VwGH vom 14.07.2017, Ra 2016/17/0264

VwGH vom 14.07.2017, Ra 2016/17/0264

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und Hofrat Mag. Brandl sowie Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , LVwG-S-3144/001-2015, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Korneuburg; mitbeteiligte Partei: A W in T bei W, vertreten durch Dr. Fabian Alexander Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/Top11), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom wurde der Mitbeteiligten hinsichtlich zweier konkret bezeichneter Glücksspielgeräte als handelsrechtlicher Geschäftsführerin einer näher genannten Gesellschaft vorgeworfen, sich als Unternehmerin in einem bestimmten Lokal an veranstalteten Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen beteiligt zu haben. Sie habe damit jeweils eine Verwaltungsübertretung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 viertes Tatbild Glücksspielgesetz (GSpG) begangen, weshalb über sie zwei Geldstrafen in der Höhe von je EUR 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von je 8 Stunden) verhängt werde.

2 Mit Erkenntnis vom gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich der von der Mitbeteiligten gegen das Straferkenntnis erhobenen Beschwerde statt, hob den angefochtenen Bescheid auf und stellte das Verfahren ein. Weiters sprach es aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3 Begründend führte das Landesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die von der Mitbeteiligten vertretene Gesellschaft habe Banknotenlesegeräte, welche fest in den Auftragsterminals verbaut gewesen seien, gegen ein fixes Entgelt vermietet und die Spielaufträge der Kunden an Betreiber vermittelt. Ob bei den einzelnen Spielen Gewinne oder Verluste entstanden seien, habe keinen Einfluss auf das von der Gesellschaft verrechnete Honorar gehabt; die Gesellschaft habe nicht das wirtschaftliche Risiko der Geräte getragen. Die Mitbeteiligte habe als Geschäftsführerin eine Art "Dienstleistungsvertrag" und einen Mietvertrag für eine Hardwarekomponente abgeschlossen. Jedoch habe die Gesellschaft kein wirtschaftliches Risiko für die angebotenen Spiele getragen und es hätten sich auch keine Hinweise für eine Beteiligung an den Ausspielungen oder für eine gewinn- oder verlustabhängige Verrechnung ergeben, weshalb keine Strafbarkeit im Sinne des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG gegeben sei.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision des Bundesministers für Finanzen mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

5 Die Mitbeteiligte hat in ihrer Revisionsbeantwortung beantragt, die Revision kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

6 Die belangte Behörde des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hat sich in ihrer Revisionsbeantwortung den Ausführungen des revisionswerbenden Bundesministers für Finanzen angeschlossen.

7 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

8 § 52 Abs 1 Z 1 GSpG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl I Nr 105/2014 lautet:

"§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen

im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;"

9 In der Revision wird zur Zulässigkeit zusammengefasst vorgebracht, das Landesverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage des normativen Umfanges und der tatbestandsmäßigen Ausgestaltung des ersten und vierten Tatbildes des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG abgewichen (Hinweis , vom , 2013/17/0138 und vom , Ra 2014/17/0033).

10 Die Revision ist zulässig im Sinne des erstatteten Zulässigkeitsvorbringens und auch begründet.

11 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits erkannt hat, kommt als Täter, der im Sinne des ersten Tatbildes des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 leg cit veranstaltet, in Betracht, wer das Spiel auf seine Rechnung und Gefahr ermöglicht, also das Risiko des Gewinns und Verlusts in seiner Vermögenssphäre trägt (vgl ). Dagegen ist mit dem vierten Tatbild des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG eine Person gemeint, die nicht Veranstalter ist, sondern sich nur in irgendeiner Weise an der Veranstaltung unternehmerisch im Sinn des § 2 Abs 2 GSpG beteiligt (vlg ).

12 Im vorliegenden Fall erfolgte die Bestrafung der mitbeteiligten Partei durch die vor dem Landesverwaltungsgericht belangte Behörde aufgrund der Beteiligung als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 GSpG an verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 GSpG, also aufgrund des vierten Tatbildes des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG. Demgegenüber gelangte das Landesverwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis zu dem Schluss, dass der Umstand, dass die von der Mitbeteiligten vertretene Gesellschaft Banknotenlesegeräte vermietet habe und dafür ein fixes Entgelt vereinbart gewesen sei, noch nicht bedeute, dass damit eine Beteiligung an Ausspielungen oder eine gewinn- und verlustabhängige Verrechnung behauptet worden sei. Dies begründete es im Wesentlichen damit, dass eine Gewinn- und Verlustbeteiligung der Gesellschaft an den einzelnen Spielen nicht habe festgestellt werden können und diese damit auch keinerlei wirtschaftliches Risiko für die auf den Geräten angebotenen Spielen getragen habe, zumal die Mitbeteiligte auch keine Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen angestrebt habe. Würde man - so das Landesverwaltungsgericht - zu dem Schluss gelangen, dass schon solche umsatzunabhängigen Tätigkeiten zu der Stellung eines Unternehmers im Sinne des § 2 Abs 2 GSpG und in weiterer Folge zu einer Strafbarkeit gemäß § 52 Abs 1 Z 1 GSpG führte, müssten auch sämtliche Versorgungsunternehmen für Strom und Internet vom genannten Straftatbestand umfasst sein. Eine derart weite Auslegung des Begriffes des Unternehmers im Glücksspielgesetz könne dem Gesetzgeber jedoch nicht zugesonnen werden, weil sonst in nahezu allen Fällen unbeteiligte Dritte von den Strafbestimmungen erfasst würden.

13 Mit diesen Ausführungen verkennt das Landesverwaltungsgericht jedoch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl etwa , gleichzeitig mit der Vermittlung von Spielaufträgen an die Betreiber sowie jüngst das bereits zitierte hg Erkenntnis vom ), nach welcher das vierte Tatbild des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG eine Person meint, die nicht Veranstalter ist, sondern sich nur in irgendeiner Weise an der Veranstaltung unternehmerisch im Sinn des § 2 Abs 2 GSpG beteiligt. Damit ist etwa auch die Vermietung von mit den Glücksspielgeräten fest verbundenen Banknotenlesegeräten der Fall erfasst, sofern diese im Rahmen des Unternehmens der Mitbeteiligten erfolgte, was hier unstrittig der Fall ist.

14 Die vom Landesverwaltungsgericht und von der Mitbeteiligten befürchtete Ausuferung der Reichweite des Straftatbestandes der unternehmerischen Beteiligung im Sinne des § 52 Abs 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG, nach welcher infolge der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsauffassung sämtliche Versorgungsunternehmen für Strom und Internet von einer Strafbarkeit im Sinne des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG erfasst sein müssten, ist im Übrigen bei rechtsrichtiger Auslegung der genannten Bestimmungen im Sinne der hg Judikatur nicht zu befürchten, weil diese Unternehmer regelmäßig nicht mit Glücksspielgeräten fest verbaute Banknotenlesegeräte vermieten bzw Verträge über die Weiterleitung von Spielaufträgen abschließen, sondern keine Kenntnis von der Tätigkeit ihres Auftragnehmers haben.

15 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

16 Ein Aufwandersatz findet gemäß § 47 Abs 3 und 4 VwGG nicht statt.

Wien, am