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VwGH vom 14.03.2013, 2012/08/0021

VwGH vom 14.03.2013, 2012/08/0021

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der Sozialversicherungsanstalt der Bauern in Wien, vertreten durch Mag. Daniel Kornfeind, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Singerstraße 27/28, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. BMASK-425339/0001-II/A/3/2010, betreffend Pflichtversicherung nach dem B-PVG (mitbeteiligte Partei: J S in M), zu Recht erkannt:

Spruch

Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides wird, soweit dieser die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung vom 1. Jänner bis betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom stellte die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt fest, dass der am geborene Mitbeteiligte vom bis nicht in der Pensionsversicherung der Bauern pflichtversichert sei (Spruchpunkt 1). Dem Antrag des Mitbeteiligten vom auf Nachentrichtung verjährter Beiträge zur Pensionsversicherung werde nicht entsprochen (Spruchpunkt 2).

Begründend führte die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt aus, im Antrag auf Nachentrichtung von Pensionsversicherungsbeiträgen habe der Mitbeteiligte angegeben, er sei von Oktober 1970 bis Dezember 1973 hauptberuflich im landwirtschaftlichen Betrieb seines Vaters beschäftigt gewesen.

Aus der Aktenlage sei jedoch ersichtlich, dass dem Mitbeteiligten im Zeitraum vom bis eine Beschädigtenrente nach den Bestimmungen des Heeresversorgungsgesetzes (HVG) wegen Verminderung der Erwerbsfähigkeit von 90% zuerkannt worden sei. Eine hauptberufliche Beschäftigung im elterlichen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb könne daher aufgrund der Höhe der Erwerbsminderung nicht angenommen werden.

Mit Bescheid des Landesinvalidenamtes vom sei ab die Verminderung der Erwerbstätigkeit mit 40% festgestellt worden. Auf Anfrage der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt sei erklärt worden, dass der Mitbeteiligte trotz der "Verminderung der Erwerbsunfähigkeitsprozente" nicht im Betrieb der Eltern mitarbeite und den Lebensunterhalt aus der Versorgungsrente des Landesinvalidenamtes bestreite. Diese Angaben seien vom Gemeindeamt bestätigt worden. Erst mit Schreiben vom habe der Vater mitgeteilt, dass der Mitbeteiligte hauptberuflich in seinem Betrieb beschäftigt sei; der Mitbeteiligte sei daher ab in die Pflichtversicherung einbezogen worden.

Der Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid Einspruch. Er machte geltend, er habe auch während des Bezuges der Beschädigtenrente - wenn sein Gesundheitszustand dies erlaubt habe - im landwirtschaftlichen Betrieb seines Vaters (speziell im Weinbau) mitgearbeitet, wenn er auch die ganz schweren körperlichen Arbeiten nicht mehr habe verrichten können. Er bitte daher, den Bescheid insofern abzuändern, dass ihm zumindest die Nachentrichtung der Pensionsbeiträge in der Zeit vom bis , in welchem Zeitraum nur mehr eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40% gegeben gewesen sei, gewährt werde.

Mit Bescheid vom gab der Landeshauptmann dem Einspruch Folge und stellte fest, dass der Mitbeteiligte vom bis gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 B-PVG in der Pflichtversicherung der Bauern pflichtversichert sei (Spruchpunkt 1). Dem Antrag des Mitbeteiligten auf Nachentrichtung verjährter Beiträge zur Pensionsversicherung werde im Umfang des Einspruches für den Zeitraum vom bis stattgegeben. Der Mitbeteiligte habe für den Zeitraum bis der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt verjährte Pensionsversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 1.488,45 nachzuentrichten.

Begründend führte der Landeshauptmann im Wesentlichen aus, der Mitbeteiligte sei nach der Entlassung aus dem Präsenzdienst und der Heilbehandlung in der Lungenheilstätte zu Hause gewesen und habe in der elterlichen Wirtschaft mitgearbeitet. Sein Arbeitsumfang habe ab zumindest den Arbeitsumfang eines Tagwerkers umfasst. Er habe - wie auch ab dem - hauptberuflich in der Landwirtschaft der Eltern gearbeitet. Für die Tätigkeit im Betrieb der Eltern habe der Mitbeteiligte kein Entgelt erhalten. Die ihm zustehende Rente des Landesinvalidenamtes sei von seinen Eltern einbehalten worden; er habe ein Taschengeld erhalten.

Beweiswürdigend führte der Landeshauptmann insbesondere aus, es sei davon auszugehen, dass die nunmehrigen Angaben des Mitbeteiligten über seine hauptberufliche Mitarbeit eher den Tatsachen entsprächen als die mit Schreiben vom gemachte Mitteilung, dass er ab bis laufend nicht mehr im Betrieb der Eltern mitarbeite und seinen Unterhalt aus der Beschädigtenrente bestreite. Es erscheine äußerst unwahrscheinlich, dass im Jahr 1972 bzw. 1973 ein 22-Jähriger, der vor Antritt seines Präsenzdienstes als Landarbeiter ausgebildet worden und in der elterlichen Landwirtschaft tätig gewesen sei, zu Hause sei und nicht im landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern voll mitarbeite. Das Schreiben des Mitbeteiligten vom habe nicht den Tatsachen entsprochen, um einerseits Beitragsleistungen an die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt zu vermeiden und anderseits nicht Gefahr zu laufen, die Beschädigtenrente zu verlieren. Hiebei komme es nicht darauf an, ob dem Mitbeteiligten der Umstand, dass neben dem Bezug der Beschädigtenrente eine hauptberufliche Erwerbstätigkeit in der Landwirtschaft der Eltern möglich sei, bekannt gewesen sei oder nicht. Zur Bestätigung der Gemeinde habe der damalige Bürgermeister in seiner Zeugenaussage darauf hingewiesen, dass er die Bestätigung so verstanden habe, dass er die "Richtigkeit der Angaben", also jener Angaben, die der Mitbeteiligte ihm gegenüber gemacht habe, sowie weiter die Unterschrift des Mitbeteiligten bestätigt habe. Demnach sei die Bestätigung der Gemeinde insofern nicht beweiskräftig, als die Gemeinde nur die Angaben des Mitbeteiligten übernommen habe. Die Anmeldung des Mitbeteiligten bei der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt durch seinen Vater mit Schreiben vom sei offenbar im Hinblick auf den Umstand erfolgt, dass mit der Bezug der Beschädigtenrente weggefallen sei und damit für den Mitbeteiligten bei der Gebietskrankenkasse kein Krankenversicherungsschutz mehr bestanden habe.

Die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt erhob gegen diesen Bescheid Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung, soweit sie sich auf die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung des Mitbeteiligten vom bis beziehe, als unzulässig zurück (Spruchpunkt 1). Soweit sich die Berufung auf die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung des Mitbeteiligten vom bis beziehe, wurde der Berufung keine Folge gegeben (Spruchpunkt 2).

Begründend führte die belangte Behörde - nach Schilderung des Verfahrensganges - aus, der Mitbeteiligte habe in den Jahren 1966 bis 1968 den Beruf eines Landarbeiters erlernt und sei seither im land(forst)wirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern tätig gewesen. Im Jahr 1970 habe er seinen Präsenzdienst abgeleistet und habe dabei eine Dienstbeschädigung erlitten. Es sei zunächst eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 90% festgestellt worden, aufgrund welcher er eine Beschädigtenrente nach dem Heeresversorgungsgesetz erhalten habe. Mit Bescheid des Landesinvalidenamtes vom sei die Beschädigtenrente unter Zugrundelegung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40% ab auf monatlich S 669,90 herabgesetzt worden; in dieser Höhe habe der Mitbeteiligte die Beschädigtenrente jedenfalls vom bis bezogen.

In diesem Zeitraum habe der Mitbeteiligte im land(forst)wirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern gearbeitet. Er sei insbesondere mit Traktorarbeiten, der Versorgung des Viehs und der Weinlese beschäftigt gewesen. Er sei keiner anderen Beschäftigung nachgegangen und habe von seinen Eltern Kost und Logis sowie Taschengeld erhalten.

Insoweit sei der Sachverhalt unstrittig. Strittig sei jedoch das Ausmaß der Beschäftigung des Mitbeteiligten im Betrieb seiner Eltern.

Die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt habe dargelegt, es sei glaubhaft, dass der Mitbeteiligte im Betrieb der Eltern kurzfristig mittätig gewesen sei. Eine hauptberufliche Beschäftigung sei jedoch aufgrund der widersprechenden Angaben des Mitbeteiligten selbst in seiner Eingabe vom nicht glaubwürdig. In diesem Schreiben habe der Mitbeteiligte der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt mitgeteilt, dass er ab bis laufend im Betrieb seiner Eltern nicht mehr mitgearbeitet habe und trotz der Verminderung der "Erwerbsunfähigkeitsprozente" seinen Unterhalt aus der Versorgungsrente des Landesinvalidenamtes bestreite. Am Schreiben finde sich ein Vermerk mit der Unterschrift des Bürgermeisters, wonach die Richtigkeit der Angaben gemeindeamtlich bestätigt werde.

Öffentlichen Urkunden komme besondere Beweiskraft zu, jedoch sei der Beweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges oder der bezeugten Tatsache oder der unrichtigen Beurkundung zulässig. Die Einspruchsbehörde habe den damaligen Bürgermeister hinsichtlich dieser Bestätigung befragt. Dieser habe angegeben, er habe die Bestätigung so verstanden, dass er die "Richtigkeit der Angaben" - also jener Angaben, die der Mitbeteiligte ihm gegenüber gemacht habe - bestätigt habe. Weiter habe er die Echtheit der Unterschrift des Mitbeteiligten bestätigt. Es handle sich um keine Gefälligkeitsbestätigung, da er in der Praxis keine Möglichkeit habe, zu überprüfen, ob der Mitbeteiligte im Betrieb der Eltern etwas gearbeitet habe oder nicht, weil er in dieser Zeit auch andere Arbeiten (Bürgermeister, eigener Landwirtschaftsbetrieb) gehabt habe.

Diese Aussage sei als nachvollziehbar und lebensnahe einzustufen. Auch aus Sicht der belangten Behörde sei einem Bürgermeister nicht ersichtlich, in welchem Ausmaß ein Kind im Betrieb seiner Eltern tätig werde, insbesondere wenn dieses am Hof wohne und keiner anderen Beschäftigung nachgehe.

Der Mitbeteiligte habe angegeben, dass die Mitteilung, wonach keine Tätigkeit im elterlichen Betrieb vorgelegen sei, deshalb erfolgt sei, um nicht den Anspruch auf die "Invaliditätspension" zu verlieren oder um sich die Pensionsbeiträge zu sparen. Die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt vermeine, dass dies nicht glaubhaft sei, weil derartige Beschädigtenrenten analog einer Versehrtenrente auch bei Aufnahme einer Beschäftigung nicht wegfallen würden, da dabei nur abstrakt auf die Minderung der Erwerbsfähigkeit abgestellt werde und dies dem Mitbeteiligten wohl bekannt sein müsste, zumal sich dies aus der Begründung der Bescheide des Landesinvalidenamtes ergebe.

Entgegen dieser Ansicht der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt sei für einen juristischen Laien aus derartigen Bescheiden nicht ohne weiteres ersichtlich, dass die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit keine Auswirkung auf die Beschädigtenrente habe. Vielmehr vermittle der Bescheid des Landesinvalidenamtes vom über die Erhöhung der Beschädigtenrente vom 1. Jänner bis den Eindruck, dass die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu einer Kürzung des Bezugs der Beschädigtenrente führen würde, zumal in dessen Begründung angeführt werde, dass der Mitbeteiligte im Zeitraum vom bis über kein wie immer geartetes, anrechenbares Einkommen verfüge.

Die belangte Behörde komme daher zum Ergebnis, das dem Schreiben vom keinerlei Beweiskraft zukomme.

Der Landeshauptmann sei im Wege einer schlüssigen und nachvollziehbaren Beweiswürdigung zum Ergebnis gekommen, dass der zeitliche Umfang der Beschäftigung des Mitbeteiligten im land(forst)wirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern den Arbeitsumfang einer Vollarbeitskraft erreicht habe. Die belangte Behörde schließe sich dieser Auffassung an und verweise auf die zutreffenden Ausführungen im Einspruchsbescheid.

Im erstinstanzlichen Bescheid sei über die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung im Zeitraum bis abgesprochen worden. Der Mitbeteiligte habe im Einspruch beantragt, den erstinstanzlichen Bescheid insoweit abzuändern, dass ihm zumindest die Nachentrichtung der Pensionsbeiträge in der Zeit vom bis gewährt werde. Damit habe er den Einspruch auf den Zeitraum bis eingeschränkt und den Zeitraum bis unbekämpft gelassen. Eine andere Auslegung des Einspruchs sei auszuschließen, zumal der Mitbeteiligte keine Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes, der nur über den Zeitraum bis abgesprochen habe, erhoben und auch die Möglichkeit zur Stellungnahme zur Berufung nicht genutzt habe. Der erstinstanzliche Bescheid sei somit hinsichtlich des Zeitraumes bis rechtskräftig geworden. Hinsichtlich dieses Zeitraumes sei die Berufung daher wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Eine Tätigkeit sei als hauptberufliche Beschäftigung einzustufen, wenn sie in einer dem Beruf entsprechenden zeitlichen Einheit überwiegend ausgeübt werde und sie in diesem Zeitraum in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht den Mittelpunkt der Lebensinteressen darstelle. Bei einem Arbeitsausmaß, das den Arbeitsumfang einer Vollarbeitskraft erreiche, könne kein Zweifel am Vorliegen dieser Voraussetzungen bestehen.

Im Jahr 1972 sei für eine Pflichtversicherung erforderlich gewesen, dass das hauptberuflich beschäftigte Kind seinen Lebensunterhalt überwiegend aus dem Ertrag dieses Betriebes bestreite. Der Mitbeteiligte sei im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern hauptberuflich beschäftigt gewesen und habe von seinen Eltern Kost und Logis sowie Taschengeld erhalten. darüber hinaus habe er im Jahr 1972 eine Beschädigtenrente im Ausmaß von S 669,90 bezogen.

Die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt gehe davon aus, dass der Mitbeteiligte seinen Lebensunterhalt überwiegend aus der Beschädigtenrente bestritten habe. Die belangte Behörde könne dieser Ansicht nicht folgen.

Eine Orientierung zum Wert des Geldes biete etwa der Ausgleichszulagenrichtsatz gemäß § 293 ASVG. Die Ausgleichszulage solle jedem Pensionsbezieher, der im Inland lebe, ein Mindesteinkommen sichern. Die Höhe der Ausgleichszulage sei derart bemessen, dass diese ein Überleben ermögliche. Demnach sei davon auszugehen, dass Personen mit Einkommen bis zum Ausgleichszulagenrichtsatz als sozial schutzbedürftig anzusehen seien. Im Jahr 1972 habe der Einzelrichtsatz der Ausgleichszulage gemäß § 293 ASVG S 1.641,-- betragen. Da die Beschädigtenrente in Höhe von S 669,90 nicht einmal die Hälfte davon ausgemacht habe, könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Mitbeteiligte seinen Lebensunterhalt überwiegend aus der Beschädigtenrente bestritten habe. Den von den Eltern erhaltenen Leistungen, namentlich Kost und Logis sowie Taschengeld, sei eine größere wirtschaftliche Bedeutung als der Beschädigtenrente zugekommen. Ob der Mitbeteiligte die erhaltene Beschädigtenrente seinen Eltern überlassen habe, könne dahingestellt bleiben.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Mitbeteiligte hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Vorauszuschicken ist, dass der angefochtene Bescheid nach dem Aufhebungsantrag zur Gänze - also auch betreffend Spruchpunkt 1, mit dem die Berufung der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt (betreffend den Zeitraum bis ) zurückgewiesen wurde - bekämpft wird. Laut Beschwerdepunkt erachtet sich die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt aber nur in ihrem Recht verletzt, "auszusprechen, dass die mitbeteiligte Partei nicht der Pflichtversicherung nach dem B-PVG unterliegt". Auch in der Begründung der Beschwerde erfolgt kein Vorbringen zur Zurückweisung der Berufung. Es ist daher davon auszugehen, dass die Beschwerde sich - entgegen dem nach seinem Wortlaut zu weit gefassten Aufhebungsantrag - nur gegen Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides richtet.

2. Die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt macht im Wesentlichen geltend, die Beweiswürdigung sei mangelhaft. Im Schreiben vom habe der Mitbeteiligte selbst angegeben, nicht im elterlichen Betrieb mitgearbeitet zu haben; der Bürgermeister habe die Richtigkeit dieser Angaben bestätigt. Der Mitbeteiligte sei demnach jedenfalls keiner hauptberuflichen Beschäftigung im elterlichen Betrieb nachgegangen. Es sei auch nicht glaubhaft, dass die unrichtige Angabe gemacht worden sei, um nicht die Beschädigtenrente zu verlieren. Die Ausübung einer (anderen) Beschäftigung hätte nicht zum Verlust der Beschädigtenrente geführt; dies ergebe sich auch aus der Begründung der Bescheide des Landesinvalidenamtes. Es sei auch nicht auf allgemeine Werte wie den Ausgleichszulagenrichtsatz abzustellen; der Ausgleichszulagenrichtsatz müsse auch für städtische Verhältnisse gelten, im ländlichen Bereich könne der Unterhalt häufig mit einem deutlich niedrigeren Einkommen bestritten werden. Ohne konkrete Erhebungen könne daher nicht der Ausgleichszulagenrichtsatz herangezogen werden. Es sei durchaus möglich, dass mit der im Jahr 1972 doch relativ beträchtlichen Summe von S 669,-- das Auslangen habe gefunden werden können.

3. § 2 B-PVG (in der Stammfassung BGBl. Nr. 28/1970) lautet (auszugsweise):

"(1) Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt und nicht eine Ausnahme nach § 3 gegeben ist, pflichtversichert:

1. Personen, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)-wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes vom , BGBl. Nr. 140, führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird;

2. die Kinder, Enkel, Wahl- und Stiefkinder sowie die Schwiegerkinder einer in Z. 1 genannten Person, alle diese, wenn sie hauptberuflich in diesem Betrieb beschäftigt sind und ihren Lebensunterhalt überwiegend aus dem Ertrag dieses Betriebes bestreiten.

(…)"

Mit der 2. Novelle zum B-PVG (BGBl. 33/1973) wurde § 2 Abs. 1 Z 2 B-PVG abgeändert und lautete (in Kraft getreten am , Artikel IV Abs. 1 BGBl. Nr. 33/1973):

"2. die Kinder, Enkel, Wahl- und Stiefkinder sowie die Schwiegerkinder einer in Z. 1 genannten Person, alle diese, wenn sie hauptberuflich in diesem Betrieb beschäftigt sind;"

4. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, d. h. sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/08/0064, mwN).

5. Der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt gelingt es mit ihren Ausführungen im Ergebnis nicht, eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde zur Frage der Tätigkeit des Mitbeteiligten im land(forst)wirtschaftlichen Betrieb seines Vaters aufzuzeigen.

Soweit die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt auf die "gemeindeamtliche Bestätigung" verweist, so ist zwar auch eine schriftliche Auskunft einer Behörde eine Urkunde und daher ein geeignetes Beweismittel (vgl. RIS-Justiz RS0039889). Es ist aber der Beweis der Unrichtigkeit der in der Urkunde bezeugten Tatsache zulässig. Von der Einspruchsbehörde wurde der diese Urkunde ausstellende Bürgermeister befragt. Dieser gab an, dass er die vor ihm gemachten Angaben des Mitbeteiligten nicht überprüfen habe können, er habe nur die "Richtigkeit der Angaben" bestätigt. Damit ist (im Hinblick auf die Aussage, er habe die Angaben nicht überprüfen können) offenbar gemeint, dass der Bürgermeister lediglich bestätigt hat, dass der Mitbeteiligte diese Angaben vor ihm gemacht hat. Dies ist aber im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ohnehin nicht mehr strittig. Für die Frage, ob diese Angaben inhaltlich zutreffend sind, kommt dieser Bestätigung aber kein Beweiswert zu.

Zutreffend verweist die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt darauf, dass der Mitbeteiligte selbst gegenüber der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt im Jahr 1973 erklärte, er habe ab nicht mehr im Betrieb seiner Eltern mitgearbeitet. Dieser damaligen Erklärung stehen aber die Darlegungen im Bescheid des Landesinvalidenamtes vom (also ebenfalls aus jenem Zeitraum stammend) entgegen, wonach für den Mitbeteiligten ab kein Anspruch auf Erhöhung der Beschädigtenrente im Sinne des § 23 Abs. 5 HVG bestehe, da das anrechenbare Einkommen aus seiner Tätigkeit als erster Landarbeiter in der elterlichen Landwirtschaft (nach der Lohntafel des Kollektivvertrages für die Dienstnehmer in den bäuerlichen Betrieben des Bundeslandes Burgenland monatlich S 3.510,--) die gesetzliche Einkommensgrenze des § 23 Abs. 5 HVG übersteige.

Insoweit ist hier zunächst den Beschwerdeausführungen entgegenzutreten, dass eine Tätigkeit des Mitbeteiligten (bzw. das Erzielen von Einkünften hieraus) der Beschädigtenrente nicht entgegengestanden wäre (und daher dieser Umstand nicht geeignet sei, eine unrichtige Angabe gegenüber der Sozialversicherungsanstalt zu motivieren). Gemäß § 23 Abs. 4 HVG konnte eine Teilrente unter Anrechnung des sonstigen Einkommens auf die Vollrente erhöht werden, solange ein Beschädigter infolge der Dienstbeschädigung unverschuldet erwerbslos war. Gemäß § 23 Abs. 5 HVG war die Beschädigtenrente bei Schwerbeschädigten (Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 v.H. oder darüber) in dem Ausmaße zu erhöhen, als sie zusammen mit dem sonstigen Einkommen abzüglich eines Freibetrages bestimmte im Gesetz näher genannte Beträge nicht erreichte. Als Einkommen zählte gemäß § 25 Abs. 3 HVG insbesondere auch ein "in Güterform" erzieltes Einkommen. Zumindest die Höhe der Beschädigtenrente war somit davon abhängig, ob der Mitbeteiligte eine Beschäftigung ausübte und hieraus ein Einkommen erzielte. Der Wunsch, die Beschädigtenrente nicht zum Teil zu verlieren, wäre sohin an sich ein durchaus plausibles Motiv dafür, die Tätigkeit in der elterlichen Landwirtschaft (samt Erzielung eines Einkommens hieraus) zu verschweigen.

Anderseits erscheint es freilich nicht plausibel, dass die Befürchtung, die Beschädigtenrente zu verlieren (bzw. eine Reduktion der Höhe zu erleiden), den Mitbeteiligten zu einer unrichtigen Mitteilung über eine Tätigkeit in der elterlichen Landwirtschaft motiviert habe, wenn genau dieser Umstand dem Landesinvalidenamt - wie aus dem vorliegenden Bescheid des Landesinvalidenamtes hervorgeht - ohnehin bekannt war. Nach dem Spruch des Bescheides des Landesinvalidenamtes geht dieser auf einen Antrag des Mitbeteiligten auf Erhöhung der Beschädigtenrente gemäß § 23 Abs. 5 HVG zurück. Mangels näherer Angaben in jenem Bescheid ist zwar nicht ersichtlich, worauf die Ausführungen über die Ausübung einer Tätigkeit im elterlichen Betrieb gestützt werden; es erscheint freilich naheliegend, dass diese Ausführungen aus dem Antrag des Mitbeteiligten selbst stammen. Es ist aber nicht überzeugend, dass der Mitbeteiligte die Tätigkeit im elterlichen Betrieb gegenüber der Sozialversicherungsanstalt im Hinblick auf Befürchtungen betreffend die Beschädigtenrente verschwiegen habe, wenn er diese Tätigkeit gegenüber dem Landesinvalidenamt offen gelegt hat.

Letztlich ist zu konstatieren, dass zeitnahe Beweisergebnisse vorliegen, welche zur Frage einer Tätigkeit im Rahmen der elterlichen Landwirtschaft im Widerspruch zueinander stehen: zum einen die Erklärung des Mitbeteiligten gegenüber der Sozialversicherungsanstalt, zum anderen die Ausführungen im Bescheid des Landesinvalidenamtes. Es erschiene aber völlig unplausibel, dass der Mitbeteiligte - zu seinem Nachteil - gegenüber dem Landesinvalidenamt eine Tätigkeit in der Landwirtschaft wahrheitswidrig behaupten würde. Es kann der belangten Behörde daher jedenfalls nicht entgegengetreten werden, wenn sie aufgrund der weiteren (aktuelleren) Beweisergebnisse zur Sachverhaltsannahme gelangte, dass der Mitbeteiligte in jenem Zeitraum im elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb tätig war.

Da der Mitbeteiligte in diesem Zeitraum unstrittig anderweitig nicht tätig war, ist in diesem Zeitraum auch von einer "hauptberuflichen" (im Sinne von "hauptberuflich keiner anderen Beschäftigung nachgehen", vgl. neuerlich das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/08/0064, mwN) Tätigkeit des Mitbeteiligten in diesem Betrieb auszugehen.

6. In der für das Kalenderjahr 1972 anzuwendenden Stammfassung des § 2 Abs. 1 Z 2 B-PVG war Voraussetzung für die Pflichtversicherung der Angehörigen neben der hauptberuflichen Beschäftigung im elterlichen Betrieb auch der Umstand, dass sie ihren Lebensunterhalt überwiegend aus dem Ertrag dieses Betriebes bestritten.

Der Mitbeteiligte bezog ab eine Beschädigtenrente in Höhe von monatlich S 669,90. Nach seinen Angaben wurde diese Rente von seinen Eltern "empfangen". Er habe ein Taschengeld erhalten; weiters erhielt er von seinen Eltern "Kost und Logis".

Die belangte Behörde geht davon aus, dass der Mitbeteiligte seinen Lebensunterhalt nicht überwiegend aus der Beschädigtenrente bestritten habe, weil diese Beschädigtenrente nicht einmal die Hälfte des Ausgleichszulagenrichtsatzes im Jahr 1972 ausgemacht habe. Den von den Eltern erhaltenen Leistungen (Kost und Logis) sei eine größere wirtschaftliche Bedeutung zugekommen.

Entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob eine überwiegende Bestreitung des Lebensunterhalts aus dem Betrieb erfolgte, ist aber nicht, ob eine "soziale Schutzbedürftigkeit" bestand. Es ist sohin auch nicht die Beschädigtenrente einem "Mindesteinkommen" in Form des Richtsatzes für eine Ausgleichszulage gegenüberzustellen. Es ist vielmehr für den konkreten Betrieb zu prüfen, ob der Lebensunterhalt des Mitbeteiligten überwiegend aus dem Ertrag des Betriebes oder im hier vorliegenden Fall überwiegend aus den Mitteln der Beschädigtenrente bestritten wurde.

Nähere Feststellungen zum Ertrag des Betriebes können dem angefochtenen Bescheid nicht entnommen werden. Insbesondere ist es aber nicht notorisch, dass den aus dem Betrieb erbrachten Leistungen ("Kost und Logis") eine größere wirtschaftliche Bedeutung als der Beschädigtenrente zugekommen sei. Als Vergleichswert könnte hiezu allenfalls § 3 Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 255/1971 (iVm Verordnung BGBl. Nr. 480/1972) herangezogen werden, wonach der Wert der "freien Station" (im Rahmen der Ermittlung von Ausgedingslasten) mit S 9.720,-- jährlich anzusetzen sei. Daraus wäre abzuleiten, dass der Wert der vom Mitbeteiligten erhaltenen Leistungen (abgesehen von dem ebenfalls nicht näher festgestellten "Taschengeld") nur geringfügig die Beschädigtenrente überstieg, sodass also der Lebensunterhalt des Mitbeteiligten fast ausschließlich aus der Beschädigtenrente (wenn auch indirekt in der Weise, dass die Beschädigtenrente von seinen Eltern "empfangen" wurde und seine Eltern dem Mitbeteiligten "Kost und Logis" erbrachten) bestritten wurde.

7. Da sohin ausreichende Feststellungen für eine abschließende rechtliche Beurteilung fehlen, war der angefochtene Bescheid, soweit dieser die Pflichtversicherung für den Zeitraum 1. Jänner bis betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet in §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
AAAAE-70858