VwGH vom 16.09.2011, 2010/02/0023
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde der A GmbH in G, vertreten durch Dr. Ernst Brunner, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 62, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom , Zl. Ia-521/12-2003, betreffend Untersagung nach dem Vorarlberger Wettengesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 4 Abs. 2 iVm § 15 Abs. 1 lit. a des Vorarlberger Gesetzes über den Abschluss und die Vermittlung von Wetten (Wettengesetz) die Tätigkeit des Abschlusses und der Vermittlung von Wetten durch die Beschwerdeführerin am Standort H untersagt.
Nach der Begründung hat die Beschwerdeführerin mit Anzeige vom beim "Amt der Vorarlberger Landesregierung" die Hinzunahme eines Standortes in H beantragt. Die Gemeinde H habe sich im Rahmen der nach dem Wettengesetz eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme mit Schreiben vom gegenüber dem "Amt der Vorarlberger Landesregierung" gegen die Hinzunahme des Standortes ausgesprochen. Dieses Ermittlungsergebnis sei der anwaltlich vertretenen beschwerdeführenden Partei unter gleichzeitiger Aufforderung zur Erstattung einer Gegenstellungnahme bzw. zur Zurückziehung des Antrages zur Kenntnis gebracht. Mit Schreiben vom habe die Beschwerdeführerin den Antrag auf Genehmigung des Standortes in H bekräftigt. Mit Schreiben vom habe "die Behörde" unter Hinweis auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin die Gemeinde H aufgefordert, das Schreiben vom eingehend zu begründen. Mit Schreiben vom habe die Gemeinde H unter anderem vorgebracht, dass am beantragten Standort die Wettautomaten der Beschwerdeführerin bereits aufgestellt seien. Dieser Sachverhalt sei der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde zur Kenntnis gebracht worden. Mit e-mail vom sei die Beschwerdeführerin vom "Amt der Vorarlberger Landesregierung" davon in Kenntnis gesetzt und erneut aufgefordert worden, den Antrag bis zum zurückzuziehen, andernfalls werde auf Grund des Vorbringens eine Untersagung verfügt. Die Beschwerdeführerin habe um Fristerstreckung zur Erstattung einer Stellungnahme bis zum ersucht. Diesem Antrag habe nicht entsprochen werden können, da "die Behörde" eine Entscheidungspflicht nach § 4 Abs. 2 Wettengesetz habe und keine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts vorgebracht worden sei. Zudem habe "die Behörde" im öffentlichen Interesse für ein geordnetes Wettenwesen zu sorgen. Auf Grund des dringenden Verdachtes einer Übertretung gemäß § 15 Abs. 1 lit. a Wettengesetz habe "die Behörde" spruchgemäß eine Untersagung der gegenständlichen Anzeige verfügen müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die Vorarlberger Landesregierung hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Darauf hat die beschwerdeführende Partei repliziert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführerin ist einem im Verwaltungsakt einliegenden Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom zufolge bis zum zur Ausübung der Tätigkeit als Buchmacher zum gewerbsmäßigen Abschluss oder Totalisateur zur gewerbsmäßigen Vermittlung von Wetten an näher angeführten Standorten in Vorarlberg berechtigt.
Ebenfalls aus der Aktenlage ergibt sich, dass die in Rede stehende Anzeige über die Hinzunahme eines neuen Standortes am bei der Vorarlberger Landesregierung einlangte.
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Vorarlberger Wettengesetzes, LGBl. Nr. 18/2003, lauten auszugsweise:
"§ 3 Erteilung der Bewilligung (in der Fassung LGBl. Nr. 1/2008)
(1) Die Bewilligung ist natürlichen Personen zu erteilen, wenn sie
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a) | eigenberechtigt sind … |
g) | für jeden Standort eine verantwortliche Person namhaft machen, … die in der Lage ist, die Einhaltung der im Zusammenhang mit dem Abschluss und der Vermittlung von Wetten zu beachtenden Rechtsvorschriften zu überwachen. |
(2) Die Bewilligung ist juristischen Personen und Personengesellschaften des Unternehmensrechtes (offene Gesellschaften und Kommanditgesellschaften) zu erteilen, wenn sie…
(3) Dem Antrag auf Bewilligung sind die zur Beurteilung der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 oder 2 erforderlichen Unterlagen anzuschließen.
(4) Vor Erteilung der Bewilligung ist der Gemeinde, in der die Betriebsstätte errichtet werden soll, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. …
§ 4 Anzeige
(1) Die Anzeige über die Verlegung eines Standortes oder die Hinzunahme eines neuen Standortes ist von der Behörde zur Kenntnis zu nehmen, wenn die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 oder 2 vorliegen, sonst ist die Maßnahme zu untersagen. § 3 Abs. 3 und 4 gelten sinngemäß.
(2) Die Entscheidung hat innerhalb von vier Wochen zu ergehen. Nach Ablauf dieses Zeitraumes kann die Tätigkeit, sofern keine Untersagung erfolgt ist, aufgenommen werden.
(3) Die Behörde hat eine Bescheinigung auszustellen, dass die Anzeige zur Kenntnis genommen wurde.
(4) Im Falle der Auflassung eines Standortes, für den eine Bewilligung erteilt wurde, gilt die Bewilligung für allfällige Standorte, die durch eine Anzeige hinzugenommen wurden, sinngemäß weiter.
§ 13 Behörde
Behörde ist die Landesregierung. Sie kann, wenn es im Interesse der Zweckmäßigkeit, Einfachheit und Raschheit gelegen ist, die Bezirkshauptmannschaft allgemein oder fallweise ermächtigen, in ihrem Namen zu entscheiden und einzuschreiten."
Entgegen der zuletzt zitierten Zuständigkeit der Vorarlberger Landesregierung in Angelegenheiten des Wettengesetzes lautet im Beschwerdefall die Fertigungsklausel im angefochtenen Bescheid "Für den Landeshauptmann im Auftrag". Der angefochtene Bescheid wurde demnach von einer unzuständigen Behörde erlassen und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.
In der Sache wird auf Folgendes hingewiesen:
Eine Entscheidung im Sinne des § 4 Abs. 2 Wettengesetz kann nur eine Untersagung gemäß Abs. 1 leg. cit. sein. Erfolgt nicht am letzten Tag der vierwöchigen Frist eine bescheidmäßige Untersagung der Hinzunahme eines neuen Standortes - wobei der Beginn des Fristenlaufes im gegebenen Zusammenhang nur mit dem Tag des Einlangens der Anzeige bei der Behörde angenommen werden kann - ist der Anzeiger zum Abschluss oder zur Vermittlung von Wetten an diesem Standort berechtigt (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 97/10/0203). Die Möglichkeit einer - auch einvernehmlichen - Verlängerung dieser Frist sieht das Wettengesetz ebenso wenig vor, wie es keine Tatbestände zu deren Erstreckung, etwa auf Grund von erforderlichen Ermittlungstätigkeiten, regelt.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
TAAAE-71050