VwGH vom 12.09.2012, 2012/08/0150

VwGH vom 12.09.2012, 2012/08/0150

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des D Vereins in L, vertreten durch Mag. Thomas Stenitzer und Mag. Kurt Schick, Rechtsanwälte in 2136 Laa/Thaya, Rathausgasse 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. GS5-A-948/1478-2011, betreffend Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm. Abs. 2 ASVG (mitbeteiligte Partei: Niederösterreichische Gebietskrankenkasse in 3100 St. Pölten, Kremser Landstraße 3), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und dem mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich Folgendes:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem beschwerdeführenden Verein wegen Unterlassung der Anmeldung der "zumindest am versicherten" B. (einer tschechischen Staatsangehörigen) vor Arbeitsantritt ein Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG in der Höhe von EUR 1.300,-- vorgeschrieben.

In der Begründung wies die belangte Behörde nach der Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage sowie der wörtlichen Wiedergabe des Einspruchsvorbringens zunächst darauf hin, dass dem beschwerdeführenden Verein bereits mit ihrem Bescheid vom rechtskräftig ein Beitragszuschlag in der Höhe von EUR 400,-- vorgeschrieben worden sei, weil B. im Rahmen einer Kontrolle durch die KIAB am im Vereinslokal hinter der Schank arbeitend angetroffen worden sei, ohne vor Arbeitsbeginn zur Krankenversicherung angemeldet worden zu sein; die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde sei mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2010/08/0227, abgewiesen worden. Im gegenständlichen Verfahren werde somit auch zu prüfen sein, inwieweit sich die sachverhaltsmäßigen Umstände gegenüber der Betretung vom geändert hätten, sodass die nunmehrige Betretung vom rechtlich anders zu beurteilen wäre.

Aus dem Einspruch ergäben sich keine wesentlichen Sachverhaltsänderungen. Soweit behauptet werde, B. sei gar nicht als Kellnerin tätig gewesen, stehe dies mit dem übrigen Einspruchsvorbringen in Widerspruch. Es sei rechtlich auch keineswegs ausgeschlossen, dass ein ideeller, nicht auf Gewinn gerichteter Verein, der sich ausschließlich über Spenden und über die Einnahmen aus dem Getränkeverkauf an Vereinsmitglieder und Besucher finanziere, Dienstgeber sei. Dass B. seit dem der Status eines Vereinsmitglieds zukomme, stelle ebenfalls keine "Neuerung" dar, zumal sie diesen Status bereits bei der (ersten) Betretung am innegehabt habe. Es sei auch völlig irrelevant, ob sich B. als Vereinsmitglied bewährt habe. Was die mit dem Amt der Kassier-Stellvertreterin verbundene Wahl in den Vereinsvorstand betreffe, so sei sie erst am - nach der finanzpolizeilichen Kontrolle am - erfolgt. Hinsichtlich des Vorbringens zur Ehrenamtlichkeit bzw. Unentgeltlichkeit der Tätigkeit sei - zusammengefasst - nach Einsicht in die im Einspruch als Beweismittel angeführten Unterlagen (Beitrittsantrag der B. vom , Erklärung der B. vom , Vereinsregisterauszug, Liste der am Tag der Kontrolle anwesenden Personen) keine Änderung seit dem erkennbar. Von der beantragten Einvernahme des Vereinsobmanns, eines weiteren Vorstandsmitglieds und der B. sei Abstand genommen worden, weil deren Vernehmung zum Begriff der ehrenamtlichen Tätigkeit in Lehre und Rechtsprechung entbehrlich sei und im vorliegenden Fall kein Hinweis darauf bestehe, dass (anders als bei der Kontrolle am ) unentgeltliche Tätigkeit vorgelegen sei.

Die Vereinsmitgliedschaft der B. werde auch insofern relativiert, als man die Mitgliedschaft im beschwerdeführenden Verein bereits durch den Konsum von Getränken erwerbe; ein Mitgliedsbeitrag werde nicht (bzw. nur "über die Getränkepreise") eingehoben. Da auch keine Zutrittskontrollen durchgeführt würden, könnten auch Nichtmitglieder die Lokalität aufsuchen, die dann laut Aussage des Vereinsobmannes "für die Dauer eines Getränkes" zu Vereinsmitgliedern würden.

Der Vereinsobmann habe am zu Protokoll gegeben, dass B. bereits seit eineinhalb Jahren ohne Lohn bzw. Gehalt für den Verein "tätig sei", dass sie nur "arbeite", wann und solange sie wolle, und dass sie überdies von ihm abgeholt und "zum Dienst" gebracht werde. B. habe hingegen im Rahmen der Amtshandlung vom beim Ausfüllen des Personenblattes bekannt gegeben, dass sie ein fixe Arbeitszeit von 12 bis 21 Uhr habe, was für glaubwürdiger befunden werde, weil nicht einzusehen sei, weshalb sie eine für ihren Freund und gleichzeitig Obmann des Vereins, dessen Mitglied sie sei, nachteilige Angabe machen sollte. Da die von B. ausgeübte Tätigkeit offensichtlich auf längere Dauer ausgerichtet gewesen sei und sich nicht nur auf die Bedienung von Vereinsmitgliedern beschränkt habe (die Nicht-Vereinsmitglieder seien erst während des Getränkekonsums bzw. nach der Bezahlung und nicht schon zum Zeitpunkt der Bestellung Vereinsmitglieder geworden), könne dieses Wirken für den Verein auch nicht unter den Begriff der Ehrenamtlichkeit fallen. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass selbst Vereinsmitglieder, die dieselben Tätigkeiten wie B. ausübten, vom Verein beschäftigt und der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse gemeldet worden seien. Dass die Mitglieder ehrenamtlich und unentgeltlich Getränke und Imbiss ausschenkten, kassierten, Küche und Bar betreuten und die Reinigung, Reparaturen, Einkauf und Organisation verschiedener Veranstaltungen erledigten, sei somit eindeutig widerlegt.

Dass sich B. nicht vertreten lassen habe können, ergebe sich schon aus der Tatsache, dass ihr auch das Inkasso oblegen sei und es somit jeder Lebenserfahrung widerspräche, dass beliebige und somit auch vereinsfremde Personen von ihr ohne Rücksprache mit dem Vorstand bzw. mit dem Obmann mit einer derartigen Tätigkeit betraut werden hätten können. Die wirtschaftliche Abhängigkeit ergebe sich aus dem Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen. Kontrolliert worden sei sie über die Resonanz der Kunden und Vereinsmitglieder bzw. durch den Vereinsvorstand.

Es lägen somit dieselben Hilfstätigkeiten vor, die B. bereits am ausgeübt habe und die üblicherweise im Rahmen eines Dienstverhältnisses erbracht würden. Die Erklärung von B., dass sie für ihre Tätigkeit weder Geld- noch Sachleistungen erhalten habe, sei ohne Bedeutung, weil in der Sozialversicherung das Anspruchslohnprinzip gelte.

Die Vorschreibung des Beitragszuschlages sei daher dem Grunde und - angesichts des Nichtzutreffens der Erstmaligkeit und des Umstands, dass die Meldung noch nicht nachgeholt worden sei - auch der Höhe nach gerechtfertigt gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber oder deren gemäß § 35 Abs. 3 ASVG Bevollmächtigte jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (vollversicherte und teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung gemäß § 33 Abs. 1a ASVG so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

Nach § 113 Abs. 1 ASVG kann ein Beitragszuschlag vorgeschrieben werden, wenn die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung setzt sich der Beitragszuschlag nach einer unmittelbaren Betretung aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf EUR 500,-- je nicht vor Arbeitsantritt angemeldete Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf EUR 800,--. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf EUR 400,-- herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

2. Die Beschwerde wendet sich gegen die Annahme des Vorliegens einer die Anmeldeverpflichtung gemäß § 33 ASVG auslösenden Beschäftigung der B. und bringt dazu insbesondere vor, dass es sich um eine ehrenamtliche Tätigkeit handle. Insoweit ist die Beweiswürdigung der belangten Behörde, die eine ehrenamtliche Tätigkeit u.a. unter Hinweis auf die zeitliche Inanspruchnahme durch die Tätigkeit und den Umstand, dass andere Vereinsmitglieder die gleichen Tätigkeiten in einem Beschäftigungsverhältnis zum beschwerdeführenden Verein ausübten, verneint hat, aber nicht zu beanstanden. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (so schon das Vorerkenntnis vom , Zl. 2010/08/0227).

Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat die belangte Behörde - ausgehend von der festgestellten Hilfstätigkeit - auch die für die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit der Beschwerdeführerin sprechenden Gründe ausreichend dargelegt und davon ausgehend frei von Rechtsirrtum das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses bejaht (vgl. auch dazu das Erkenntnis vom ). Dass die Beschwerdeführerin tatsächlich ein Entgelt erhalten hat, musste entgegen der Beschwerdeansicht nicht festgestellt werden, weil für den Entgeltbegriff des ASVG (vgl. dessen § 49 Abs. 1) grundsätzlich - wenn das tatsächlich gezahlte Entgelt nicht darüber hinausgeht - der Anspruchslohn maßgeblich ist; es kommt also nicht darauf an, ob der Dienstnehmer das ihm nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zustehende Entgelt vom Dienstgeber fordert bzw. ob es ihm tatsächlich bezahlt wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/08/0052, mwN).

Soweit die Beschwerde das Unterbleiben der beantragten Einvernahme der B., des Vereinsobmannes und eines weiteren Vorstandsmitglieds rügt, unterlässt sie es, die Relevanz des behaupteten Mangels für den Ausgang des Verfahrens konkret darzulegen. Das bloß allgemeine Vorbringen, die belangte Behörde hätte bei Einvernahme der Zeugen erkannt, dass B. tatsächlich ehrenamtlich tätig gewesen sei, reicht dafür nicht aus.

Da der Inhalt der Beschwerde somit erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am