VwGH vom 28.07.2010, 2010/02/0112

VwGH vom 28.07.2010, 2010/02/0112

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des C L in W, vertreten durch Dr. Rainer Handl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franziskanerplatz 1/10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-06/48/1390/2010-1, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Verwaltungsstrafsache nach dem Wiener Kinogesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom wurde dem Beschwerdeführer als gemäß § 3 Wiener Kinogesetz bestellter und genehmigter "kinorechtlicher" Geschäftsführer der C. Kinobetriebe Gesellschaft m.b.H. eine Übertretung nach dem Wiener Kinogesetz vorgeworfen, weil durch den Kinobetrieb die Nachbarschaft in unzumutbarer Weise belästigt worden sei.

Er habe dadurch § 16 Abs. 1 iVm § 5 Abs. 1 des Wiener Kinogesetzes iVm Auflagepunkt 16 des Eignungsfeststellungsbescheides vom verletzt. Es werde jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und gemäß § 21 Abs. 1 VStG eine Ermahnung erteilt.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid zurück.

Die Berufung sei mittels E-mail eingebracht worden und weise als Absender eine nicht auf den Beschwerdeführer lautende E-mail-Adresse auf sowie am Ende "Ing. C. L. (Beschwerdeführer), C. Kinobetriebe GmbH". Darüber hinaus sei das als Berufung bezeichnete Schreiben in der "Wir-Form" gehalten. Die Behörde sei nur im Zweifelsfall verpflichtet, sich über die Frage der Zurechnung der Prozesshandlung Klarheit zu verschaffen. Ein solcher Zweifelsfall liege jedoch nicht vor, da die Berufung aufgrund ihres gesamtes Inhaltes eindeutig der C. Kinobetriebe GmbH zuzurechnen sei. Es finde sich kein Hinweis, dass die C. Kinobetriebe GmbH über Auftrag des Beschwerdeführers, sohin als dessen Vertreter im Sinne des § 10 Abs. 1 AVG, die Berufung eingebracht habe. Die C. Kinobetriebe GmbH sei nicht Beschuldigte des Verfahrens, sodass die Berufung mangels Parteistellung als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, dass sich die in der Berufung vorgebrachten Gründe ausschließlich auf in seiner Person gelegene Umstände beziehen würden. Allein die Verwendung der "Wir-Form" in der Textierung der Berufung rechtfertige nicht die Zurückweisung des Rechtsmittels. Die Berufung weise eindeutig am Ende des Textes ohnehin den Namen des Beschwerdeführers auf. Sollte die belangte Behörde Zweifel hinsichtlich der Zurechnung der Berufung gehabt haben, hätte sie die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung von § 13 Abs. 3 AVG veranlassen müssen.

Nach der seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 81/11/0119, ständigen hg. Rechtsprechung kann die Frage, ob eine vom Geschäftsführer einer GmbH unter Verwendung von Briefpapier und Briefumschlag der Gesellschaft und unter Beifügung der Firmenstampiglie in der "Wir-Form" erhobene Berufung gegen ein ihn selbst betreffendes Straferkenntnis ihm selbst oder der Gesellschaft zuzurechnen sei, auf Grund dieser Kriterien allein nicht beantwortet werden. Die Behörde hat die sohin bestehenden Zweifel über die Zurechnung dieser Prozesshandlung zwar nicht - wie der Beschwerdeführer vermeint - im Wege eines Auftrages zur Behebung von Formgebrechen gemäß § 13 Abs. 3 AVG auszuräumen, wohl aber iSd § 37 AVG sich Klarheit darüber zu verschaffen, wer Rechtsmittelwerber ist. Hierbei handelt es sich nicht um die Nachholung einer befristeten Prozesshandlung, sondern um die Klärung des Inhaltes einer zwar rechtzeitigen, aber undeutlichen Prozesshandlung (vgl. dazu uva auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 87/07/0158, und vom , Zl. 88/04/0199).

Diese Grundsätze lassen sich auf den vorliegenden Beschwerdefall übertragen.

Nur wenn die Behörde aufgrund des objektiven Erklärungswertes einer Eingabe keinen Zweifel hat, dass diese einer nicht Parteistellung genießenden Person zuzurechnen ist, ist mit sofortiger Zurückweisung vorzugehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/10/0129).

Im vorliegenden Fall wurde die Berufung von einer nicht auf den Beschwerdeführer lautenden E-mail-Adresse abgesendet. Die Berufung ist in der "Wir-Form" gehalten, weist als Kontaktperson für allfällige Rückfragen bzw. weitere Unterlagen jene Person aus, von deren E-Mail-Adresse die Berufung eingebracht wurde, und ist mit "Ing. C. L. (Beschwerdeführer), C. Kinobetriebe GmbH" in der im elektronischen Verkehr üblichen Form gezeichnet.

Angesichts dieser Anhaltspunkte konnte die belangte Behörde, die im Übrigen die Berufung des Beschwerdeführers und nicht jene der GmbH zurückgewiesen hat, nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass die Berufung der C. inobetriebe GmbH zuzurechnen ist. Sie wäre vielmehr verpflichtet gewesen sich Klarheit darüber zu verschaffen, wer Rechtsmittelwerber ist (siehe das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom ).

Da die belangte Behörde insofern die Rechtslage verkannt hat, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am