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VwGH vom 13.10.2011, 2009/22/0341

VwGH vom 13.10.2011, 2009/22/0341

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder sowie die Hofrätinnen Mag. Merl und Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der J, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19/1/1/29A, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 319.156/2- III/4/09, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer kroatischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 41 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) iVm § 24 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) ab.

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe ihren Antrag ursprünglich auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung als Selbständige nach § 60 NAG gerichtet. Die Behörde erster Instanz habe daraufhin versucht, den "richtigen Aufenthaltszweck" zu ergründen. Da vorerst das ursprüngliche Begehren aufrechterhalten worden sei, habe die Behörde erster Instanz den Antrag der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice (im Weiteren: AMS) zur Erstattung einer Stellungnahme vorgelegt. Das AMS habe in seiner Stellungnahme ausgeführt, die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 1 Z 2 NAG für die Erteilung der begehrten Aufenthaltsbewilligung seien nicht gegeben. Daraufhin sei "eine Mitteilung der Rechtsanwältin" eingelangt, wonach "der Aufenthaltszweck nun 'Schlüsselkraft - nur Selbständige' lauten solle".

In weiterer Folge sei von der Behörde erster Instanz ein Gutachten des AMS nach § 24 AuslBG eingeholt worden, welches vom AMS nach Erstattung einer Stellungnahme der Beschwerdeführerin noch ergänzt worden sei. Da das AMS zwei negative Gutachten erstattet habe, sei der Antrag der Beschwerdeführerin in erster Instanz "umgehend abgewiesen" worden. "Das BMI" sei aber an diese Gutachten nicht gebunden. Die Beschwerdeführerin habe in der Zeit von 1969 bis 1984 in Österreich gelebt und in dieser Zeit auch über Aufenthaltstitel verfügt. Sie sei als Krankenpflegerin im Krankenhaus B angestellt gewesen. Im Jahr 1984 sei sie nach der Pensionierung ihres Ehemannes nach Kroatien zurückgegangen. Ihr Ehemann sei im September 2004 gestorben. Seitdem sei sie Bezieherin einer Witwenrente. Sie habe im Weiteren beschlossen, ihre "pflegerische Tätigkeit" wieder aufzunehmen. Sie habe sich ab dem Jahr 2005 immer wieder für etwa drei Monate in Österreich aufgehalten. Während dieser Aufenthalte habe sie in Österreich Pensionisten gepflegt.

Nunmehr strebe die Beschwerdeführerin an, das Gewerbe für Personenbetreuung auszuüben. Sie habe im Verfahren Personenbetreuungsverträge vorgelegt, die zwischen ihr und verschiedenen Personen abgeschlossen worden seien. Das AMS habe in seinen Gutachten ausgeführt, dass der Ausübung des Gewerbes der Personenbetreuung durch die Beschwerdeführerin kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen im Sinn des § 24 AuslBG zukomme. Das Vorliegen eines solchen Nutzens könne nur dann als gegeben erachtet werden, wenn durch die Verrichtung einer selbständigen Erwerbstätigkeit entweder ein nachhaltiger Transfer von Investitionskapital oder die Schaffung bzw. Sicherung von Arbeitsplätzen erfolgt. Mit der beabsichtigten Tätigkeit der Personenbetreuung durch die Beschwerdeführerin sei aber kein Geldfluss in das Bundesgebiet und auch keine Beschäftigung von Arbeitskräften verbunden. Auch der belangten Behörde seien keine neuen Unterlagen vorgelegt worden, die die tatsächliche Schaffung von Arbeitsplätzen oder den Transfer von Investitionskapital nachgewiesen hätten. Die Beschwerdeführerin habe lediglich darauf verwiesen, dass die belangte Behörde nicht an die "Entscheidung des AMS" gebunden sei und lediglich "nochmals die gleiche Liste der 10 Personen" vorgelegt, die die Beschwerdeführerin zu pflegen beabsichtige. Da im gegenständlichen Fall nur eine "einfache" selbständige Erwerbstätigkeit vorliege und die Kriterien für die Tätigkeit einer Schlüsselkraft nicht gegeben seien, könne der beantragte Aufenthaltstitel nicht erteilt werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich aus § 24 AuslBG, dass für die Beurteilung, ob eine beabsichtigte selbständige Tätigkeit zur Stellung als Schlüsselkraft führt, der gesamtwirtschaftliche Nutzen der Erwerbstätigkeit maßgeblich ist. Bei der Beurteilung, ob ein derartiger gesamtwirtschaftlicher Nutzen vorliegt, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob mit der selbständigen Erwerbstätigkeit ein Transfer von Investitionskapital verbunden ist und/oder ob die Erwerbstätigkeit der Schaffung von neuen oder der Sicherung von gefährdeten Arbeitsplätzen dient. Der Gesetzgeber stellt also darauf ab, ob ein zusätzlicher Impuls für die Wirtschaft zu erwarten ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2009/22/0354, mwN).

Weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde wird nun konkret dargelegt, dass mit der von der Beschwerdeführerin beabsichtigten selbständigen Erwerbstätigkeit im Rahmen der Betreuung von Personen ein Transfer von Investitionskapital verbunden sei oder ihre Erwerbstätigkeit der Schaffung von neuen oder der Sicherung von gefährdeten Arbeitsplätzen diene. Vor diesem Hintergrund begegnet die Auffassung der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin erfülle die Anforderungen nach § 24 AuslBG nicht, keinen Bedenken.

Das Schwergewicht des Vorbringens in der Beschwerde liegt aber ohnedies in der Behauptung der Beschwerdeführerin, es sei der von ihr gestellte Antrag im Verfahren seitens der Behörde eigenmächtig geändert worden. Sie habe eine Aufenthaltsbewilligung als Selbständige nach § 60 NAG beantragt. Wenn die belangte Behörde nunmehr eigenmächtig von einem auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als Schlüsselkraft gerichteten Antrag ausgehe, sei dies rechtswidrig.

Mit diesem Vorbringen spricht die Beschwerdeführerin die nach dem NAG geltende strenge Antragsbindung an. Zum Verfahrensgegenstand eines Antrages im Anwendungsbereich des NAG hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgeführt, dass nach dessen Bestimmungen eine amtswegige Umdeutung eines Antrages grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Dies ergibt sich nicht nur aus der aus § 19 Abs. 2 NAG hervorgehenden strengen Antragsbindung, sondern auch aus § 23 Abs. 1 NAG, wonach die Behörde den Antragsteller zu belehren hat, wenn sich ergibt, dass der Fremde einen anderen als den beantragten Aufenthaltstitel benötigt. Die Richtigstellung (Änderung) des Antrages innerhalb einer von der Behörde gemäß § 13 Abs. 3 AVG zu setzenden Frist ist Sache des Antragstellers (vgl. etwa aus jüngerer Zeit das hg. Erkenntnis vom , 2011/22/0075, mwN).

Der Vorwurf der Beschwerdeführerin ist im vorliegenden Fall aber nicht berechtigt.

Nach Einlangen des von der Beschwerdeführerin gestellten Antrages tätigte die Behörde erster Instanz (unter anderem) Erhebungen zum von ihr in Aussicht genommenen Aufenthaltszweck. Auf Grund jener Angaben, die die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Vernehmung gegenüber der Behörde erster Instanz machte, ging die erstinstanzliche Behörde davon aus, dass die Beschwerdeführerin in Wahrheit einen Niederlassungswillen habe, weshalb ihr eine Aufenthaltsbewilligung als selbständig Erwerbstätige nicht erteilt werden könne. Mit Schreiben vom hielt die Behörde erster Instanz der Beschwerdeführerin das von ihr gefundene Erhebungsergebnis vor. Sie führte darin auch aus, die Beschwerdeführerin nach § 23 Abs. 1 NAG insofern zu belehren, als sie für den in Aussicht genommenen Aufenthaltszweck eigentlich einen anderen Aufenthaltstitel benötige. Unter einem forderte sie die Beschwerdeführerin auf, sich dahingehend zu erklären, ob sie ihren Antrag als auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als selbständige Schlüsselkraft gerichtet ändere oder weiterhin einen Aufenthaltstitel nach § 60 NAG begehre. Da dazu vorerst bei der Behörde erster Instanz keine Äußerung der Beschwerdeführerin einlangte, übermittelte diese Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin dem AMS zur Erstattung einer Stellungnahme im Sinn des § 60 Abs. 1 Z 3 NAG.

Am langte bei der Behörde erster Instanz ein von der rechtsfreundlichen Vertreterin der Beschwerdeführerin verfasstes Schreiben ein, womit bekanntgegeben wurde, dass die Beschwerdeführerin einen Aufenthaltstitel als selbständige Schlüsselkraft anstrebe, nicht aber den Aufenthaltszweck nach § 60 NAG. Diese Bekanntgabe - so der Inhalt dieses Schreibens weiter - möge auch dem AMS weitergeleitet werden, damit sich dieses nicht weiter zu einem Aufenthaltstitel nach § 60 NAG äußere.

Im Weiteren holte die Behörde erster Instanz (insgesamt zwei) Gutachten des AMS zur Frage, ob die Beschwerdeführerin als selbständige Schlüsselkraft anzusehen sei, ein. Die Beschwerdeführerin gab zu diesen Gutachten, die ihr zur Kenntnis gebracht wurden, Stellungnahmen ab, in denen sie den Ausführungen des AMS inhaltlich entgegentrat und darzulegen suchte, weshalb sie entgegen der Ansicht des AMS doch als selbständige Schlüsselkraft anzusehen sei.

Auf dem Boden des soeben wiedergegebenen Verfahrensganges kann aber nun nicht davon ausgegangen werden, die belangte Behörde hätte den Antrag der Beschwerdeführerin eigenmächtig als auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als selbständige Schlüsselkraft nach § 41 NAG gerichtet qualifiziert. Die von der Beschwerdeführerin selbst vorgenommene Antragsänderung ergibt sich zweifelsfrei aus der von ihr mit Schriftsatz vom vorgenommenen Erklärung, sie strebe einen Aufenthaltstitel als selbständige Schlüsselkraft, nicht aber einen Aufenthaltstitel nach § 60 NAG an. Dies steht auch mit ihrem früher im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen im Einklang, womit sie bereits in ihrer Stellungnahme vom die von der Behörde erster Instanz ausgesprochene Annahme, sie verfüge über einen Niederlassungswillen, insofern bestätigt hat, als sie ausgeführt hat, sobald sie über eine Niederlassungsbewilligung verfüge, werde sie den derzeit noch bestehenden Hauptwohnsitz in ihrem Heimatland in einen Nebenwohnsitz umwandeln und in Österreich einen Hauptwohnsitz begründen.

Soweit die Beschwerdeführerin aber letztlich noch darauf hinweist, es wäre ihr offengestanden, ihren Antrag auf einen solchen auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als unselbständige Schlüsselkraft gerichtet zu ändern, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie den vorgelegten Verwaltungsakten zufolge zwar eine solche Möglichkeit in Erwägung gezogen hat, eine tatsächliche Antragsänderung in diese Richtung aber letztlich nicht vorgenommen wurde. Mit Blick auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu der von ihr beabsichtigten selbständigen Erwerbstätigkeit kann aber auch nicht gesagt werden, der belangten Behörde wäre insoweit die Missachtung des § 23 Abs. 1 NAG (in der hier maßgeblichen Stammfassung) zum Vorwurf zu machen.

Somit erweist sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, weshalb sie aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am