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VwGH vom 12.04.2011, 2007/18/0757

VwGH vom 12.04.2011, 2007/18/0757

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Mag. Haunold und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des A A, vertreten durch Dr. Walter Rosenkranz, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Albertgasse 1A/10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/177801/2007, betreffend Ausweisung gemäß § 54 FPG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bangladesch, gemäß § 54 Abs. 1 Z. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet aus.

Begründend führte sie im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe am einen Verlängerungsantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seinem die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Sohn gestellt. Da der Zusammenführende jedoch über kein ausreichendes Einkommen verfüge, um den Lebensunterhalt des Beschwerdeführers in Österreich zu gewährleisten, sei ein aufenthaltsbeendendes Verfahren eingeleitet worden.

Der Sohn des Beschwerdeführers sei verheiratet und für zwei Kinder unterhaltspflichtig, wobei seine Ehefrau kein eigenes Einkommen beziehe. Den vorgelegten Nachweisen zufolge verfüge der Sohn des Beschwerdeführers über ein monatliches Bruttoeinkommen in der Höhe von ca. EUR 1.134,-- von einem näher genannten Unternehmen und einen "Nettogewinn" als selbständiger Kolporteur in der Höhe von EUR 752,--, der allerdings noch einer Veranlagung zugeführt werden müsse. "Der Einfachheit halber" gehe die belangte Behörde "von einem Bruttoeinkommen = Nettoeinkommen" in der Höhe von EUR 1.886,-- monatlich (ohne Sonderzahlungen) aus. "Nach der aktuellen Existenzminimumtabelle 2007 (Tabelle 1 bm) auf der Homepage des Bundesministeriums für Justiz (Bürgerservice)" betrage das Existenzminimum bei drei Unterhaltspflichtigen (Ehefrau und zwei Kinder) EUR 1.641,--. Würde eine Haftungserklärung vorliegen, wäre diese jedoch nicht tragfähig, weil die finanzielle Leistungsfähigkeit des Zusammenführenden den erforderlichen Unterhalt für den Beschwerdeführer nicht gewährleisten könnte. Das vom Beschwerdeführer in der Berufung genannte Kinderbetreuungsgeld könne nicht berücksichtigt werden, weil dieses nicht zur Abdeckung von Unterhaltsansprüchen außenstehender Personen dienen solle und dürfe. Aber selbst bei Berücksichtigung des Kinderbetreuungsgeldes wäre das Einkommen des Zusammenführenden nicht ausreichend.

Weiters gelangte die belangte Behörde zu dem Ergebnis, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers auch mit Blick auf § 66 Abs. 1 und 2 FPG dringend geboten und zulässig sei.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

1. Da sich der Beschwerdeführer unstrittig während eines Verlängerungsverfahrens im Bundesgebiet aufhielt, durfte er gemäß § 54 Abs. 1 Z. 2 FPG mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegensteht.

2. Die belangte Behörde geht davon aus, dass der Beschwerdeführer den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, und sohin der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels das Fehlen der Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs. 2 Z. 4 iVm Abs. 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) entgegensteht.

Aus den Verwaltungsakten geht hervor, dass der Sohn des Beschwerdeführers ein monatliches Nettoeinkommen inklusive Sonderzahlungen in der Höhe von EUR 1.080,-- bezieht und darüber hinaus zwischen 13. Oktober und einen Gewinn von "netto" EUR 752,--, der "noch dem Veranlagungsweg" zuzuführen ist, erzielte. In der Berufung wurde vorgebracht, dass der Sohn auch Kinderbetreuungsgeld in Höhe von EUR 435,90 bezieht.

Die belangte Behörde hat verkannt, dass sie hinsichtlich der Deckung des Bedarfs für den Sohn des Beschwerdeführers, seine mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebende Ehefrau sowie für die beiden Kinder auf die Richtsätze gemäß § 293 ASVG (in der Fassung BGBl. II Nr. 532/2006) abzustellen gehabt hätte (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0478). Demnach sind für den Zusammenführenden, seine Ehefrau und die beiden minderjährigen Kinder Mittel in Höhe von EUR 1.243,32 erforderlich (vgl. zur Berechnung etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0024, mwN). Zur Deckung des Lebensbedarfs des Beschwerdeführers selbst hätte - insoweit ist die belangte Behörde im Recht - ein dem Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG entsprechender Betrag von EUR 726,-- zur Verfügung stehen müssen. Auf Basis der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Rechtslage wäre damit zur Aufbringung der notwendigen Mittel ein monatliches Einkommen von EUR 1.969,32 erforderlich gewesen.

Soweit die belangte Behörde das Kinderbetreuungsgeld bei der Berechnung des "Haushaltseinkommens" unberücksichtigt ließ, hat sie die Rechtslage aber ebenfalls verkannt (vgl. diesbezüglich das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/22/0026, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird).

Weiters hat die belangten Behörde keine Feststellungen darüber getroffenen, über welchen Betrag der Sohn des Beschwerdeführers im Hinblick auf den noch einer Veranlagung zuzuführenden "Nettogewinn" in Höhe von EUR 752,-- tatsächlich verfügen kann und ob es sich dabei um regelmäßige Einkünfte handelt. Daher kann nicht beurteilt werden, ob eine vom Zusammenführenden vorzulegende Haftungserklärung tragfähig wäre.

Das erstmals im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattete Vorbringen, der Beschwerdeführer verfüge über ein eigenes Einkommen als Zeitungskolporteur, erweist sich hingegen als eine unzulässige Neuerung (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG).

3. Nach dem Gesagten ist der bekämpfte Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
LAAAE-71031