VwGH 24.09.2010, 2010/02/0160
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Es lässt sich weder aus der Verordnungsermächtigung des § 18 ASchG 1994 noch aus der Vollzugsklausel des § 132 Abs. 3 Z. 6 ASchG 1994 in der im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente (ASchG DOKV 1996) geltenden Fassung ableiten, die ASchG DOKV 1996 richte sich nur an Betriebe und Tätigkeiten, die der Gewerbeordnung 1994 unterliegen. § 132 Abs. 3 Z. 6 ASchG 1994 enthält lediglich eine Einvernehmensregelung hinsichtlich gewerblicher Betriebe und Tätigkeiten, ohne dass dadurch irgendwelche Einschränkungen auf solche bei der Anwendung des ASchG 1994 zu sehen sind, zumal § 132 Abs. 3 Z 7 ASchG 1994 ("im übrigen") alle nicht zuvor genannten Betriebe und Tätigkeiten umfasst. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2009/02/0014 E RS 1 |
Normen | |
RS 2 | Der Promulgationsklausel einer Verordnung kommt keine eigenständige normative Bedeutung zu (vgl. VfSlg 16904). (Hier: Dem Wortlaut der Präambel ist keinerlei Einschränkung der Anwendbarkeit der ASchG DOKV 1996 auf Betriebe und Tätigkeiten, die der GewO 1994 unterliegen, zu entnehmen, sondern es wird in dieser unter anderem auf die Einvernehmensregelung des § 132 Abs. 3 Z 6 ASchG 1994 hinsichtlich gewerblicher Betriebe und Tätigkeiten hingewiesen.) |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2009/02/0014 E RS 2 |
Normen | ASchG 1994 §130 Abs1 Z5; ASchG 1994 §5; ASchG DOKV 1996; AVG §56; AVG §66 Abs4; VStG §9 Abs7; VwGG §34 Abs1; |
RS 3 | Aus einem Bescheid gemäß § 56 AVG muss hervorgehen, an wen er sich richtet, es muss der Normadressat ersichtlich sein, dies ist ein notwendiges Inhaltserfordernis eines Bescheides, die Bezeichnung des Normadressaten gehört zum normativen Spruchinhalt. Nur wenn aus dem Bescheid dergestalt hervorgeht, dass die bescheiderlassende Behörde die Rechtssphäre einer Partei gestalten wollte und derart durch den Bescheid eine Berührung dieser Rechtssphäre geschehen ist, kann sie sich durch den Bescheid in ihren Rechten berührt erachten und Rechtsmittel ergreifen. (Hier: Der angefochtene Bescheid enthält in seinem Spruch ebenso wie der erstinstanzliche Bescheid keinerlei normativen Abspruch über die Haftung der zweitbeschwerdeführenden Partei (eine GmbH) gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die über die Bfin (Geschäftsführerin der GmbH) verhängte Geldstrafe und die von ihr zu bezahlenden Verfahrenskosten. Der angefochtene Bescheid ist daher mangels gegen sie exequierbaren Abspruches nach Auffassung des erkennenden Senates - ungeachtet seiner Zustellung an die Bfin - nicht geeignet, in die Rechtssphäre der Bfin einzugreifen, weshalb der Bfin auch die Legitimation zur Erhebung der Beschwerde beim VwGH fehlt.Die Berufung der Bfin wäre in Ermangelung eines Haftungsausspruches im erstinstanzlichen Bescheid richtigerweise zurückzuweisen gewesen (vgl. E , 2008/09/0377, 2008/09/0380).) |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2007/09/0267 E RS 3 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde der 1. R T und 2. VgesmbH, beide in Graz, beide vertreten durch Dr. Siegfried Leitner, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 17/I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zlen. UVS 30.15-7/2009-8, UVS 35.15-1/2009-8, betreffend Übertretung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften,
Spruch
I. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird als unbegründet abgewiesen.
II. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde die Erstbeschwerdeführerin in ihrer Funktion als verantwortliche Beauftragte der Zweitbeschwerdeführerin mit dem Sitz in Graz schuldig erkannt, sie habe es zu verantworten, dass in einer näher genannten Betriebsstätte, in der 33 ArbeitnehmerInnen beschäftigt würden, in der Zeit vom bis entgegen § 5 ASchG iVm der Verordnung über die Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente kein Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument für den Bereich Pflege erstellt worden sei, welches den Mindesterfordernissen der Verordnung über die Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente entspreche. Gemäß § 130 Abs. 1 Z. 5 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) wurde über die Erstbeschwerdeführerin eine Geldstrafe von EUR 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin:
Die Beschwerdeführer führen zunächst aus, dass die DOK-VO nach ihrem klaren Wortlaut nur auf Betriebe und Tätigkeiten anzuwenden sei, die der Gewerbeordnung 1994 unterlägen. Das in Rede stehende Pflegezentrum bedürfe für den Betrieb jedoch keiner gewerbebehördlichen Genehmigung. Dem ist zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsfrage in seinem Erkenntnis vom heutigen Tag Zl. 2009/02/0014, beantwortet hat. Es genügt daher, gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die dortigen Entscheidungsgründe zu verweisen.
Soweit die Beschwerde schließlich vorbringt, der verfahrensgegenständliche Tatbestand lasse sich nicht unter die Bestimmung des § 4 ASchG subsumieren und der Begründung des angefochtenen Bescheides mangle es an einer ausreichenden Bestimmtheit, weil sich die belangte Behörde darauf beschränke, im Rahmen des Schuldspruches und der Strafbemessung auf § 130 Abs. 1 ASchG zu verweisen, obwohl nach dieser Gesetzesbestimmung insgesamt 31 Tatbestände in Frage kämen, übersieht sie, dass der Erstbeschwerdeführerin eine Verwaltungsübertretung nach § 5 ASchG vorgeworfen wurde und sie nach § 130 Abs. 1 Z. 5 leg. cit. zu einer Geldstrafe verurteilt wurde.
Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Zur Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin:
Aus einem Bescheid gemäß § 56 AVG muss hervorgehen, an wen er sich richtet, es muss der Normadressat ersichtlich sein, dies ist ein notwendiges Inhaltserfordernis eines Bescheides, die Bezeichnung des Normadressaten gehört zum normativen Spruchinhalt (vgl. Hengstschläger-Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Teilband 2005, zu § 56 Rz 41 f). Nur wenn aus dem Bescheid dergestalt hervorgeht, dass die bescheiderlassende Behörde die Rechtssphäre einer Partei gestalten wollte und derart durch den Bescheid eine Berührung dieser Rechtssphäre geschehen ist, kann sie sich durch den Bescheid in ihren Rechten berührt erachten und Rechtsmittel ergreifen.
Der angefochtene Bescheid - mit dem im Wesentlichen der Spruchinhalt des Bescheides der Behörde erster Instanz übernommen wurde - enthält in seinem Spruch ebenso wie der erstinstanzliche Bescheid keinerlei normativen Abspruch über die Haftung der zweitbeschwerdeführenden Partei gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die über die Erstbeschwerdeführerin verhängte Geldstrafe und die von ihr zu bezahlenden Verfahrenskosten. Der angefochtene Bescheid ist daher mangels eines gegen sie exequierbaren Abspruches - ungeachtet seiner Zustellung an die zweitbeschwerdeführende Partei - nicht geeignet, in deren Rechtssphäre einzugreifen, weshalb der Zweitbeschwerdeführerin auch die Legitimation zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof fehlt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0267). Daher war die Beschwerde der zweitbeschwerdeführenden Partei gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.
Beizufügen ist, dass die (dem Verwaltungsstrafakt nicht zuliegende) Berufung der Zweitbeschwerdeführerin in Ermangelung eines Haftungsausspruches im erstinstanzlichen Bescheid richtigerweise zurückzuweisen gewesen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2008/09/0377, 2008/09/0380).
Nach dem Gesagten war daher wie im Spruch ausgeführt zu verfahren.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | ASchG 1994 §130 Abs1 Z5; ASchG 1994 §132 Abs3 Z6; ASchG 1994 §132 Abs3 Z7; ASchG 1994 §18; ASchG 1994 §5; ASchG DOKV 1996; AVG §56; AVG §66 Abs4; B-VG Art18 Abs2; GewO 1994; VStG §9 Abs7; VwGG §34 Abs1; |
Schlagworte | Bescheidcharakter Bescheidbegriff Inhaltliche Erfordernisse Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION Grundsätzliches zur Rechtmäßigkeit und zur Rechtsverletzungsmöglichkeit |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2010:2010020160.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
EAAAE-71188