VwGH vom 11.07.2012, 2012/08/0131
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des EH in S, vertreten durch Dr. Gerwald Schmidberger, Rechtsanwalt in 4400 Steyr, Stelzhamerstraße 11, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom , Zl. LGSOÖ/Abt.4/2012-0566-4-000081-0, betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum vom bis keinen Anspruch auf Notstandshilfe habe.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer seit Mai 2008 (mit kurzen Unterbrechungen) bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice S Notstandshilfe beziehe. Das Arbeitsmarktservice S habe den Beschwerdeführer am eine Beschäftigung als Hilfsarbeiter im Bereich Restaurierung beim Verein zur Förderung von Arbeit und Beschäftigung mit Arbeitsort in A "verbindlich angeboten". Die Beschäftigung wäre mindestens kollektivvertraglich nach dem BABE-Kollektivvertrag mit EUR 1.179,93 brutto entlohnt gewesen. Das Beschäftigungsverhältnis sei nicht zustande gekommen.
In der Folge gibt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Stellungnahme des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Verfahren, seine Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid sowie drei Schreiben der belangten Behörde mit der Mitteilung von Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens sowie die dazu jeweils ergangenen Stellungnahmen des Beschwerdeführers wörtlich bzw. im Faksimile wieder.
Unter anderem wurde dem Beschwerdeführer als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens mitgeteilt, dass er bei der zugewiesenen Beschäftigung bei Restaurierungsarbeiten an Waggons eingesetzt worden wäre. Dabei anfallende Tätigkeiten wären Tischlerarbeiten an kleinen Tischlermaschinen, Schleifen, Streichen, Vormontage in der Werkstatt und Montieren von Waggoninnenausstattung sowie Reinigungsarbeiten in der Tischlerei und in Gemeinschaftsräumen gewesen. Es handle sich dabei um mittelschwere körperliche Arbeiten, eine Hebe- bzw. Tragebelastung von mehr als 10 kg sei bei diesen Arbeiten auszuschließen.
Nach einer Auseinandersetzung mit vom Beschwerdeführer vorgebrachten gesundheitlichen Einschränkungen hält die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des möglichen Arbeitseintritts am noch nicht wegen der später geltend gemachten weiteren Erkrankung des rechten Ellbogens in ärztlicher Behandlung gewesen sei. Behandlungstermine für diese Erkrankung hätten mit begonnen. Der Facharzt habe den Beschwerdeführer auf Grund dieser Einschränkung seines Ellbogens nicht arbeitsunfähig geschrieben und er wäre bei einem aufrechten Dienstverhältnis weiter verpflichtet gewesen, seinem Arbeitsverhältnis nachzukommen. Für den Zeitpunkt habe der Beschwerdeführer keinen objektiven Nachweis erbracht, dass diese Beeinträchtigung des Ellbogens bereits vorgelegen sei.
Die vom Arbeitsmarktservice angebotene Beschäftigung als Hilfsarbeiter im Bereich Restaurierung beim Verein zur Förderung von Arbeit und Beschäftigung sei dem Beschwerdeführer gesundheitlich zumutbar gewesen.
In der Niederschrift vom habe eine namentlich bezeichnete Mitarbeiterin der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice S den Beschwerdeführer über den Arbeitsbeginn am 16. Dezember um 8.00 Uhr informiert. Der Beschwerdeführer selbst bringe in einer Stellungnahme vom vor, er habe die Niederschrift nicht unterschrieben, weil er frühzeitig das Beraterzimmer verlassen habe. Die Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservice habe in ihrer Stellungnahme erklärt, sie habe den Beschwerdeführer mehrmals über den Arbeitsort und den Arbeitsbeginn informiert. Der Beschwerdeführer habe darauf mit den Worten geantwortet: "Wenn ihr mir etwas mitteilen wollt, dann schickt mir dies schriftlich zu."
Auch wenn es der Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservice nicht mehr gelungen sein sollte, den Beschwerdeführer im Rahmen der Amtshandlung (Aufnahme der Niederschrift vom ) über den Arbeitsort und den Arbeitsbeginn zu informieren, weil der Beschwerdeführer das Beraterzimmer verlassen habe, liege dies in seinem Verantwortungsbereich. Durch sein Verhalten habe der Beschwerdeführer in Kauf genommen, dass die vom Arbeitsmarktservice angebotene zumutbare Beschäftigung nicht zustande komme.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG verliert die arbeitslose Person, wenn sie sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Gemäß § 38 AlVG ist diese Bestimmung auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.
2. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass bei der ihm am vermittelten Beschäftigung als Restaurator von Zugwaggons Tätigkeiten anfallen würden, die ihm auf Grund seines Gesundheitszustandes keinesfalls zumutbar seien. Bei dieser Arbeit hätte er schwere körperliche Arbeiten, wie den Transport von Schutt über größere Distanzen, zu erbringen gehabt, und er sei aus diesem Grund berechtigt gewesen, die ihm angebotene Arbeit abzulehnen. Nach ständiger Rechtsprechung sei es die Aufgabe der Behörde, dann wenn der Arbeitslose nach einem ärztlichen Gutachten auf Grund gesundheitlicher Einschränkung nur zu bestimmten Tätigkeiten herangezogen werden könne, die körperliche Anforderung einer zugewiesenen Beschäftigung mit den verbliebenen körperlichen Fähigkeiten des Arbeitslosen zu vergleichen und danach zu beurteilen, ob dem Arbeitslosen die zugewiesene Beschäftigung zugemutet werden könne. Eine allgemeine Zusicherung, dass im Rahmen der zugewiesenen Beschäftigung auf gesundheitliche Einschränkungen Bedacht genommen werde, gehe an dieser Anforderung vorbei.
Die belangte Behörde habe den Beschwerdeführer am über mehrmaliges Befragen nicht den Umfang der von ihm zu erbringenden Tätigkeiten bekannt gegeben. Erstmals mit einer E-Mail Nachricht der belangten Behörde vom habe er erfahren, für welche Tätigkeiten er tatsächlich hätte eingesetzt werden sollen. Wäre ihm der Umfang der Tätigkeiten schon am bekannt gegeben worden, hätte er die Arbeitsstelle gerne angenommen. Eine Überprüfung, ob die mit der zugewiesenen Beschäftigung verbundenen körperlichen Anforderungen mit seinen körperlichen Fähigkeiten vereinbar seien, sei erst im Berufungsverfahren vorgenommen worden.
3. Dazu ist zunächst ist festzuhalten, dass das Beschwerdevorbringen in sich widersprüchlich ist: einerseits macht der Beschwerdeführer geltend, dass ihm die Tätigkeit körperlich nicht zumutbar gewesen wäre, andererseits aber behauptet er, dass er die Beschäftigung angenommen hätte, wenn er den Umfang der Tätigkeiten schon am gekannt hätte.
Der Beschwerdeführer geht in seiner Beschwerde nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, wonach ihm von der Mitarbeiterin der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice S die konkrete Beschäftigung mit Zeitpunkt des möglichen Arbeitsantrittes am angeboten wurde und bei dieser Tätigkeit keine Anforderungen angefallen wären, die mit den bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen des Beschwerdeführers - auf die die belangte Behörde unter Darlegung der eingeholten ärztlichen Atteste eingeht - unvereinbar gewesen wären.
Auch in der Beschwerde wird nicht dargelegt, dass der Beschwerdeführer die Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservice über Bedenken hinsichtlich der gesundheitlichen Einschränkungen informiert hätte (vgl. zur Verpflichtung des Arbeitslosen, Zweifel über die gesundheitliche Eignung für eine zugewiesene Beschäftigung dem Arbeitsmarktservice mitzuteilen, das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/08/0051), sodass zum Zeitpunkt der Zuweisung der Beschäftigung eine nähere Auseinandersetzung mit der Frage der gesundheitlichen Eignung erforderlich gewesen wäre.
Vor diesem Hintergrund kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde das Verhalten des Beschwerdeführers, der im Zuge des Beratungsgesprächs über die ihm zugewiesene Beschäftigung das Beratungszimmer des Arbeitsmarktservice verlässt und keine weiteren Anstrengungen unternimmt, um die zugewiesene Beschäftigung zu erlangen (insbesondere bringt der Beschwerdeführer selbst nicht vor, dass er den ihm nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides am konkret mitgeteilten Zeitpunkt des möglichen Arbeitsantritts wahrgenommen habe), als Vereitelung der Annahme einer Beschäftigung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG beurteilt hat.
4. Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, die belangte Behörde habe auch Sachverhaltselemente verwendet, die im Verfahren erster Instanz nicht vorgekommen seien, ohne ihm diese neuen Sachverhaltsfeststellungen zur Kenntnis zu bringen. Es sei ihm nicht ermöglicht worden, zum Vorwurf der Arbeitsverweigerung Stellung zu nehmen. Insbesondere sei von der belangten Behörde erst nach Vorliegen der Berufung erhoben worden, welche körperlichen Anforderungen mit der ihm zugewiesenen Beschäftigung verbunden gewesen seien. Dies wäre jedoch Aufgabe der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gewesen und diese erstinstanzliche Behörde hatte ihn über den Umfang der Tätigkeiten bereits am bei der Zuweisung der Arbeitsstelle informieren müssen.
5. Dem ist entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer nicht darlegt, welche neuen "Sachverhaltsfeststellungen" (gemeint: Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens) ihm nicht zur Kenntnis gebracht worden wären. Insbesondere behauptet der Beschwerdeführer nicht, dass ihm die im angefochtenen Bescheid wörtlich wiedergegebenen drei Schreiben der belangten Behörde nicht zugegangen wären (zudem werden im angefochtenen Bescheid auch die zu diesen Schreiben vom Beschwerdeführer jeweils erstatteten Stellungnahmen im Faksimile wiedergegeben). Es ist nicht erkennbar und wird in der Beschwerde nicht dargelegt, dass die belangte Behörde ihre Beurteilung auf Beweisergebnisse stützt, die dem Beschwerdeführer nicht in diesen Schreiben zur Kenntnis gebracht worden wären.
Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet, dass er gegenüber der erstinstanzlichen Behörde gesundheitliche Einschränkungen geltend gemacht habe (auch die im angefochtenen Bescheid wiedergegebene schriftliche Stellungnahme des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Verfahren enthält keinen Bezug zu gesundheitlichen Einschränkungen), war die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice S auch nicht verhalten, auf - ihr gegenüber nicht vorgebrachte - Bedenken hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung einzugehen.
6. Die Beschwerde war daher, da bereits ihr Inhalt erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Fundstelle(n):
KAAAE-71241