VwGH vom 27.01.2012, 2010/02/0096
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Beck, Dr. Köller und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des T B in G, vertreten durch Dr. Stefan Hämmerle, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Riedgasse 20/III, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom , Zlen. UVS-301-029/K3-2008 und UVS-301-030/K3- 2008, betreffend Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am schlossen der Beschwerdeführer als Käufer und E als Verkäufer den nachstehend auszugsweise wiedergegebenen Kaufvertrag:
"I. EIGENTUMSVERHÄLTNISSE
E ist grundbücherlicher Alleineigentümer der Liegenschaft in EZ … GB … B.
Die Liegenschaft in EZ … GB … B besteht aus den Gst. Nr. 2078/1, 2078/2, 2078/3, 2079, 2261, 2262 und .524 und weist eine Gesamtfläche von 13.226 m2 auf.
…
II. KAUFARBREDE UND ÜBERGABE
E … verkauft und übergibt und (der Beschwerdeführer) … kauft und übernimmt die Gst.Nr. 2078/1, 2078/2, 2078/3, 2079, und .524 in EZ … in sein Eigentum.
Festgehalten wird, dass Gst.Nr. 2261 … und Gst.Nr. 2262 … von E nicht an (den Beschwerdeführer) verkauft werden.
…
III KAUFPREIS
Als Kaufpreis für die vertragsgegenständlichen Gst.Nr. 2078/1, 2078/2, 2078/3, 2079 und .524 wird ein Pauschalbetrag von EUR 150.000,-- vereinbart.
…
IV. GEWÄHRLEISTUNG
Der Käufer kauft die kaufgegenständlichen Liegenschaften wie gesehen.
…
VII. AUFSCHIEBENDE BEDINGUNG
Dieser Vertrag wird unter der Bedingung abgeschlossen, dass die für den Rechtserwerb erforderliche grundverkehrsbehördliche Genehmigung erteilt wird.
…
VIII. AUFSANDUNGSERKLÄRUNG
Die Vertragsteile erteilen ihre ausdrückliche Einwilligung, dass auf Grund dieses Vertrages … nachstehende Grundbuchseintragung bewilligt wird:
I. Die Abschreibung der Gst.Nr. 2078/1, 2078/2, 2078/3, 2079 und .524 von diesem Grundbuchskörper die Eröffnung einer neuen EZ hierfür und hierauf die Einverleibung des Eigentumsrecht für
(den Beschwerdeführer)".
Mit zwei getrennten Ansuchen vom beantragte der Beschwerdeführer jeweils, "den umseitig angeführten Rechtserwerb zu genehmigen". Als Rechtserwerb wurde jeweils "Kauf" angeführt, wobei in einem Ansuchen die Grundstücksnummern 2078/1, 2078/2, 2078/3 und 2079 im Ausmaß von 11.466 m2 und im anderen Ansuchen die Grundstücksnummer .524 im Ausmaß von 97 m2 angegeben wurden. Als Kaufpreis bzw. Gegenleistung ist im ersten Ansuchen der Betrag von EUR 40.000,--, als derzeitige Nutzung "landwirtschaftlich" und "Wald"; im zweiten Ansuchen der Betrag von EUR 110.000,-- genannt, als derzeitige Nutzung "Ferienhaus- und Wohnnutzung".
Mit zwei Bescheiden der Grundverkehrs-Landeskommission vom wurde dem Beschwerdeführer die Genehmigung des Erwerbs der Liegenschaften versagt.
Den dagegen erhobenen Berufungen des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen - gemeinsamen - Bescheid keine Folge gegeben.
In der Begründung gab die belangte Behörde den Verfahrensgang wieder und traf Feststellungen zur Lage und Beschaffenheit der in Rede stehenden Grundstücke. Unter anderem wurde festgehalten, dass hinsichtlich der Grundstücke Nummern 2078/1, 2078/2, 2078/3 und 2079 der Kaufpreis laut Ansuchen EUR 40.000,--, hinsichtlich der Grundstücksnummer .524 der Kaufpreis laut Ansuchen EUR 110.000,-- betrage. Der Beschwerdeführer beabsichtige, das Anwesen (Flächen und Gebäude) an einen Landwirt auf die Dauer von 23 Jahren zu verpachten, worüber ein schriftlicher Pachtvertrag vorgelegt worden sei. Weiter sei beabsichtigt, dass der Beschwerdeführer das Wohngebäude zu Ferienzwecken mitbenütze. Im erstinstanzlichen Verfahren sei hinsichtlich der Grundstücke Nummern 2078/1, 2078/2, 2078/3 und 2079 ein Bekanntmachungsverfahren im Sinne des § 5 Grundverkehrsgesetz durchgeführt worden, wobei sich O und A als Interessenten gemeldet hätten. Zu den zuletzt genannten Grundstücksnummern führte die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht aus, dass nach dem Gutachten des im Verfahren beigezogenen landwirtschaftlichen Sachverständigen der ortsübliche Preis für diese Grundstücke EUR 23.108,-- betrage. Der gegenständliche Kaufpreis (EUR 40.000,--) übersteige den ortsüblichen Preis (EUR 23.108,--) um 73 %. Daraus folge, dass die Gegenleistung für den Erwerb dieser Liegenschaft den ortsüblichen Preis der Grundstücke erheblich übersteige. Der beabsichtigte Rechtserwerb führe deshalb zu einer nachteiligen Preisentwicklung und widerspreche wegen des erheblich überhöhten Preises den Zielsetzungen des Grundverkehrsgesetzes, sodass der Berufung keine Folge habe gegeben werden könnten. Hinsichtlich des Grundstücks Nummer .524 sei darauf hinzuweisen, dass ein Rechtsgeschäft nur entweder zur Gänze genehmigt oder die Genehmigung zur Gänze versagt werden könne. Die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Bewilligung hinsichtlich der oben erwähnten Grundstücke führe daher dazu, dass auch hinsichtlich des Grundstücks Nummer .524 die grundverkehrsbehördliche Bewilligung nicht habe erteilt werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die hier maßgebenden Bestimmungen des Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes, LGBl. Nr. 42/2004, in der Fassung vor Inkrafttreten der (im Beschwerdefall nicht wesentlichen) Novelle LGBl. Nr. 19/2009, lautet auszugsweise:
"§ 1
Anwendungsbereich, Ziel
(1) Den Bestimmungen dieses Gesetzes unterliegt der Verkehr mit
a) land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken;
…
(3) Ziel des Gesetzes ist es,
a) land- und forstwirtschaftliche Grundstücke bäuerlichen Familienbetrieben im Interesse einer Verbesserung ihrer strukturellen Verhältnisse entsprechend den natürlichen Gegebenheiten des Landes zu erhalten;
b) eine möglichst breite, sozial erträgliche und der Größe des Landes entsprechende Streuung des Grundeigentums zu erhalten und
…
§ 2
Begriffsbestimmungen
(1) Ob ein Grundstück ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück ist, ist nicht nach der aus dem Grundsteuer- oder Grenzkataster ersichtlichen Benützungsart, sondern nach seiner Beschaffenheit und der Art seiner tatsächlichen Verwendung zu beurteilen. Als landwirtschaftliche Grundstücke gelten jedenfalls Grundstücke, die als Landwirtschaftsgebiet gewidmet sind. Keine land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind Baugrundstücke.
(2) Baugrundstücke sind Grundflächen, die im Flächenwidmungsplan als Bauflächen, Vorbehaltsflächen oder Sondergebiete, die für eine Bebauung mit Wohn- oder Betriebsgebäuden bestimmt sind, gewidmet sind.
…
§ 4
Genehmigungspflicht
(1) Der Verkehr mit land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken bedarf der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, wenn er eines der nachstehenden Rechte zum Gegenstand hat:
a) das Eigentum;
...
§ 6
Voraussetzungen für die Genehmigung
(1) Der Rechtserwerb darf nur genehmigt werden,
a) - im Falle landwirtschaftlicher Grundstücke - wenn er dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes entspricht und der Erwerber das Grundstück im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes selbst bewirtschaftet und im Betrieb auch seinen ständigen Wohnsitz hat oder, soweit ein solches nicht in Frage kommt, er der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht;
b) - im Falle forstwirtschaftlicher Grundstücke - wenn er dem Interesse der Forstwirtschaft im Besonderen und dem allgemeinen volkswirtschaftlichen Interesse nicht widerspricht;
c) wenn er zur Erfüllung öffentlicher, gemeinnütziger oder kultureller Aufgaben, zum Zwecke des Wohnbaus sowie für industrielle oder gewerbliche Anlagen erfolgt und nicht das Interesse an der Erhaltung der bisherigen Nutzung des Grundstücks das Interesse an der neuen Verwendung überwiegt.
(2) Die Voraussetzungen des Abs. 1 sind insbesondere dann nicht erfüllt, wenn
a) das Grundstück ohne wichtigen Grund der landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen würde;
b) die Gegenleistung den ortsüblichen Preis des Grundstücks erheblich übersteigt…
§ 15
Antrag
(1) Die grundverkehrsbehördliche Genehmigung ist schriftlich zu beantragen. Der Antrag hat die Angaben und Unterlagen zu umfassen, die zur Beurteilung erforderlich sind, insbesondere Angaben über den Zweck des Rechtserwerbes sowie eine Ausfertigung der Urkunden, aus welchen sich der Rechtsgrund des Rechtserwerbes ergibt.
(2) Der Antrag kann auch schon vor Abschluss des Vertrages, der Rechtsgrund des genehmigungsbedürftigen Rechtserwerbes ist, eingebracht werden. In diesem Fall muss er die wesentlichen Punkte des in Aussicht genommenen Rechtsgeschäftes enthalten und von allen Parteien unterfertigt sein. Besteht der Rechtsgrund in einem Vertrag, so muss innerhalb von drei Monaten nach Vertragsabschluss der Antrag auf Genehmigung eingebracht werden.
(3) Die Anträge auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung sind beim Gemeindeamt jener Gemeinde einzubringen, in welcher das betroffene Grundstück liegt. Sie müssen so bald wie möglich, längstens jedoch innerhalb von sechs Wochen der zuständigen Behörde erster Instanz vorgelegt werden. Den Anträgen sind alle Unterlagen anzuschließen, die zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes offenkundig erforderlich sind und vom Gemeindeamt ohne besonderen Aufwand beschafft werden können, sowie - im Falle der Vorlage an die Grundverkehrs-Landeskommission - die Äußerungen der Grundverkehrs-Ortskommission (§ 12 Abs. 6) und des Gemeindevorstandes (§ 17)…."
Die belangte Behörde hat die Berufungen des Beschwerdeführers gemäß § 6 Abs. 2 lit. b Vorarlberger Grundverkehrsgesetz abgewiesen, weil die Gegenleistung für einzelne Grundstücke den ortsüblichen Preis dieser Grundstücke erheblich übersteige.
Zutreffend ging die belangte Behörde zunächst davon aus, dass die Grundverkehrsbehörde ein Rechtsgeschäft nur zur Gänze genehmigen oder dem Rechtsgeschäft zur Gänze die Genehmigung versagen kann (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2003/02/0135, mwN). Ist demnach ein Rechtsgeschäft hinsichtlich einzelner Teilflächen nicht genehmigungsfähig, ist dem gesamten Rechtsgeschäft die Genehmigung zu versagen (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 96/02/0070).
Im Beschwerdefall kann schon auf Grund der eingangs der Begründung wiedergegebenen Auszüge des Kaufvertrags vom kein Zweifel daran bestehen, dass dieser Kaufvertrag als einheitliches Rechtsgeschäft zu werten ist. Keine einzige Bestimmung in diesem Kaufvertrag deutet darauf hin, dass die Vertragsparteien die darin angeführten Grundstücke nicht in einem einheitlichen Akt verkaufen bzw. kaufen wollten. Weder bei der "Kaufabrede" noch bei der Regelung der Übergabe wird zwischen einzelnen Grundstücken unterschieden, auch wurde ein einheitlicher Kaufpreis für alle Grundstücke vereinbart. Ein vom Vertragswortlaut abweichender Wille der Vertragsparteien wird nicht behauptet.
Liegt jedoch ein einheitliches Rechtsgeschäft vor, kann dessen Genehmigung gemäß § 15 Abs. 1 und 2 Vorarlberger Grundverkehrsgesetz nur in einem einzigen Ansuchen, über das in einem Bescheid zu entscheiden ist, beantragt werden. Eine getrennte Antragstellung hinsichtlich einzelner Grundstücke ist bei einem einheitlichen Rechtsgeschäft auch vor dem Hintergrund der Rechtsprechung, wonach die Grundverkehrsbehörde ein Rechtsgeschäft nur zur Gänze genehmigen oder dem Rechtsgeschäft zur Gänze die Genehmigung versagen kann, nicht zulässig.
Entgegen dieser Rechtslage hat der Beschwerdeführer - offenbar auf Grundlage der noch in der Beschwerde von ihm vertretenen irrigen Annahme, es läge kein einheitliches Rechtsgeschäft vor - die Genehmigung des Kaufvertrages vom in den zwei eingangs dargestellten Ansuchen vom beantragt. In diesen hat er auch, obwohl im Kaufvertrag ausdrücklich von einem Pauschalkaufpreis von 150.000,-- EUR die Rede ist, die Beträge von 40.000,-- EUR und 110.000,-- EUR als Gegenleistungen den in beiden Ansuchen getrennt angeführten Grundstücken zugeordnet.
Somit war vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage und in Anbetracht des Vorliegens eines einheitlichen Rechtsgeschäftes die Einbringung von zwei Ansuchen mit einer dem Vertragsinhalt widersprechenden Aufteilung der Gegenleistung auf einzelne Grundstücke durch den Beschwerdeführer unzulässig.
Die belangte Behörde hat zum einen zutreffend erkannt, dass der zu genehmigende Rechtserwerb als einheitliches Rechtsgeschäft anzusehen ist. Zum anderen hat sie aber dieses einheitliche Rechtsgeschäft entsprechend den Anträgen des Beschwerdeführers einer getrennten Beurteilung unterzogen und aus der Versagung der Genehmigung hinsichtlich der land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke abgeleitet, dass auf Grund der Einheitlichkeit des Rechtsgeschäftes die Bewilligung auch hinsichtlich des Grundstückes "Ferienhaus- und Wohnnutzung" zu versagen sei.
Damit hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
PAAAE-71115