VwGH vom 28.03.2012, 2012/08/0041
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der H GmbH in T, vertreten durch Dr. Harald Korp, Rechtsanwalt in 4770 Andorf, Hauptstraße 36, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. Ges-180562/2-2011-Sax/Ws, betreffend Rückerstattung von Beiträgen (mitbeteiligte Partei: Oberösterreichische Gebietskrankenkasse in 4021 Linz, Gruberstraße 77), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der vorliegenden Beschwerde und dem ihr beigeschlossenen, angefochtenen Bescheid (samt den weiteren der Beschwerde beigelegten Urkunden) ergibt sich folgender Sachverhalt:
Die beschwerdeführende Partei beantragte mit Schreiben vom an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - unter Schilderung des Umstandes, dass für fünf Mitarbeiter der beschwerdeführenden Partei wegen "Überschreitens der Jahreshöchstbeiträge" Beiträge an diese Dienstnehmer rückerstattet worden seien - die Rückerstattung der "dazu korrespondierenden Dienstgeberanteile". Es könne nicht gebührlich sein, Beiträge, die aufgrund einer Jahreshöchstgrenze gedeckelt seien, nur dem Dienstnehmer, nicht aber auch dem Dienstgeber zu erstatten.
Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse wies diesen Antrag mit Bescheid vom ab. § 69 ASVG behandle die Rückforderung ungebührlich entrichteter Beiträge. Aufgrund der vorliegenden Abrechnungsunterlagen sei festzustellen, dass die Beiträge von der Dienstgeberin für die angeführten Dienstnehmer nur bis zur jeweils geltenden Höchstbeitragsgrundlage korrekt abgerechnet und entrichtet worden seien. Es lägen daher keine ungebührlich entrichteten Beiträge vor. Der Gesetzgeber habe in §§ 70 und 70a ASVG sowie § 45 Abs. 2 AlVG vorgesehen, dass jene Dienstnehmer, die bei mehreren Dienstgebern beschäftigt seien und insgesamt die jeweils geltende Höchstbeitragsgrundlage überschritten, die Rückerstattung der Dienstnehmerbeiträge zur Kranken-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung beantragen könnten. Anhand der vorliegenden Meldeunterlagen habe die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse festgestellt, dass bei den fünf angeführten Dienstnehmern jeweils mehrere Dienstverhältnisse im Kalenderjahr 2009 vorgelegen seien und dabei auch die Höchstbeitragsgrundlage überschritten worden sei. Die Dienstnehmer seien daher zur Beantragung der Rückerstattung von Beiträgen gesetzlich ermächtigt. Der Gesetzgeber habe jedoch die Möglichkeit einer Beitragsrückerstattung für die betroffenen Dienstgeber bewusst nicht vorgesehen.
Die beschwerdeführende Partei erhob gegen diesen Bescheid Einspruch. Der Bescheid sei mangelhaft begründet, sodass keine Überprüfungsmöglichkeit bestehe. Wenn die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse auf Abrechnungsunterlagen verweise, so habe sie es unterlassen, diese im Bescheid darzustellen, sodass auch diesbezüglich für die beschwerdeführende Partei keine Überprüfungsmöglichkeit vorliege.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch keine Folge. Die belangte Behörde führte - nach Schilderung des Verfahrensganges - aus, die beschwerdeführende Partei sei Dienstgeberin der fünf - im Bescheid näher genannten - Dienstnehmer. Diesen Dienstnehmern seien zwischen März und April 2010 aufgrund Überschreitens der Höchstbeitragsgrundlage durch Beschäftigung bei mehreren Dienstgebern Dienstnehmerbeiträge in unterschiedlicher Höhe rückerstattet worden.
Würden gleichzeitig mehrere versicherungspflichtige Erwerbstätigkeiten ausgeübt, so bestehe grundsätzlich in jeder Versicherung Beitragspflicht bis zu den jeweiligen Höchstbeitragsgrundlagen. Da hiebei in Summe die Höchstbeitragsgrundlagen überschritten werden könnten, bestünden Möglichkeiten der Erstattung der Beiträge für den Versicherten. Der Gesetzgeber habe das Recht auf Rückerstattung von Sozialversicherungsbeiträgen ausschließlich den Dienstnehmern eingeräumt, sodass nur Dienstnehmer als Anspruchsberechtigte in Betracht kämen. Diese Regelung sei auch nicht verfassungswidrig.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
1. Die beschwerdeführende Partei macht geltend, der angefochtene Bescheid sei mangelhaft begründet. Der Bescheid sei auch inhaltlich rechtswidrig; § 69 ASVG sehe die Rückforderung ungebührlich entrichteter Beiträge vor. Die beschwerdeführende Partei sei Dienstgeberin der genannten fünf Dienstnehmer; es stehe ihr somit das Antragsrecht iSd § 69 Abs. 6 ASVG zu. Entgegen der Ansicht der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse und der belangten Behörde seien Beträge eingefordert bzw. bezahlt worden, die nicht zur Zahlung fällig seien und sohin ungebührlich entrichtet worden seien.
2. Gemäß § 45 Abs. 1 erster Satz ASVG darf die allgemeine Beitragsgrundlage, die im Durchschnitt des Beitragszeitraumes auf den Kalendertag entfällt, die Höchstbeitragsgrundlage nicht überschreiten.
Nach § 45 Abs. 2 erster Satz ASVG ist bei der Bemessung der Beiträge in jedem einzelnen Beschäftigungsverhältnis die Höchstbeitragsgrundlage zu berücksichtigen, wenn der Pflichtversicherte gleichzeitig mehrere die Versicherungspflicht begründende Beschäftigungen ausübt.
Gemäß § 69 Abs. 1 erster Satz ASVG können zu Ungebühr entrichtete Beiträge zurückgefordert werden. Nach § 69 Abs. 6 ASVG steht die Rückforderung ungebührlich entrichteter Beiträge dem Versicherten zu, soweit er die Beiträge selbst getragen hat, im Übrigen dem Dienstgeber.
Gemäß § 70 Abs. 1 ASVG hat die versicherte Person Anspruch auf Beitragserstattung, wenn in einem Kalenderjahr bei einer die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Beschäftigung oder bei gleichzeitiger Ausübung mehrerer die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Beschäftigungen die Summe aller Beitragsgrundlagen der Pflichtversicherung die Summe der monatlichen Höchstbeitragsgrundlagen für die im Kalenderjahr liegenden Beitragsmonate der Pflichtversicherung überschreiten. Monatliche Höchstbeitragsgrundlage ist der 35fache Betrag der Höchstbeitragsgrundlage nach § 45 Abs. 1 ASVG.
Überschreitet bei in der Krankenversicherung Pflichtversicherten in einem Kalenderjahr die Summe aller Beitragsgrundlagen der Pflichtversicherung und der beitragspflichtigen Pensionen die Summe der Beträge des 35fachen der Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 45 Abs. 1 ASVG für die im Kalenderjahr liegenden Monate der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung, so ist der Beitrag zur Krankenversicherung, der auf den Überschreitungsbetrag entfällt, dem Versicherten gemäß § 70a Abs. 1 ASVG vom leistungszuständigen Versicherungsträger zu erstatten.
Nach § 45 Abs. 2 AlVG sind bei Überschreiten der Höchstbeitragsgrundlage im Fall der Mehrfachversicherung die jeweiligen krankenversicherungsrechtlichen Vorschriften mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Krankenversicherung die Arbeitslosenversicherung tritt.
3. Gegenstand bei der Rückforderung von ungebührlich entrichteten Beiträgen nach § 69 ASVG ist die Differenz zwischen dem für einen konkreten Beitragszeitraum entrichteten und dem für diesen Beitragszeitraum geschuldeten Beitrag. Es ist daher zu prüfen, ob die von der beschwerdeführenden Partei entrichteten Beiträge für den betreffenden Zeitraum auch geschuldet wurden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/08/0219).
Bei gleichzeitigem Bestehen zweier oder mehrerer Erwerbstätigkeiten tritt eine sogenannte Doppel- oder Mehrfachversicherung ein, wobei nach § 45 Abs. 2 ASVG bei der Bemessung der Beiträge in jedem einzelnen Beschäftigungsverhältnis die Höchstbeitragsgrundlage zu berücksichtigen ist.
Die beschwerdeführende Partei behauptet - auch in der Beschwerde - nicht, dass sie als Dienstgeberin für die genannten Dienstnehmer Beiträge ausgehend von einer Beitragsgrundlage geleistet hätte, welche über die Höchstbeitragsgrundlage hinausginge. Dass aber für einen Dienstnehmer aus mehreren Dienstverhältnissen von mehreren Dienstgebern Beiträge ausgehend von einer Beitragsgrundlage geleistet werden, welche insgesamt über die Höchstbeitragsgrundlage hinausgeht, macht die von einem Dienstgeber geleisteten Beiträge (welche jeweils höchstens auf der Höchstbeitragsgrundlage basieren) nicht ungebührlich iSd § 69 Abs. 6 ASVG.
Auch die über die Höchstbeitragsgrundlage hinaus geleisteten Dienstnehmer-Anteile an den Beiträgen zur Sozialversicherung sind insoweit nicht ungebührlich iSd § 69 ASVG. Der Gesetzgeber hat aber hiefür eine Rückerstattung von Beitragsleistungen vorgesehen (§§ 70 und 70a ASVG,§ 45 Abs. 3 AlVG; vgl. hiezu Tomandl, Sozialrecht6, Rz 100; zur Berechtigung der Dienstnehmer zur Geltendmachung dieses Anspruches vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/08/0086). Eine Rückerstattung von Dienstgeberbeiträgen ist hingegen nicht vorgesehen und verfassungsrechtlich auch nicht geboten (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Zl. G 392/96 u.a., VfSlg. 14.802).
Da somit bereits aus der vorliegenden Beschwerde zu erkennen ist, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am