beschwerdeführer angegebenen Akt der belangten Behörde aufliegt und der vom Beschwerdeführer behauptete Verwendungszweck des festgestellten Kredites, nämlich zur Wohnraumbeschaffung, richtig ist". Sein Vorbringen sei dahingehend zu verstehen gewesen, dass die belangte Behörde in ihren Akt Einsicht nehmen "und den darin befindlichen Kreditvertrag als zusätzliches Beweismittel für die EUR 1.400,-- der begehrten Freigrenze heranziehen möge". Der Beschwerdeführer habe "diesen weiteren Beweisantrag gestellt, um seine Behauptung, er hätte Rückzahlungsverpflichtungen aus der Schaffung von Wohnraum in Höhe von EUR 1.825,13, zu belegen".

Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass er die besagten, über die Feststellungen der belangten Behörde hinausgehenden Rückzahlungen tatsächlich geleistet hätte. Auf das allfällige Bestehen einer allenfalls auf einem Kreditvertrag zur Wohnraumbeschaffung beruhenden bloßen Rückzahlungsverpflichtung kommt es nicht an. Damit gleicht der vorliegende Beschwerdefall in den für seine Erledigung wesentlichen Punkten - sowohl hinsichtlich des Sachverhalts als auch in Ansehung der zu lösenden Rechtsfragen - jenem, den der Verwaltungsgerichtshof mit dem - ebenfalls den Beschwerdeführer betreffenden - Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2013/08/0059, entschieden hat.

Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die in diesem Erkenntnis enthaltene Begründung verwiesen.

Aus den dort genannten Erwägungen war auch die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet des - hier vorliegenden - Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn nicht Art. 6 Abs. 1 EMRK dem entgegensteht. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom , Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2000/07/0083, und vom , Zl. 2000/08/0072). Dieser Umstand liegt aber auch hier vor, weil die Beschwerde keine Rechts- oder Tatsachenfragen von einer solchen Art aufgeworfen hat, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am

Fundstelle(n):
KAAAE-71403