VwGH vom 16.06.2011, 2007/18/0811
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Mag. Haunold und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des I G in W, vertreten durch Dr. Gerhard Koller, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Friedrich Schmidt-Platz 7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. SD 1707/06, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 9 und § 63 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren.
Begründend führte sie im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei seinen unbestätigten Angaben zufolge im Dezember 2003 nach Österreich gelangt. Er habe einen Asylantrag gestellt, den er am zurückgezogen habe, weil er am eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet und - auf diese Ehe gestützt - eine Niederlassungsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner Ehefrau beantragt habe.
Am habe die Ehefrau des Beschwerdeführers gegenüber einem Exekutivbeamten zugegeben, dass es sich bei der gegenständlichen Ehe um eine Aufenthaltsehe handle, die vermittelt worden sei und für die sie EUR 8.000,-- erhalten habe. Diese Aussage habe sie im Rahmen einer zeugenschaftlichen Vernehmung im Fremdenpolizeilichen Büro der Bundespolizeidirektion Wien am bestätigt und zusätzlich angegeben, dass der Beschwerdeführer nie bei ihr gewohnt habe, sondern nur in ihrer Wohnung angemeldet gewesen sei.
Mit Urteil vom (rechtskräftig mit ) sei die Ehe des Beschwerdeführers und der österreichischen Staatsbürgerin gemäß § 23 Ehegesetz - EheG für nichtig erklärt worden. Dem Urteil zufolge habe der Beschwerdeführer selbst eingestanden, die Ehe eingegangen zu sein, um "die erforderlichen Papiere" zu bekommen, damit er in Österreich arbeiten könne.
Im Rahmen des fremdenrechtlichen Verfahrens habe der Beschwerdeführer jedoch behauptet, er habe mit seiner Ehefrau zusammengewohnt und die Ehe sei vollzogen worden. Er habe auch keinen Betrag von EUR 8.000,-- bezahlt.
In ihrer rechtlichen Beurteilung sah die belangte Behörde unter Bedachtnahme auf die Feststellungen des Gerichts im Rahmen der Nichtigerklärung der Ehe das Vorliegen einer Aufenthaltsehe gemäß § 60 Abs. 2 Z. 9 FPG als erfüllt und die Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes auch gemäß § 60 Abs. 1 FPG als gerechtfertigt an.
Im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 66 FPG wies die belangte Behörde darauf hin, dass der Beschwerdeführer nur auf Grund der durch seine Eheschließung mit einer österreichischen Staatsbürgerin bevorzugten Stellung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz einer unselbständigen Beschäftigung habe nachgehen können. Die durch den Aufenthalt im Bundesgebiet erzielte Integration des Beschwerdeführers werde durch die bewirkte Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens auf Grund des Eingehens einer Aufenthaltsehe wesentlich gemindert. Bei Abwägung der genannten Interessenlagen ergebe sich, dass die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet keinesfalls schwerer wögen als das öffentliche Interesse an der Erlassung dieser Maßnahme.
Da keine besonderen, zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände gegeben seien, habe die belangte Behörde angesichts des vorliegenden Sachverhaltes von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand nehmen können.
Die festgelegte Dauer des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes von zehn Jahren stehe mit § 63 FPG im Einklang. In Anbetracht des aufgezeigten Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers könne - selbst unter Bedachtnahme auf dessen private Situation - ein Wegfall des für die Erlassung dieser Maßnahme maßgeblichen Grundes, nämlich die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen des nunmehr festgesetzten Zeitraumes erwartet werden.
II.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Abgabe einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Auf dem Boden der im angefochtenen Bescheid getroffenen, insoweit unbestrittenen Feststellungen betreffend die Nichtigerklärung der Ehe des Beschwerdeführers gemäß § 23 EheG begegnet - unter Bedachtnahme auf die übrigen Feststellungen - die - unbekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 9 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.
Das Eingehen einer Ehe zu dem Zweck, fremdenrechtlich bedeutsame Berechtigungen zu erlangen, stellt eine gravierende Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens dar (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/18/0836, mwN). Wenn die Beschwerde diesbezüglich vorbringt, eine bereits mehrere Jahre zurückliegende Scheinehe rechtfertige bei sonstigem Wohlverhalten des Fremden keine Ausweisung bzw. Erlassung eines Aufenthaltsverbotes mehr, so ist dieses Vorbringen nicht zielführend, spricht doch der seit dem Eingehen der Aufenthaltsehe (bzw. der Nichtigerklärung dieser Ehe) verstrichene Zeitraum von drei Jahren und fünf Monaten (bzw. weniger als zwei Jahren) nicht gegen die in § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom , mwN).
Im Rahmen der gemäß § 66 FPG durchzuführenden Interessenabwägung bringt der Beschwerdeführer lediglich vor, er halte sich seit Dezember 2003 ununterbrochen im Bundesgebiet auf und sei sowohl strafrechtlich als auch verwaltungsstrafrechtlich unbescholten. Diesen nicht sehr ausgeprägten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers steht das hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens gegenüber. Bei Abwägung dieser gegenläufigen Interessen kann die Ansicht der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten und auch zulässig im Sinn des § 66 FPG sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Der Beschwerdeführer wendet sich auch gegen die von der belangten Behörde gegenüber der erstinstanzlichen Entscheidung vorgenommene Erhöhung der Dauer des Aufenthaltsverbotes (von fünf Jahren) auf zehn Jahre und bringt dazu vor, dies stehe in keinem Verhältnis zu einem von der belangten Behörde vermuteten Eingehen einer Scheinehe. "Neben dem konkret gesetzten von der belangten Behörde vermuteten Fehlverhalten der versuchten Täuschung der Behörde und der daraus resultierenden Gefährdung öffentlicher Interessen ist auch auf die privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen, jedenfalls die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in der Dauer von 10 Jahren verfehlt."
Mit diesem Vorbringen wird jedoch nicht dargelegt, warum im gegenständlichen Fall auf einen früheren Wegfall der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung geschlossen werden müsste.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
LAAAE-71138