VwGH vom 31.05.2010, 2010/02/0104

VwGH vom 31.05.2010, 2010/02/0104

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des T E in O, vertreten durch die Rechtsanwalt Dr. Wartecker KG in 4810 Gmunden, Franz Josef-Platz 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen- 164508/24/Zo/Jo, betreffend Übertretungen der StVO und des FSG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Inhalt der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides ergibt sich, dass dem Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom vorgeworfen wurde, er habe am um 2:00 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW im Gemeindegebiet von L in einem durch Alkohol beeinträchtigen Zustand (0,62 mg/l Atemluft Alkoholgehalt zum Zeitpunkt der Messung um 2:47 Uhr) gelenkt (Spruchpunkt I.), obwohl er nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkerberechtigung für die Klasse B gewesen sei, weil ihm diese mit Bescheid vom für die Dauer von 7 Monaten entzogen worden sei (Spruchpunkt II.). Der Beschwerdeführer habe zu Spruchpunkt I. eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 1a StVO begangen und wurde dafür mit EUR 1.300,-- (15 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) bestraft; zu Spruchpunkt II. habe er § 37 Abs. 1 und Abs. 4 Z. 1 FSG übertreten, wofür er mit EUR 726,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) bestraft wurde.

Dem angefochtenen Bescheid zufolge habe der Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen dieses Straferkenntnis ausgeführt, zwar am ein Geständnis unterzeichnet zu haben, im gesamten Verfahren aber immer behauptet zu haben, dass er nicht der Lenker des PKWs gewesen sei. Das Geständnis habe er nur über Drängen des Leiters der Amtshandlung unterfertigt, wobei ihm gar nicht bewusst gewesen sei, dass er überhaupt ein Geständnis unterschrieben habe. Lenker des PKWs sei der Zeuge G gewesen.

Die belangte Behörde führte eine mündliche Berufungsverhandlung durch und stellte im angefochtenen Bescheid fest, dass es am um ca. 2:00 Uhr in S zu tätlichen Auseinandersetzungen zwischen zwei Gruppen von Jugendlichen gekommen sei. Eine der beiden Gruppen sei mit dem PKW des Beschwerdeführers zum Tatort gekommen, wobei strittig sei, von wem dieser PKW gelenkt worden sei. Der Beschwerdeführer habe sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden (0,62 mg/l) und sei nicht im Besitz einer Lenkerberechtigung gewesen.

In der Folge fasste die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Aussagen des Beschwerdeführers, jene von seiner Mutter sowie die Angaben von drei Freunden des Beschwerdeführers, die mit ihm im PKW gefahren seien zusammen. Einer der zum Vorfall gerufenen Polizisten habe vor der belangten Behörde angegeben, dass von einem Mitglied der gegnerischen Gruppe behauptet worden sei, der Beschwerdeführer habe das Fahrzeug gelenkt, während dieser das bestritten habe. Im PKW des Beschwerdeführers mitfahrende Zeugen hätten angegeben, der Zeuge G habe das Fahrzeug gelenkt. Die drei Zeugen der gegnerischen Gruppe hätten übereinstimmend angegeben, dass der BMW des Beschwerdeführers direkt auf sie zugefahren und unmittelbar vor ihnen stehen geblieben sei. Der Beschwerdeführer sei als Erster auf der Fahrerseite ausgestiegen.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, dass es abgesehen von der Frage, ob der Beschwerdeführer das Fahrzeug gelenkt habe, auch Widersprüche hinsichtlich des Abstellplatzes des Fahrzeuges vor der Inbetriebnahme gegeben habe. Während der Beschwerdeführer und seine Mutter behaupteten, dieses sei hinter der Feuerwehr abgestellt gewesen, hätten die drei mitfahrenden Zeugen angegeben, der PKW sei auf der gegenüberliegenden Straßenseite auf dem Schulparkplatz gestanden. Es erscheine völlig unwahrscheinlich, dass drei Personen, die im Fahrzeug mitgefahren seien, eine übereinstimmend falsche Erinnerung bezüglich des Abstellortes hätten. Ein weiterer Widerspruch bestehe bei der Frage, ob der Beschwerdeführer seine Mutter beim Abholen des Schlüssels habe aufwecken müssen. Die Mutter des Beschwerdeführers habe auch behauptet, sie habe zwei der drei mitfahrenden Freunde des Beschwerdeführers gesehen, während diese selbst angegeben hätten, dass sie beim Abholen des Schlüssels gar nicht dabei gewesen seien, sondern beim Auto gewartet hätten. Der Beschwerdeführer habe während der Amtshandlung den Lenker trotz ausdrücklichen Befragens nicht bekannt gegeben. Hätte tatsächlich der später von ihm genannte Zeuge, der im Besitz einer Lenkerberechtigung und auch nicht alkoholisiert gewesen sei, gelenkt, hätte der Beschwerdeführer keinen Grund gehabt, dies zu verheimlichen. Spätestens nach dem Alkotest habe dem Beschwerdeführer klar sein müssen, dass er mit schwerwiegenden verwaltungsrechtlichen Sanktionen zu rechnen habe. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wäre daher zu erwarten gewesen, dass er den Lenker bekannt gebe, um sich selbst zu entlasten. Es könne auch nicht völlig außer Acht gelassen werden, dass der Beschwerdeführer am vor der erstinstanzlichen Behörde ein Geständnis abgelegt habe. Sein Erklärungsversuch, dass ihm das Geständnis als solches und die damals verhängte Strafe überhaupt nicht bewusst gewesen seien, sei nicht nachvollziehbar. Unter Abwägung all dieser Umstände sei es als erwiesen anzusehen, dass beim gegenständlichen Vorfall der PKW vom Beschwerdeführer gelenkt worden sei.

In der Folge stellte die belangte Behörde die Rechtslage dar und begründete die Höhen der Strafen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht einen Verfahrensmangel in dem Umstand, dass in der Berufungsvehandlung zwar der Zeugengruppe um seine Person neuerlich der Hinweis auf die Wahrheitspflicht vorgehalten worden sei, nicht allerdings jenen Zeugen, die angegeben hätten, er habe das Fahrzeug gelenkt. Trotz widersprechender Zeugenangaben sei keinem der einvernommenen Zeugen die strafrechtliche Bestimmung des § 289 StGB vorgehalten worden. Nicht nur eine der Zeugengruppen wäre an ihre Wahrheitspflicht zu erinnern gewesen.

Gemäß § 50 AVG (der gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung findet) ist jeder Zeuge zu Beginn seiner Vernehmung über die für die Vernehmung maßgebenden persönlichen Verhältnisse zu befragen und zu ermahnen, die Wahrheit anzugeben und nichts zu verschweigen. Er ist auch auf die gesetzlichen Gründe für die Verweigerung der Aussage, auf die Folgen einer ungerechtfertigten Verweigerung der Aussage und die strafrechtlichen Folgen einer falschen Aussage aufmerksam zu machen.

Diese Bestimmung erfordert weder eine "neuerliche" Erinnerung an die Wahrheitspflicht noch den Vorhalt des § 289 StGB, sondern sieht die - einmalige - Erinnerung an die strafrechtlichen Folgen einer falschen Beweisaussage vor. Nur die gänzliche Unterlassung des Vorhalts nach § 50 AVG bei der Vernehmung von Zeugen kann zur Aufhebung des Bescheides dann führen, wenn die Behörde bei Einhaltung dieser Vorschrift zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren2, in E 8 zu § 50 AVG zitierte Rechtsprechung). Solches wird vom Beschwerdeführer aber nicht behauptet.

Im Übrigen bekämpft der Beschwerdeführer in der Beschwerde ausschließlich die Beweiswürdigung der belangten Behörde.

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung hat nur zur Folge, dass - sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist - die Würdigung der Beweise keiner gesetzlichen Regelung unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten stand hält, mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. zum Beispiel das Erkenntnis vom , Zl. 2007/02/0360).

Die Behörde ist nicht verhalten, Zeugen, die zu der in Streit gezogenen Frage bereits einmal eine klare Aussage machten, solange einzuvernehmen, bis deren Aussage zur Zufriedenheit der Partei ausfällt (vgl. die bei Walter/Thienel, aaO, in E 19. zitierte Rechtsprechung).

Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde eine Gegenüberstellung und Konfrontation mit anderen Zeugen und Zeugenangaben fordert und Überlegungen zu hypothetischen Konstellationen anstellt, vermag er vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung keine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde aufzuzeigen. Mit der Beweiswürdigung der belangten Behörde selbst befasst sich der Beschwerdeführer mit keinem Wort und setzt sich somit auch nicht mit den dargestellten Erwägungen im angefochtenen Bescheid auseinander.

Da demnach bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wien, am