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VwGH vom 23.05.2012, 2012/08/0102

VwGH vom 23.05.2012, 2012/08/0102

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2012/08/0103

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerden 1. der B R und

2. des M R, beide in A, beide vertreten durch Mag. Eduard Salzborn, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Stiftgasse 21/20, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland je vom , 1.) Zl. E 109/12/2012.007/004,

2.) Zl. E 109/12/2012.008/004, jeweils betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit Übertretung des ASVG (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit den angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen der beschwerdeführenden Parteien gegen Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft N wegen Übertretungen des ASVG gemäß § 66 Abs. 4 AVG als verspätet zurück.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die bekämpften Straferkenntnisse enthielten die Rechtsmittelbelehrung, dass dagegen binnen zwei Wochen ab erfolgter Zustellung Berufung erhoben werden könne. Die Berufungen seien per E-Mail und per Telefax außerhalb der Amtsstunden der Behörde am letzten Tag der Berufungsfrist eingebracht worden. Die belangte Behörde habe jeweils einen Verspätungsvorhalt an die beschwerdeführenden Parteien gerichtet und darin unter anderem darauf hingewiesen, dass die Bezirkshauptmannschaft N von der Möglichkeit der Beschränkungen des elektronischen Verkehrs gemäß § 13 Abs. 2 AVG Gebrauch gemacht und eine entsprechende Kundmachung im Internet veröffentlicht habe, wonach Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden per Fax, E-Mail oder über das Online-Formularservice übermittelt werden, erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht und eingelangt gelten.

Die beschwerdeführenden Parteien hätten in ihren Stellungnahmen zum Verspätungsvorhalt nicht die darin getroffenen Annahmen bestritten, aber behauptet, dass es für die Rechtzeitigkeit der Berufung ausreiche, wenn sie innerhalb der vierzehntägigen Frist auf elektronischem Weg übermittelt werde. Anbringen per Fax oder E-Mail seien nicht anders zu behandeln als per Post übermittelte Anbringen. Damit würden die beschwerdeführenden Parteien aber die Rechtslage verkennen, weil § 13 AVG an die elektronische Einbringung und die Einbringung per Post jeweils unterschiedliche Rechtsfolgen knüpfe. Entgegen dem Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien sei die Kundmachung der Bezirkshauptmannschaft N im Internet auch unschwer zu finden. Gebe man die Bezeichnung der Behörde in eine gängige Suchmaschine ein, gelange man sofort auf die Seite der in Rede stehenden Kundmachung.

Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden, wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die beschwerdeführenden Parteien bringen zunächst vor, dass die Berufungen rechtzeitig zur Post gegeben bzw. "auf den Weg gebracht" worden seien. Zufolge den unbestrittenen und mit der Sachverhaltsdarstellung in den Beschwerden übereinstimmenden Feststellungen der belangten Behörde wurden die Berufungen aber nicht zur Post gegeben, sondern per Fax und E-Mail übermittelt.

§ 33 Abs. 3 erster Satz AVG, wonach die Tage des Postlaufs in (verfahrensrechtliche) Fristen nicht eingerechnet werden, die rechtzeitige Übergabe an die Post also zur Fristwahrung ausreicht, gilt nicht auch für technische Formen der Übermittlung eines Anbringens an die Behörde etwa durch Fax oder E Mail (vgl. Hengstschläger/Leeb , AVG § 33 Rz 3, mwN, sowie das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/04/0089; s. auch die - auch im angefochtenen Bescheid zitierten - Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend das Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetz 2007 (BGBl. I Nr. 5/2008), 294 BlgNR 23. GP, 11 (zu § 13 AVG)).

2. Die Berufungen sind zwar offenbar noch am letzten Tag der Berufungsfrist tatsächlich bei der Behörde eingelangt, allerdings unbestritten nicht mehr innerhalb der Amtsstunden (das E-Mail wurde den Angaben in den Beschwerden zufolge um 18:29, das Fax um 18:38 versendet). Unbestritten geblieben ist auch, dass die Bezirkshauptmannschaft N in ihrer "Kundmachung betreffend den Verkehr zwischen Beteiligten und Behörden" im Internet bekanntgemacht hatte, dass Anbringen per Fax, E-Mail oder über den Online-Formularserver, die außerhalb der Amtsstunden übermittelt werden, erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht und eingelangt gelten.

Eine Kundmachung im Internet von (u.a.) organisatorischen Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen Behörden und Beteiligten ist in § 13 Abs. 2 zweiter Satz AVG ausdrücklich vorgesehen; unter organisatorischen Beschränkungen sind nach den bereits zitierten Erläuterungen zum Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetz 2007 (294 BlgNR 23. GP, 10) auch Beschränkungen für außerhalb der Amtsstunden einlangende elektronische Anbringen zu verstehen. Damit kann die Behörde - wie etwa auch im Fall eines Einlaufkastens mit entsprechendem Hinweis -

ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Anbringen außerhalb der Amtsstunden mit der Wirkung bekunden, dass sie auch dann, wenn sie bereits in ihren elektronischen Verfügungsbereich gelangt sind, erst zu einem späteren Zeitpunkt - mit Wiederbeginn der Amtsstunden - als eingebracht und eingelangt gelten (vgl. abermals die Erläuterungen 294 BlgNR 23. GP, 11). Entgegen dem Beschwerdevorbringen liegt darin keine dem Gesetzgeber nicht zusinnbare Erschwerung des Zugangs zum Rechtsschutz, ist doch durch die Kundmachung im Internet sichergestellt, dass sich die Parteien über die Voraussetzungen für ein rechtzeitiges Einlangen ihrer Anbringen umfassend informieren können.

3. Auch die Behauptung, die Rechtsmittelbelehrungen in den erstinstanzlichen Straferkenntnissen seien unrichtig oder unvollständig gewesen, trifft nicht zu. Die beschwerdeführenden Parteien sind der Ansicht, es wäre anzugeben gewesen, dass die Berufungsfrist nicht volle zwei Wochen betrage, sondern im Fall der Einbringung per E-Mail oder Telefax früher ende. Die zweiwöchige Berufungsfrist ist jedoch nicht verkürzt worden, sondern hat bis zum Ablauf ihres letzten Tages gedauert. Wann aber eine Berufung, die nicht zur Post gegeben wird, per E-Mail oder Fax übermittelt werden muss, um noch als am selben Tag eingebracht und eingelangt zu gelten, ist nicht in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben, sondern ergibt sich aus einer allfälligen Kundmachung im Internet gemäß § 13 Abs. 2 AVG.

4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, waren sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am