VwGH vom 21.07.2011, 2007/18/0762
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Mag. Haunold und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des F B in W, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. SD 1926/05, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit Bescheid vom erließ die Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, gegen den Beschwerdeführer, einen bosnischen Staatsangehörigen, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde im Instanzenzug den Antrag des Beschwerdeführers vom auf Aufhebung des genannten Aufenthaltsverbotes gemäß § 65 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ab.
Der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer - wie im angefochtenen Bescheid näher dargestellt - unter dem Namen "M" in den Jahren 1992 und 1993 jeweils vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch zunächst zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten und schließlich zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden sei. Zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers stellte die belangte Behörde fest, dieser sei verheiratet und lebe mit seiner Ehefrau und einem minderjährigen Kind im gemeinsamen Haushalt.
Den gegenständlichen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes habe der Beschwerdeführer damit begründet, dass er zwischenzeitlich mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei und mit dieser zwei Kinder habe. Unter dem Namen "B" seien ihm auch drei Niederlassungsbewilligungen erteilt worden. Er sei beschäftigt und verdiene monatlich etwa EUR 770,--.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde u. a. unter Hinweis auf § 86 iVm § 87 FPG aus, dem Beschwerdeführer seien nach der Erlassung des Aufenthaltsverbotes zunächst Abschiebungsaufschübe bis zum gewährt worden. Am sei er jedoch erneut wegen des Verdachtes des Einbruchsdiebstahls festgenommen und vom Landesgericht für Strafsachen Wien am gemäß § 15, § 127, § 128 Abs. 1 Z. 4 und § 129 Z. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt worden, weil er am mit einem Komplizen in ein Bekleidungsgeschäft eingebrochen sei und versucht habe, Kleidungsstücke im Gesamtwert von S 250.000,-- zu stehlen.
Nach Verbüßung seiner Haftstrafe sei er am zum ersten Mal in seine Heimat abgeschoben worden; am sei die zweite Abschiebung erfolgt und am - nachdem er festgenommen und wegen eines Eigentumsdeliktes und anderer Delikte vernommen worden sei - sei der Beschwerdeführer zum dritten Mal abgeschoben worden. Nach weiteren illegalen Einreisen seien in den Jahren 2000 und 2002 weitere Abschiebungen erfolgt.
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom sei der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden gemäß § 223 Abs. 2 und § 224 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt worden, weil er im Oktober 1997 einen verfälschten kroatischen Reisepass benutzt, einen gefälschten Führerschein bei sich getragen und verwendet und im November 2000 einen durch Lichtbildaustausch verfälschten kroatischen Führerschein verwendet habe.
Zuletzt sei der Beschwerdeführer am wegen des Verdachts gemäß § 128 StGB zur Anzeige gebracht worden; dieses Verfahren sei noch anhängig.
Zusätzlich zu diesen schwerwiegenden Straftaten habe der Beschwerdeführer gegenüber einer österreichischen Behörde unrichtige Angaben über seine Person gemacht, um sich eine Aufenthaltsbewilligung zu verschaffen. Dazu habe er sich von seiner Ehefrau scheiden lassen, diese im Juli 2002 erneut geheiratet und sodann deren Familiennamen "B" angenommen. In den Anträgen auf Erteilung von Aufenthaltstiteln habe er seinen früheren Familiennamen "M", unter dem das unbefristete Aufenthaltsverbot gegen ihn erlassen worden sei, ebenso wenig angegeben wie seine bisherigen strafrechtlichen Verurteilungen.
Auf Grund des dargestellten Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers könne keine Rede davon sein, dass die von ihm ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit nunmehr gering zu schätzen oder gar weggefallen wäre. Sein erneutes einschlägiges schwerwiegendes strafbares Verhalten nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes und seine hartnäckige Ignoranz der fremdenrechtlichen Bestimmungen ließen die geringe Rechtsverbundenheit des Beschwerdeführers mit in Österreich geschützten rechtlichen Werten erkennen. Die von ihm ausgehende Gefahr sei gegenwärtig, tatsächlich und erheblich und berühre auch ein Grundinteresse der Gesellschaft, weshalb die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes auch im Sinn des § 87 FPG gegeben seien.
Dem stehe auch die Interessenabwägung gemäß § 66 FPG nicht entgegen. Der Beschwerdeführer habe seine Ehefrau zu einem Zeitpunkt erneut geheiratet, als er weder zum Aufenthalt in Österreich berechtigt gewesen sei noch mit einem ständigen Weiterverbleib im Bundesgebiet habe rechnen dürfen. Angesichts des nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes gesetzten gravierenden Fehlverhaltens hätten sich die im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Umstände keineswegs zu Gunsten des Beschwerdeführers verschoben. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wögen auch weiterhin keinesfalls schwerer als das maßgebliche hohe öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und somit daran, dass der Beschwerdeführer das Bundesgebiet verlasse und diesem fernbleibe.
Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde auch keine Veranlassung gesehen, das Aufenthaltsverbot im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens zu beheben.
II.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:
Zutreffend hat die belangte Behörde erkannt, dass bei der Prüfung nach § 65 FPG, ob das Aufenthaltsverbot aufzuheben ist, im vorliegenden Fall infolge der aufrechten Ehe des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsbürgerin, der in § 86 Abs. 1 FPG enthaltene Maßstab heranzuziehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2009/18/0384).
Eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung nach § 86 Abs. 1 FPG liegt dann vor, wenn das persönliche Verhalten des Fremden eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne Weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen.
Grundlage für das unbefristet erlassene Aufenthaltsverbot waren gravierende Straftaten im Bereich der Eigentumskriminalität. Die belangte Behörde wies im Rahmen ihrer nunmehrigen Beurteilung jedoch zutreffend darauf hin, dass der Beschwerdeführer auch nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes wiederholt straffällig wurde, indem er im Oktober 1994 neuerlich das Verbrechen des versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch beging und im Oktober 1997 sowie im Dezember 2000 besonders geschützte Urkunden fälschte, verwendete und besaß.
Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer - worauf die Beschwerde mit keinem Wort eingeht - bereits fünfmal in sein Heimatland abgeschoben, weil er trotz des gegen ihn bestehenden Aufenthaltsverbotes unrechtmäßig in das Bundesgebiet zurückgekehrt war.
Die belangte Behörde durfte auch dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mehrmals in seinen Anträgen auf Erteilung bzw. Verlängerung von Aufenthaltstiteln - zuletzt am -
gegenüber einer österreichischen Behörde unrichtige und (bewusst) unvollständige Angaben über seine Person gemacht hat, indem er sowohl seinen früheren Familiennamen "M", unter dem das unbefristete Aufenthaltsverbot erlassen worden war, als auch seine strafgerichtlichen Verurteilungen verschwiegen hat, besonderes Gewicht beimessen. Der Beschwerdeansicht, dem Beschwerdeführer könne dabei kein Vorsatz nachgewiesen werden, vermag angesichts des Umstandes, dass er in seinem Antrag vom auf die Frage nach bisherigen strafrechtlichen Verurteilungen "keine" eingetragen und diese Frage auch in den beiden Folgeanträgen - in jenem vom sogar rechtsfreundlich vertreten - nicht wahrheitsgemäß beantwortet hat, nicht zu überzeugen. Auf Grund der - rechtswidrig - unterlassenen Angaben zu seinem früheren Familiennamen "M" war es den Behörden auch nicht möglich, einen Zusammenhang zu dem erlassenen Aufenthaltsverbot herzustellen.
Auch wenn die letzte strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits etwa sechseinhalb Jahre zurücklag und er "nicht länger als 20 Monate unbedingt in Haft" war, kann - entgegen der Beschwerdeansicht - keine Rede davon sein, dass sich dieser "seit über sieben Jahren wohlverhalten" habe. Der Beschwerdeführer wurde wiederholt einschlägig im Bereich der Eigentumskriminalität rückfällig, hat fremdenrechtliche Normen kontinuierlich missachtet, indem er trotz des aufrechten Aufenthaltsverbotes immer wieder in das Bundesgebiet eingereist ist, hat besonders geschützte Urkunden gefälscht sowie im Rechtsverkehr verwendet und sich - zuletzt in seinem Antrag vom - durch Verschweigen entscheidungswesentlicher Angaben über seine Person Aufenthaltstitel für das österreichische Bundesgebiet erschlichen.
Angesichts des oben wiedergegebenen erheblichen, über lange Zeit aufrecht erhaltenen und bis kurz vor Erlassung des angefochtenen Bescheides reichenden Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers durfte die belangte Behörde vom Bestehen einer vom Beschwerdeführer weiterhin herrührenden Gefahr auch unter Anwendung des § 86 Abs. 1 FPG ausgehen.
Entgegen der Beschwerdemeinung ist die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes auch verhältnismäßig. Wie die belangte Behörde zutreffend ausführte, hat der Beschwerdeführer seine Ehefrau geheiratet, als das unbefristete Aufenthaltsverbot gegen ihn aufrecht war. Er durfte somit nicht damit rechnen, ein Familienleben in Österreich führen zu können. Die allfällige Trennung von seinen Familienangehörigen hat er (weiterhin) im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen.
Schließlich ist auch der weitere Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde habe den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt oder den angefochtenen Bescheid nicht ausreichend begründet, nicht berechtigt.
Soweit die Beschwerde die Ermessensübung durch die belangte Behörde beanstandet, sind keine besonderen Umstände erkennbar, die die belangte Behörde hätten veranlassen müssen, von dem ihr eingeräumten Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am