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VwGH vom 18.10.2016, Ra 2016/16/0069

VwGH vom 18.10.2016, Ra 2016/16/0069

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und den Hofrat Dr. Mairinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, über die Revision der G R in E, vertreten durch Dr. Josef Lindlbauer, Rechtsanwalt in 4470 Enns, Bräuergasse 3, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/5100450/2015, in der berichtigten Fassung vom , betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis setzte das Bundesfinanzgericht im Instanzenzug gegenüber der Revisionswerberin Grunderwerbsteuer fest und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

2 Die Revisionswerberin habe nach der (vor dem in § 18 Abs. 2m GrEStG 1987 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 36/2014 erwähnten Zeitpunkt erfolgten) Scheidung mit Vereinbarung vom von ihrem früheren Ehegatten dessen Miteigentumsanteil am Grundstück mit dem vor der Scheidung als Ehewohnung dienenden Einfamilienhaus erworben. Dieser Erwerbsvorgang unterliege "nach § 7 Z 2 GrEStG der Steuer." Als Bemessungsgrundlage sei "die Gegenleistung (Kaufpreis) heranzuziehen, ein Fall des § 4 Abs. 2 GrEStG ist zweifelsfrei nicht gegeben".

3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch die vor dem Bundesfinanzgericht belangte Behörde erwogen hat:

4 Das Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 idF BGBl. I Nr. 36/2014 lautet auszugsweise wie folgt:

"Erwerbsvorgänge

§ 1. (1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:

1. Ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den

Anspruch auf Übereignung begründet,

(...)

Art der Berechnung

§ 4. (1) Die Steuer ist vom Wert der Gegenleistung (§ 5) zu

berechnen.

(2) Abweichend von Abs. 1 gilt Folgendes:

1. Bei den nachstehend angeführten begünstigten

Erwerbsvorgängen ist die Steuer vom Dreifachen des Einheitswertes (§ 6), maximal jedoch von 30% des gemeinen Wertes, wenn dieser nachgewiesen wird, zu berechnen:

a) bei Übertragung eines Grundstückes an den in § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 angeführten Personenkreis;

(...)

Steuersatz

§ 7. (1) Die Steuer beträgt beim Erwerb von Grundstücken:

1. durch den Ehegatten, den eingetragenen Partner, den

Lebensgefährten, sofern die Lebensgefährten einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten, einen Elternteil, ein Kind, ein Enkelkind, ein Stiefkind, ein Wahlkind oder ein Schwiegerkind des Übergebers 2 v.H.,

2. a) durch einen Ehegatten von dem anderen Ehegatten bei Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse anlässlich der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe 2 v.H.,

b) (...)

3. durch andere Personen 3,5 v.H.

(2) (...)

Steuerschuld

§ 8. (1) Die Steuerschuld entsteht, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist.

(2) Ist die Wirksamkeit des Erwerbsvorganges vom Eintritt einer Bedingung oder von der Genehmigung einer Behörde abhängig, so entsteht die Steuerschuld mit dem Eintritt der Bedingung oder mit der Genehmigung.

(...)

Übergangsbestimmungen und Aufhebung bisheriger

Rechtsvorschriften

§ 18. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind auf alle Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem verwirklicht werden. (...)

(....)

(2m) § 3 Abs. 1 Z 2, 7, 8 und 9, § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 3 und 4, §§ 6 und 7 und § 8 Abs. 4 jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 36/2014 sind auf alle Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem verwirklicht werden oder für die die Steuerschuld oder ein Erhebungsgrund für die Steuer nach dem entsteht. (...)

(...)"

5 In der Revision wird zusammengefasst vorgebracht, das Bundesfinanzgericht sei von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach für die Besteuerung und damit für die anzuwendenden Gesetzesbestimmungen der Zeitpunkt der Verwirklichung des steuerpflichtigen Erwerbsvorganges maßgeblich sei. Das Bundesfinanzgericht hätte bei Anwendung der im Zeitpunkt des Erwerbsvorganges geltenden Fassung des § 4 Abs. 2 GrEStG 1987 zum Ergebnis kommen müssen, dass bei der Übertragung eines Grundstückes an den in § 7 Abs. 1 Z 1 und Z 2 GrEStG 1987 angeführten Personenkreis, die Steuer nicht von der Gegenleistung, sondern vom dreifachen Einheitswert zu berechnen sei.

6 Die Revision ist zulässig und berechtigt.

7 Die Revisionswerberin hat mit Kaufvertrag vom von ihrem früheren Ehegatten dessen Miteigentumsanteil am Grundstück mit dem vor der Scheidung als Ehewohnung dienenden Einfamilienhaus erworben. Da dieser Erwerbsvorgang nach dem verwirklicht wurde, sind darauf gemäß § 18 Abs. 2m GrEStG 1987 die Bestimmungen des GrEStG idF des BGBl I Nr. 36/2014 anzuwenden.

8 Das Bundesfinanzgericht hat sich zwar hinsichtlich des Steuersatzes auf § 7 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987 gestützt, als Bemessungsgrundlage aber die in der erwähnten Vereinbarung vom genannte Gegenleistung herangezogen und offenbar übersehen, dass § 4 Abs. 2 Z 1 lit. a GrEStG 1987 seit der Änderung durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 36/2014 bei Übertragung eines Grundstückes an den in § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 leg. cit. angeführten Personenkreis als Bemessungsgrundlage abweichend von § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 den dreifachen Einheitswert vorsieht, maximal jedoch 30% des gemeinen Wertes, wenn dieser nachgewiesen wird.

9 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

10 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am