VwGH vom 15.12.2009, 2007/18/0806

VwGH vom 15.12.2009, 2007/18/0806

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie die Hofräte Dr. Enzenhofer, Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des B A in W, geboren am , vertreten durch D. Frank Bock, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Spengergasse 1/3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/389.746/2007, betreffend Ausweisung gemäß § 53 FPG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung die Feststellungen zugrunde, dass der Beschwerdeführer am mit einem von der Österreichischen Botschaft Kairo ausgestellten und vom 30. August bis gültigen Visum C in das Bundesgebiet gelangt, nach Ablauf des Sichtvermerkes jedoch nicht ausgereist sei und seinen Aufenthalt in Österreich unrechtmäßig fortgesetzt habe.

Am habe der Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel für den Aufenthaltszweck "Familienangehöriger" beantragt; der Antrag sei im Instanzenzug mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom abgewiesen worden. Einem im Zuge einer Beschwerde dagegen gestellten Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, sei vom Verfassungsgerichtshof keine Folge gegeben worden. Am habe er einen Asylantrag gestellt, der am für gegenstandslos erklärt worden sei. Am habe der Beschwerdeführer einen neuerlichen Asylantrag gestellt, wobei das Asylverfahren eingestellt worden sei.

Der Beschwerdeführer sei seit mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet aufrecht gemeldet und verfüge über keinen Aufenthaltstitel.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmung des § 66 Abs. 1 FPG - im Grunde des § 53 Abs. 1 FPG gegeben seien.

An familiären Bindungen mache der Beschwerdeführer geltend, dass er mit seiner Ehefrau in Österreich ein gemeinsames Familienleben führe. Er wolle in Österreich seine Ausbildung abschließen, welche er als Student einer islamischen religionspädagogischen Akademie absolviere. Selbst wenn - so die belangte Behörde weiter - man aufgrund des bisherigen Aufenthalts und der familiären Bindungen des Beschwerdeführers von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in dessen Privatleben ausgehen wolle, erweise sich dieser Eingriff zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - als dringend geboten. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses Interesse verstoße der nicht bloß kurzfristige unrechtmäßige Weiterverbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet im Anschluss an einen Sichtvermerk jedoch gravierend. Unter den gegebenen Umständen sei der Beschwerdeführer auch nicht in der Lage, seinen Aufenthalt im Bundesgebiet vom Inland aus zu legalisieren.

Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, diesen wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, dass sich der Beschwerdeführer seit Ablauf des ausgestellten Sichtvermerkes mit unrechtmäßig in Österreich aufhält und dass ihm insbesondere weder ein Aufenthaltstitel nach dem NAG erteilt wurde noch eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 2005 zukommt. Im Hinblick darauf begegnet die - unbekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, dass die Tatbestandsvoraussetzung des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.

1.2. Daran vermag auch der in der Beschwerde enthaltene Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer mit einer Österreicherin verheiratet sei, nichts zu ändern, weil zur Beurteilung der Voraussetzung gemäß § 53 Abs. 1 FPG ausschließlich zu prüfen ist, ob die der Niederlassungsbehörde obliegende Dokumentation eines direkt im Gemeinschaftsrecht begründeten Niederlassungsrechtes vorliegt und der Beschwerdeführer nach dem Akteninhalt nicht etwa über eine Daueraufenthaltskarte gemäß § 54 NAG verfügt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/18/0278, mwN, insbesondere auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , G 125/08).

2.1. Die Beschwerde richtet sich gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 1 FPG vorgenommenen Interessenabwägung und bringt dazu vor, dass dem Beschwerdeführer die Rückkehr in sein Heimatland "wie in der Bescheidbeschwerde vom bereits dargelegt" verwehrt und es seiner österreichischen Ehefrau nicht zuzumuten und "völlig undenklich" sei, das Ehe- und Familienleben in der Türkei aufrechtzuerhalten. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer bereits zur Gänze im Bundesgebiet integriert sei, am gesellschaftlichen und kulturellen Leben hier rege teilnehme und eine "den Moralvorstellungen entsprechende Ehe" führe.

2.2. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Die belangte Behörde hat bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung nach § 66 Abs. 1 FPG - ausgehend von dem vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen - dessen Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von zwei Jahren und seine familiären Bindungen zu seiner Ehefrau berücksichtigt und zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers angenommen. Die aus dem Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich resultierenden persönlichen Interessen sind jedoch an Gewicht dadurch zu relativieren, dass dieser Aufenthalt nach Ablauf der Geltung des Sichtvermerks mit unrechtmäßig war. Was die familiären Bindungen des Beschwerdeführers anlangt (die Ehe wurde nach der im Verwaltungsakt ersichtlichen Heiratsurkunde erst am geschlossen), so musste dem Beschwerdeführer von Anfang an die Unsicherheit seines weiteren rechtlichen Schicksals in Bezug auf sein Aufenthaltsrecht bewusst sein (vgl. wiederum das hg. Erkenntnis vom ).

Soweit die Beschwerde zu der behaupteten Unmöglichkeit einer Rückkehr des Beschwerdeführers in sein Heimatland auf eine "Bescheidbeschwerde vom " verweist, so sei lediglich angemerkt, dass eine solche bloße Verweisung auf den Inhalt eines anderen Schriftsatzes keine gesetzmäßige Ausführung von Beschwerdegründen darstellt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/18/0566, mwN).

Den dennoch verbleibenden persönlichen und familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht gegenüber, dass er sich seit Oktober 2005 unrechtmäßig in Österreich aufhält, was eine erhebliche Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften darstellt, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt. Angesichts dieser Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten und somit unter dem Gesichtspunkt des § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei, keinem Einwand.

3. Die Verfahrensrüge der Beschwerde bleibt gänzlich unbestimmt, weil sie nicht darlegt, in welchen Punkten der festgestellte Sachverhalt einer Ergänzung bedürfe und welche Verfahrensvorschriften die belangte Behörde außer Acht gelassen habe.

4. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am