Suchen Hilfe
VwGH vom 15.04.2010, 2009/22/0334

VwGH vom 15.04.2010, 2009/22/0334

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der G, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 148.834/2- III/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der (volljährigen) Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen von Ghana, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 sowie § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe am zwecks Familienzusammenführung mit ihrer Mutter, die die österreichische Staatsbürgerschaft besitze, einen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gestellt. Der bei der Bundespolizeidirektion Wien eingebrachte Antrag sei von ihrer Mutter abgegeben worden. Dieser Antrag sei wegen des am erfolgten In-Kraft-Tretens des NAG als auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" im Sinn des § 47 Abs. 3 NAG zu werten gewesen.

Es liege - so die belangte Behörde weiter - ein Erstantrag vor. Solche seien gemäß § 21 Abs. 1 NAG vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung sei im Ausland abzuwarten. Der Erstantrag sei allerdings durch die Mutter der Beschwerdeführerin im Inland eingebracht worden. Somit stehe § 21 Abs. 1 NAG der Erteilung des Aufenthaltstitels entgegen.

Weiters sei nicht nachgewiesen worden, dass die Unterhaltsmittel der Beschwerdeführerin gedeckt seien. Es sei daher wahrscheinlich, dass ihr Aufenthalt in Österreich zur finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führe. Die Beschwerdeführerin strebe die Familienzusammenführung mit ihrer Mutter an. Diese verfüge über monatliche Nettoeinkünfte von EUR 1.335,--. Das pfändungsfreie Existenzminimum der Mutter der Beschwerdeführerin betrage EUR 1.168,--. Es verbleibe daher lediglich ein Betrag von EUR 167,-- für Unterhaltsleistungen an die Beschwerdeführerin. Damit sei es aber nicht möglich, den für die Beschwerdeführerin notwendigen Unterhalt von EUR 726,-- zu finanzieren.

Besonders berücksichtigungswürdige Gründe, auf Grund derer der begehrte Aufenthaltstitel trotz Fehlens der angeführten Voraussetzungen hätte erteilt werden können, lägen nicht vor. Solche seien in der Berufung auch nicht angeführt worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich die Beurteilung des gegenständlichen Falles im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Bescheides nach der Rechtslage des NAG in der Fassung des BGBl. I Nr. 99/2006 richtet.

Die Beschwerdeführerin wendet sich sowohl gegen die Annahme der belangten Behörde, sie habe sich im Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten, als auch gegen die Art der Berechnung der für sie zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel. Dies führt die Beschwerde zum Erfolg.

Anhand der Aktenlage gibt es keine ausreichenden Hinweise dafür, dass sich die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Antragstellung - wie von der belangten Behörde angenommen - im Bundesgebiet aufgehalten hätte. Derartiges kann auch nicht schlüssig allein aus der durch ihre Mutter erfolgten Antragseinreichung abgeleitet werden. Demgegenüber wurde im Antragsformular als aktueller Wohnsitz der Beschwerdeführerin eine näher bezeichnete Adresse in Ghana angeführt. Weiters wurde die Beschwerdeführerin am in Ghana nach einem entsprechenden Rechtshilfeersuchen der Bundespolizeidirektion Wien über Auftrag der Österreichischen Botschaft Abidjan von einem in Ghana ansässigen Rechtsanwalt befragt, wobei dieser Befragung kein Hinweis auf einen früheren Aufenthalt in Österreich zu entnehmen ist. Darüber hinaus wurde von der Mutter der Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Vernehmung am angegeben, im Jahr 1998 nach Österreich gereist zu sein und die damals etwa 14 Jahre alte Beschwerdeführerin in ihrem Heimatland zurückgelassen zu haben. Seit dieser Zeit habe die Beschwerdeführerin laut dieser Aussage bei einer Freundin gewohnt. Die belangte Behörde legte in keiner Weise dar, warum die Angaben der Mutter der Beschwerdeführerin unrichtig sein sollten und bezog auch die - oben dargestellten - sonst für den Aufenthalt der Beschwerdeführerin in ihrem Heimatland sprechenden Umstände in keiner Weise in ihre beweiswürdigenden Überlegungen mit ein. Sohin belastete die belangten Behörde ihren Bescheid, soweit die Antragsabweisung auf § 21 Abs. 1 NAG gestützt wurde, mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Dass der Antrag von der Beschwerdeführerin nicht persönlich gestellt wurde, schadet im vorliegenden Zusammenhang mit Blick auf das Datum der Antragstellung nicht (vgl. zur Unanwendbarkeit des Formalerfordernisses der persönlichen Antragstellung nach § 19 Abs. 1 NAG auf noch vor In-Kraft-Treten des NAG gestellte Anträge das hg. Erkenntnis vom , 2007/21/0040).

Mit dem Ausmaß und der Berechnung der notwendigen Unterhaltsmittel für eine Konstellation wie die vorliegende hat sich der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom , 2008/22/0632 und 2008/22/0637, näher befasst. Diesbezüglich wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe dieser Erkenntnisse verwiesen.

Aus den im genannten Erkenntnis 2008/22/0637 (vgl. Pkt. 6.3. dieser Entscheidung) näher dargestellten Gründen wäre die belangte Behörde im vorliegenden Fall verpflichtet gewesen, auch das Einkommen des Stiefvaters der Beschwerdeführerin, auf das von ihr bereits im Berufungsverfahren hingewiesen und das den Verwaltungsakten zufolge auch mittels Vorlage von entsprechenden Lohnbestätigungen dargetan wurde, zu berücksichtigen und dementsprechend festzustellen.

Sohin war der angefochtene Bescheid wegen - vorrangig wahrzunehmender - Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
SAAAE-70758