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VwGH vom 18.11.2011, 2010/02/0219

VwGH vom 18.11.2011, 2010/02/0219

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des R H in L, vertreten durch Dr. Günther Klepp, Mag. Dr. Peter Nöbauer, Mag. Franz Hintringer, Mag. Rupert Primetshofer und Mag. Dr. Karin Lidauer, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Museumstraße 15, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-164878/6/Sch/Th, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer zu Faktum 1 des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz vom für schuldig erkannt, er habe am um 22.15 Uhr an einem näher genannten Ort einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt, weil bei einer Messung mittels Atemluftalkoholmessgerätes ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,79 mg/l habe festgestellt werden können.

Er habe dadurch eine Übertretung des § 5 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Tage) verhängt wurde.

Zu Faktum 2 des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz vom betreffend eine Übertretung des § 5 Abs. 1 lit. c StVO 1960 wurde der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u. a. ausgeführt, es sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer seinen PKW um etwa 22.15 Uhr an einem näher genannten Ort in Linz abgestellt habe. Im Zuge des Abstellmanövers sei der Beschwerdeführer mit dem Heck seines Fahrzeuges an einem abgestellten PKW angestoßen. Er und seine beiden Mitfahrer hätten sich in der Folge überzeugt, dass durch den Anstoß kein Schaden entstanden sei. Bei anderen, ebenfalls an der Unfallstelle anwesenden Personen sei allerdings der Eindruck entstanden, dass schon eine Beschädigung am abgestellten Fahrzeug vorgelegen habe. Diese Personen hätten daher ihre Wahrnehmungen einer vorbeikommenden Polizeistreife gemeldet. Der Beschwerdeführer und seine beiden Begleiter hätten sich inzwischen von der Vorfallsörtlichkeit entfernt.

Durch polizeiliche Ermittlungen sei der Beschwerdeführer ausgeforscht und mit ihm per Telefon Kontakt aufgenommen worden. Er sei gegen 23.00 Uhr an den Abstellort seines Fahrzeuges gekommen und sei in der Folge von Beamten, nachdem diese Alkoholisierungssymptome wahrgenommen hätten, zur Durchführung einer Alkomatuntersuchung aufgefordert worden. Der relevante niedrigere Teilmesswert habe 0,79 mg/l Atemluftalkoholgehalt betragen.

Der Beschwerdeführer habe sogleich angegeben, in einem in der Nähe gelegenen Lokal eine unbekannte Menge Wodka konsumiert zu haben. Laut seiner Aussage unmittelbar an der Unfallsörtlichkeit - in der entsprechenden Polizeianzeige wiedergegeben - sei von ihm hinsichtlich Art und Menge des Alkohols angegeben worden, eben Wodka konsumiert zu haben, dies allerdings in Gemeinschaft mit Freunden, weshalb er nicht sagen könne, um welche Menge es sich gehandelt habe.

Dieser Alkoholkonsum sei jedenfalls nach dem Lenken erfolgt; für den Zeitraum davor würden sich in der Polizeianzeige keine Angaben des Beschwerdeführers befinden.

Einige Tage später, am , sei der Beschwerdeführer von einem Beamten des Stadtpolizeikommandos Linz neuerlich zum Vorfall befragt worden. Dort habe er im Hinblick auf den Alkoholkonsum am relevanten Tag wiederum angegeben, nach dem Lenkzeitpunkt Alkohol konsumiert zu haben. In der vom Beschwerdeführer unterfertigten Niederschrift finde sich die Aussage, dass er in einem näher genannten Lokal zuerst ein Bier getrunken habe. Anschließend habe er eine Flasche Wodka bestellt (0,7 l). Diese sei von ihm und seinen Begleitern getrunken worden, allerdings könne er nicht sagen, wie viel er davon getrunken habe. Nachdem die Flasche leer gewesen sei, habe er das Lokal verlassen, seine beiden Begleiter seien noch im Lokal geblieben. Für vor dem Lenkzeitpunkt konsumierten Alkohol sei vom Beschwerdeführer angegeben worden, er habe maximal zwei "Spritzer weiß" getrunken.

Die Angaben des Beschwerdeführers seien also sowohl unmittelbar zum Zeitpunkt der Unfallsaufnahme am Vorfallstag, als auch später während der erwähnten Niederschrift im Wesentlichen vage geblieben.

In Anbetracht der Konkretisierungsvorgaben durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müsse die Nachtrunkbehauptung des Beschwerdeführers als nicht ausreichend genug angesehen werden, um sie im Zuge einer allfälligen Rückrechnung des Alkoholgehaltes zum Lenkzeitpunkt berücksichtigen zu können. Damit sei von einem rechtlich relevanten Nachtrunk nicht auszugehen, wenngleich es auch nicht unglaubwürdig sei, dass der Beschwerdeführer in dem erwähnten Lokal sehr wohl Alkohol konsumiert habe.

Gehe man sohin davon aus, dass eben ein relevanter Nachtrunk nicht erfolgt sei, so könne in Konsequenz dessen dem Beschwerdeführer aber auch nicht vorgeworfen werden, er habe nach einem Verkehrsunfall noch einen Nachtrunk getätigt und dadurch bei der Feststellung des Sachverhaltes nicht mitgewirkt. Der Berufung sei daher hinsichtlich des Faktums 2 des Straferkenntnisses Folge zu geben und das Straferkenntnis in diesem Punkt zu beheben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit eines behaupteten Nachtrunkes ist dem Umstand Bedeutung beizumessen, zu welchem Zeitpunkt der Lenker diese Behauptung aufgestellt hat, wobei in Anbetracht der Wichtigkeit dieses Umstandes davon auszugehen ist, dass auf eine allfällige Alkoholaufnahme nach dem Lenken bei erster sich bietender Gelegenheit - von sich aus - hingewiesen wird. Weiters entspricht es der hg. Rechtsprechung, dass derjenige, der sich auf einen Nachtrunk beruft, die Menge des solcherart konsumierten Alkohols konkret zu behaupten und zu beweisen hat (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/02/0132, m.w.N.).

Insoweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde im Zusammenhang mit der Wiedergabe des Inhaltes der Darstellung der Angaben des Beschwerdeführers in der Anzeige zu seinem Nachtrunk Aktenwidrigkeit vorwirft, ist diese für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar, zumal sich im Protokoll ausdrücklich zur Befragung des Beschwerdeführers zur Menge des Alkoholkonsums nach dem Unfall der Hinweis findet, der Beschwerdeführer habe gemeinsam mit Freunden Wodka konsumiert und könne daher nicht sagen, um welche Mengen es sich handle. Das in der Beschwerde gerügte Fehlen einer Unterschrift des Beschwerdeführers unter dem Text der Anzeige vermag nicht die Feststellung der Behörde zu widerlegen, dass diese - von den einschreitenden Beamten wiedergegebene - Trinkverantwortung des Beschwerdeführers vage und unvollständige Angaben enthalten habe.

Insoweit sich die Beschwerde schließlich auf die etwas konkretere Aussage des Beschwerdeführers bei dessen zweiter Vernehmung am beruft, wonach der Beschwerdeführer nach dem Unfall zunächst ein Seidel Bier und danach zumindest die Hälfte einer Flasche eines (nunmehr der Marke nach näher konkretisierten) Wodkas getrunken habe, ist für den Beschwerdeführer im Lichte der vorzitierten hg. Judikatur auch nichts gewonnen, zumal er diese Angaben erst nachträglich und nicht bei erster sich bietender Gelegenheit gemacht hat.

Die belangte Behörde hat auf Grund des in der Begründung des angefochtenen Bescheides dargestellten Verfahrensablaufes in schlüssiger Beweiswürdigung im Lichte der zitierten hg. Rechtsprechung der Behauptung eines Nachtrunks zu Recht keinen Glauben geschenkt, zumal insbesondere die Angaben des Beschwerdeführers zum Konsum des Wodkas sowohl anlässlich der Atemalkoholuntersuchung, als auch bei seiner ersten Einvernahme am völlig unbestimmt blieben.

Insofern der Beschwerdeführer unter Hinweis auf seine (im Laufe des Verwaltungsstrafverfahrens durch zunehmende Präzisierung geänderte) Trinkverantwortung vermeint, es wäre mit seinen Informationen problemlos möglich gewesen, ein medizinisches Sachverständigengutachten zum Blutalkoholgehalt einzuholen und eine entsprechende Rückrechnung vorzunehmen, so ist ihm Folgendes entgegenzuhalten:

Erachtet die belangte Behörde in schlüssiger Beweiswürdigung die Nachtrunkbehauptung als unglaubwürdig, so erübrigte es sich, ein in diesem Zusammenhang - wie vom Beschwerdeführer gefordert - ergänzendes medizinisches Gutachten einzuholen, zumal dieses ausschließlich auf den von der belangten Behörde als unglaubwürdig beurteilten Behauptungen einer nachträglichen Alkoholaufnahme basieren müsste (vgl. das vorzitierte hg. Erkenntnis vom m.w.N.). Es liegt daher auch nicht der gerügte Verfahrensmangel der unterlassenen Einholung eines medizinischen Gutachtens zur Frage der Alkoholisierung des Beschwerdeführers zum Lenkzeitpunkt vor.

Wenn der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde gehe in rechtsirriger Weise von einem Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht i. S. des § 4 Abs. 1 lit. c StVO 1960 aus und treffe daher keine Feststellungen, welche Mengen und welche Art von Alkohol der Beschwerdeführer getrunken habe. So übersieht er, dass ihm die Übertretung nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO 1960 durch die belangte Behörde gerade nicht mehr angelastet und dass diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wurde.

Da es der Beschwerdeführer unterließ, von sich aus bei erster sich bietender Gelegenheit hinreichend konkret die nachträglich konsumierten Mengen an Alkohol bezüglich des behaupteten Nachtrunks anzugeben, bedurfte es auch keiner Rückrechnung der Alkoholisierung bezogen auf den Lenkzeitpunkt unter Berücksichtigung des behaupteten und nicht hinreichend konkretisierten Nachtrunks.

Unzutreffend ist die Beschwerdebehauptung, die belangte Behörde führe selbst aus, nicht in der Lage zu sein, den Alkoholisierungsgrad des Beschwerdeführers im Zeitpunkt des Lenkens seines Fahrzeuges festzustellen; eine solche Ausführung findet sich nicht im angefochtenen Bescheid. Es liegt entgegen den allgemeinen Beschwerdebehauptungen auch keine widersprüchliche und logisch nicht nachvollziehbare Begründung des angefochtenen Bescheides in Bezug auf die Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 vor, zumal die belangte Behörde ausdrücklich - mangels Berücksichtigung des Nachtrunks - von dem mittels Alkomat festgestellten Wert ausging, der auch für den Lenkzeitpunkt als erwiesen angenommen wurde.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
EAAAE-71243