VwGH vom 12.09.2012, 2012/08/0101

VwGH vom 12.09.2012, 2012/08/0101

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des S H in Wien, vertreten durch Dr. Robert Hyrohs, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Straße 37, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Leistungsausschusses ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. 2012-0566-9- 000219, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer ab Arbeitslosengeld in der Höhe von täglich EUR 22,10 gebühre.

Die belangte Behörde stellte fest, dass der Beschwerdeführer im Mai 2005 Arbeitslosengeld beantragt habe. Das letzte Dienstverhältnis bei der Firma G habe vom bis gedauert. Arbeitslosengeld sei dem Beschwerdeführer ab zuerkannt worden. Nach Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld habe der Beschwerdeführer ab Notstandshilfe beantragt.

Maßgebend für die Höhe des Arbeitslosengeldes und davon abgeleitet der Notstandshilfe mit Stichtag (im ersten Halbjahr 2005) sei die beim Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger gespeicherte Jahresbemessungsgrundlage aus dem Jahr 2003 gewesen. Für das Jahr 2003 sei beim Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger als Beitragsgrundlage ein Dienstverhältnis bei der Firma R M im Zeitraum vom 14. November bis (36 Tage) gespeichert, aus dem sich - nach Durchführung der näher dargelegten Rechenschritte - eine "monatliche Bemessung" von EUR 1.084,42 ergebe. Auf Grund dieser Unterlagen sei der Arbeitslosengeldanspruch von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice berechnet worden.

Der Beschwerdeführer habe seiner Berufung einen Teilbescheid der IEF-Service GmbH vom beigelegt. Er sei eingeladen worden, zur weiteren Überprüfung des Berufungsanliegens sämtliche Unterlagen bezüglich des allfälligen Arbeitsrechtstreits mit R M, wie Klagschrift, Urteil vom Arbeits-und Sozialgericht, Antrag beim IEF, Bescheid der IEF-Service GmbH etc. vorzulegen. Der Beschwerdeführer sei auch informiert worden, dass in seinem Leistungsakt ein von ihm am vorgelegtes Schreiben der Arbeiterkammer Wien vom aufliege, in dem offene Forderungen des Beschwerdeführers gegen R M - allerdings ohne Betragsangaben - angeführt seien. In einer am aufgenommenen Niederschrift gemäß § 11 AlVG habe der Beschwerdeführer bezüglich des vorzeitigen Austritts bei der Firma R M angegeben, dass er das Dienstverhältnis vorzeitig gelöst habe, da er laut Wiener Gebietskrankenasse nie angemeldet worden sei. Er habe bis dahin auch kein Entgelt erhalten. Das Verfahren gegen den ehemaligen Dienstgeber sei noch anhängig. Der Beschwerdeführer hätte über den Stand des Verfahrens berichten und dem AMS den Ausgang unaufgefordert melden sollen, habe aber keine weiteren Unterlagen vorgelegt.

Auf die Frage, warum er das Arbeitsmarktservice nicht über den Ausgang des Verfahrens verständigt habe, habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er den Ausgang des Verfahrens nach sechs Jahren dem AMS nicht mitgeteilt habe, weil nach Ablauf dieser extrem langen Zeit kein direkter Rechtseinfluss mehr gegeben gewesen wäre und er sich nicht mehr daran gebunden erachtet habe, dies nach Ablauf einer so langen Zeit nachzuholen.

In seinem Schreiben vom habe der Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er keine weiteren Unterlagen außer dem bereits vorgelegten Teilbescheid der IEF-Sevice GmbH vom habe. Die IEF-Service GmbH habe nach schriftlicher Aufforderung des Arbeitsmarktservice die vorhandenen Unterlagen übermittelt. Darunter finde sich unter anderem ein Antragsformular, der bereits bekannte Teilbescheid vom , der Beschluss über die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens über das Vermögen von R M vom und der Beschluss des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien. Es handle sich dabei um einen bedingten Zahlungsbefehl vom , auf Grund der vom Gericht nicht überprüften Behauptungen des Beschwerdeführers als klagender Partei gegen den Beklagten R M über einen Betrag von EUR 2.880,--. Als Beschreibung des Anspruchs sei "Werklohn/Honorar 20 Arbeitstage als Chauffeur auf Werkvertragsbasis a EUR 120,--" angegeben worden.

Eine Anfrage bei der Wiener Gebietskrankenkasse, wer und zu welchem Zeitpunkt die Speicherung der Beitragsgrundlagen betreffend das Dienstverhältnis bei der Firma R M beim Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger veranlasst habe, habe auf Grund des langen zurückliegenden Zeitraums nicht mehr beantwortet werden können.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass für die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes bei Geltendmachung bis 30. Juni das Entgelt des vorletzten Kalenderjahres aus den beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen aus arbeitslosenversicherungspflichtigen Entgelten heranzuziehen sei. Die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes erfolge mit dem Stichtag der Geltendmachung und werde bei späteren Folgeanträgen nicht mehr geändert. Der Beschwerdeführer habe am einen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben. Es sei daher das Entgelt des vorletzten Kalenderjahres, in diesem Fall des Jahres 2003, heranzuziehen. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice habe die beim Hauptverband gespeicherten Daten als Berechnungsbasis herangezogen. Der Beschwerdeführer habe die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Esteplatz am aufgefordert, eine Neuberechnung durchzuführen, und sie dabei erstmals in Kenntnis gesetzt, dass die beim Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger gespeicherten Daten zur Beschäftigung bei der Firma R M aus dem Jahr 2003 nicht korrekt wären. Der Beschwerdeführer sei der Aufforderung, weitere Unterlagen, die das Einkommen während des Beschäftigungsverhältnisses belegen würden, vorzulegen, nicht nachgekommen, da er nach dieser langen Zeit keine Unterlagen mehr habe. Die Feststellungen der IEF-Service GmbH bezüglich der gewährten Auszahlung gründen sich ausschließlich auf den Zahlungsbefehl des Bezirksgerichts für Handelssachen vom . Es gebe keinerlei Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer die Zahlungen aus einem Dienstverhältnis gefordert habe. Der Zahlungsbefehl sei weniger als zwei Monate nach dem Ende der Beschäftigung beantragt worden. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die Angaben damals nach bestem Wissen und Gewissen gemacht habe. Andere Unterlagen für die Beurteilung der Höhe des relevanten Einkommens würden dem Arbeitsmarktservice nicht zur Verfügung stehen. Im Zahlungsbefehl des Bezirksgerichts für Handelssachen sei ausdrücklich von Werkvertrag, Werklohn und Honorar die Rede; zudem sei das Bezirksgericht für Handelssachen Wien nicht für arbeitsrechtliche Belange zuständig. Es gebe daher außer den beim Hauptverband gespeicherten Daten keine zuverlässige Quelle, die die Einkünfte des Beschwerdeführers aus dem Dienstverhältnis mit anderen Beträgen als den beim Hauptverband vorgemerkten belegen könnten. Trotz umfangreicher Recherchen habe nicht festgestellt werden können, dass die beim Hauptverband gespeicherten Daten zur Beschäftigung bei der Firma R M und der daraus resultierenden Entlohnung nicht den Tatsachen entsprechen würden. Die Höhe des Arbeitslosengeldes sei daher aufgrund der im Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger gespeicherten Bemessungsgrundlage festzulegen.

In der Folge legt die belangte Behörde rechnerisch dar, wie sich die Höhe des Arbeitslosengeldes ausgehend von der gespeicherten Jahresbeitragsgrundlage errechne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

1. § 21 AlVG in der zum Zeitpunkt der Geltendmachung am zeitraumbezogen anzuwenden Fassung BGBl. I Nr. 128/2003, lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 21. (1) Für die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes ist bei Geltendmachung bis 30. Juni das Entgelt des vorletzten Kalenderjahres aus den beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen aus arbeitslosenversicherungspflichtigem Entgelt, mangels solcher aus anderen für Zwecke der Sozialversicherung gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen heranzuziehen. (…)"

2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass die Beitragsgrundlagen beim Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger so gespeichert sind, wie dies im angefochtenen Bescheid festgestellt wurde. Er wendet sich jedoch dagegen, dass die belangte Behörde den Zahlungsbefehl des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien über seine offene Werklohnforderung nicht berücksichtigt habe, da dies zu einer höheren Bemessung hätte führen müssen. Er sei im Zeitraum seines Dienstverhältnisses vom 14. November bis vollbeschäftigt gewesen und hätte daneben nicht auch noch Leistungen auf Grund eines Werkvertrages erbringen können. Er habe seine Ansprüche deshalb "beim ordentlichen Gericht" (gemeint offensichtlich: beim für Handelssachen zuständigen Gericht anstelle des Arbeits- und Sozialgerichts) geltend gemacht, weil er schlechte Erfahrungen mit der Dauer arbeitsgerichtlicher Verfahren gemacht habe und ihm die Bestimmung des § 56 ASGG, wonach das Mahnverfahren auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren zulässig sei, nicht bekannt gewesen sei. Er sei der Ansicht gewesen, durch Einbringung einer Mahnklage "beim ordentlichen Gericht" schneller zu seinem Recht zu kommen. Dass seine Ansprüche grundsätzlich berechtigt gewesen seien, ergebe sich daraus, dass der Zahlungsbefehl in Rechtskraft erwachsen sei und seine Forderung im Konkursverfahren der Firma R M nicht bestritten worden sei. Diese Umstände hätten im Verfahren vor dem AMS durch seine Vernehmung geklärt werden können; dass in beiden Instanzen seine Vernehmung nicht durchgeführt worden seien und somit von einer falschen Beurteilungsgrundlage ausgegangen worden sei, stelle eine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar, deren Beachtung zu einem für ihn günstigeren Verfahrensergebnis geführt hätte.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die belangte Behörde hat, wie dies im § 21 Abs. 1 AlVG vorgesehen ist, die beim Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger gespeicherte Jahresbeitragsgrundlage für die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes herangezogen. Dass die gespeicherten Beiträge für das Arbeitsmarktservice erkennbar fehlerhaft gewesen wären (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/02/0190), vermag die Beschwerde nicht aufzuzeigen; insbesondere eignet sich dazu auch nicht der vom Beschwerdeführer vorgelegte Zahlungsbefehl des Bezirksgerichts für Handelssachen über eine offene Werklohnforderung, da dieser Zahlungsbefehl - auch wenn er rechtskräftig geworden ist - jedenfalls nicht belegt, dass es sich bei der eingeklagten Forderung um Entgelt im Sinne des § 49 ASVG aus einem Dienstverhältnis handelt, das die Jahresbeitragsgrundlage für das Jahr 2003 erhöht hätte.

Es ist auch nicht erkennbar, dass die persönliche Einvernahme des Beschwerdeführers - dem nach den diesbezüglich nicht bestrittenen Ausführungen im angefochtenen Bescheid im Berufungsverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens gegeben worden war, zu einer anderen Beurteilung hätte führen können. Auch in der Beschwerde legt der Beschwerdeführer nicht dar, in welcher konkreten Weise er im Falle seiner persönlichen Einvernahme - über die Vorlage des Teilbescheids der IEF-Service GmbH und des Zahlungsbefehls des Bezirksgerichts hinaus - das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses mit einer höheren als der beim Hauptverband gespeicherten Jahresbeitragsgrundlage hätte belegen können.

3. Soweit sich der Beschwerdeführer in seinen Ausführungen zur von ihm behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Bescheides auf § 101 ASVG stützt, ist ihm entgegenzuhalten, dass diese Bestimmung im hier gegenständlichen Verfahren nach dem AlVG über die Höhe des Arbeitslosengeldes keine Anwendung findet.

4. In den weiteren Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Bescheides behauptet der Beschwerdeführer neuerlich, dass die Bemessungsgrundlage unter Einbeziehung des von ihm mit Mahnklage beim Bezirksgericht für Handelssachen eingeforderten Werklohns zu bilden gewesen wäre. Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid jedoch mit diesem Vorbringen auseinandergesetzt und dargelegt, aus welchen Gründen die vorgelegten Unterlagen nicht geeignet waren, eine Fehlerhaftigkeit der beim Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger gespeicherten Jahresbeitragsgrundlage zu belegen (vgl. dazu neuerlich das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/02/0190).

5. Die Beschwerde war daher, da bereits ihr Inhalt erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am