VwGH 06.10.2016, Ra 2016/18/0206
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Normen | BFA-VG 2014 §21 Abs3; VwGG §42 Abs2 Z1; |
RS 1 | Eine rechtsrichtige Anwendung des § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG 2014 setzt nach seinem insoweit unmissverständlichen Wortlaut das Vorliegen einer "Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren" voraus (Hinweis E vom , Ra 2016/19/0208). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in 1030 Wien, Modecenterstraße 22, der gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W185 2129352-1/3E, betreffend eine Asylangelegenheit (Mitbeteiligter: Z), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.
Begründung
1 Mit Bescheid vom wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz des Mitbeteiligten mit Bescheid vom gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und stellte fest, dass Kroatien für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Unter einem erließ es gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) eine Anordnung zur Außerlandesbringung und stellte fest, dass gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung des Mitbeteiligten nach Kroatien zulässig sei (Spruchpunkt II).
2 Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung statt und hob den bekämpften Bescheid gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG auf. Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA), mit welcher ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden wurde. Zur unverhältnismäßigen Beeinträchtigung der von ihr zu vertretenden öffentlichen Interessen macht die Behörde geltend, nach Ablauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist, die während des Revisionsverfahrens ablaufen könnte, werde der um Aufnahme ersuchende Mitgliedsstaat (hier: Österreich) für die Führung des Asylverfahrens nach der Dublin III-VO zuständig. Diese Frist gelte nur dann nicht, wenn der Revision aufschiebende Wirkung zuerkannt werde. Es bestehe daher die Gefahr, dass durch Ablauf dieser Frist der Revision jegliche Effektivität genommen werde. Rechtliche Interessen des Mitbeteiligten seien nicht berührt, weil sein Asylverfahren weiterhin als zugelassen anzusehen sei und er daher über ein Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 verfüge.
4 Die Revision hat gemäß § 30 Abs. 1 VwGG keine aufschiebende Wirkung.
Bis zur Vorlage der Revision hat das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch nach § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegen stehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
5 Der Mitbeteiligte hat sich zum Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, nicht geäußert.
6 Es ist nicht zu sehen, dass zwingende öffentliche Interessen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstünden. Es gibt aber auch keinen Hinweis dafür, dass im Rahmen der nach § 30 Abs. 2 VwGG vorzunehmenden Interessenabwägung von der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung Abstand zu nehmen wäre, weshalb dem Antrag der revisionswerbenden Behörde stattzugeben war.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schweda, über die Revision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in 1030 Wien, Modecenterstraße 22, gegen den als Erkenntnis bezeichneten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W185 2129352-1/3E, betreffend eine Asylangelegenheit (Mitbeteiligter: Z G in G, vertreten durch Dr.in Julia Ecker, Rechtsanwältin in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5/8), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Der Mitbeteiligte, ein Staatsangehöriger Afghanistans, wurde am in Griechenland erkennungsdienstlich behandelt. Am nachdem ihm die Einreise nach Deutschland verweigert worden war, stellte er in Österreich den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
2 Im Rahmen der Erstbefragung gab der Mitbeteiligte an, dass er nach der Ausreise aus seinem Heimatland über folgende Länder gereist sei: Iran, Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien, Slowenien, Österreich, Deutschland, Österreich.
3 Am händigte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) dem Mitbeteiligten eine "Aufenthaltsberechtigungskarte weiß (§ 51 AsylG 2005)" aus und ließ auf diese Weise sein Asylverfahren nach § 28 Abs. 1 zweiter Satz Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) zu.
4 Das BFA richtete in der Folge ein auf Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, (Dublin III-VO), gestütztes Aufnahmeersuchen an Kroatien.
5 Mit Schreiben vom teilte das BFA der kroatischen Behörde mit, dass sie innerhalb der in Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO vorgesehenen Frist keine Antwort übersendet habe und die Verpflichtung, den Fall des Mitbeteiligten zu behandeln, daher nach dieser Bestimmung bei Kroatien liege.
6 Mit Bescheid vom wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz des Mitbeteiligten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und stellte fest, dass Kroatien für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Unter einem erließ es gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) eine Anordnung zur Außerlandesbringung und stellte fest, dass gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung des Mitbeteiligten nach Kroatien zulässig sei (Spruchpunkt II).
7 Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung statt und hob den bekämpften Bescheid gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG auf. Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
8 Begründend führte das BVwG im Wesentlichen aus, das gegenständliche Verfahren sei zugelassen worden, obwohl "aus einer Gesamtschau des Akteninhaltes ersichtlich ist, dass gegenständlich ein Dublin-Verfahren (und demnach kein zugelassenes Verfahren)" vorliege. Zwar sei dem Mitbeteiligten gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 mitgeteilt worden, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, er sei aber entgegen § 29 Abs. 4 AsylG 2005 nicht an einen Rechtsberater verwiesen worden und es sei auch kein Rechtsberater bei seiner Einvernahme anwesend gewesen. Im Hinblick darauf, dass "mangels Parteiengehörs ein mangelhaftes behördliches Verfahren" vorliege, und "damit der Sachverhalt so mangelhaft ermittelt" worden sei, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheine, sei der Bescheid aufzuheben. Die Erhebung einer Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, weil "Kern der getroffenen zurückverweisenden Entscheidung" die "mangelhafte Ermittlung von relevanten Sachverhaltselementen im Rahmen eines ordnungsgemäßen Verfahrens und die Einräumung eines Parteiengehörs entsprechend den insofern eindeutigen Verfahrensvorschriften durch die Verwaltungsbehörde sowie die daran anknüpfende Konsequenz des § 21 BFA-VG" sei.
9 Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die unter anderem zusammengefasst geltend macht, das BVwG habe sich bei der Behebung des Bescheides auf § 21 Abs. 3 BFA-VG gestützt, obwohl diese Bestimmung nur bei einem (noch) nicht zugelassenen Asylverfahren zur Anwendung gelangen könne. Die Ansicht, dass jedes "Dublin-Verfahren ein Zulassungsverfahren" sei, treffe nicht zu. Da § 21 Abs. 3 BFA-VG im gegenständlichen Fall aber gar nicht anwendbar sei, könnte sich die als Zurückverweisung anzusehende Entscheidung nur auf § 28 Abs. 3 VwGVG stützen. Die dafür in der Rechtsprechung festgehaltenen Kriterien lägen allerdings hier nicht vor.
10 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise abzuweisen.
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
12 Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , Ra 2016/19/0208, ausgesprochen, dass eine rechtsrichtige Anwendung des § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG nach seinem insoweit unmissverständlichen Wortlaut das Vorliegen einer "Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren" voraussetzt. Das trifft im gegenständlichen Verfahren aber nicht zu.
13 Der vorliegende Fall gleicht daher in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in den entscheidungsrelevanten Punkten jenem, der vom Verwaltungsgerichtshof mit dem zitierten Erkenntnis vom entschieden wurde, sodass gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen wird.
14 Die angefochtene Entscheidung war daher aus den in dem genannten hg. Erkenntnis dargelegten Gründen gemäß§ 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | 32013R0604 Dublin-III Art13 Abs1; AsylG 2005 §13; AsylG 2005 §5 Abs1; BFA-VG 2014 §21 Abs3; FrPolG 2005 §61 Abs1 Z1; FrPolG 2005 §61 Abs2; VwGG §30 Abs2; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016180206.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
AAAAE-71000