VwGH vom 28.06.2013, 2010/02/0295
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Senatspräsidentin Dr. Riedinger sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch die Leissner Kovaricek Rechtsanwälte OG in 1070 Wien, Zieglergasse 12/9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS- 06/48/7177/2010-8, betreffend Übertretungen des Wr. Veranstaltungsgesetzes (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Wien hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer dreier Übertretungen des Wr. Veranstaltungsgesetzes für schuldig befunden und jeweils mit einer Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) bestraft.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschiften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird u.a. ausgeführt, das Verfahren vor der belangten Behörde sei mangelhaft, weil vor Fällung des angefochtenen Bescheides keine mündliche Verhandlung durchgeführt worden sei. Es sei vom rechtsunkundigen Beschwerdeführer in der Berufung vorgebracht worden, dass am fraglichen Standort eine Konzession bestehe, und es sei eine Kopie derselben, aus welcher sich ergebe, dass die J.-GmbH Konzessionsinhaberin sei, vorgelegt worden. Es sei also ein Tatsachenvorbringen erstattet worden, weshalb die belangte Behörde eine mündliche Verhandlung hätte anberaumen müssen.
Gemäß § 51e Abs. 1 VStG hat der unabhängige Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Nach Abs. 3 der genannten Bestimmung kann der unabhängige Verwaltungssenat von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn
1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder
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2. | sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder |
3. | im angefochtenen Bescheid eine 500 EUR nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder |
4. | sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet |
und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Berufungswerber hat die Durchführung einer Verhandlung in der Berufung zu beantragen. Etwaigen Berufungsgegnern ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. | |
In der Berufung hat der Beschwerdeführer substantiierte Einwendungen gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis erhoben. | |
Nach der ständigen hg. Rechtsprechung hat selbst in jenen Fällen, in denen einer der Gründe des § 51 e Abs. 3 VStG gegeben ist, in verfassungskonformer Anwendung dieser Norm unter dem Blickwinkel des Art. 6 EMRK jedenfalls eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn die Parteien nicht darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen. War der Beschuldigte aber nicht rechtsfreundlich vertreten, so kann das Unterbleiben eines Antrags auf Durchführung einer Berufungsverhandlung jedenfalls dann nicht als konkludenter Verzicht auf eine solche gedeutet werden, wenn der Beschuldigte nicht in Kenntnis des Rechtes auf eine Berufungsverhandlung war (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/02/0099, mwN). | |
Wie sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt, enthält die Rechtsmittelbelehrung des Straferkenntnisses des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 36, vom keinen Hinweis auf die Möglichkeit eines Antrags auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde im Zuge des Berufungsverfahrens. Die belangte Behörde war daher verpflichtet, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen, was der Beschwerdeführer zu Recht rügt. | |
Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Durchführung der mündlichen Verhandlung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben, sodass es sich erübrigt, auf das weitere Beschwerdevorbringen näher einzugehen. | |
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. | |
Wien, am |
Fundstelle(n):
EAAAE-71324