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VwGH vom 23.05.2012, 2009/22/0352

VwGH vom 23.05.2012, 2009/22/0352

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des Y, vertreten durch Dr. Andreas Waldhof, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstraße 13, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 154.651/2-III/4/09, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen der Ukraine, vom auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" gemäß § 47 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer stütze seinen Antrag auf die Familienzusammenführung mit seinem Stiefvater, einem österreichischen Staatsbürger. Er habe aber nicht nachgewiesen bzw. sei es aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich, dass er - wie unter § 47 Abs. 3 Z 3 lit. a) und b) NAG verlangt - vom Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen oder mit diesem bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt und Unterhalt bezogen hätte. Vielmehr habe der Stiefvater in einem Schreiben an die Behörde ausdrücklich angegeben, dass er dem Beschwerdeführer bis dato keinen Unterhalt geleistet und mit ihm auch nicht im gemeinsamen Haushalt gelebt hätte. Somit seien die besonderen Erteilungsvoraussetzungen des § 47 Abs. 3 Z 3 NAG nicht gegeben.

Soweit der Beschwerdeführer in seiner Berufung anführe, die Behörde selbst hätte den Stiefvater als Zusammenführenden im Sinn des § 47 Abs. 1 NAG bestimmt, sei dem entgegenzuhalten, dass im Antragsformular zwar sowohl der Stiefvater als auch die Mutter als Unterhaltspflichtige angeführt seien. Die Haftungserklärung sei aber von seinem Stiefvater abgegeben worden und somit stehe eindeutig dieser als Zusammenführender fest. Der Beschwerdeführer habe auch dem Schreiben der erstinstanzlichen Behörde vom , in dem der Stiefvater als Zusammenführender genannt worden sei, nichts entgegengesetzt.

Von einer Verletzung der Manuduktionspflicht durch die Behörde könne somit keine Rede sein.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer hat in seinem Antrag vom sowohl den Stiefvater als auch seine Mutter, beide österreichische Staatsbürger, als unterhaltspflichtige Personen in Österreich genannt. Eine Haftungserklärung des Stiefvaters wurde beigelegt.

Die erstinstanzliche Behörde forderte den Beschwerdeführer mit Note vom gemäß § 13 Abs. 3 AVG zur Behebung von Verfahrensmängeln auf. Darin wurde ausgeführt, dass für den volljährigen Beschwerdeführer der "zutreffende Zweck" für seinen Aufenthalt "Angehöriger" wäre. Mit Note vom selben Tag forderte die erstinstanzliche Behörde auch den Stiefvater des Beschwerdeführers auf, bestimmte Unterlagen vorzulegen. Der Stiefvater beantwortete diese Aufforderung damit, dass der Beschwerdeführer sein Stiefsohn sei und er bis dato keinen Unterhalt geleistet und mit ihm auch nicht in einem gemeinsamen Haushalt gelebt habe. Der Beschwerdeführer selbst teilte mit Schreiben vom mit, dass er (wörtlich:) "mit dem Zweckänderungsantrag für Familienangehöriger auf den Aufenthaltstitel für Angehörige von Österreicher einverstanden" sei.

Die erstinstanzliche Behörde ging in ihrer Bescheidbegründung davon aus, dass sich der Beschwerdeführer auf seinen Stiefvater als Zusammenführenden beziehe. Die Voraussetzungen des § 47 Abs. 3 Z 3 NAG würden jedoch nicht erfüllt, weil der Stiefvater keinen Unterhalt geleistet und mit dem Beschwerdeführer auch nicht im gemeinsamen Haushalt gelebt habe.

In seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid bestätigte der Beschwerdeführer, dass sein Stiefvater niemals mit ihm im gemeinsamen Haushalt gelebt und ihm auch nicht Unterhalt gewährt habe. Die erstinstanzliche Behörde habe jedoch die zusammenführende Person festgelegt, ohne den Beschwerdeführer auf die damit verbundenen Voraussetzungen und Konsequenzen aufmerksam zu machen. Zusammenführende im Sinn des Gesetzes seien seine Eltern, nämlich sein Stiefvater und seine Mutter, mit der er in der Ukraine aufgewachsen sei und im gemeinsamen Haushalt bis 1993 gelebt habe. Seine Mutter habe nicht nur damals, sondern auch fortlaufend weiter Unterhalt geleistet. Eine Haftungserklärung seiner Mutter werde angeschlossen.

Die belangte Behörde meinte nun, dass im erstinstanzlichen Verfahren der Stiefvater des Beschwerdeführers als Zusammenführender bestimmt worden sei. Sie negierte aber völlig den zitierten Teil der Berufung, in dem der Beschwerdeführer beide Elternteile als Zusammenführende bezeichnet und darüber hinaus darauf verwiesen hat, dass durch seine Mutter die Voraussetzungen des § 47 Abs. 3 Z 3 NAG (sachverhaltsbezogen ist angesichts der laufenden Unterhaltszahlungen der Tatbestand der lit. a gemeint) erfüllt würden.

Ungeachtet dessen hat sie als Zusammenführenden den Stiefvater des Beschwerdeführers angesehen, durch den jedoch die Voraussetzungen des § 47 Abs. 3 Z 3 NAG nicht erfüllt werden, nicht jedoch die Mutter des Beschwerdeführers, bei deren Heranziehung dies aber der Fall sein könnte. Mit ihrer Vorgangsweise, von zwei durch den Antrag gedeckten Varianten ohne Einräumung von Parteiengehör diejenige zu wählen, die den Erfolg des Antrags verhindert, nicht jedoch die, die zur begehrten Erteilung des Aufenthaltstitels führen könnte, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet.

Für das fortzusetzende Verfahren sei angemerkt, dass bei der Beurteilung ausreichender Unterhaltsmittel auf das Familieneinkommen Bedacht zu nehmen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/22/0637).

Somit war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
GAAAE-70830