VwGH vom 23.06.2010, 2010/03/0020
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des H O in L, vertreten durch Fritsch Kollmann Partner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Reitschulgasse 1, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom , Zl E1/4099/2009, betreffend Waffenverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs 1 des Waffengesetzes 1996, BGBl Nr 12/1997 idgF (WaffG), der Besitz von Waffen und Munition verboten.
Begründend hielt die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer am mit seinem Sohn und dessen Freundin in Streit geraten sei und die beiden aufgefordert habe, das Wohnhaus zu verlassen. Während der darauf folgenden Auseinandersetzung auf dem Balkon des Hauses habe der Beschwerdeführer mit seiner geladenen Faustfeuerwaffe der Marke Smith Wesson, Kal 357 Magnum, die zuvor in einer unversperrten Lade neben dem Bett aufbewahrt worden sei, ungezielt in die Luft geschossen, um seiner Aufforderung zum Verlassen des Wohnhauses Nachdruck zu verleihen. Daraufhin hätten der Sohn und dessen Freundin fluchtartig das Wohnhaus verlassen, der Beschwerdeführer habe sich zu Bett begeben. Da sich zu diesem Zeitpunkt auch noch der fünfjährige Sohn der Freundin in einem anderen Zimmer des Hauses befunden habe, hätten der Sohn des Beschwerdeführers und dessen Freundin befürchtet, dass der Beschwerdeführer sich und dem Kind "etwas antun" würde. Aus dem Abschlussbericht der Polizeiinspektion Voitsberg vom gehe weiters hervor, dass bei diesem Zwischenfall niemand verletzt worden sei, jedoch hätten sich der Sohn des Beschwerdeführers und dessen Freundin in Furcht und Unruhe versetzt gefühlt, sie hätten nach vorangegangener Nötigung das Anwesen verlassen müssen und um ihre körperliche Sicherheit gefürchtet. Auf Grund des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens sei die Annahme gerechtfertigt, dass der Beschwerdeführer durch missbräuchliche Verwendung von Waffen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
Im Beschwerdefall stehe fest, dass der Beschwerdeführer seine Faustfeuerwaffe missbräuchlich verwendet habe. In einem intensiven Gespräch über Waffengebrauch im Rahmen eines Tatausgleichs habe der Beschwerdeführer sein Verhalten als unangemessen erkennen können und sei tief beeindruckt über die tatsächlichen und auch hypothetischen Konsequenzen seines Vorgehens gewesen. Er habe sich am darauffolgenden Tag entschuldigt. Dass sich der Beschwerdeführer bereit erklärt habe, am Tatausgleich teilzunehmen, und dass er (wie auch aus dem Abschlussbericht von "N" hervorgehe) am Vorfallstag nicht nur alkoholisiert gewesen sei, sondern dass er den Waffengebrauch vielmehr damit begründet habe, dass er einen Einbruchsversuch vermutet und sich und seine Familie habe schützen wollen, sei für die Verhängung waffenrechtlicher Maßnahmen nicht von Relevanz, weil die Betrachtungsweise der Behörde sich auf die gegenständliche Tathandlung zu beziehen habe und daher nachträgliche Rechtfertigungen des inkriminierten Verhaltens außer Betracht zu bleiben hätten.
Das Verhalten des Beschwerdeführers nach der Tat könne nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Die belangte Behörde habe bei Vorliegen von Tatsachen, die die Annahme rechtfertigten, dass eine missbräuchliche Verwendung einer Waffe gegeben sei bzw die Gefahr bestehe, dass der Beschwerdeführer durch missbräuchliche Verwendung von Waffen, das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte, mit einem Waffenverbot vorzugehen gehabt. Schon das Abfeuern von Schüssen seitens des Beschwerdeführers aus seiner Waffe zur Nachtzeit, auch ohne die Absicht jemanden zu treffen oder auch nur zu gefährden, sei als missbräuchlich anzusehen. Bei einer qualifiziert rechtswidrigen Verwendung von Waffen, nämlich deren Missbrauch (hiezu zähle auch die Tathandlung des Beschwerdeführers) habe die Behörde nach § 12 Abs 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen, ohne dass sie das bisher untadeliges Vorleben des Beschwerdeführers zu berücksichtigen gehabt habe. Wesentlich sei ausschließlich die Tatsache, dass der Beschwerdeführer im alkoholisierten Zustand auf dem Balkon des Hauses mit seiner geladenen Faustfeuerwaffe ungezielt in die Luft geschossen habe, um seiner Aufforderung, dass sein Sohn und dessen Freundin das Haus verließen, Nachdruck zu verleihen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 12 Abs 1 WaffG lautet:
"§ 12. (1) Die Behörde hat einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch mißbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte."
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2009/03/0082, mwH) dient die Verhängung eines Waffenverbotes der Verhütung einer missbräuchlichen Verwendung (das ist eines "gesetz- oder zweckwidrigen Gebrauches") von Waffen. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger ("missbräuchlicher") Gebrauch gemacht und dadurch eine Gefährdung im Sinne des § 12 Abs 1 WaffG herbeigeführt werden könnte. Hierbei ist nach dem dem WaffG allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der mit dem Besitz von Schusswaffen verbundenen Gefahr ein strenger Maßstab anzulegen. Der Verbotstatbestand des § 12 Abs 1 WaffG setzt voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen (nämlich durch gesetz- oder zweckwidrigen Gebrauch) zu befürchten ist. Liegt diese Voraussetzung vor, so hat die Behörde gemäß § 12 Abs 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen, ohne dass ein bisher untadeliges Vorleben dem entgegen stünde. Wesentlich ist, dass dem Betroffenen die missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist. Der Begriff der "missbräuchlichen Verwendung" einer Waffe ist nicht restriktiv auszulegen.
Die belangte Behörde hat ihre Beurteilung (zusammengefasst) darauf gestützt, dass der Beschwerdeführer seine Faustfeuerwaffe durch die Abgabe eines Schusses zur Nachtzeit missbräuchlich verwendet habe. Schon das Abfeuern von Schüssen zur Nachtzeit, auch ohne die Absicht jemanden zu treffen oder auch nur zu gefährden, sei als missbräuchlich anzusehen. Zudem sei der Beschwerdeführer mit seinem Sohn und seiner Freundin in Streit geraten und habe die beiden aufgefordert, das Wohnhaus zu verlassen, wobei er bei der Auseinandersetzung auf dem Balkon des Hauses seine geladene Faustfeuerwaffe ungezielt in die Luft abgefeuert habe, um seiner Aufforderung zum Verlassen des Wohnhauses Nachdruck zu verleihen.
Der Beschwerdeführer wendet (zusammenfasst) ein, die belangte Behörde habe sich mit seinem Vorbringen in der Berufung nicht auseinandergesetzt. Dort habe er dargetan, dass er niemals die Absicht gehabt hätte, seinen Sohn oder dessen Lebensgefährtin zu bedrohen oder in Furcht und Unruhe zu versetzen, und er die Waffe auch nicht missbräuchlich oder leichtfertig verwendet habe, sondern sie zum Eigenschutz benützt habe, weil er einen Einbruchsdiebstahl befürchtet habe. Die belangte Behörde habe jene Umstände, unter denen sich die Tathandlung zugetragen habe, unerörtert gelassen und diesbezüglich keine eigenen Feststellungen getroffen, sondern lediglich auf den Erstbescheid verwiesen.
Damit wird (im Ergebnis) keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Der Beschwerdeführer hat die im angefochtenen Bescheid festgestellte Abgabe des (ungezielten) Schusses mit seiner Faustfeuerwaffe zur Nachtzeit nicht in Abrede gestellt. Er hat sich auch nicht konkret dagegen gewendet, dass er (wie im angefochtenen Bescheid festgehalten) mit seinem Sohn und dessen Freundin eine Auseinandersetzung hatte und dass er diese dabei aufgefordert hatte, das Haus zu verlassen. Unstrittig ist ferner, dass der Beschwerdeführer bei diesen Begebenheiten alkoholisiert war.
Vor diesem Hintergrund kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Verhalten des Beschwerdeführers als konkrete Umstände wertete, die die Befürchtung rechtfertigen, dass dieser von seinen Waffen einen gesetz- oder zweckwidrigen Gebrauch machen könnte. Mit seinem gegenläufigen Hinweis, er habe den Schuss abgegeben, weil er einen Einbruchsdiebstahl befürchtete, ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, zumal verlässliche Anhaltspunkte dafür, dass situativ tatsächlich ein Einbruchsdiebstahl zu befürchten gewesen sei, nicht dargetan werden.
Damit gehen auch die Verfahrensrügen fehl, die belangte Behörde habe den maßgeblichen Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt bzw festgestellt, keine nachvollziehbare und schlüssige Beweiswürdigung vorgenommen und die materielle Wahrheit nicht amtswegig erforscht.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am